Asylfolgeanträge: EuGH entscheidet zugunsten syrischer Kriegsdienstverweigerer

Bislang hat das BAMF Asylfolgeanträge syrischer Kriegsdienstverweigerer als „unzulässig“ abgelehnt. Es sah keine neue Rechtslage gegeben durch ein Urteil des EuGH vom 19.11.2020, wonach es bei syrischen Kriegsdienstverweigerern eine starke Vermutung gebe, dass sie politisch verfolgt seien und damit Flüchtlingsschutz bekommen sollten. Das EuGH hat nun in einem Urteil vom 8. Februar 2024 (Rs. C-216/22) klargestellt, dass ein Urteil des Gerichtshofs einen neuen Umstand darstellen kann, der eine erneute inhaltliche Prüfung eines Asylantrags rechtfertigt. Pro Asyl sieht darin eine Grundsatzentscheidung, auf die sich auch andere Schutzsuchende künftig berufen können: „Wenn nach rechtskräftiger Ablehnung von Asylerstanträgen EuGH-Urteile ergehen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zur Zuerkennung internationalen Schutzes geführt hätten, dann muss ein Asylfolgeantrag nun zugelassen werden.“


EuGH trifft Grundsatzentscheidung zu geschlechtsspezifischer Verfolgung

Frauen, die vor geschlechtsspezifischer Gewalt fliehen, wurde in der Vergangenheit häufig die Anerkennung als Flüchtling verweigert. Der Grund: Frauen als solche stellten keine soziale Gruppe gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG dar. Eine Grundsatzentscheidung des EuGH wird das voraussichtlich ändern.

  1. Art. 10 Abs. 1 Bst. d Qualifikationsrichtlinie [RL 2011/95/EU], der den Verfolgungsgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe regelt, ist im Lichte der Istanbul-Konvention [Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt] auszulegen.
  2. Frauen eines Herkunftslandes können je nach den dort herrschenden Verhältnisse auch insgesamt und nicht nur als enger eingegrenzte Gruppe als „bestimmte sozialen Gruppe“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Bst. d Qualifikationsrichtlinie angesehen werden, wenn sie in ihrem Herkunftsland aufgrund ihres Geschlechts physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexualisierter/sexueller und häuslicher Gewalt, ausgesetzt sind.
  3. Bei nicht-staatlicher Verfolgung ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 9 Abs. 3 Qualifikationsrichtlinie ausreichend, wenn entweder zwischen der nicht-staatlichen Verfolgungshandlung oder dem Fehlen von Schutz durch einen Schutzakteur eine Verknüpfung zum Verfolgungsgrund besteht.
  4. Der Begriff des ernsthaften Schadens gemäß Art. 15 Bst. a, b Qualifikationsrichtlinie umfasst die tatsächliche Drohung, durch Angehörige der Familie oder Gemeinschaft wegen eines angenommenen Verstoßes gegen kulturelle, religiöse oder traditionelle Normen getötet zu werden oder andere Gewalttaten zu erleiden.

(Leitsätze von asyl.net)


Handreichung Dublinverfahren

Die bei asyl.net neu erschienene Broschüre bietet einen umfassenden Überblick über die Dublin-III-Verordnung und über den Ablauf von Dublin-Verfahren. Sie ist zugleich mit zahlreichen Praxistipps als Arbeitshilfe für die Beratungspraxis aufgebaut.

In der Handreichung werden die Grundlagen und Zuständigkeitskriterien der Dublin-III-Verordnung systematisch analysiert. Die weiteren Abschnitte befassen sich mit dem Ablauf des Dublin-Verfahrens, wobei besonders auch auf Handlungsoptionen eingegangen wird, die bei einem „Dublin-Bescheid“ infrage kommen. Weitere Abschnitte befassen sich u.a. mit der Frage, wie Überstellungsfristen zu berechnen sind, wie Überstellungen ablaufen und in welchen Konstellationen Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wird. Die Darstellung der rechtlichen Grundlagen wird ergänzt um zahlreiche Fallbeispiele, Hinweise sowie Schemata.

Die Broschüre wurde verfasst von Maria Bethke, Laura Kahlbaum und Kristina Pröstler (Diakonie Hessen/Ev. Dekanat Gießen), herausgegeben wird sie vom Informationsverbund Asyl und Migration, der Diakonie Deutschland und Pro Asyl.


Übergangsverordnung für israelische Staatsangehörige

Seit dem 26. Januar ist die Übergangsverordnung für israelische Staatsangehörige in Kraft. Israelische Staatsangehörige sind bis zum 26. April 2024 vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für den Aufenthalt im Bundesgebiet befreit. Der Aufenthalt ist also auch beim Überschreiten von 90 Tagen (§ 41 Absatz 1 AufenthV) weiterhin rechtmäßig und ein Aufenthaltstitel kann bis zum 26. April aus dem Inland beantragt werden.