Arbeitshilfe: Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung

Der deutsche paritätische Gesamtverband hat eine neue Arbeitshilfe zu den Themen Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung veröffentlicht. Die Arbeitshilfe beschäftigt sich mit den Neuregelungen der Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung, welche geduldeten Personen, die sich in einem Berufsausbildungs- oder einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis befinden, einen rechtssicheren Aufenthalt ermöglichen und eine Bleibeperspektive aufzeigen können. Die Arbeitshilfe richtet sich in erster Linie an Berater*innen von Geflüchteten.

Der Paritätische Gesamtverband, Oktober 2020: Ausbildung und Arbeit als Wege zu einem sicheren Aufenthalt? Die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung


VG Hannover: Ausstellung eines Reiseausweises für subsidiär Schutzberechtigte aus Eritrea

Um einen Reisepass bei der eritreischen Auslandsvertretung beantragen zu können, muss die antragstellende Person eine Reueerklärung unterschreiben. Dies wird von den meisten Behörden als zumutbare Mitwirkungshandlung verstanden. Das VG Hannover legte im Urteil vom 20.05.2020 ausführlich dar, warum die Abgabe der Reuerklärung im Einzelfall jedoch unzumutbar sei. Die Entscheidung beschäftigt sich umfassend mit der bestehenden Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex.

Unzumutbar sei die Forderung einer Reueerklärung vor allem wenn sie der „inneren Überzeugung“ entgegenstehe, denn das wäre ein „nicht gerechtfertigten Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m.Art. 1 Abs. 1 GG)“.
Das Gericht stellt weitere Überlegungen bezüglich der „Diasporasteuer“ an, diese „könnte … auf willkürlicher Grundlage erfolgen“, was für eine Unzumutbarkeit spräche.


VG Hannover 12 A 2452/19, Urteil vom 20.05.2020


Bundesweite Studie zu Sammelunterkünften

Die Studie „Geflüchtete in WGs! – Quantitative Potentiale und rechtliche Möglichkeiten“ hat erstmals bundesweit Zahlen ermittelt von Geflüchteten, die in Sammelunterkünften und Lagern leben. Es sind mindestens 334.930 Personen! Die Studie wurde von dem Projekt Zusammenleben Willkommen in Auftrag gegeben und klärt über die aktuelle rechtliche und reale Ausgangslage auf.

Philipp Piechura,Lisa Wagner, Juni 2020: Bericht zur Pilotstudie: Geflüchtete in WGs! – Quantitative Potentiale und rechtliche Möglichkeiten. Durchgeführt mit und für “Zusammenleben Willkommen”


Alle Jahre wieder: Gefährliche Debatte über Abschiebungsstopp nach Syrien

Erneut wird vor der Innenminister*innenkonferenz eine Debatte über den Abschiebungsstopp nach Syrien angestoßen, obwohl dort weiterhin Folter und Verfolgung drohen und der Bürgerkrieg nicht vorbei ist. Eine sichere Rückkehr nach Syrien gibt es nicht.

PRO ASYL, 28.11.2020: Alle Jahre wieder: Gefährliche Debatte über Abschiebungsstopp nach Syrien


Arbeitshilfe: „Mitwirkungspflichten bei der Identitätsklärung für Menschen im Asylverfahren“

Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung haben bestimmte Rechte und Pflichten bezüglich ihrer Mitwirkung und Identitätsklärung im Asylverfahren. Die Arbeitshilfe des Projekts BLEIBdran klärt über die gesetzlichen Grundlagen auf und gibt hilfreiche Tipps für Gestattete. Sie ist auf Arabisch, Dari, Deutsch, Englisch und Türkisch verfügbar.


Protest in 10 Städten: “Sicherer Hafen BW”

Das Bündnis “Sicherer Hafen Baden-Württemberg” ist am 21.11.2020 landesweit in 10 baden-württembergischen Städten unter dem Motto “Wärme für Alle” auf die Straße gegangen. Die von den lokalen Seebrücken organisierten Veranstaltungen waren dabei vor allem auf den Infektionsschutz bedacht. So gab es Info-, Banner-, Foto- und Kreideaktionen in den Städten.

Henri Dubois von den Seebrücken Baden-Württemberg sagt: “Uns ist es ganz wichtig als solidarische Bewegung, die Solidarisches fordert uns solidarisch zu verhalten. Daher stand der Infektionsschutz bei allen unseren Aktionen an erster Stelle. Wir fordern Solidarität mit allen Menschen, daher leben wir diese auch bei unseren Demonstrationen vor.”

Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, der die Kampagne mit der Seebrücke koordiniert, sagt: “Geflüchtete Menschen an den EU-Außengrenzen harren noch immer in menschenunwürdigen, nicht winterfesten Lagern zum Beispiel auf den griechischen Inseln aus. Corona ist dort nur eine Sorge von vielen. Diesen Menschen muss unbedingt geholfen werden, in dem wir sie menschenwürdig unterbringen. Gleiches gilt natürlich auch für geflüchtete Menschen hier in Baden-Württemberg.”

Das Bündnis, dass für seinen offenen Brief, welcher im Dezember der Landesregierung übergeben werden soll, fast 150 unterstützende Gruppen, Vereine und Initiativen hat, erreichte zudem 1.000 Unterschriften für ihre Online-Petition (http://chng.it/SqC2wLcdcB).

Ines Fischer von den Seebrücken Baden-Württemberg sagt: “Der Landtagswahlkampf läuft gerade erst an, und wir als Bündnis kommen immer besser in Tritt. Wir werden keine Ruhe geben und baden-württembergische Politiker*innen immer wieder dazu auffordern, die Abschottungspolitik des Bundesinnenministeriums, der Bundesregierung und der EU nicht einfach tatenlos hinzunehmen. Denn durch diese Politik kommt es zu den gewaltsamen Push-backs an Land- und Seegrenzen, sowie zu den zahlreichen Toten bei den Überfahrten in der Ägäis, im Mittelmeer oder im Atlantik.”

Das Bündnis “Sicherer Hafen Baden-Württemberg” wird von der Seebrücke und dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg koordiniert und fordert die Landesregierung zu einem eigenständigen Landesaufnahmeprogramm für geflüchtete Menschen an den Außengrenzen, sowie für die Verbesserung der Bleibeperspektiven im Land lebender geflüchteter Menschen, auf.

Die Aktionen fanden in Bad Waldsee, Esslingen, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Ravensburg, Reutlingen und Stuttgart statt.


Recht auf Familiennachzug für Geflüchtete aus Eritrea

Familiennachzug jetzt! Bürgerkrieg in Äthiopien gefährdet eritreische Geflüchtete

Mit einer zweitägigen Kundgebung vom 30.11. bis 01.12.2020 vor dem Bundeskanzleramt will die bundesweite Initiative „Familiennachzug Eritrea“ das Recht auf Familiennachzug für Geflüchtete aus Eritrea einfordern und auf die dramatische Lage der eritreischen Geflüchteten in den Erstzufluchtsländern aufmerksam machen, insbesondere in der äthiopischen Verwaltungsregion Tigray. Dort tobt seit einigen Wochen ein blutiger Bürgerkrieg. PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte unterstützen die Forderung der Geflüchteten nach schnellen und unbürokratischen Visumsverfahren für den Familiennachzug.

Eritrea ist eines der Hauptherkunftsländer von Asylsuchenden in Deutschland, viele Eritreer*innen sind
als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention anerkannt. Der Nachzug ihrer Familien bleibt den Geflüchteten jedoch häufig verwehrt, obwohl sie einen gesetzlichen Anspruch darauf haben. Die Gründe dafür sind die äußerst langwierigen und bürokratischen Visumsverfahren bei den deutschen Auslandsvertretungen sowie unerfüllbare Anforderungen an die Beschaffung von Dokumenten zum Nachweis der Identität und Familienbindung (vgl. Pressemitteilung 24.09.2020: Familienleben für Alle – auch für Geflüchtete aus Eritrea!).

Die Angehörigen leben häufig unter prekären Bedingungen in den Erstzufluchtsländern Äthiopien, Sudan, Kenia und Uganda, viele von ihnen in der an Eritrea angrenzenden äthiopischen Verwaltungsregion Tigray. Durch den kriegerischen Konflikt zwischen der äthiopischen Zentralregierung und der in Tigray regierenden Volksbefreiungsfront TPLF hat sich die Situation der Geflüchteten extrem verschärft. Telefon- und Internetverbindungen sind gekappt, eine Kontaktaufnahme zu den in Deutschland lebenden Angehörigen ist nicht mehr möglich. Der Bürgerkrieg hat bereits hunderte Todesopfer in der Zivilbevölkerung gefordert, es gibt Berichte von regelrechten Massakern, tausende Menschen sind auf der Flucht. Die in der Initiative Familiennachzug Eritrea organisierten Geflüchteten sind in größter Sorge um das Leben ihrer Angehörigen.

