Grundlagen

Behördenstruktur in Deutschland und Baden-Württemberg

An der Bearbeitung von Asylanträgen und weiteren aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen sind unterschiedliche staatliche Stellen beteiligt. Oftmals fällt es nicht leicht, den Überblick zu behalten bzw. die richtige Stelle für die Bearbeitung eines Anliegens zu identifizieren. Aus diesem Grund sollen die wesentlichen staatlichen Stellen im Folgenden kurz dargestellt werden.

I. Bundesverwaltung
II. Die Ausländerbehörden
III. Verwaltungsgerichtsbarkeit

I. Bundesverwaltung

Das Auswärtige Amt
Das Auswärtige Amt (Außenministerium) ist eins von insgesamt 15 Bundesministerien. Dem Auswärtigen Amt sind u.a. insgesamt weit über 200 deutsche Auslandsvertretungen untergeordnet. Diese Auslandsvertretungen spielen beispielsweise bei der Beantragung von Visa (z.B. beim Familiennachzug) eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus sammelt und veröffentlicht das Auswärtige Amt Informationen zur Situation in allen Ländern der Welt. Auf diese Berichte greifen das weiter unten noch näher behandelte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Verwaltungsgerichte zum Teil bei ihren Asylentscheidungen zurück.

Das Bundesministerium des Inneren
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ist eines der 15 Bundesministerien. Im Ministerium werden vielfältige Aufgaben gebündelt. Das Spektrum reicht vom Bevölkerungsschutz über Integration und Sportförderung bis hin zu Sicherheitsaufgaben, z.B. der Steuerung und Koordination der Bundespolizei. Das BMI ist wesentlich für die Gestaltung der Migrationspolitik auf europäischer und deutscher Ebene verantwortlich. Es ist dem BAMF übergeordnet und leitet und beaufsichtigt dieses.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Das BAMF ist eine BMI untergeordnete (obere) Bundesbehörde. Als solche ist das BAMF in den Bereichen Asyl, Migration und Integration tätig. Neben der Durchführung von Asylverfahren (>> Das Asylverfahren) bzw. dem (Über-)Prüfen von Schutzbegehren übernimmt das BAMF Aufgaben im Bereich der Integration, z.B. durch Sprach- und Integrationskurse sowie die Jugendmigrationsdienste (JMD) und Migrationsberatung für Erwachsene (MBE). Daneben analysiert und erforscht das BAMF Migrationsprozesse. Es hat seinen Hauptsitz in Nürnberg und verfügt über zahlreiche dezentrale Standorte, die sog. Außenstellen, sowie Ankunfts- und Entscheidungszentren. Eine Übersicht der Standorte des BAMF finden Sie auf der Homepage des Bundesamts.

Weitere Informationen:

II. Die Ausländerbehörden

Das Aufenthaltsrecht und das Asylrecht werden, soweit nicht das BAMF zuständig ist, von den Ausländerbehörden durchgeführt. Welche Ausländerbehörde für welche Aufgabe zuständig ist, wird in Baden-Württemberg in der „Verordnung der Landesregierung und des Justizministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz“ (AAZuVO) geregelt.

Die oberste Ausländerbehörde: das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg

Das Ministerium der Justiz und für Migration (kurz: Justizministerium oder JM) ist eins von derzeit insgesamt elf Fachministerien der Landesregierung Baden-Württemberg. Zusätzlich zu den Fachministerien gibt es noch das Staatsministerium als Behörde des Ministerpräsidenten. Das JM ist die oberste Ausländerbehörde. Die Ausländer- und Flüchtlingspolitik des Landes Baden-Württemberg ist beim JM im Themengebiet „Migration“ angesiedelt. Das JM strukturiert über auf seiner Homepage veröffentlichte Verwaltungsvorschriften, Erlasse oder Dienstanweisungen das Verwaltungshandeln der untergeordneten Ausländerbehörden. Daneben entscheidet es etwa über die Erteilung von Aufenthaltstiteln, die im Rahmen eines Härtefallverfahrens der Härtefallkommission erlangt werden können (§ 23a AufenthG), über die Aufnahme oder Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Rahmen sog. Landeskontingente nach § 23 Absatz 1 AufenthG oder die generelle Aussetzung von Abschiebungen in bestimmte Länder nach § 60a Absatz 1 AufenthG (sog. Abschiebestopp).

Hinweis: Das JM ist nicht nur oberste Ausländerbehörde, sondern auch oberste Aufnahmebehörde im Sinne des baden-württembergischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes und kann als solche etwa auch Vorgaben hinsichtlich des Vollzugs des Asylbewerberleistungsgesetzes an die nachgeordneten Behörden machen.

Die höhere Ausländerbehörde: die vier Regierungspräsidien
Die Regierungspräsidien haben jeweils die Rechts- und Fachaufsicht über die unteren Ausländerbehörden in den Regierungsbezirken. Sie bearbeiten Widersprüche gegen Entscheidungen der unteren Ausländerbehörden und beraten diese in fachlichen und rechtlichen Fragen.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe nimmt eine besondere Stellung ein, denn es ist u.a. landesweit für folgende Maßnahmen zuständig:

  • Förderung und Organisation von freiwilligen Ausreisen („Rückkehrmanagement“)
  • Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen (Abschiebung)
  • Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
  • Vollzug der Abschiebungshaft
  • Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen für Geduldete

In vielen Fällen sind die Regierungspräsidien auch für die Entscheidung über Ausweisungen von straffällig gewordenen ausländischen Personen oder auch über die Entfristung eines Aufenthalts- oder Einreiseverbots zuständig. Weitere Informationen zu den Aufgaben der Regierungspräsidien findet sich auf der Homepage der Regierungspräsidien Baden-Württemberg.

Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen die Regierungspräsidien der Entscheidung einer nachgeordneten Ausländerbehörde zustimmen müssen. Diese Fälle sind zum einen in der oben erwähnten AAZuVO, zum anderen in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Eine Zustimmung ist danach etwa erforderlich

  • bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG
  • beim Familiennachzug zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte (§ 36 Absatz 2 AufenthG)
  • bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn von der Nachholung des Visumsverfahrens wegen Unzumutbarkeit abgesehen werden soll (§ 5 Absatz 2 Satz 2 AufenthG)
  • bei der erstmaligen Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose,

um einige besonders praxisrelevante Fälle zu nennen.

Die untere Ausländerbehörde: Landratsamt oder Stadtverwaltung
Untere Ausländerbehörden sind in Baden-Württemberg in den Landkreisen die Landratsämter bzw. die Gemeindeverwaltungen in den kreisangehörigen und kreisfreien Städten. Wenn in der Praxis von „der Ausländerbehörde“ die Rede ist, sind meist diese Ausländerbehörden gemeint, weil dies die Behörden sind, mit denen die betroffenen Personen vor Ort in (persönlichen) Kontakt treten und Termine vereinbaren, z.B. zur Beantragung, Verlängerung oder Abholung von Dokumenten. Allerdings sieht es manchmal nur so aus, als sei die untere Ausländerbehörde zuständig. So holt man sich als geduldete Person die Duldungsbescheinigung oder eine Beschäftigungserlaubnis zwar bei der unteren Ausländerbehörde ab. Die Entscheidung über die Erteilung der Duldung oder Beschäftigungserlaubnis ist aber zuvor vom Regierungspräsidium Karlsruhe getroffen worden, das die Ausländerbehörde lediglich in den „Aushändigungsprozess“ der Entscheidung einbindet. Will man eine Entscheidung zu seinen Gunsten beeinflussen und deshalb mit der zuständigen Behörde vorab Kontakt aufnehmen, müsste man sich im Beispielsfall direkt an das Regierungspräsidium Karlsruhe wenden.

Die Ausländerbehörden entscheiden über eine Vielzahl aufenthaltsrechtlicher Anträge selbst. Wenn nicht zuvor bereits ein Asylantrag gestellt worden ist, werden auch Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG von der Ausländerbehörde geprüft. Die Ausländerbehörden entscheiden zum Teil über die Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen (bei Menschen mit Duldung entscheidet allerdings das Regierungspräsidium Karlsruhe). Aufenthaltspapiere werden von den Ausländerbehörden ausgestellt bzw. verlängert.

Die Aufgaben und Bezeichnungen der unteren Ausländerbehörden können örtlich variieren (z.B. „Amt für Ausländerwesen“, „Ausländeramt-Amt für Zuwanderung“). Jede untere Ausländerbehörde hat einen Internetauftritt, über den Aufgaben, Öffnungszeiten usw. eingesehen werden können.

III. Verwaltungsgerichtsbarkeit

Verwaltungsgerichte
In Baden-Württemberg gibt es vier erstinstanzliche Verwaltungsgerichte (VG) und zwar in Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg und Sigmaringen. Vereinfacht dargestellt sind die Verwaltungsgerichte für Streitigkeiten zwischen Bürger*innen und dem Staat, d.h. in der Regel staatlichen Behörden, zuständig. Dies beinhaltet neben dem Asyl- und Ausländerrecht beispielsweise auch Streitigkeiten im öffentlichen Baurecht, im Gewerbe- und Gaststättenrecht, im Jugendhilferecht, Polizeirecht oder Straßenrecht. Gegen jede behördliche Entscheidung, die eine Person belastet, steht der Rechtsweg zu den Gerichten offen, der innerhalb bestimmter Fristen beschritten werden muss. In asylrechtlichen Streitigkeiten ergeben sich diese aus dem AsylG, in aufenthaltsrechtlichen Streitigkeiten aus der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In der Praxis ergeben sich die einzuhaltende Frist und das zuständige Gericht aus der Rechtsbehelfsbelehrung, die (negativen) Bescheiden angehängt sein sollte; fehlt sie, beträgt die Frist in der Regel ein Jahr ab Kenntnis der Entscheidung. Für Einzelheiten zu den Rechtsbehelfen im Asylverfahren siehe >> Ablehnungsformen.

Verwaltungsgerichtshof
Den Verwaltungsgerichten ist in Baden-Württemberg der sog. Verwaltungsgerichtshof (VGH) übergeordnet, der seinen Sitz in Mannheim hat. Der VGH ist das höchste Verwaltungsgericht des Landes Baden-Württemberg. Der VGH ist unter anderem für Berufungen gegen Urteile der Verwaltungsgerichte zuständig, die in asylrechtlichen Streitigkeiten aber stets erst mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung „erkämpft“ werden muss. Da der VGH die Berufung nur aus ganz bestimmten Gründen zulassen darf, findet eine inhaltliche Kontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung in asylrechtlichen Streitigkeiten häufig nicht statt, auch wenn Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des VG bestehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sowie den Obergerichten der anderen Bundesländer, die dort manchmal Oberverwaltungsgerichte (OVG) heißen, ist das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) übergeordnet.