Grundlagen

Zahlen und Fakten

Im Jahr 2022 waren weltweit insgesamt 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Aber nur ein kleiner Bruchteil der weltweit flüchtenden Menschen flieht nach Europa. In Deutschland stellten 2022 beispielweise nur 244.132 Menschen einen Asylantrag (BAMF: 2022).

I. Aussagekraft von Zahlen zu geflüchteten Menschen
II. Geflüchtete Menschen weltweit
III. Die Fluchtwege
IV. Geflüchtete Menschen in der EU
V. Geflüchtete Menschen in Deutschland
VI. Geflüchtete Menschen in Baden-Württemberg

I. Aussagekraft von Zahlen zu geflüchteten Menschen

Die regelmäßig veröffentlichten Zahlen liefern eine gute Möglichkeit, sich ein Bild über die gegenwärtigen Fluchtbewegungen zu machen. Trotzdem ist hier kritisches Mitdenken von Nöten: Es ist grundsätzlich sinnvoll, zu fragen, wer welche Daten auf welcher Grundlage erhebt. Der UNHCR weist beispielsweise explizit daraufhin, dass die Daten, die in den jährlichen Global Trends Reports veröffentlicht werden, auf verschiedenen Angaben von Regierungen, NGOs und eigenen Erhebungen basieren und behält sich darüber hinaus mögliche Änderungen vor. Es ist also immer zu prüfen, welche Personengruppen erfasst werden und welche nicht und wie die vorliegenden Zahlen vor diesem Hintergrund interpretiert werden müssen. Hilfreich ist stets, verschiedene Quellen zu Rate zu ziehen und miteinander abzugleichen.

II. Geflüchtete Menschen weltweit

Ende 2023 waren weltweit insgesamt 117,3 Millionen Menschen auf Grund von Verfolgung, gewaltsamen Konflikten oder anderweitigen Menschenrechtsverletzungen auf der Flucht (2022: 108,4, 2021: 89,3 Millionen). Somit waren Ende 2023 8,9 Millionen Menschen mehr auf der Flucht als noch Ende 2022 – dies entspricht einem Anstieg von 8 Prozent (UNHCR: 2024). Einen Anstieg gab es auch bei der Zahl der Asylanträge beim UNHCR oder bei einem Nationalstaat (2023: 3,6 Millionen, 2022: 2,6 Millionen), die meisten Asylanträge wurden dabei in den USA (2,1 Millionen), Deutschland (329.100) und Ägypten (183.100) gestellt. Die meisten der insgesamt 117,3 Millionen Flüchtenden im Jahr 2023 flüchteten allerdings nicht ins Ausland: Mehr als 68 Millionen Menschen (2022: 62 Millionen) und damit ungefähr 58 Prozent aller Flüchtenden suchten eine Zuflucht innerhalb des eigenen Landes (sog. Binnenvertriebene).

73 Prozent aller Geflüchteten kamen aus nur fünf Staaten: Afghanistan (etwas über 6,4 Millionen), Syrien (6,4 Millionen), Venezuela (6,1 Millionen), der Ukraine (6 Millionen) und dem Sudan (1,5 Millionen) (UNHCR: 2024). Auch dreizehn Jahre nach Kriegsbeginn kommt folglich ein großer Teil der weltweit geflüchteten Menschen aus Syrien. Aber auch die Gewaltherrschaft der Taliban (UNO Flüchtlingshilfe: 2024), der Krieg in der Ukraine und die angespannte Situation in Venezuela prägten das Fluchtgeschehen im Jahr 2023 maßgeblich. Weiterhin treibt auch der 2023 ausgebrochene Krieg im Sudan zunehmend mehr Menschen in die Flucht (UNO Flüchtlingshilfe: 2024).

Nur 25 Prozent der Geflüchteten lebten 2023 in wirtschaftlich stark entwickelten Ländern („high-income countries“). Dieser Prozentsatz ist allerdings höher als in den Jahren vor 2022, was auf die verstärkte Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten, vor allem in europäischen Ländern, zurückgeführt werden kann. 21 Prozent aller Geflüchteten lebten 2023 in den am wenigsten entwickelten Ländern („least-income countries“), während die große Mehrheit aller Geflüchteten (75 Prozent) in Ländern mit mittlerem und geringem Einkommen („low-and-middle-income countries“) lebte. Allein im Iran lebten Ende 2023 3,8 Millionen geflüchtete Menschen, gefolgt von der Türkei (3,3 Millionen), von Kolumbien (2,9 Millionen), Deutschland (2,6 Millionen) und Pakistan (2 Millionen) (UNHCR: 2024).

40 Prozent der 117,3 Millionen Flüchtenden sind minderjährig (UNHCR: 2024). Diese Kinder sind ganz besonders gefährdet, denn sie werden häufig als Kindersoldat*innen rekrutiert, müssen Kinderarbeit leisten oder werden Opfer von Kinderhandel (ECPAT 2023). Lange Jahre der Flucht erschweren außerdem Schulbildung und verstärken das Risiko auf lebenslange Armut.

