Definition: Ausreichender Wohnraum

Das Justizministerium BW hat endlich klargestellt, ab wann Personen in Anschlussunterbringung über ausreichenden Wohnraum „verfügen“. Für die Erteilung einiger Aufenthaltserlaubnisse schreibt das Gesetz vor, dass über ausreichenden Wohnraum „verfügt“ werden muss. Das betrifft insbesondere Geflüchtete in einer Duldung, die nach abgeschlossener Ausbildung, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d AufenthG erhalten können und einige Geflüchtete mit einer Anerkennung, die ihre Familien nachholen möchten.

Wie groß „ausreichender Wohnraum“ sein muss, ist in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz
geregelt und steht außer Frage: „Ausreichender Wohnraum ist … stets vorhanden, wenn für jedes Familienmitglied über sechs Jahren zwölf Quadratmeter und für jedes Familienmitglied unter sechs Jahren zehn Quadratmeter Wohnfläche
zur Verfügung stehen und Nebenräume (Küche, Bad, WC) in angemessenem Umfang mitbenutzt werden können. Eine Unterschreitung dieser Wohnungsgröße um etwa zehn Prozent ist unschädlich.“

Allerdings war bislang ungeklärt, inwieweit Geflüchteten im Rahmen der Anschlussunterbringung über ausreichenden Wohnraum „verfügen“. Diesen haben sie nämlich zugewiesen bekommen haben und eben nicht selbstständig angemietet. Laut Ziff. 2.4.0 der Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums zum Ausländerrecht (VwV-AuslR-IM) Vom 2. November 2010 – Az.: 4-1310/131 – (Stand: 28. April 2015) genügt die Unterbringung in Anschlussunterbringungen „sofern die Kosten aus eigenen Mitteln bestritten werden (Mietzahlungen)“. Da Mietverträge in Anschlussunterbringungen eher unüblich sind, hat das Justizministerium in einem entsprechenden Schreiben an die Regierungspräsidien klargestellt, dass auch das Bestreiten der kompletten Nutzungsgebühren genügt. Damit „verfügen“ Geflüchtete in Anschlussunterbringung also über ausreichenden Wohnraum, den sie für bestimmte Aufenthaltserlaubnisse benötigen. Nicht ausreichend sei es, wenn die Person nur reduzierte Gebühren bestreiten könne. Das Justizministerium verweist hier auf eine entsprechende Regelung in der Satzung der Stadt Tübingen (§ 15 https://www.tuebingen.de/verwaltung/uploads/satzung_unterkuenfte_wohnungslose_gefluechtete.pdf).

Einige Kommunen weisen Geflüchtete Anschlussunterbringungen zu, die eigentlich Obdachlosenunterkünfte sind. Personen in Obdachlosenunterkünften erfüllen die Wohnraumerfordernis nicht, da die Unterkunftsart vorübergehender Natur ist. Wenn die Zuweisung allerdings in eine Obdachlosenunterkunft, die als Anschlussunterbringung dient, erfolgt, dann gilt dieser Ausschluss nicht. Denn sonst wären Geflüchtete in Kommunen besser gestellt, die keine Obdachlosenunterkünfte als Anschlussunterbringen nutzen.

Geht es allerdings um die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist die Wohnraumerfordernis, nach Meinung des Justizminsteriums, nie mit Wohnraum in einer Anschlussunterbringung erfüllt. Eine Niederlassungserlaubnis belohne besondere Integrationsleistungen und dazu gehöre eigenständig angemieteter Wohnraum. Der Flüchtlingsrat kritisiert, dass das Justizministerium damit die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt außer Acht lässt und sehr wohl gut integrierte Geflüchtete, die Wohnraum suchen und weiterhin notgedrungen in Anschlussunterbringen leben müssen, von der Niederlassungserlaubnis ausgeschlossen sind.