Der Flüchtlingsrat BW zeichnet mit!
Anfang Dezember soll im EU-Parlament über eine Verschärfung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) diskutiert werden. Das Parlament wird dabei über ein ganzes Bündel an Verordnungen abstimmen, welche das europäische Asylsystem grundlegend verschärfen sollen. In der Folge wird es zu systematischen Menschenrechtsverletzungen kommen. Die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl droht.
► Wir fordern das EU-Parlament dazu auf, diesen historischen Einschnitten nicht zuzustimmen, sondern sich für die Einhaltung der Menschenrechte aller einzusetzen. Das individuelle Asylrecht muss das Fundament unseres Schutzsystems bleiben!
► Wir fordern die deutsche Bundesregierung dazu auf, ihren Wahlversprechen nachzukommen und sich für eine menschenrechtsbasierte Migrationspolitik einzusetzen.
► Wir laden die Zivilgesellschaft ein, mit uns auf die Straße zu gehen, gemeinsam gegen diese historischen Asylrechtsverschärfungen zu protestieren und ein Zeichen für ein offenes und solidarisches Europa zu setzen!
Was droht durch die Asylrechtsverschärfungen?
Die von der EU-Kommission und dem Rat der EU ausgearbeiteten Vorschläge zur „Reform“ des GEAS sehen verschiedene Verordnungen vor, welche menschenrechtswidrige Praktiken, wie willkürliche Inhaftierungen und Abschiebungen, legalisieren würden. Sollten diese geplanten Verordnungen durch das EU-Parlament bestätigt werden, wäre dies eine Zäsur für die europäische Migrationspolitik und das faktische Ende des Grundrechts auf Asyl.
Systematische Inhaftierungen nach der Ankunft
Durch sogenannte „Grenzverfahren“ soll die Identifikation von Menschen auf der Flucht zukünftig schon an der EU-Außengrenze stattfinden. Menschen sollen dafür in Lagern in Grenznähe untergebracht werden. Die Lager sollen sich zwar auf dem Boden der EU befinden, die Geflüchteten jedoch offiziell als „nicht eingereist“ gelten. Und das bis zu dem Zeitpunkt, bis über ihre jeweilige Aussicht auf Asyl entschieden wurde. Einreisen darf nur, wem eine Aussicht auf Asyl attestiert wird. Bis zum Abschluss dieser Prüfung werden die Menschen kaserniert – und das für bis zu 12 Wochen. Auch Kinder werden – entgegen der Versprechungen der Grünen von dieser Regelung nicht ausgenommen. Menschenrechtsorganisationen weisen immer wieder darauf hin, dass eine individuelle und rechtsstaatlich fundierte Prüfung der Asylgründe unter solchen Bedingungen nicht möglich ist. Darüber hinaus sollen alle Menschen, welche über einen sogenannten „sicheren Drittstaat“ eingereist sind, ohne jegliche Prüfung unmittelbar nach ihrer Ankunft wieder abgeschoben werden.
Auslagerung von Verantwortung an Drittstaaten
Zeitgleich sollen die Kriterien für sogenannte sichere Drittstaaten stark aufgeweicht werden. Bisher mussten als „sicher“ klassifizierte Drittstaaten die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert, also unterschrieben und anerkannt haben. Dies ist nun nicht mehr der Fall – ein historischer Rückschritt! Und mehr noch: auch einzelne Regionen eines Landes können als „sicher“ gelten, auch wenn der Rest des Landes dies nicht tut. (Länder wie Tunesien sollen beispielsweise zukünftig als „sicher“ gelten.) Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen auf ihrer Flucht Richtung Europa über eines dieser Länder kamen und damit ihren Asylanspruch in Europa verwirkt haben, ist groß.
Diese Politik reiht sich in eine Tendenz in der europäischen Migrationspolitik der letzten Jahre ein: die Externalisierung von Migrationskontrolle. Die EU schließt sogenannte „Migrations-Abkommen“ mit Anrainer-, also Nachbarstaaten, wie etwa der Türkei oder Libyen, aber auch mit Staaten ohne gemeinsame Grenze, wie etwa in der Sahel-Zone. Darin garantieren diese Staaten gegen Fluchtbewegungen vorzugehen oder der Abschiebung von Menschen aus Europa zuzustimmen, und erhalten im Gegenzug finanzielle Unterstützung durch die EU. So kauft sich die EU von ihrer menschenrechtlichen Verpflichtung des Asylrechts frei. Sie unterstützt so nicht nur autoritäre Regime unmittelbar beim systematischen Bruch von Menschenrechten. Sie stiftet sie regelrecht dazu an. Schon jetzt ist die Situation für Geflüchtete in Libyen und Tunesien katastrophal.
Weitere Entsolidarisierung innerhalb der EU
Auch innerhalb der EU soll zu einer weiteren Entsolidarisierung kommen. Das seit vielen Jahren in der Kritik stehende Dublin-System soll verschärft werden. Durch die geplante Ausweitung der Überstellungsfristen, sind letzte Zufluchtsmöglichkeiten, wie Kirchenasyl als Schutz vor Abschiebungen, künftig kaum noch möglich. Auch die solidarische Verteilung von schutzsuchenden Menschen innerhalb der EU wird durch die geplanten Verordnungen nicht gewährleistet. Stattdessen können sich Mitgliedsstaaten durch Zahlung von geringen finanziellen Beträgen oder der Entsendung von Personal von der Verpflichtung zur Aufnahme freikaufen.
Und das ist noch nicht alles …
Als ob diese geplanten Verschärfungen des Asylrechts nicht schon schlimm genug wären, plant die EU aktuell einen Mechanismus, welcher die noch geltenden Schutzstandards für fliehende Menschen noch weiter absenken kann: die sogenannte „Krisenverordnung“. Diese würde greifen, wenn besonders viele Menschen an den Grenzen ankommen und muss im Europäischen Rat beschlossen werden. Wird der „Krisenfall“ ausgerufen, kann die Zeit in Haft zur Identitätsprüfung auf bis zu 20 Wochen verlängert werden. Auch der Kreis von Menschen, die inhaftiert werden können, kann im Zuge der Krisenverordnung erweitert werden.
MACHT MIT!
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