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Offener Brief an den Gemeinderat Schlaitdorf und den Bürgermeister Sascha Richter

Der Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl muss gerade auch in den Kommunen gewahrt werden – und zwar für ohne Diskriminierung. Nach den besorgniserregenden Äußerungen des Schlaitdorfer Bürgermeisters Sascha Richter fordern wir ein entschiedenes Bekenntnis gegen Antiziganismus.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Richter,

sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates Schlaitdorf,

mit großer Bestürzung haben wir die Aussagen gelesen, mit denen Sie, Sascha Richter, in der Nürtinger Zeitung zitiert werden. Sie bezichtigen darin Personen, die in Ihrer Gemeinde Schutz suchen, des illegalen Aufenthaltes und des „Erschleichens“ von Sozialleistungen. Diese Annahme begründen Sie auf Basis des Aussehens und der Sprachkenntnisse der betreffenden Personen. Uns besorgen solche Aussagen, da Sie damit Menschen allein aufgrund äußerlicher Merkmale öffentlich diskreditieren und ihr Recht auf Schutz vor Krieg und Verfolgung in Frage stellen.

Kurz nach dem 75-jährigen Jubiläum des deutschen Grundgesetzes möchten wir Ihnen daher Artikel 3 desselben in Erinnerung rufen: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. Das gilt auch für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind. Wenn Sie also das Recht auf Schutz aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes oder der Sprachkenntnisse von Personen in Frage stellen, müssen wir hinterfragen, inwiefern dies in Einklang mit unserer Verfassung steht.

Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes einen illegalen Aufenthalt oder kriminelle Aktivitäten zu unterstellen, ist aus unserer Perspektive rassistisch. Es werden an diesen Stellen tradierte Vorstellungen und Bildern davon bedient, wie Rom*nja scheinbar lebten oder seien, welche schon in der NS-Zeit gezielt als Grundlage für gesellschaftlichen Ausschluss genutzt wurden und in einem Völkermord gipfelten. Auch an Rom*nja in der Ukraine haben die Nationalsozialisten schreckliche Gräueltaten verübt, beispielsweise beim Massaker von Babyn Jar nahe Kiew. Vor diesem Hintergrund erschrecken uns Ihre Äußerungen besonders.

Sie – ob als Bürgermeister oder als Mitglied des Gemeinderates – stehen in der Öffentlichkeit und Ihre Äußerungen haben Gewicht. Damit geht auch eine besondere Verantwortung einher. In Sorge um alle Menschen, die in Ihrer Gemeinde Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, fordern wir daher ein entschiedenes Bekenntnis gegen Antiziganismus.

Wir hoffen, sensibilisieren zu können und stehen für ein Gespräch gerne zur Verfügung.

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg