Mit der Registrierung und der Ankunft in der Erstaufnahmeeinrichtung ist der Asylantrag noch nicht gestellt worden. Dies muss bei einem separaten Termin gemacht werden. Danach – und auch hier sind Wartezeiten von mehreren Monaten nicht unüblich – wird die antragstellende Person zu einer persönlichen Anhörung eingeladen. Die dort gemachten Angaben sind entscheidend für den Ausgang des Asylverfahrens. Das oft viele Monate dauernde Verfahren und die damit Tag für Tag existierende Unsicherheit, stellt eine enorme psychische Belastung dar, die auf Dauer nur schwer auszuhalten ist.
Das Asylgesuch
Der erste Schritt im Asylverfahren ist das sog. „Asylgesuch“. Das ist kein formeller Akt, sondern lediglich die Aussage, dass man Asyl beantragen will. Dieses kann bei einer Polizeidienststelle, Grenzbehörde, Ausländerbehörde oder am besten direkt in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende gestellt werden. Nach Stellen des Asylgesuchs in einer Erstaufnahmeeinrichtung erhält man ein erstes Dokument. In der Regel sollte dies der sog. „Ankunftsnachweis“ (Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender)“ sein. (§ 63a AsylG). Wenn man sich nicht zum Stellen des Asylgesuchs ohnehin bereits in einer Erstaufnahmestelle für Asylsuchende aufgehalten hat, muss man sich unverzüglich, d.h. i. d. R. binnen einer Woche, in eine solche begeben.
Die Asylantragstellung
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist für Asylanträge zuständig. Der Antrag wird in der Regel in einer BAMF-Außenstelle in der Erstaufnahmeeinrichtung gestellt (§ 14 AsylG). Nach der Registrierung bzw. dem Asylgesuch erhält die Person, die einen Asylantrag stellen möchte, einen Termin bei der Außenstelle des BAMF, um dies zu tun. Beim Termin zur Antragsstellung werden die Geflüchteten mit Hilfe von Dolmetscher*innen über ihre Rechte und Mitwirkungspflichten im Asylverfahren informiert. Die wichtigste Mitwirkungspflicht ist die Bekanntgabe der jeweils aktuellen Adresse an das BAMF. Falls noch nicht zuvor geschehen, werden bei der Asylantragstellung die persönlichen Daten der Asylsuchenden erhoben, sie werden fotografiert und von Personen ab 14 Jahren werden auch Fingerabdrücke genommen. Sie werden auch gefragt, auf welchem Weg bzw. auf welcher Route sie nach Deutschland gekommen sind. Dies tut man, um herauszufinden, ob ein anderes europäisches Land im Rahmen der Dublin-Verordnung für den*die Asylsuchende*n zuständig ist (>>Das Dublin-Verfahren).
Nach der Asylantragstellung erhält der*die Asylsuchende die sog. Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG). Das ist ein Dokument, das besagt, dass die Person sich rechtmäßig in Deutschland aufhält zum Zweck der Durchführung des Asylverfahrens. Diesen Status hat die betroffene Person unabhängig davon, ob sie das Dokument besitzt oder nicht. Das ist wichtig, weil das Dokument manchmal erst einige Zeit nach der Antragsstellung ausgehändigt wird.
Für unverheiratete Kinder unter 18 Jahren wird automatisch ein Asylverfahren eingeleitet, wenn die Eltern einen Asylantrag stellen und sie mit ihren Eltern gemeinsam einreisen oder sich bereits ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalten.
Auch für Kinder unter 18 Jahren, die später nachkommen, oder für Kinder, die in Deutschland geboren werden, wird automatisch ein Asylverfahren eingeleitet. Dies geschieht auch dann, wenn die Eltern im Asylverfahren bereits abgelehnt wurden. Es besteht die Möglichkeit, auf die Durchführung eines Asylverfahrens für die Kinder zu verzichten.
Nachdem der Asylantrag gestellt worden ist, prüft das BAMF im Rahmen des Dublin-Verfahrens, ob ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Ausführliche Informationen hierzu sind unter >>Das Dublin-Verfahren zu finden.
Die Anhörung
Wenn Deutschland für das Asylverfahren zuständig ist, erhalten die Antragstellenden einen Termin zur persönlichen Anhörung (§ 25 AsylG). Diese Anhörung ist von zentraler Bedeutung für das Asylverfahren, weshalb es sehr wichtig ist, sich gut darauf vorzubereiten und sich am besten auch im Vorfeld beraten zu lassen. Über die >> Begleitung im Asylverfahren informiert ein separater Beitrag. Den Anhörungstermin müssen die Antragstellenden unbedingt wahrnehmen oder rechtzeitig schriftlich mitteilen, warum ihnen das Erscheinen (z. B. aus gesundheitlichen Gründen) nicht möglich ist. Falls dies nicht erfolgt, wird der Asylantrag abgelehnt oder das Verfahren eingestellt.
Die Anhörungen sind meist auf 8 Uhr morgens terminiert. Wenn es aus wichtigen Gründen nicht möglich ist, so früh vor Ort zu sein, sollte man versuchen, mit dem BAMF einen späteren Termin auszumachen. Der Asylsuchende muss pünktlich sein, es kann aber sein, dass man lange auf die Anhörung warten muss. Daher sollte man ausreichend Essen und Trinken mitbringen.
