Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat am 02.09.2022 (A 16 K 3603/22) einem Eilantrag in einem Dublin-Verfahren wegen systemischer Mängel in Kroatien stattgegeben.
Leitsätze:
1. Systemische Mängel des kroatischen Asylverfahrens ergeben sich daraus, dass Personen, die Kroatien verlassen und ihren Asylantrag zurückgezogen bzw. eine Zurückweisung erhalten haben – entgegen den Vorgaben der Dublin III-VO – bei ihrer Rückkehr als Folgeantragstellende behandelt werden. Das stellt einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 2 der Dublin-III-VO dar. Demnach müssen Antragstellende, die einen Antrag vor Entscheidung in der Sache in erster Instanz zurückgezogen haben, berechtigt sein, den Abschluss des Verfahrens zu beantragen oder die Möglichkeit erhalten, einen neuen Antrag zu stellen, der nicht als Folgeantrag behandelt wird. Durch die Behandlung als Folgeantragstellende besteht die Gefahr, dass Rückehrende keinen Schutz vor Zurückweisung („Refoulement“, Art. 33 Abs. 1 GFK) erhalten, sondern ohne Anhörung und wesentliche Verfahrensgarantien aus Kroatien abgeschoben werden.
2. Anhaltspunkte für systemische Mängel des kroatischen Asylverfahrens bestehen auch aufgrund der gehäuften Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit sogenannten „Push-Backs“, d.h. dem gewaltsamen Abdrängen von Asylsuchenden über die kroatische EU-Außengrenze nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina, sowie aufgrund der Hinweise auf Kettenabschiebungen aus anderen Dublin-Mitgliedstaaten dorthin.
Bereits das VG Freiburg hatte im Juli 2022 einem Eilverfahren stattgegeben.