Das VG Aachen hat in einem Urteil vom 09.07.2021 – 7 K 1577/18.A festgestellt, dass eine psychologische Psychotherapeutin fachlich hinreichend qualifiziert ist, psychische Erkrankungen zu diagnostizieren. Nach § 60a Abs. 2c AufenthG muss ein*e Ausländer*in Erkrankungen, welche die Abschiebung beeinträchtigen können, durch qualifizierte ärztliche Bescheinigungen glaubhaft machen. Seit der Gesetzesänderung von 2016 sollen laut § 60a Abs. 2c AufenthG nur noch Fachärzte und Fachärztinnen entsprechende „qualifizierte ärztliche Bescheinigungen“ ausstellen können. Das VG Aachen erklärt jedoch, dass neben Fachärzten und Fachärztinnen auch Psychologische Psychotherapeut*innen aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation befähigt sind, psychische Erkrankungen, mithin auch posttraumatische Belastungsstörungen, zu diagnostizieren. Das in diesem Fall vorliegende Attest entspricht den Vorgaben des § 60a Abs. 2c AufenthG, indem es den Zusammenhang zwischen den traumatischen Ereignissen und dem Trauma darlegt, sich kritisch mit den Erklärungen der erkrankten Person auseinandersetzt und diese erst nach weiterer Überprüfung zur Grundlage der Stellungnahme macht. Auch der Therapieverlauf und der weitere Behandlungsbedarf wurden nachvollziehbar dargestellt.
Das Urteil reiht sich in eine geteilte Rechtsprechung zu dem Themenkomplex „fachärztliche Stellungnahmen“ ein (mehr dazu siehe Oda Jentsch, Oktober 2020: Krankheit als Abschiebehindernis, S. 29 ff.). Sollte es in der Praxis Probleme mit dem Zugang zu Fachärzten und Fachärztinnen geben und sollte sich die betroffene Person in psychotherapeutischer Behandlung befinden, so kann ggf. auch durch die*den Therapeut*in eine Stellungnahme verfasst werden. Diese muss unbedingt diesen Kriterien entsprechen. Vermutlich wird es in solchen Fällen auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinauslaufen.