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OVG Nordrhein-Westfalen stellt subsidiären Schutz für Syrer*innen in Frage

Wichtige Hinweise zum Verständnis der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalens

Laut eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen  vom 16.07.2024 (14 A 2847/19.A) besteht für Zivilpersonen in Syrien keine ernsthafte, individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Bürgerkrieg) mehr.

Dieser Wortlaut führt zu großer Verunsicherung unter Syrerinnen und Syrern in Deutschland. Bevor aber große Panik ausbricht, sollte folgende Punkte beachtet werden:  

  • Die Entscheidung betrifft nicht Syrer*innen allgemein, sondern bezieht sich auf die spezifische Situation des Klägers. Außerdem ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
  • Syrer*innen, die in den letzten 13 Jahren einen Schutzstatus erhalten haben, sind von der Entscheidung nicht betroffen. An ihrer aufenthaltsrechtlichen Situation ändert sich nichts. Sie müssen keine unmittelbare Abschiebung befürchten.
  • Eingebürgerte oder Personen mit unbefristeter Niederlassungserlaubnis müssen sich keine Sorgen über den Widerruf ihres Schutzstatus machen; selbst im Falle des Widerrufs der Aufenthaltserlaubnis gibt es rechtliche Möglichkeiten der Aufenthaltssicherung.
  • Obwohl der Druck auf das BAMF und die Gerichte wächst, ändert sich für Personen mit bestehendem Schutzstatus durch das Urteil vorerst nichts. Individuelle Entscheidungen können jedoch überprüft werden.
  • Trotzdem gilt natürlich, dass das BAMF seine Entscheidungspraxis ändern könnte, was es für neue syrische Geflüchtete schwieriger machen würde, Schutz zu erhalten. Selbst wen das BAMF seine Entscheidungspraxis ändert und Gerichte dem folgen, wird voraussichtlich aufgrund der Sicherheitslage in Syrien in den meisten Fällen ein Abschiebungsverbot festgestellt werden. Auch der Kläger im genannten Urteil erhielt ein Abschiebungsverbot.

Fazit: Für schon in Deutschland befindliche Syrer*innen wird sich mit dieser Entscheidung erstmal nichts ändern. Die einseitige mediale Berichterstattung nutzten einige Politiker*innen, um die Debatte über Abschiebungen nach Syrien wieder anzufachen. Abschiebungen nach Syrien werden aufgrund der desaströsen Lage vor Ort aber vorerst keine reelle Option sein.