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BVerwG: Handydaten-Auswertung durch das BAMF war rechtswidrig

Eine afghanische Geflüchtete klagte gegen das Auslesen ihres Handys – und bekommt Recht. Damit steht die langjährige Praxis des Bundesamtes für Migration und Geflüchtete (BAMF) in Frage. 

Kommen Asylsuchende in Deutschland an, haben wenige einen gültigen Pass. Um die Identität und Staatsangehörigkeit dieser Menschen zu prüfen, kann das BAMF Metadaten von Mobiltelefonen auslesen (§15a AsylG). Dies ist nur möglich, wenn keine milderen Mittel zur Identitätsprüfung zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit hatte sich beim BAMF die Praxis eingestellt, schon vor der Anhörung Daten von Mobiltelefonen auf Vorrat auszuwerten und zu speichern, ohne vorherige Prüfung, ob die Identitätsklärung durch mildere Mittel erfolgen könnte.

Diese Erfahrung machte auch eine Frau aus Afghanistan. Noch vor der Anhörung wurde sie aufgefordert, ihr Handy mitsamt Zugangsdaten auszuhändigen, obwohl sie eine Tazkira, ein afghanisches Ausweisdokument, und eine Heiratsurkunde vorlegen konnte. Mithilfe der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) reichte sie im Mai 2020 Klage beim Verwaltungsgericht in Berlin ein – mit Erfolg. Am 16.02.2023 bestätigte dies das BVerwG (16.02.2023, 1 C 19.21) nachdem das BAMF in Revision gegangen war: Dem Bundesamt wäre es möglich gewesen, zunächst mildere Mittel zur Feststellung von Identität und Staatsangehörigkeit heranzuziehen. Im vorliegenden Fall hätten dies gezielte Fragen zum Herkunftsland und -ort, ein Gutachten eines*r Sprachmittler*in und die Überprüfung der Dokumente, wie die Heiratsurkunde und die Tazkira, sein können.

Das Auslesen der Mobiltelefone ist problematisch, da es einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre einzelner Personen darstellt. Das Auslesen der Daten ist außerdem fehleranfällig. Die durch das BAMF genutzte Analysesoftware liest Metadaten, wie Ländervorwahlen ein- und ausgehender Anrufe, geografischen Daten von Fotos und verwendete Sprachen im Browserverlauf und Messenger Nachrichten aus. Wurde ein Handy beispielsweise von mehreren Personen genutzt, kann dies zu fehlerhaften Annahmen über das vermeintliche Herkunftsland führen.