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OVG NRW: Rundschreiben laufende Flugabschiebungen

Eine Flugabschiebung ist erst dann abschließend vollzogen, „wenn der Ausländer die Transitzone des Zielflughafens verlassen hat und sich wieder im Hoheitsgebiet des Abschiebezielstaats befindet“. Das erläuterte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in einem Rundschreiben an alle Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen am 11. November 2022. Das Abschiebungsreporting NRW veröffentlicht das Rundschreiben, um es der allgemeinen Öffentlichkeit und interessierten Fachkreisen zur Verfügung zu stellen, da es eine hohe Praxisrelevanz hat.

Eine Zusammenfassung der Bewertung des Abschiebungsreporting NRW veröffentlichen wir hier, denn auch für die Abschiebungspraxis in BW sind die Einschätzungen des OVG NRW nützlich.

Auch kurz vor oder während laufender Abschiebungen ist jederzeit Rechtsschutz vor den deutschen Verwaltungsgerichten möglich. Wegen der regelmäßigen Nichtankündigung von Abschiebeterminen werden die Gerichte teils sehr kurzfristig angerufen. Kommt es dann zu einer gerichtlichen Entscheidung, dass eine Abschiebung unterbleiben oder abgebrochen werden muss, stellt sich die Frage, wie dies in der Praxis von den Behörden umgesetzt wird, um die Rechte der betroffenen Menschen zu gewährleisten.

Das OVG NRW führt nun aus, wie die dortigen Ausländersenate des Gerichtes zukünftig „bei Abschiebungsschutzgesuchen in Fällen einer Flugabschiebung bei unmittelbar bevorstehendem Start des Flugzeugs“ regelmäßig verfahren wollen: es werde eine „Garantieerklärung der beteiligten Ausländerbehörde eingefordert, dass die Abschiebung (auch nach Abheben des Flugzeugs) bis zu deren Vollzug abgebrochen und der Ausländer „zurückgeholt“ werden“ könne. Werde eine solche Garantieerklärung nicht unverzüglich abgegeben, müsse „die Ausländerbehörde damit rechnen, dass zur Verhinderung einer Rechtsvereitelung ein sog. „Hängebeschluss“ erlassen werde, sofern die Beschwerde nach erster überschlägiger Prüfung der Beschwerdebegründung nicht erkennbar aussichtslos“ sei. Das hieße dann, die Abschiebung würde vorläufig ausgesetzt, um die Rechte der Betroffenen von vornherein zu schützen.
Weiterhin macht das OVG NRW in dem Rundschreiben deutlich, dass eine gerichtliche einstweilige Anordnung, „mit der eine Abschiebung bzw. deren Abbruch verfügt wird, sofort vollziehbar und damit von der Ausländerbehörde umgehend umzusetzen“ sei. Eine Beschwerde zum OVG NRW habe keine aufschiebende Wirkung.
Weiterhin führt das OVG NRW in dem Rundschreiben aus, dass „erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Übertragung behördlicher Vollstreckungsmaßnahmen (wie der Abschiebung) auf dritte jedenfalls dann bestehen, wenn die zuständige Behörde die Vollstreckungsmaßnahme nicht bis zu deren abschließendem Vollzug unter Kontrolle halten „könne.

Das OVG NRW wirft in seinem Rundschreiben also wichtige Praxisfragen auf. Denn: gerade kommunale Ausländerbehörden übertragen bei Abschiebungen oft eine Fülle an Aufgaben auf andere Stellen. Oft übernehmen die Zentralen Ausländerbehörden in NRW den Abschiebevollzug bis zum Flughafen, die Bundespolizei begleitet viele Flüge. Und die europäische Agentur Frontex bekommt zunehmend mehr Aufgaben bei Sammelabschiebungen, organisiert und finanziert diese, vielfach auch als gemeinsame „Maßnahme“ mehrerer EU-Mitgliedstaaten.