Grundlagen

Familiennachzug

Eine der drängendsten Fragen geflüchteter Menschen ist häufig, ob sie ihre Familienangehörigen „nachholen“ können. Solange das Asylverfahren noch läuft, ist ein Familiennachzug aus dem Ausland grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme stellt die Familienzusammenführung über die Dublin-III-Verordnung dar. Dafür müssen sich die Familienangehörigen aber bereits innerhalb des „Dublin-Raums“, z.B. in Griechenland, befinden und selbst einen Asylantrag gestellt haben (>> Das Dublin-Verfahren).

I. Voraussetzungen für den Familiennachzug
II. Wie gestaltet sich das Familiennachzugsverfahren?
III. Weiterführende Arbeitshilfen

I. Voraussetzungen für den Familiennachzug

Der Familiennachzug ist grundsätzlich erst nach einer positiven Entscheidung über den Asylantrag möglich. Ob die Möglichkeit eines Familiennachzugs besteht, hängt davon ab, wie erfolgreich das Asylverfahren ausgegangen ist. Sehr gut sind die Chancen von Personen mit Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung. Allerdings ist auch der Verwandtschaftsgrad maßgeblich dafür, ob ein Familiennachzug möglich ist. Gute Chancen haben Angehörige der sog. Kernfamilie (Ehepartner*in, minderjährige ledige Kinder und Eltern von unbegleiteten Minderjährigen).

Welche allgemeinen Voraussetzungen müssen erfüllt werden?

Damit Angehörige von Schutzberechtigten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, müssen zunächst einige allgemeine Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Lebensunterhalt muss für die Person mit Schutzstatus und ihre Angehörigen gesichert sein. Das ist dann der Fall, wenn der Regelbedarf inklusive Krankenversicherung ohne öffentliche Mittel gesichert ist. Unschädlich ist gemäß § 2 Absatz 3 Satz 2 sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Bezug folgender Leistungen: Kindergeld, Kinderzuschlag, Erziehungsgeld, Elterngeld, Leistungen der Ausbildungsförderung nach SGB III, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, Arbeitslosengeld I und Kurzarbeitergeld, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und Wohngeld.
  • Es muss ausreichender Wohnraum für die stammberechtigte Person und die Angehörigen bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn für jedes Familienmitglied über sechs Jahre 12 m² und für jedes Familienmitglied unter sechs Jahren 10 m² zur Verfügung stehen werden (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG, Nummer 2.4).
  • Die nachzugswilligen Angehörigen müssen einen Pass haben und ihre Identität muss geklärt sein. In seltenen Ausnahmefällen werden deutsche Passersatzpapiere für die Einreise ausgestellt.
  • Bezüglich der stammberechtigten Person darf kein Ausweisungsinteresse bestehen, z.B. wegen einer Straftat (§ 53 und § 54 AufenthG).
  • Die nachzugswillige Person muss mit einem Visum zum Familiennachzug eingereist sein und im Visumsverfahren die notwendigen Angaben gemacht haben.

Hinweis: Dies sind die allgemeinen Voraussetzungen, in einigen Fällen kann es zu Ausnahmen von einzelnen Voraussetzungen kommen. Je nachdem, welches Familienmitglied nachziehen möchte und welchen Schutzstatus die stammberechtigte Person hat, gelten auch weitere Voraussetzungen.

Wann ist der Ehegatt*innennachzug von Personen mit Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung möglich?

Personen mit Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung haben einen Anspruch auf Nachzug ihres Ehegattens*ihrer Ehegattin. Dabei gelten die Voraussetzungen ausreichender Wohnraum und Lebensunterhaltssicherung in der Regel nicht, wenn der Familiennachzug innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung der Asylberechtigung bzw. der Flüchtlingseigenschaft beantragt wurde (§ 29 Absatz 2 AufenthG). Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt des Erhalts des positiven Bescheids vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), nicht etwa der spätere Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

Wichtig: Mit dem Antrag auf Familiennachzug ist der Visumsantrag gemeint. Eine wirksame Antragstellung liegt nur vor, wenn innerhalb der Dreimonatsfrist ein Visumsantrag bei der Auslandsvertretung gestellt wurde, der alle erforderlichen Angaben enthält (Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg, 19.1.2022, Aktenzeichen: 3 M 185/20). Weder die Abgabe einer fristwahrenden Anzeige über das Internetportal des Auswärtigen Amtes noch die Anzeige bei der Ausländerbehörde sind folglich ausreichend. In der Praxis sollte direkt bei der Auslandsvertretung ein Visumsantrag (idealerweise per Fax) gestellt werden. Zusätzlich dazu kann die fristwahrende Anzeige über das Online-Portal als PDF-Datei ausgegeben, gespeichert und den nachzugswilligen Angehörigen für den Vorsprachetermin übermittelt werden.

