Grundlagen

Fluchtursachen

Hinter jeder Fluchtgeschichte steht ein Mensch. Ein Mensch mit individuellen Eigenschaften, Erfahrungen und Bedürfnissen. Die einzige Gemeinsamkeit von geflüchteten Menschen ist, dass sie in der Hoffnung auf Schutz und ein besseres Leben ihr Land verlassen haben. Entsprechend unterschiedlich und vor allem vielschichtig sind die Ursachen, die zur Flucht geführt haben. Allen Gründen gemein ist die Angst um das eigene Leben, um das Wohlergehen der Familie und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über unterschiedliche Fluchtursachen und deren komplexes Zusammenwirken gegeben werden.

I. Krieg und Gewalt
II. Menschenrechtsverletzungen
III. Klimawandel/Naturkatastrophen
IV. Informationsressourcen zu weiteren Fluchtursachen

I. Krieg und Gewalt

Krieg ist weltweit die zentrale Fluchtursache. In jedem siebten Staat der Erde herrscht entweder Krieg oder eine bewaffnete Auseinandersetzung Im Jahr 2021 gab es 22 Kriege und  sechs bewaffnete Konflikte (Frieden fragen: 2022). Geflüchtete aus Ländern, in denen seit Jahrzehnten Krieg und Gewalt herrschen, wie Syrien, Somalia, dem Sudan oder Afghanistan, leben oftmals seit Generationen im Exil. Auch mehr als 70 Prozent der Menschen, die in Deutschland nach Asyl suchen, kommen aus akuten Krisen- und Kriegsgebieten (UNO Flüchtlingshilfe: 2022).

Jeder kriegerische Konflikt führt zu existenziellen Bedrohungen für die Bevölkerung: Menschen fliehen vor Kämpfen und Bomben. Die Gewalt richtet sich oft auch gezielt gegen Zivilist*innen: Menschenrechtsverletzungen, Vergewaltigungen, Massenhinrichtungen, Verschleppung oder die zwangsweise Rekrutierung von jungen Männern oder auch Kindern sind in vielen Regionen zu Mitteln der Kriegsführung geworden. Ein normales Leben wird oftmals unmöglich, gewaltsame Konflikte und Kriege führen zu Tod und Verletzungen, Armut und Hunger. Auch die Lebensgrundlage wird zerstört: Felder können nicht mehr bestellt werden, Arbeitsplätze fallen weg, Lebensmittel werden knapp und Preise steigen. Weiterhin gibt es Angriffe auf die Infrastruktur: Straßen, Brücken, Strom- und Wasserversorgung, Schulen und Krankenhäuser werden beschädigt oder zerstört, Medikamente und medizinisches Gerät wird knapp.

An bestehenden Konflikten sind Deutschland und andere Nationen des Globalen Nordens (die neutralen Bezeichnungen Globaler Norden und Globaler Süden sind weniger geografisch zu verstehen, sondern zielen vor allem darauf ab, ein Land nach seinen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Charakteristiken im globalen Kontext einzuordnen) nicht unbeteiligt: Durch Waffenhandel tragen diese Staaten eine entscheidende Mitverantwortung für die gewaltsame Eskalation dieser Konflikte und den Tod tausender Zivilist*innen. So verkauft Deutschland jährlich Waffen und Rüstungsgüter für mehrere Milliarden Euro und gehört dadurch nach den USA, Russland, China und Frankreich zu den größten Waffenexporteuren weltweit.

Weitere Informationen:

II. Menschenrechtsverletzungen

Menschenrechte sind laut der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte universell, unveräußerlich und unteilbar. In der Realität sieht es jedoch ganz anders aus.

Häufig macht die stumme Gewalt der Lebensverhältnisse ein Leben in Würde, Freiheit und Sicherheit unmöglich: Kein Zugang zu sauberem Wasser, ausreichender Nahrung, einem Dach über dem Kopf, zu Bildung und Gesundheit. Darüber hinaus ist die Beschneidung von Rechten durch Gesetze und staatliches Handeln in vielen Ländern gang und gäbe: Drei von vier Regierungen schränken die Meinungsfreiheit ein. In mehr als drei von fünf Ländern werden Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt. Beispielsweise gibt es in 69 Ländern Gesetze, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellen (ILGA World: 2020). Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass die Verfolgung von politischen Meinungen und von der Mehrheit abweichenden Lebensweisen auf der Welt nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellt und zu Flucht führt.

Obwohl Deutschland alle internationalen Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte unterzeichnet hat, vergibt die EU Milliarden an Staaten wie Eritrea, den Sudan, Marokko oder die Türkei, die Menschenrechte systematisch missachten, damit diese Staaten Menschen von der Flucht in Richtung Europa abhalten.

Weitere Informationen:

III. Klimawandel/Naturkatastrophen

Naturkatastrophen und die Auswirkungen des Klimawandels zwingen Menschen zur Flucht. Naturkatastrophen mit fatalen Folgen gab es schon immer. Jedoch werden sie durch die globale Klimaerwärmung um ein Vielfaches verschärft und entstehen auch häufiger. Das Weltklima ändert sich deutlich schneller als angenommen und verursacht in vielen Regionen der Welt Dürre, Überschwemmungen und schwere Stürme. Betroffen sind vor allem krisengeschüttelte Länder des Globalen Südens. Diese haben meist nicht die Ressourcen, um die Auswirkungen zu verhindern oder sich an die zunehmend unwirtliche Umwelt und die erschwerten Lebensbedingungen anzupassen. Laut dem Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) haben 2021 rund 23,7 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Naturereignissen, wie Dauerregen, langanhaltenden Dürren, Hitzewellen und Stürmen sowohl kurz- als auch langfristig verlassen müssen (UNO-Flüchtlingshilfe: 2022). In Deutschland und Europa ist diese Entwicklung jedoch kaum sichtbar, da zum einen die Folgen des Klimawandels hier nur bedingt spürbar sind und zum anderen der Großteil der betroffenen Menschen Zuflucht in den angrenzenden Regionen sucht und somit häufig nicht nach Europa kommt.

Klimawandel, Konflikte, Armut, Ernährungsunsicherheit und Vertreibung überschneiden sich zunehmend, so dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Sicherheit fliehen müssen. Prognosen von Klimaforscher*innen zeigen ganz klar, dass sich die bestehenden Probleme zukünftig vervielfachen werden: Begrenzte natürliche Ressourcen wie Trinkwasser werden noch knapper. Land- und Viehwirtschaft werden in vielen Gebieten aufgrund von Hitze und Trockenheit nicht mehr möglich sein. Die bereits kritische Situation und die bestehenden Konflikte um Ressourcen werden sich deutlich verschärfen.

Weitere Informationen:

IV. Informationsressourcen zu weiteren Fluchtursachen