Seit 2019 entschied das BAMF nicht mehr über Asylanträge von Geflüchteten, die bereits in Griechenland internationalen Schutz (Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutz) zuerkannt bekommen hatten. Diese sogenannte „Rückpriorisierung“ wurde zum 1. April 2022 aufgegeben. Nun entscheidet das BAMF wieder und zwar zuerst die Anträge von besonders schutzbedürftigen oder vulnerablen Asylsuchenden und in „sicherheitsrelevanten Fällen“.
Die meisten Anerkannte aus Griechenland haben bis jetzt in Aufenthaltsgestattung auf die Entscheidung ihres Asylantrags gewartet. Nun entscheidet das BAMF ganz neu und orientiert sich nicht an der in Griechenland getroffenen Entscheidung. Dies könnte im schlimmsten Fall für einige in Griechenland Anerkannte bedeuten, dass sie in Deutschland einen schlechteren oder womöglich gar keinen Schutzstatus mehr bekommen.
Als „unzulässig“ dürften jedoch die wenigstens Asylanträge abgelehnt werden. Zwar wurden bisher ganz generell Anträge von Geflüchteten mit einer Anerkennung in einem anderen europäischen Staat als unzulässig abgelehnt (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes 2019 (C-540/17 und C-541/17) sollten diese Anträge nicht mehr als unzulässig abgelehnt werden dürfen. Das BAMF müsste also inhaltlich prüfen, ob ein Schutzstatus zuerkannt wird. Doch seit ca. 2,5 Jahren hat das BAMF über gar keine Anträge von in Griechenland Anerkannten mehr entschieden – somit auch keine Unzulässigkeitsentscheidung getroffen. Nun kündigt das BAMF an, nur noch in Einzelfällen den Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen. Allerdings „nur“ wenn es keine Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh gibt, z.B. weil Geflüchtete unter menschenrechtwidrigen Bedingungen in Griechenland lebten.
- Pro Asyl, 12.04.2022: Anerkannt in Griechenland, abgelehnt in Deutschland? Die Odyssee der »Anerkannten«