Die Bezahlkarte wird bundesweit eingeführt. Das ist beschlossene Sache. Bund und Länder haben damit ein zusätzliches Instrument zur Diskriminierung geflüchteter Menschen geschaffen. Die Umsetzung der Bezahlkarte liegt nun bei den Bundesländern. Der Flüchtlingsrat fordert die baden-württembergische Landesregierung dazu auf, dabei Spielräume im Sinne der Betroffenen zu nutzen. Werden auch Sie aktiv und appellieren Sie an die Abgeordneten Ihres Wahlkreises, bei der Einführung der Bezahlkarte von möglichst vielen der aktuell diskutierten Einschränkungen abzusehen. Gerne können Sie dafür folgende Textvorlage nutzen, die Sie per Mail oder Brief an Ihre Abgeordneten schicken können.
Sehr geehrte*r Landtagsabgeordnete*r X,
ich melde mich bei Ihnen im Rahmen der Debatte um die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen. Nachdem wir uns mit deren bundesweiten Einführung wohl leider abfinden müssen, geht es nun darum, sich mit der Frage der Umsetzung der Bezahlkarte in Baden-Württemberg zu beschäftigen.
Es liegt beim Land, über die konkrete Ausgestaltung der Karte zu entscheiden. Allerlei Einschränkungen – keine Überweisungsmöglichkeit, limitierte Bargeldauszahlungen, Beschränkung auf Postleitzahlgebiete, Ausschluss bestimmter Waren – werden diskutiert. In der Konsequenz würde das Leben der betroffenen Menschen noch drastischer eingeschränkt, als dies ohnehin schon der Fall ist. Alltägliches, wie der Kauf einer Wasserflasche am Kiosk oder das Abschließen eines Handyvertrages, wird erschwert bis unmöglich. Auch das Bezahlen eines anwaltlichen Beistands, wenngleich von immenser Bedeutung, könnte an einer restriktiv ausgestalteten Bezahlkarte scheitern.
Die Bezahlkarte basiert auf einer abschreckungspolitischen Logik. Sie wurde eingeführt, um die Anzahl der nach Deutschland fliehenden Menschen zu reduzieren. Das kann nicht funktionieren, denn es gibt keinerlei wissenschaftliche Evidenz dafür, dass Sozialleistungen ausschlaggebend dafür sind, wohin ein Mensch flieht. Das Modell der Pull-Faktoren ist aus wissenschaftlicher Sicht veraltet.
Der Ausschluss vom bargeldlosen Zahlungsverkehr soll geflüchtete Menschen davon abhalten, Geld an ihre Angehörigen im Herkunftsstaat zu schicken. Allerdings gibt es keinerlei Erhebungen, die belegen würden, dass solche Überweisungen von den ohnehin sehr geringen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den frühen Monaten nach der Ankunft in Deutschland überhaupt regelmäßig getätigt würden.
Auch die Kommunen werden nicht bei der Unterbringung Geflüchteter unterstützt, indem die Bezahlkarte mit möglichst vielen Einschränkungen versehen wird. Die Bezahlkarte ist Symbolpolitik mit verheerenden Konsequenzen.
Wir bitten Sie eingehend darum, sich entschieden gegen diese massive Entrechtung von Geflüchteten zu stellen und in der informellen sowie öffentlichen Debatte klar Position zu beziehen. Setzen Sie sich zumindest dafür ein, dass mit der Bezahlkarte auch Überweisungen getätigt werden, Bargeld abgehoben und ohne geografische Beschränkung bezahlt werden kann.
Wir zählen auf Ihre Unterstützung!
Mit besten Grüßen
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