Wird der Antrag auf Familiennachzug erst nach Ablauf der Drei-Monatsfrist gestellt, steht es im Ermessen der zuständigen Behörden, ob von den Voraussetzungen ausreichender Wohnraum und Lebensunterhaltssicherung abgesehen wird.

Weitere bei Asylberechtigten und Personen mit Flüchtlingseigenschaft geltende Voraussetzungen für den Ehegatt*innennachzug sind u.a. gemäß § 30 AufenthG:

  • Die Ehe muss am Ort der Eheschließung rechtsgültig geschlossen worden sein. Eine religiös geschlossene Ehe muss nach dem Recht des Heimatlandes staatlich anerkannt sein, um einen Nachzugsanspruch zu begründen.
  • Beide Ehegatt*innen müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben. Bei Vorliegen einer besonderen Härte kann von dieser Voraussetzung abgesehen werden.
  • Wenn die Ehe im Herkunftsland noch nicht bestanden hat, muss die nachziehende Person Deutschsprachkenntnisse auf dem Niveau A1 vorweisen.

Wann ist der Kindernachzug zu Personen mit Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung möglich?

Für ein minderjähriges (d.h. unter 18 Jahren) und unverheiratetes Kind, besteht ein Nachzugsanspruch, wenn beide Eltern oder der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis haben (§ 32 AufenthG).

Voraussetzung für die Erteilung eines Visums zum Kindernachzug ist außerdem, dass der Elternteil, zu dem der Nachzug angestrebt wird, im Besitz des Sorgerechts ist. Hat der andere Elternteil, der im Heimatland verbleibt, nach dortiger Rechtslage ebenfalls die elterliche Sorge inne, muss dieser Elternteil sein Einverständnis mit dem Aufenthalt des Kindes in Deutschland geben bzw. muss eine rechtsverbindliche Entscheidung der zuständigen Stelle vorgelegt werden (§ 32 Absatz 4 AufenthG).

Der Nachzugsanspruch besteht nur, wenn das Kind minderjährig ist. Die deutsche Rechtspraxis stellte hier lange Zeit auf den Zeitpunkt des Antrags auf Familienzusammenführung ab. Sprich, dass das Kind minderjährig ist, wenn nach der Anerkennung der Antrag auf Nachzug gestellt wird. Nach dieser Rechtsauffassung verloren Kinder, die während des Asylverfahrens ihrer Eltern volljährig wurden, ihren Anspruch auf ein Visum nach § 32 AufenthG. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte in seiner Entscheidung vom 1.8.2022 (C-279/20) allerdings klar, dass ein Kind auch dann als minderjährig zu behandeln ist, wenn es zum Zeitpunkt der Asylantragstellung des Elternteils/der Eltern minderjährig war, aber vor dessen/deren Anerkennung volljährig geworden ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachzugsantrag des Kindes innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Anerkennung des Elternteils als Person mit Flüchtlingseigenschaft gestellt wird. Das EuGH-Urteil bezieht sich jedoch nur auf Personen mit Flüchtlingseigenschaft. Für eine gleiche Handhabung beim Nachzug zu Personen mit Asylberechtigung spricht ggf. § 2 Absatz 1 AsylG.

Wann ist der Eltern- und Geschwisternachzug zu unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten mit Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung möglich?

Unbegleitete minderjährige Personen mit Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung haben einen Anspruch darauf, dass ihren Eltern ein Visum zum Familiennachzug erteilt wird (§ 36 Absatz 1 AufenthG).

Der Nachzugsanspruch besteht nur, wenn das in Deutschland lebende unbegleitete Kind minderjährig ist. Der EuGH hat hier gleich mehrfach entschieden (EuGH, Urteil vom 1.8.2022, C-273/20, C-355/20), dass es auch beim Elternnachzug zum anerkannten minderjährigen Personen mit Flüchtlingseigenschaft drauf ankommt, dass das Kind bei seiner Asylantragstellung in Deutschland minderjährig war. Bei einer danach eintretenden Volljährigkeit geht das Recht auf Elternnachzug also nicht verloren; rechtlich bleibt die Person also minderjährig. Nur so werde verhindert, dass äußere Umstände, die die betreffenden Personen selbst nicht in der Hand haben, wie etwa langwierige Asyl- oder Visumsverfahren, zum Verlust des Nachzugsrechts führen. Die EuGH-Urteile beziehen sich nur auf Personen mit Flüchtlingseigenschaft. Für eine analoge Handhabung beim Nachzug zu Personen mit Asylberechtigung spricht ggf. § 2 Absatz 1 AsylG.

