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BVerfG: Durchsuchungsbeschluss für Abschiebungen aus Schlafzimmer notwendig

Das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe (BVerfG) hat in dem Beschluss vom 30. September 2025 (2 BvR 460/25) entschieden, dass der Schutz der Wohnung auch in Unterkünften für Geflüchtete gilt. Die Polizei braucht demnach grundsätzlich einen Durchsuchungsbeschluss, um für eine Abschiebung in die Wohnung geflüchteter Menschen einzudringen.

2019 hatte die damalige Bundesregierung mit einer neuen Regelung in § 58 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) versucht, den in den Grundrechten festgelegten Schutz des Wohnraums zu unterlaufen: Nach dieser Regelung durfte die Polizei im Rahmen einer Abschiebung ohne Durchsuchungsbeschluss in ein Zimmer eindringen, wenn aufgrund von Tatsachen zu schließen ist, dass sich die Person aktuell in der Wohnung aufhält. Es würde sich in diesem Fall um ein reines „Betreten“ des Zimmers und nicht um eine Durchsuchung handeln.

Im selben Jahr drangen Polizeibeamt*innen mit einem Rammbock in das Zimmer eines Geflüchteten in einem Berliner Übergangswohnheim ein, um diesen abzuschieben. Dafür lag kein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vor. In der ersten Instanz wurde der Klage des Geflüchteten recht gegeben, durch den fehlenden Durchsuchungsbeschluss hätte die Polizei rechtswidrig gehandelt. Im Berufungsverfahren hob das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) diese Entscheidung auf und bestätigte das Vorgehen der Polizei. Das Bundesverwaltungsgericht lehnte eine Revision ab.

Nach einer Verfassungsbeschwerde des Betroffenen gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und PRO ASYL stellt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nun klar, dass ein Durchsuchungsbeschluss erforderlich ist, solange die Polizei vor Beginn der Maßnahme keine sichere Kenntnis darüber hat, dass und wo sich die Person konkret im Raum befindet. Auch in Fällen von Abschiebungen gilt folglich das Grundgesetz (Art. 13 Abs. 2 GG). Für § 58 Abs. 5 AufenthG bleibt damit nahezu kein Anwendungsbereich mehr.

Die Notwendigkeit richterlicher Durchsuchungsbeschlüsse für das Eindringen in Wohnungen im Fall von Abschiebungen bedeutet, dass ein Gericht prüfen muss, ob eine Durchsuchung überhaupt erforderlich ist, um eine Person abzuschieben oder ob es mildere Mittel gibt. Und ob es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Abschiebung ohne Zimmerdurchsuchung fehlschlagen würde. 

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg lehnt Abschiebungen grundsätzlich ab. Solange Abschiebungen jedoch politische Realität sind, müssen dabei rechtsstaatliche Standards eingehalten werden. In einer Stellungnahme vom 14. März kritisierte der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg das Vorgehen der Polizei bei Abschiebungen und unterstützte die Entscheidung von PRO ASYL und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), für die Unverletzlichkeit der Wohnung in Erstaufnahmeeinrichtungen vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Die Stellungnahme hebt besonders die psychischen Folgen für geflüchtete Menschen, die regelmäßig mit Abschiebungen aus Erstaufnahmeeinrichtungen einhergehen, hervor. Das Urteil des BVerfG bestätigt in diesem Fall, dass kein Grundrechtsschutz zweiter Klasse für Geflüchtete besteht und das Grundgesetz ohne Ausnahme für alle Menschen gleichermaßen gilt.