2023 kehrten über eine Million Geflüchtete freiwillig mit Hilfe des UNHCR oder eigenständig in ihre Heimatländer zurück. (UNO Flüchtlingshilfe: 2024).

III. Die Fluchtwege

Flucht ist ein gefährliches und teures Unterfangen, da es nur selten Visa für Flüchtende gibt und diese somit zu illegalen Grenzüberschreitungen gezwungen werden. Die meisten Vertriebenen bleiben daher in ihrem Land oder in den angrenzenden Staaten. Die allerwenigsten begeben sich auf den Weg nach Europa. Wurden 2015 laut FRONTEX, der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, noch mehr als 1,8 Millionen irreguläre Grenzüberschreitungen gezählt, lag die Zahl 2022 bei ca. 330.000 (FRONTEX: 2023).

Insgesamt sind im Jahr 2022 weltweit mindestens 6.876 Menschen auf der Flucht gestorben oder wurden vermisst gemeldet, die Dunkelziffer wird weit höher geschätzt (IOM: 2023). In afrikanischen Staaten allein wurden 2022 993 Todes- und Vermisstenfälle registriert (Statista: 2023). Die Zahl der nicht registrierten Fälle dürfte auch hier um ein Vielfaches höher liegen. Ein großes Risiko stellt insbesondere die sogenannte Sahelroute dar, die durch die Sahara verläuft: Viele Menschen verdursten in der Wüste auf dem Weg aus ihren Heimatländern (z.B. Mali, Sudan oder Tschad) in Zielländer wie Libyen, Südafrika und die Golfstaaten (UNO Flüchtlingshilfe: 2022).

Zu den häufigsten Fluchtrouten zählt nach wie vor der Weg über das Mittelmeer. Aus westafrikanischen Ländern flüchten viele Schutzsuchende über Niger und Mali nach Algerien oder Marokko, um über die westliche Mittelmeerroute nach Spanien zu gelangen. Die zentrale Mittelmeerroute, die viele Flüchtende aus Ländern wie Somalia, Eritrea oder dem Sudan nutzen, führt über Libyen nach Italien oder Malta. Insbesondere der Weg durch Libyen ist gefährlich, denn dort werden Schutzsuchende häufig Opfer von Sklaverei, Inhaftierung, Folter und gezielter Gewalt.

Die Mittelmeerroute wird als „tödlichste Seeroute der Welt“ bezeichnet. Im Jahr 2022 sind 150.177 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen, 1.940 Menschen starben bei der Überquerung oder werden noch vermisst (UNO Flüchtlingshilfe: 2022). Damit sind die Zahlen sogar höher als vor der Corona-Pandemie (2019: 123.663 Ankünfte und 1.335 Todesfälle, UNHCR: 2023). Die europäische Politik unternimmt weiterhin keinerlei Anstrengung in Richtung einer institutionalisierten Seenotrettung. Stattdessen häufen sich völkerrechtswidrige und gewaltsame „Push-Backs“ (Zurückdrängung) von Flüchtenden an den Außengrenzen (PRO ASYL: 2022). Als Antwort auf die vielen Sterbenden im Mittelmeer gründeten sich private Initiativen wie die internationale Bewegung „Seebrücke“, die diese Lücke zu schließen versuchen, zunehmend aber behindert und kriminalisiert werden (UNHCR: 2022).

Wie sich die Zahlen der Menschen, die übers Mittelmeer nach Europa kamen, in den letzten Jahren entwickelt haben, ist in der folgenden Grafik zu sehen:

(Quelle: UNHCR 2023)

Weitere Informationen:

  • Watch the med: Online Mapping Plattform, die Todesfälle und Menschenrechtsverletzungen an Migrant*innen an den Außengrenzen der EU nachverfolgt
  • Alarmphone: ein selbstorganisiertes Call-Center für Geflüchtete, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten

IV. Geflüchtete Menschen in der EU

In der EU richten sich Asylverfahren nach dem „Gemeinsamen Europäischen Asylsystem“ (GEAS), u.a. bestehend aus der Asylverfahrens-, Aufnahme- und der Qualifikations-Richtlinie sowie der Dublin-III-Verordnung. Die Richtlinien müssen von den EU-Staaten umgesetzt werden. Sie sollen bewirken, dass EU-weit einheitliche Schutzstatus (Qualifikationsrichtlinie) sowie bestimmte Rechte und Aufnahmestandards während des Asylverfahrens gewährleistet sind (Asylverfahrens- und Aufnahmerichtlinie). Die Dublin-Verordnung schreibt fest, dass Geflüchtete in nur einem EU-Staat einen Asylantrag stellen dürfen. Zudem können sich Geflüchtete grundsätzlich nicht aussuchen, in welchem Staat ihr Asylverfahren durchgeführt wird (>> Das Dublin-Verfahren).