PRO ASYL und Flüchtlingsräte fordern gemeinsam mit der Initiative, die inhumane Visapraxis in den deutschen Auslandsvertretungen umgehend zu ändern und sicherzustellen, dass die auf den Familiennachzug wartenden Angehörigen eritreischer Flüchtlinge zügig einreisen können. Dazu müssen die Verfahren entbürokratisiert und beschleunigt und alternative Nachweise für Identität und Familienbindung anerkannt werden. Dies gilt besonders, aber nicht nur, für die von dem Bürgerkrieg in Äthiopien betroffenen Menschen.

In der Initiative Familiennachzug Eritrea haben sich mehr als 1.000 eritreische Geflüchtete aus dem ganzen Bundesgebiet zusammengeschlossen und bisher zwei Demonstrationen in Berlin organisiert am 13.07.2020 und 26.09.2020.

Kundgebung „Familiennachzug jetzt!“ der Initiative Familiennachzug Eritrea
Montag, 30.11.2020, 09.00 Uhr bis Dienstag, 01.12.2020, 18.00 Uhr
Platz vor dem Bundeskanzleramt,
Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin

Pressekontakt:

Flüchtlingsrat Berlin: 030/244 76 311, buero@fluechtlingsrat-berlin.de

PRO ASYL: 069/242 314 30, presse@proasyl.de


Zugang zu WLAN in Gemeinschaftsunterkünften

Durch die Corona-Pandemie und die dabei zu beobachtenden Auswirkungen auf Geflüchtete (z.B. Mangel an digitalen Endgeräten für das Homeschooling, Quarantäne von Bewohner*innen) ist deutlich zu Tage getreten, dass der Zugang zu Internet in Sammelunterkünften für Geflüchtete sowohl für soziale Teilhabe, als auch für Bildungsteilhabe zentral ist.

In der Praxis stellt sich die Lage jedoch höchst unterschiedlich dar. Während es manchen Unterkünften für Geflüchtete gelungen ist, WLAN zumindest in Teilen der Unterkunft zugänglich zu machen, scheitert dieses Vorhaben in vielen anderen Unterkünften.

Um einen ganzheitlicheren Überblick zu bekommen, wie sich der Zugang zu Internet von Geflüchteten in Sammelunterkünften in Baden-Württemberg darstellt, sind wir auf Ihre Erfahrungen angewiesen. Wir freuen uns über Rücklauf von Ihnen:

  • Wie ist die Situation in Ihren Landkreisen ?
  • Welche Erfahrungen haben Sie in Ihren Landkreisen gemacht?
  • Auch Best Practices, also erfolgreiche Beispiele aus der Praxis, nehmen wir gerne entgegen.

Nutzen Sie dazu gerne unsere Email-Adresse: info@fluechtlingsrat-bw.de

Die Erkenntnisse sollen zusammengetragen und mit Verweis auf die rechtliche Situation veröffentlicht werden.



Reader: Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit

Die Publikation stellt die europarechtlichen Vorgaben bei der Identifizierung von besonders schutzbedürftigen Personen im Asylverfahren vor und untersucht die praktische Umsetzung in den Bundesländern. Besonderer Augenmerk liegt auf Geflüchteten mit psychischen Belastungen. Abschließend geben die Autorinnen Handlungsempfehlungen für die Identifizierung und Versorgung von vulnerablen Geflüchteten.

Lisa vom Felde, Lea Flory und Jenny Baron, Juni 2020: Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit am Beispiel von Personen mit Traumafolgestörungen. Status quo in den Bundesländern, Modelle und Herausforderungen


Forderung: Abschiebungsstopp nach Griechenland

Keine Überstellungen von Geflüchteten, die nach der Dublin-III-Verordnung oder weil sie interntional schutzberechtigt sind nach Griechenland abgeschoben werden sollen! Wohlfahrtsverbände und der Flüchtlingsrat in Niedersachsen haben ein gemeinsames Plädoyer verfasst und fordern die Bundesrepublik auf, Abschiebungen zu unterlassen.

„Bund und Länder versprechen einerseits, als Zeichen europäischer Solidarität Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen, und versuchen andererseits, eine größere Zahl von Menschen wieder nach Griechenland abzuschieben. Dieses Nebeneinander von Abschiebepolitik und kleineren humanitären Aufnahmen ist ein weiteres Zeichen für die Irrwege deutscher Asyl- und Flüchtlingspolitik.“

Auch uns, den Flüchtlingsrat in BW, erreichen Meldungen, dass Geflüchtete aus Baden-Württemberg nach Griechenland abgeschoben werden. Wir schließen uns den Forderungen aus Niedersachsen an und protestieren gegen diese Abschiebungen.

Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische und der Flüchtlingsrat in Niedersachsen, 26. November 2020: Gemeinsames Plädoyer für einen Abschiebungsstopp nach Griechenland