Die Anhörungen sind nicht öffentlich. Es können aber ein*e Rechtsanwalt*anwältin sowie ein*e Vertreter*in des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und bei unbegleiteten Minderjährigen deren Vormund teilnehmen. Eine weitere Vertrauensperson — z.B. ein*e ehrenamtliche*r Helfer*innen — als sogenannte „Beistand“ (§ 14 VerwVfG) kann teilnehmen, dies sollte aber vorher beim BAMF schriftlich beantragt und genehmigt werden (für genauere Informationen >> Begleitung im Asylverfahren).
Die Anhörung findet in der Muttersprache des Antragsstellenden statt oder in einer anderen Sprache, die die Person beherrscht. Das BAMF stellt dann eine*n Dolmetscher*innen für die entsprechende Sprache. Bei Vorbehalten in Bezug auf die*den Dolmetscher*innen oder bei Verständnisproblemen (z.B. weil die*der Dolmetscher*innen einen anderen Dialekt spricht), sollte der*die Antragsteller*innen seine*ihre Einwände zu Protokoll geben und eine*n andere*n Dolmetscher*innen verlangen. Zur Not muss die Anhörung vertagt werden.
Bei der Anhörung werden in der Regel Fragen zur Person, zum Herkunftsland und zum Fluchtweg gestellt. Anschließend wird die Person aufgefordert, ihre individuellen Fluchtgründe zu schildern und zu erläutern, was ihr im Falle einer Rückkehr ins Heimatland drohen würde. Hier steht das eigene Fluchtschicksal im Vordergrund. Die Erlebnisse von Angehörigen oder die allgemeine politische Situation im Heimatland können zur Erläuterung herangezogen werden, dabei sollte jedoch beschrieben werden, inwiefern dies in Zusammenhang mit dem Asylsuchenden steht.
Der*die Antragsteller*in hat das Recht, alles vorzutragen, was ihm*ihr relevant erscheint. Der*die Anhörer*in oder der*die Dolmetscher*in dürfen nicht darauf drängen, sich auf kurze Antworten zu beschränken oder Fragen nur mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten.
Die Schilderungen werden ins Deutsche übersetzt und protokolliert. Die antragstellende Person hat das Recht, sich das Protokoll am Ende der Anhörung in die eigene Sprache rückübersetzen zu lassen. Die geflüchtete Person bekommt so Gelegenheit, das Gesagte zu ergänzen oder richtigzustellen. Da dies die einzige Möglichkeit darstellt, Fehldarstellungen zu korrigieren, sollte sie nicht darauf verzichten. Schließlich wird ihr das Protokoll zur Genehmigung durch die Unterschrift vorgelegt. Wenn weiterhin Fehler darin enthalten sind und keine Änderung erfolgt, sollte das Protokoll nicht unterzeichnet werden.
Weitere Informationen:
- Flüchtlingsrat BW / Liga, März 2017: Merkblatt für „Beistände“ im Asylverfahren
- Asyl in Deutschland, Film: „Die Anhörung“
- Asylmagazin, Dezember 2016 Informationsverbund Asyl & Migration – Detail
Exkurs: Folgeantrag
Hat man bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt, der entweder zurückgenommen oder unanfechtbar abgelehnt worden ist, so ist jeder weitere Asylantrag ein so genannter Folgeantrag (§ 71 AsylG). In diesem Fall prüft das BAMF zunächst, ob es Gründe gibt, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtfertigen (>> Asylfolgeantrag).
Die Entscheidung
Auf Basis der bei der Anhörung gemachten Angaben und der vorliegenden Dokumente und Beweismittel, entscheidet das Bundesamt über den Asylantrag. Dabei gilt das Einzelschicksal als maßgeblich. Die Entscheidung wird schriftlich begründet und den Beteiligten, dem*der Antragsteller*in oder Verfahrensbevollmächtigten sowie den zuständigen Ausländerbehörden mitgeteilt. Im Falle einer Ablehnung im Asylverfahren, sind die Rechtsmittelfristen sehr kurz, daher sei an dieser Stelle nochmals auf die Pflicht des*der Asylsuchenden, dem BAMF die jeweils aktuelle Adresse mitzuteilen, verwiesen.
Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Nur wenn keine dieser Schutzformen in Frage kommt, wird der Antrag abgelehnt und eine Abschiebung angedroht.
Unterschieden wird zwischen einer „einfachen“ Ablehnung und einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“.
Über die Anerkennung oder Ablehnung eines Asylantrages und die sich daraus ergebenen Konsequenzen informieren die Beiträge >>Ablehnungsformen und >>Anerkennungsformen.
Weitere Informationen:
- Refugee Law Clinics Deutschland, Februar 2018: Zur Beratungssituation im Asylverfahren – Ein Skript für die ehrenamtliche und studentische Rechtsberatung von Geflüchteten
- Der Paritätische, November 2021 Grundlagen des Asylverfahrens
- BAMF, Mai 2021: Broschüre „Informationen zum Asylverfahren. Ihre Rechte und Pflichten“ in sechs Sprachen und Film
- BAMF, Ankunftszentren und AnkER-Einrichtungen