Grundlagen

Begleitung im Asylverfahren

Das Asylverfahren ist sehr komplex und stellt geflüchtete Menschen oft vor große Herausforderungen. Ehrenamtliche Helfer*innen können die betroffenen Menschen in diesem Prozess begleiten. Wo können sie Asylsuchende unterstützen und wo macht es Sinn, sich an Beratungsstellen oder Jurist*innen zu wenden?

Hinweis: Für grundlegende Informationen zum Ablauf des Asylverfahrens sei auf den Beitrag >> Das Asylverfahren verwiesen.

I. Grundsätzliche Hinweise
II. Unterstützung im Dublin-Verfahren
III. Unterstützung bei der Anhörung
IV. Nach der Anhörung
V. Weiterführende Arbeitshilfen

I. Grundsätzliche Hinweise

Voraussetzung dafür, dass ehrenamtlich Engagierte asylsuchende Menschen im Asylverfahren begleiten, ist grundsätzlich die Zustimmung der betroffenen Person. Ehrenamtliche Unterstützer*innen sollten daher proaktiv die Zustimmung der zu unterstützenden Person einholen. Auch ist die Abstimmung mit Expert*innen wie Sozialarbeiter*innen, Beratungsstellen und spezialisierten Rechtsanwält*innen – natürlich nach Rücksprache mit dem*der Asylsuchenden – wichtig. Bei der Begleitung von geflüchteten Menschen sollten ehrenamtliche Unterstützer*innen – idealerweise gemeinsam mit hauptamtlichen Kräften – überlegen, welche Aufgaben sie übernehmen können und wollen und welche sie besser hauptamtlichen Kräften überlassen.

Um alle entscheidenden Unterlagen für das Asylverfahren und mögliche weitere Schritte beisammen zu haben, kann es hilfreich sein, gemeinsam mit der geflüchteten Person, alle Unterlagen (z.B. Niederschrift über den Asylantrag, Ladung zur Anhörung, Anhörungsprotokoll) in einem Ordner abzuheften.

Wichtig: Die asylsuchende Person sollte regelmäßig ihre Post empfangen und öffnen, damit etwaige Fristen eingehalten werden können. Hierauf können ehrenamtliche Unterstützer*innen hinweisen – ebenso darauf, dass ein Adresswechsel immer dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und – wenn ein asylrechtliches Gerichtsverfahren läuft – dem zuständigen Verwaltungsgericht mitgeteilt werden muss (§ 10 Absatz 1 AsylG). Eine solche Mitteilung erfolgt nicht automatisch durch Anmeldung am neuen Wohnort und Aufsuchen der dortigen Ausländerbehörde, sondern die aktive Meldung der aktuellen Adresse an das BAMF ist eine der wichtigsten Mitwirkungspflichten einer asylsuchenden Person. Das gilt auch und gerade bei einem behördlich veranlassten Umzug.

II. Unterstützung im Dublin-Verfahren

Mit der Dublin III-Verordnung gibt es eine EU-Zuständigkeitsregelung, welche die Überstellung von Personen in einen anderen Staat des Dublin-Raums ermöglicht, wenn dieser für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags zuständig ist (>> Das Dublin-Verfahren).

Hat die asylsuchende Person ihre Zustimmung zur Begleitung durch die ehrenamtliche Person gegeben, sollte möglichst rasch geklärt werden, ob ihr möglicherweise ein sog. Dublin-Verfahren droht. Hierzu kann man erfragen, auf welchem Weg die Person nach Deutschland gekommen ist und ob sie bereits in einem anderen Staat, der die Dublin III-Verordnung unterzeichnet hat, registriert wurde. Möchte die Person nicht in den sog. Ersteinreisestaat zurück, können Gründe gesammelt und – in Absprache mit Sozialarbeiter*innen und Rechtsanwält*innen – gegenüber den beteiligten Stellen vorgebracht werden, die gegen eine Abschiebung in den jeweiligen Staat sprechen. Diese können z.B. in der Reisewegsbefragung über den Asylantrag vorgebracht werden. Relevant können negative Erfahrungen sein, die der*die Betroffene im jeweiligen Dublin-Staat gemacht hat. Auch Krankheiten, die in dem anderen Land nicht oder nur unzureichend versorgt werden können, können gegen eine Abschiebung in dieses Land sprechen. In diesem Fall braucht es aussagekräftige ärztliche Gutachten sowie rechtsanwaltliche Unterstützung.

Andererseits kann über das Dublin-Verfahren auch eine Familienzusammenführung stattfinden, wenn sich Familienangehörige in einem anderen Dublin-Staat aufhalten. Zu diesem Zweck sollte erfragt werden, ob die Person Familienangehörige hat, die schon vorher in Deutschland waren. Hier laufen Fristen, weshalb eine kompetente Beratungsstelle oder ein Rechtsanwalt*eine Rechtsanwältin aufgesucht werden sollten.

Sollte der Asylantrag eines asylsuchenden Menschen aufgrund der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaats als „unzulässig“ abgelehnt werden, muss zunächst Folgendes geklärt werden:

  • Was will die betroffene Person? Will sie überhaupt in Deutschland bleiben oder ist sie zur Rückkehr in den zuständigen Staat bereit? Gibt es dort eventuell Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte?
  • Unter Umständen möchte der*die Betroffene freiwillig in den zuständigen Staat zurückkehren, um eine mögliche Abschiebung zu verhindern. Das deutsche Asylgesetz sieht diese Möglichkeit grundsätzlich nicht vor, in bestimmten Konstellationen sind aber Ausnahmen möglich. Dazu bedarf es intensiver Kommunikation mit den beteiligten Behörden, insbesondere dem BAMF und dem Regierungspräsidium Karlsruhe.
  • In bestimmten Fällen ist es auch sinnvoll, mit der betroffenen Person zu klären, ob ein Abwarten der Überstellungsfrist die erfolgversprechendste Möglichkeit ist, die Chance auf ein inhaltliches Asylverfahren in Deutschland zu erhalten. Dazu muss man wissen, wann genau die Frist beginnt und abläuft.