Wichtig: Auch hier besteht der Nachzugsanspruch aber nur, wenn das Visum auf Elternnachzug innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beantragt wird. Diese Voraussetzung lässt sich dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen, sondern ist vom EuGH „beschlossen worden“ worden, damit das Elternnachzugsrecht nicht „ewig“ geltend gemacht werden kann, der Aufnahmestaat also eine gewisse Planungssicherheit hat.

Auf Nachweise zur Lebensunterhaltssicherung und zum ausreichenden Wohnraum verzichtet das Gesetz beim Elternnachzug zu unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten vollständig.

Ist der Nachzug beider Elternteile gewünscht, sollten die Eltern das Visum zusammen beantragen. Beantragt ein Elternteil das Visum nämlich erst später, nachdem der andere personenberechtigte Elternteil bereits eingereist ist, ist der*die Minderjährige nicht mehr unbegleitet, wenn über das Visum des zurückgelassenen Elternteils entschieden wird.

Außerdem sollte vorsorglich auch für andere nachzugswillige minderjährige Kinder, also die Geschwister des*der unbegleiteten Minderjährigen, ein Visumsantrag gestellt werden. Diese haben zwar eigentlich keinen Anspruch auf ein Visum (da sie im Verhältnis zum*zur unbegleiteten Minderjährigen weder Elternteile noch Ehegatte*Ehegattin sind) und die Eltern selbst (zunächst) nur über ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht verfügen. Da es aber durchaus die rechtlich gut begründbare Möglichkeit eines Visums auch für die Geschwister der unbegleiteten minderjährigen Person gibt, sollte man in jedem Fall – notfalls gerichtlich beim Verwaltungsgericht (VG) in Berlin, das für Visumsangelegenheiten zuständig ist – versuchen, ein Visum zu erhalten. In der Praxis werden die Anträge auf Geschwisternachzug häufig wegen mangelnder Lebensunterhaltssicherung und fehlendem Wohnraum abgelehnt. Ist dies der Fall, kann ein schrittweiser Nachzug der Angehörigen (sog. Kaskadennachzug) erwogen werden. Dies bedeutet, dass zunächst nur ein Elternteil zur unbegleiteten, minderjährigen Person nach Deutschland reist, dieser hier im Rahmen eines eigenen Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht erwirbt, das wiederum den Familiennachzug ermöglicht und dadurch die im Ausland verbliebenen Angehörigen nachgeholt werden können.

Wann ist der Familiennachzug bei subsidiärem Schutz möglich?

Subsidiär Schutzberechtigte haben keinen Anspruch auf den Familiennachzug von Ehegatt*innen, minderjährigen ledigen Kinder oder, bei unbegleiteten Minderjährigen, den Nachzug der Eltern. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten kann jedoch gemäß § 36a AufenthG im Ermessenswege zugelassen werden. Monatlich können bis zu 1.000 Visa für Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten erteilt werden. Ausgewählt werden diese Personen in einem internen Prozess vom Bundesverwaltungsamt. Der Familiennachzug wird aber auch hier bei den Auslandsvertretungen beantragt.

Eine Dreimonatsfrist für den Visumsantrag sieht das Gesetz nicht vor. Bei bevorstehender Volljährigkeit eines Kindes gilt allerdings Folgendes:

  • Beim Kindernachzug muss die Minderjährigkeit bei Beantragung des Visums bei der zuständigen Auslandsvertretung bestehen. Daher sollte bereits vor Eintritt der Volljährigkeit ein formloser Antrag auf Erteilung eines Visums zum Zweck des Familiennachzugs bei der zuständigen Auslandsvertretung gestellt werden. Denn nur so geht die später eintretende Volljährigkeit, die z.B. der Wartezeit auf einen Termin zur Vorsprache in der Auslandsvertretung geschuldet ist, nicht zu Lasten der antragstellenden Person.
  • Beim Elternnachzug kommt es darauf an, dass das subsidiär schutzberechtigte Kind noch minderjährig ist, wenn seinen Eltern das Visum erteilt wird. Steht die Volljährigkeit der*des unbegleiteten Minderjährigen bevor, sollte daher bei der Beantragung eines Termins bei der zuständigen Auslandsvertretung auf die bald eintretende Volljährigkeit hingewiesen werden.

Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag sind in erster Linie humanitäre Gründe. Einige Beispiele für solche humanitären Gründe benennt § 36a Absatz 2 AufenthG:

  • Die Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft ist seit langer Zeit nicht möglich.
  • Ein minderjähriges lediges Kind ist betroffen.
  • Leib, Leben oder Freiheit des Familienangehörigen sind im Aufenthaltsstaat gefährdet.
  • Der*die subsidiär Schutzberechtigte oder der*die Familienangehörige ist schwerwiegend erkrankt, pflegebedürftig oder schwer behindert.

Wenn ein solcher humanitärer Grund vorliegt, wird ein Visum in der Regel trotzdem nicht erteilt, wenn einer der in § 36a Absatz 3 AufenthG genannten Ausschlussgründe vorliegt:

  • Die Ehe wurde erst nach der Flucht geschlossen.
  • Der*die subsidiär Schutzberechtigte wurde in Deutschland rechtskräftig wegen einer bestimmten vorsätzlichen Straftat (siehe § 36a Absatz 3 Nummer 2 AufenthG) verurteilt.
  • Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels an den*die subsidiär Schutzberechtigte*n ist nicht zu erwarten.
  • Der*die subsidiär Schutzberechtigte hat eine Grenzübertrittsbescheinigung beantragt.

Liegt ein humanitärer Grund vor und greift kein Ausschlussgrund, sind zusätzlich Integrationskriterien zu berücksichtigen (§ 36a Absatz 2 Satz 4 AufenthG). Dabei werden sowohl Integrationsleistungen auf Seiten der nachzugswilligen Familienangehörigen als auch auf Seiten der Person in Deutschland berücksichtigt. Bei den Familienangehörigen sind z.B. Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Bei der subsidiär schutzberechtigten Person kommen in Betracht:

  • die eigenständige Sicherung von Lebensunterhalt und Wohnraum auch für den*die nachziehenden Familienangehörigen
  • besondere Fortschritte beim Erlernen der deutschen Sprache
  • gesellschaftliches Engagement
  • ehrenamtliche Tätigkeit
  • das nachhaltige Bemühen um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
  • die Absolvierung einer Berufsausbildung

Im Bereich Integrationsleistungen wirken sich auch strafrechtliche Verurteilungen unterhalb der in § 36a Absatz 3 Nummer 2 AufenthG genannten Schwellen tendenziell negativ aus.

Gemäß § 79 Absatz 3 AufenthG wird die Entscheidung über die Aufenthaltserlaubnis ausgesetzt, wenn gegen den Stammberechtigten ein Strafverfahren wegen einer oder mehrerer in § 36a Absatz 3 Nummer 2 AufenthG genannten Straftaten eingeleitet wurde.

Dokumente, die humanitäre Kriterien und Integrationsleistungen belegen, sollten bei subsidiär Schutzberechtigten gemeinsam mit anderen notwendigen Unterlagen (z.B. Pass oder Personenstandsurkunden) beim Botschaftstermin vorgelegt werden. Aspekte, die die nachzugswilligen Personen betreffen, werden von der Botschaft selbst geprüft, die für die subsidiär schutzberechtigte Person zuständige Ausländerbehörde prüft dann die sogenannten inlandsbezogenen Sachverhalte. Beim Bundesverwaltungsamt laufen die Informationen dann zusammen. Es nimmt dann eine Gewichtung der Kriterien vor und wählt Personen aus, die in diesem Monat das Visum erhalten sollen. Entsprechend der Auswahlentscheidung weist es die Botschaft an, Visa zu erteilen. Wer nicht ausgewählt wurde, erhält keine ablehnende Entscheidung, sondern muss hoffen, in einem anderen Monat berücksichtigt zu werden.

Wann ist der Nachzug von Angehörigen außerhalb der sog. Kernfamilie möglich?

Andere Familienangehörige (z.B. Geschwister, Großeltern, Eltern von volljährigen Personen) können unter engen Voraussetzungen ein Visum zum Familiennachzug erhalten. Dies geht jedoch nur dann, wenn der Familiennachzug zur Vermeidung einer „außergewöhnlichen Härte“ erforderlich ist (§ 36 Absatz 2 AufenthG). Voraussetzung ist ein besonderes Angewiesensein auf familiäre Hilfe. Hiervon können Fälle erfasst sein, in denen ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds durch die Herstellung der familiären Gemeinschaft zwingend angewiesen ist und die Lebenshilfe zumutbar auch nur in Deutschland erbracht werden kann.