Seit 2016 wird in der EU über mögliche Reformen des GEAS verhandelt. Eine „gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten“ wird gefordert und Sekundärmigration soll unterbunden werden. Am 8. Juni 2023 einigte sich der Europäische Rat auf drastische Verschärfungen der Asyl- und Migrationspolitik (Europäischer Rat: 2023). Diese werden allerdings erst dann Gesetz, wenn EU-Kommission, EU-Rat und Europäisches Parlament sie endgültig beschließen.

Im Jahr 2022 wurden in der EU 962.160 Asylanträge gestellt, das ist ein Anstieg um rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 881.220 davon waren Erstanträge (64 Prozent mehr als im Vorjahr). Die meisten Asylerstanträge wurden von Personen aus Syrien gestellt (15 Prozent), gefolgt von Afghanistan (12,9 Prozent), Venezuela (6 Prozent) und der Türkei (6 Prozent). 25,2 % der Asylsuchenden waren noch minderjährig, über 42.000 kamen als unbegleitete Minderjährige in die EU. Insgesamt wurden etwa 384.000 Asylsuchende innerhalb der EU als schutzberechtigt anerkannt. Insgesamt warteten Ende 2022 noch über 870.000 Menschen auf eine Entscheidung ihres Asylantrags (Eurostat: 2023).

Die Anerkennungsquoten innerhalb der EU unterscheiden sich stark: Beispielsweise lag im Jahr 2021 die Schutzquote für Menschen aus Afghanistan zwischen 9 Prozent in Bulgarien und 100 Prozent in Spanien und Portugal (EU: 2022).

V. Geflüchtete Menschen in Deutschland

2023 stellten 351.915 Personen einen Asylantrag in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahr (244.132) bedeutet dies einen Anstieg um rund 44 Prozent. Von den 329.120 Erstanträgen entfallen 6,8 Prozent auf Anträge, die für in Deutschland geborene Kinder gestellt wurden. Die meisten Menschen, die 2023 in Deutschland Erstanträge stellten, kamen aus Syrien (31,3 Prozent), der Türkei (18,6 Prozent) und Afghanistan (15,5 Prozent) (BAMF: 2023). 

Auch wenn die Zahlen im Vergleich zum letzten Jahr deutlich angestiegen sind, liegen sie immer noch deutlich hinter den von 2015 (476.469) und 2016 (745.545). Die vergleichsweise niedrigen Zahlen haben u.a. mit der europäischen Abschottungspolitik zu tun (siehe oben).

2023 wurden 15.269 Asylerstanträge von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten gestellt (2022: 7.277). 40,7 Prozent dieser Personen kamen aus Syrien, 39,9 aus Afghanistan und 5,4 Prozent aus der Türkei. Unbegleitete minderjährige Geflüchtete sind Personen unter 18 Jahren, die ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen einreisen. Damit sind sie besonders vulnerabel (BAMF: 2024).

Die folgende Grafik schlüsselt alle Asylerstanträge aus dem Jahr 2023 nach den Staatsangehörigkeiten der Antragsteller*innen auf.

(Quelle: BAMF 2023)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat 2023 über insgesamt 261.601 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) entschieden (2022: 228.673). Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten und Schutzformen (Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft, subsidiärem Schutz oder nationalem Abschiebungsverbot, >> Anerkennungsformen) bei 51,8 Prozent (135.277 positive Entscheidungen von insgesamt 261.601). Im Ergebnis ging mehr als die Hälfte aller Asylverfahren positiv aus. Rechnet man die Anträge heraus, die aus formellen Gründen abgelehnt wurden (z.B. weil ein anderer EU-Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist), lag die sog. „bereinigte“ Schutzquote bei etwa 69 Prozent (PRO ASYL:2024). Personen aus Syrien (88,2 Prozent) und Afghanistan (76,5 Prozent) bekamen deutlich häufiger einen Schutzstatus (BAMF: 2024).

Gegen Entscheidungen des BAMF klagten (im Zeitraum Januar bis August 2023) insgesamt 30,9 Prozent der Geflüchteten, bei den Ablehnungen als „unbegründet“ beträgt dieser Wert 88,3 Prozent (Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, BT-Drs.:20/9933).

Insgesamt wurden 2023 16.430 Menschen und damit deutlich mehr Menschen als im Vorjahr (2022: 12.945 Menschen) aus Deutschland abgeschoben (Kleine Anfrage der Fraktion AfD, BT-Drs: 20/10520).

Weitere Informationen:

VI. Geflüchtete Menschen in Baden-Württemberg

Jedes Bundesland ist dazu verpflichtet, einen bestimmten Prozentanteil der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen, aufzunehmen. Dieser Anteil wird jedes Jahr durch den Königsteiner Schlüssel berechnet, der sich zu 2/3 aus den Steuereinnahmen und zu 1/3 aus der Bevölkerungszahl ergibt. Dementsprechend musste Baden-Württemberg im Jahr 2022 13,04 Prozent der registrierten Geflüchteten aufnehmen (BAMF: 2022).

In Baden-Württemberg werden die Geflüchteten zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht, die über das ganze Land verteilt sind. Mehr dazu unter >> Unterbringung und Wohnen.