Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat mit Beschluss vom 19.02.2025 – S 12 AY 424/25 ER angeordet, einer Klägerin weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu gewähren. Die Betroffene hatte nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG keine Leistungen mehr bekommen, weil sie als Dublin-Fall gilt. Diese Regelung über Leistungsstreichungen war im Oktober 2024 mit dem sog. Sicherheitsgesetz in Kraft getreten. Das SG Karlsruhe vertritt die Auffassung, dass dieser Leistungsausschluss weder grund- noch europarechtskonform ist.
Das SG Darmstadt (04.02.2025 – S 16 AY 2/25 ER) hatte jüngst in einem ähnlichen Fall die Rechtmäßigkeit des § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG angezweifelt. Es gab dem Eilantrag statt, weil das Bundessozialgericht (BSG) klärungsbedürfte Fragen zu Leistungskürzungen von Dublin-Fällen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt hat (BSG, Vorlagebeschluss v. 25.07.2024 – B 8 AY 6/23). Um eine menschenwürdige Grundversorgung zu garantieren, sei bis zur Entscheidung des EuGH abzuwarten.
Ähnliche Zweifel an der Vereinbarkeit von Leistungsverwehrungen mit Europäischem Recht äußerten die Sozialgerichte in Landshut (18.12.2024 – S 11 AY 19/24 ER), Osnabrück (18.12.2024 – S 44 AY 25/24 ER), Darmstadt (04.02.2025 – S 16 AY 2/25 ER) und in Trier (20.02.2025 – S 3 AY 4/25 ER). Das SG Osnabrück wies zudem darauf hin, dass Leistungskürzungen und ein gänzlicher Leistungsausschluss unterschiedliche Rechtsfolgen mit sich bringen. Der neue § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG (Leistungsausschluss) für Dublin-Fälle könne daher von den erlassenden Behörden nicht einfach ersatzmäßig für den alten § 1a Abs. 7 AsylbLG (Leistungskürzung) angewendet werden.
In Baden-Württemberg erhalten Geflüchtete im Dublin-Verfahren meist eine Duldung – dies geschah jedoch nicht im Fall der Betroffenen, die vom SG Karlsruhe Recht bekam. Für Geduldete gilt der Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG nicht. Für Menschen ohne Duldung zeigen Entscheidungen wie die des SG Karlsruhe jedoch, dass es sich lohnt, gegen Leistungsstreichungen vorzugehen. Rechtsanwaltliche Hilfe gibt es bei mit Recht zum Recht. Tipps zum Widersprüche und Klagen selbst zu verfassen, gibt es in dieser Arbeitshilfe.
- Anwaltskanzlei Adam: Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 AsylbLG
- Anwaltsbüro Volker Gerloff, Februar 2025: Newsletter-02-2025
- Pro Asyl, Februar 2025: Obdachlos per Gesetz? Junge Geflüchtete wird aus Unterkunft geworfen