Hinweis: Das Dublin Verfahren gilt nicht für Personen mit einem internationalen Schutzstatus in einem Dublin-Staat.

Weitere Informationen:

III. Unterstützung bei der Anhörung

Wie können ehrenamtlich Engagierte bei der inhaltlichen Vorbereitung auf die Anhörung unterstützen?

Ehrenamtlich Engagierte können geflüchtete Menschen bei der Vorbereitung auf die Anhörung auf verschiedenen Ebenen unterstützen. Sie können informieren über den Ablauf und die Besonderheiten des Asylverfahrens und der Anhörung. Sie können außerdem dazu anregen, die eigene Geschichte selbst aufzuschreiben, was dabei helfen kann, die Erlebnisse strukturiert wiederzugeben.

Manchen asylsuchenden Menschen hilft es, im Vorfeld der Anhörung die eigene Fluchtgeschichte mit einer anderen Person durchzusprechen. Das kann der*die zuständige Sozialarbeiter*in, eine unabhängige Beratungsstelle oder der Anwalt*die Anwältin sein. Ehrenamtliche Unterstützer*innen, die es sich inhaltlich und emotional zutrauen, können der geflüchteten Person auch anbieten, mit ihr gemeinsam diese Vorbereitung zu leisten. Wenn dies gewünscht ist, gilt es zunächst, die bereits existierenden BAMF-Dokumente (z.B. Niederschrift über den Asylantrag, Befragung zur Zulässigkeit des Asylantrags) zu sichten. Dies ist wichtig, um sicherzugehen, dass im Vortrag der geflüchteten Person keine Widersprüche zu bereits Gesagtem enthalten sind, die im Asylverfahren häufig als Indiz für die fehlende Glaubhaftigkeit des Vorbringens gewertet werden. Dann kann in Form eines Rollenspiels (die ehrenamtliche Person nimmt dabei die Rolle der anhörenden Person ein) die Anhörungssituation nachgestellt werden. Der*die Unterstützer*in kann dem betroffenen Menschen dann, wenn gewünscht, spiegeln, welche Elemente des Vortrags aus seiner*ihrer Sicht widersprüchlich oder nicht detailliert genug sind.

Was ist bei einer Begleitung zur Anhörung zu beachten?

Ehrenamtliche Unterstützer*innen können den asylsuchenden Menschen auf die Möglichkeit der Begleitung zur Anhörung hinweisen und fragen, ob dies erwünscht ist und falls ja, durch wen die Begleitung erfolgen soll. Rechtsanwält*innen können der Anhörung ihrer Mandantin*ihres Mandanten ohne vorherige Anmeldung beiwohnen. Gemäß § 14 Absatz 4 VwVfG hat darüber hinaus jede*r Verfahrensbeteiligte in behördlichen Gesprächen das Recht, mit einem Beistand*einer Beiständin zu erscheinen. Dies gilt auch für Asylsuchende, z.B. in ihrer Anhörung im Asylverfahren (§ 25 Absatz 6 AsylG). Dementsprechend können auch ehrenamtliche Begleiter*innen der Anhörung beiwohnen. Laut Dienstanweisung Asyl gibt es hierfür keine Anmeldepflicht, eine vorherige Anmeldung bei der Leitung der BAMF-Außenstelle kann allerdings ggf. den Zugang zu den Räumlichkeiten vereinfachen. Falls die Teilnahme des Beistands*der Beiständin an der Anhörung verwehrt wird, sollte dies nach Möglichkeit in der Anhörung zu Protokoll gegeben werden.

Ehrenamtliche Begleitpersonen haben grundsätzlich eine passive Rolle bei der Anhörung. Unter Umständen können die Unterstützer*innen nach Zustimmung der anhörenden Person, ergänzende Fragen an die geflüchtete Person richten; ob dies gewünscht ist, sollte im Vorfeld mit ihr abgesprochen worden sein. Zudem können Ehrenamtliche auf die genaue und vollständige Protokollierung achten. Allein die Anwesenheit einer Begleitperson kann die Anhörungssituation positiv beeinflussen, wenn die Person sich sensibel und der Situation angemessen verhält.

Weitere Informationen:

IV. Nach der Anhörung

Wie in allen Stadien des Asylverfahrens sollten die Betroffenen im Anschluss an die Anhörung die eigene Post im Auge behalten. Aufgrund der teilweise äußerst kurzen (Klage-) Fristen (>> Ablehnungsformen) ist es entscheidend, rechtzeitig auf den Bescheid vom BAMF zu reagieren. Sollte der asylsuchende Mensch also seinen Wohnort für mehrere Tage verlassen, so sollte er eine Vertrauensperson beauftragen, sich um die Post zu kümmern und ggf. zeitnah zu reagieren. Im Falle einer Ablehnung und einer möglichen Klage sollte ein Rechtsanwalt*eine Rechtsanwältin zu Rate gezogen werden.

V. Weiterführende Arbeitshilfen