Viele geflüchtete Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen, haben in ihrem Herkunftsstaat Krieg, Vertreibung, Gefangenschaft, sexuelle Gewalt oder Folter erlebt oder wurden Zeug*innen von schweren Menschenrechtsverletzungen. Darüber hinaus ist die Flucht stets mit dem Verlust familiärer Strukturen und sozialer Netzwerke sowie mit lebensgefährlichen Erfahrungen auf riskanten Fluchtrouten verbunden. Das alles sind traumatische Erfahrungen, die Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit der Betroffenen haben. Daher leiden viele der in Deutschland lebenden Geflüchteten an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Aber was genau bedeutet das eigentlich?
von Meike Olszak & Ronja Olszak
Die PTBS bildet eine Unterkategorie der Traumafolgestörungen. Die Diagnose einer PTBS setzt also zunächst ein traumatisches Erlebnis voraus. Im Rahmen der psychologischen und psychiatrischen Diagnostik wird der Begriff »Trauma« als ein belastendes Ereignis oder eine kurz- oder langanhaltende Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder von katastrophalem Ausmaß definiert, die bei fast jedem Menschen eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Hierunter fallen in erster Linie Situationen, in denen Menschen tatsächlichem oder drohendem Tod, schwerer Verletzung oder sexuellem Missbrauch als Opfer oder als Zeug*in ausgesetzt sind. Nicht jede*r, die*der ein Trauma erlebt, entwickelt im Anschluss eine PTBS. Von einer PTBS als einer äußerst komplexen und vielschichtigen Störung wird dann gesprochen, wenn zusätzlich Symptome in den folgenden drei Bereichen vorliegen:
Wiedererleben
Betroffene Personen leiden häufig unter anhaltenden, eindringlichen Erinnerungen an das traumatische Erlebnis und/oder sie erleiden sogenannte Flashbacks, in denen sie fühlen oder handeln, als ob sich die traumatische Situation gerade wiederholt. Unter das Kriterium der Wiedererinnerung fallen außerdem sich wiederholende und belastende Träume, die in Beziehung zu dem traumatischen Erlebnis stehen.
Vermeidung
Personen, die an PTBS leiden, vermeiden Reize, die mit dem Trauma verbunden sind. Sie versuchen entweder, entsprechende Erinnerungen, Gedanken oder Gefühle nicht zuzulassen, oder externen Reizen, wie bestimmten Personen, Plätzen, Unterhaltungen, Aktivitäten oder Situationen aus dem Weg zu gehen.
Erinnerungsverlust oder Übererregung
Betroffene Personen können sich außerdem entweder an wichtige Aspekte des Traumas nicht erinnern oder leiden an erhöhter psychischer Sensitivität und Erregung. Unter letzteres fallen zum Beispiel Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit oder Wutausbrüche. Die Symptome einer PTBS können direkt im Anschluss an das erlebte Trauma, aber auch erst viel später auftreten und phasenweise unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Im Falle einer komplexen PTBS treten sie hingegen chronisch auf und gehen mit einer andauernden Persönlichkeitsänderung einher. Posttraumatische Belastungsstörungen können am wirksamsten im Rahmen einer Psychotherapie behandelt werden. Durch Medikamente können bestimmte Symptome, zum Beispiel Schlafstörungen, gelindert werden._
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Traumasensibler und empowernder Umgang mit Geflüchteten: Ein Praxisleitfaden
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 1/2022 unseres Magazins Perspektive, das hier kostenlos bestellt und heruntergeladen werden kann.