Die Umstände, die die außergewöhnliche Härte begründen, müssen sich stets aus den individuellen Besonderheiten des Einzelfalls ergeben (z.B. Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, psychische Probleme). Umstände die sich aus den allgemeinen Lebensverhältnissen im Herkunftsland ergeben, werden regelmäßig nicht zur Begründung einer außergewöhnlichen Härte akzeptiert.

Wichtig: Für die Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Absatz 2 AufenthG müssen der Lebensunterhalt für die in Deutschland lebende Person und die nachzugswilligen Menschen gesichert sein und ausreichender Wohnraum nachgewiesen werden.

II. Wie gestaltet sich das Familiennachzugsverfahren?

Für den Familiennachzug ist in der Regel die persönliche Vorsprache der Nachzuziehenden bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung im jeweiligen Land erforderlich (Ausnahme siehe hier). Die Terminvereinbarung ist von Botschaft zu Botschaft unterschiedlich. Im Einzelfall sollte man sich deshalb die aktuellen Informationen und Hinweise auf der Homepage der jeweils zuständigen Auslandsvertretung ansehen. Die Wartezeiten auf den Termin zur persönlichen Vorsprache sind teilweise sehr lang.

Bei der persönlichen Vorsprache müssen die Familienangehörigen alle erforderlichen Unterlagen, wie z.B. den Nachweis über die Wahrung der Drei-Monatsfrist (falls erforderlich), die Aufenthaltserlaubnis der stammberechtigten Person, die ausgefüllten Visumsantragsformulare, Nachweise über die familiäre Beziehung (z.B. Heiratsurkunde, Familienstammbuch) und einen Reisepass, in den das Visum eingetragen werden kann, vorlegen. Teilweise ist es sehr schwer, diese Unterlagen zu beschaffen.

Die Erteilung des Visums zum Familiennachzug bedarf der Zustimmung der deutschen Ausländerbehörde am beabsichtigten Aufenthaltsort. Zu diesem Zweck übermittelt die Auslandsvertretung die ihr vorliegenden Angaben der antragstellenden Person sowie ihrer in Deutschland lebenden Bezugsperson an die Ausländerbehörde am Wohnort des in Deutschland bereits aufenthaltsberechtigten Familienmitglieds und bittet unter Nennung des beantragten Aufenthaltszwecks um Stellungnahme. Die Ausländerbehörde prüft dann, ob aus ihrer Sicht die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und gibt eine Rückmeldung an die Auslandsvertretung. Hierbei handelt es sich um ein verwaltungsinternes Verfahren.

Die abschließende Entscheidung über den Visumantrag teilt allein die Auslandsvertretung der antragstellenden Person in Form eines Bescheids mit.

Gegen eine ablehnende Entscheidung kann bei der Auslandsvertretung remonstriert werden. Die Remonstration ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung ausschließlich auf die Möglichkeit der Klage verweist. In diesem Fall muss direkt Klage beim VG Berlin erhoben werden.

Ergeht der Ablehnungsbescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung, beträgt die Frist für die Remonstration ein Jahr nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides. Ist der Ablehnungsbescheid dagegen mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen, die nicht ausschließlich auf die Möglichkeit einer Klage hinweist, beträgt die Frist einen Monat nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides.

Wurde remonstriert und kommt die Auslandsvertretung nach erneuter Prüfung zum Ergebnis, dass das Visum nicht erteilt werden kann, erlässt sie einen sog. Remonstrationsbescheid. Gegen diesen Bescheid kann die betroffene Person innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim VG Berlin erheben.

Ist die Entscheidung der Auslandsvertretung positiv, wird den nachzugswilligen Personen das Visum erteilt. Die Kosten für die Flüge sind von den Familienangehörigen zu tragen.

Nach der Einreise sollten die Personen sich zügig bei der Ausländerbehörde melden und einen Antrag auf Verlängerung des – in der Regel nur für drei Monate erteilten – Visums stellen. Außerdem sollten sie sich baldmöglichst beraten lassen, ob für sie eine Asylantragstellung sinnvoll ist (>> Familienasyl).

III. Weiterführende Arbeitshilfen