Diskriminierungsopfer zum Umzug gezwungen

Flüchtlingsrat verurteilt antiziganistische Vorfälle in Langenargen

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg beobachtet mit großer Sorge, wie Flüchtlinge aus Westbalkanstaaten immer wieder zum Ziel von Diskriminierung und Antiziganismus werden. Wie die Baden-Württembergische Beratungsstelle für Betroffene von rechter Gewalt „Leuchtlinie“ in den vergangenen Tagen berichtet, wurde eine fünfköpfige Flüchtlingsfamilie aus Serbien systematisch aus der Anschlussunterbringung in einem Wohnhaus in Langenargen am Bodensee vertrieben.

Die Stuttgarter Beratungsstelle stellte vor Ort fest, dass Nachbarn aus dem gleichen Haus bei jeglichem Anlass Streit vom Zaun gebrochen haben. Dabei wurden auch gezielt antiziganistische Beleidigungen ausgesprochen und selbst vor Drohungen nicht Halt gemacht. Die landesweite Fach- und Koordinationsstelle von „Leuchtlinie “ nahm den Fall in ihr Monitoring rechtsmotivierter Gewalttaten in Baden-Württemberg auf.

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg beklagt einen deutlichen humanitären Klimawandel für Roma-Flüchtlinge seit der Einstufung der Westbalkanstaaten als so genannte „Sichere Herkunftsstaaten“. Nicht zuletzt tragen jene Politikerinnen und Politiker Mitverantwortung, die in „gute“ und „schlechte“ Flüchtlinge einteilen und Asylsuchende aus „Sicheren Herkunftsstaaten“ als „Wirtschaftsflüchtlinge“ oder Ähnliches diffamieren.

„Jede und jeder Geflüchtete hat das Recht auf ein faires und unvoreingenommenes Asylverfahren“, betont Jürgen Weber, Sprecherratsmitglied des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. In diesem Zusammenhang kritisiert der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg das Amt für Migration und Integration des Bodenseekreises. Dieses hatte mit Schreiben vom 18. Juli 2016 versucht, bei der Entscheidung über das Asylverfahren Einfluss auf das Verwaltungsgericht Sigmaringen zu nehmen. „Damit Spannungen und Probleme gelöst werden können“, zitiert Dr. Jochen Kramer von „Leuchtlinie“ aus dem Brief aus dem Landratsamt.

Seit Montag, 29. August 2016, wurden die Diskriminierungen gegen die Familie von der Gemeinde Langenargen durch Umsiedlung der Roma-Familie aus dem Wohnhaus in eine Notunterkunft für Obdachlose beendet. Unter den Gesichtspunkten der Integration stellt dieser Umzug jedoch ein deutlicher Rückschritt für die betroffene Familie dar, wie der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg findet.

„Dass die Verfolgung, Diskriminierung und Ausgrenzung von Roma in den Balkan-Staaten, die ihnen jegliche Zukunftsperspektive verbauen, hierzulande nicht als Asylgründe anerkannt werden, ist an sich schon ein Skandal. Absolut beschämend ist, dass Menschen, die vor antiziganistischer Diskriminierung fliehen, auch hierzulande diskriminiert und angefeindet werden. Dieser Staat und diese Gesellschaft haben einen blinden Fleck beim Thema Antiziganismus, und darunter leiden Menschen wie diese Familie in Langenargen. Alle staatlichen Stellen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene müssen Probleme dieser Art ernst nehmen“, so Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg.