Zehn Tage vor Beginn des gesetzlichen Mutterschutzes wurde am 23. April eine hochschwangere Frau nach Albanien abgeschoben, die an einer schweren Depression und einer posttraumatischen Belastungsstörung litt. Durch die Abschiebung wurde die Frau vom Vater des ungeborenen Kindes getrennt. Die Ausländerbehörde in Stuttgart hatte Bedenken bezüglich der Abschiebung geäußert, die vom Regierungspräsidium Karlsruhe ignoriert wurden. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg stuft diese Abschiebung als ein abschreckendes Beispiel dafür ein, wie drastische humanitäre Problemlagen gerade bei besonders schutzbedürftigen Personen zugunsten einer möglichst hohen Abschiebequote missachtet werden.
Die Betroffene, Frau S., wurde am 23. April gemeinsam mit ihrer 15-jährigen Tochter nach Albanien abgeschoben. Ungeachtet der sehr fortgeschrittenen Schwangerschaft hat die Polizei bei der Abschiebung nach Angaben des Partners der Frau unverhältnismäßige Gewalt angewendet, der Anwalt hat daraufhin Strafanzeige gestellt (siehe Artikel im Focus vom 30.04.).
Es handelt sich um eine Risikoschwangerschaft, was der Anwalt am Tag der Abschiebung gegenüber dem Gericht mit einem Eilantrag geltend gemacht hat. Aus Zeitgründen wurde über den Antrag nicht entschieden.
Es steht zu befürchten, dass durch die Abschiebung die Familieneinheit mit dem Vater des ungeborenen Kindes auf lange Sicht zerstört wird. Der Partner von Frau S. ist irakischer Staatsbürger und hat in Deutschland den subsidiären Schutz erhalten, derzeit läuft eine Klage auf die Flüchtlingseigenschaft. Das Regierungspräsidium Karlsruhe verweist darauf, dass es ihm zumutbar sei, die familiäre Lebensgemeinschaft in Albanien weiterzuführen. Wie dies praktisch möglich sein soll, ist nicht zuletzt wegen des laufenden Gerichtsverfahrens höchst fraglich.
Frau S. leidet an einer schweren Depression und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Aufgrund der Erkrankungen hatte die Ausländerbehörde Stuttgart gegenüber dem Regierungspräsidium Karlsruhe angegeben, dass sie vom Vorliegen von Abschiebungshindernissen ausgeht, dennoch hat das Regierungspräsidium an der Abschiebung festgehalten. Der Flüchtlingsrat vermutet, dass das Land gerade noch rechtzeitig vor Beginn der offiziellen Mutterschutzzeit die Abschiebung durchführen wollte. Angesichts der vulnerablen Gesamtsituation der Frau verurteilt der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg diese Entscheidung aufs Schärfste.
„Der vorliegende Fall zeigt ganz deutlich, dass die Abschiebepolitik des Landes derzeit meilenweit davon entfernt ist, einen letzten Rest an Humanität zu bewahren“, stellt Melanie Skiba vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg fest und fügt hinzu: „Der Fokus der Abschiebepolitik scheint darüber hinaus immer stärker auf diejenigen gelegt zu werden, die z.B. aufgrund von Krankheiten oder fortgeschrittener Schwangerschaft, besonders gut ‘dingfest‘ gemacht werden können. So wird die vulnerable Situation besonders schutzbedürftiger Geflüchteter schamlos ausgenutzt, um die Abschiebezahlen hochzuhalten.“