Das Bundesverwaltungsgericht hat am 23.06.2020 (1 C 37.19) entschieden, dass Deutschland bei fehlendem Aufnahmegesuch nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags eines in Deutschland geborenen Kindes zuständig ist, auch wenn den Eltern bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat internationaler Schutz gewährt wurde. Der Mitgliedstaat, in dem ein nachgeborenes Kind seinen Asylantrag gestellt hat, sei verpflichtet, binnen der in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO genannten Fristen den Mitgliedstaat, der den Eltern internationalen Schutz gewährt hat, um die Aufnahme des Kindes zu ersuchen. Werden diese Fristen nicht eingehalten, so dürfe der Asylantrag des nachgeborenen Kindes auch nicht unter Verweis auf den Schutzstatus der Eltern im anderen Mitgliedstaat der EU nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden.
Autor: Fluechtlingsrat_Olszak
Digitale Endgeräte für Schüler*innen: Informationen und Hilfen zur Beantragung
Prinzipiell sollten Schulen in Baden-Württemberg durch das Sofortausstattungsprogramm des Bundes in der Lage sein, allen Schüler*innen digitale Endgeräte als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. Es ist allerdings zu erwarten, dass die Umsetzung dieser Zusatzvereinbarung des Digitalpakts noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird. Um die Teilnahme am digitalen Unterricht zeitnah zu ermöglichen könnte daher für Geflüchtete, die SGB-II-/SGB-XII-/AsylbLG-Leistungen beziehen, alternativ eine Beantragung finanzieller Zuschüsse für entsprechende Geräte bei den zuständigen Behörden sinnvoll sein. Der Flüchtlingsrats Niedersachen bietet auf seiner Internetseite Informationen und Musterschreiben zur Beantragung von Schulcomputer als sozialrechtlicher Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II. Wir ermutigen die Beantragung insbesondere für geflüchtete Kinder aus einkommensschwachen Haushalten.
Rechtsprechung: Anspruch auf Unterbringung in Einzelzimmern oder in einer eigenen Wohnung zu Zeiten der Covid-19-Pandemie
Zwei Verwaltungsgerichte haben entschieden, dass Geflüchtete einen Anspruch auf Unterbringung außerhalb von Mehrbettzimmern in Gemeinschaftsunterkünften haben können. Laut Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt Oder besteht gemäß § 53 Abs. 1 AsylG ein genereller Anspruch auf Einzelunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Die Unterbringung in Mehrbettzimmern stelle aufgrund einer möglichen Infizierung mit dem Coronavirus für Betroffene ein Gesundheitsrisiko dar. Laut Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam haben darüber hinaus Geflüchtete mit nachweisbar erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf im Falle einer Infektion mit dem Virus, Anspruch auf Wohnraum mit alleiniger Nutzung von Küche und Bad außerhalb von Sammelunterkünften. Geflüchtete, welche einer Risikogruppe angehören würden durch eine Unterbringung in Sammelunterkünften einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt. Die Beschlüsse könnten im Einzelfall auch für Klagen von Geflüchteten in Baden-Württemberg relevant sein.
Globale Studie: Teilnahme von Geflüchteten gefragt
ApartTogether ist eine globale Studie mit dem Ziel, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Geflüchtete und Migrant*innen zu messen, um diese in Zukunft besser unterstützen zu können. In Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation und einem Konsortium verschiedener Forschungszentren wird die Studie von der Universität Gent und der Universität Kopenhagen geleitet. Um möglichst vielseitige Erfahrungen berücksichtigen zu können, ist die Teilnahme zahlreicher Geflüchteter erwünscht. Die Befragung ist in 37 Sprachen verfügbar.
Tipps für Termine bei Behörden
Das Projekt CoRa des Thüringer Flüchtlingsrates hat die Broschüre „Tipps für Termine bei Behörden – Cool bleiben“ verfasst. Der Handlungsleitfaden informiert zu den Rechten bei Behördenterminen und gibt niedrigschwellige Tipps, damit diese Termine erfolgreich verlaufen. Die Broschüre ist in Arabisch, Dari, Deutsch, Englisch und Französisch erhältlich.
Tätigkeitsbericht der Härtefallkommission: Innenministerium lehnt weniger Härtefallersuchen ab
Kürzlich erschien der Tätigkeitsbericht der Härtefallkommission des Landes Baden-Württemberg für das Jahr 2019. Der Bericht beinhaltet Fallbeispiele zum Verständnis der Entscheidungspraxis sowie einen Überblick über die Entscheidungsbilanz 2019. Letztere verdeutlicht, dass die Übereinstimmungsquote der Entscheidungen des Innenministeriums mit denen der Kommission mit 82 Prozent deutlich höher lag als im Vorjahr. Insgesamt ordnete das Ministerium im Jahr 2019 in 32 Fällen (dies betraf 68 Personen) abweichend von den ausländerrechtlich festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis an.
Der aktuelle Tätigkeitsbericht der Härtefallkommission zeigt außerdem, dass die Gesamtzahl der Härtefalleingaben im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr von 171 auf 139 zurückging. Es fanden lediglich sieben anstatt zehn Sitzungen wie im Jahr 2018 statt. Der Großteil dieser Eingaben betraf alleinstehende Männer, die überwiegend in den Jahren 2014 und 2015 aus afrikanischen Ländern (vor allem aus Gambia) eingereist sind. Insgesamt traf die Härtefallkommission letztes Jahr 187 Entscheidungen, wovon sich einige auf Eingaben aus dem Jahr 2018 bezogen. 67 Eingaben befand die Kommission für missbräuchlich und lehnte sie daher als unzulässig ab. Diese Entscheidung wurden vor allem im Hinblick auf solche Fälle getroffen, in welchen der jeweilige Herkunftsstaat für sicher erklärt wurde, bereits ein Rückführungstermin feststand und keine nennenswerten Integrationsleistungen nachgewiesen werden konnten. Weitere 19 Fälle wurden wegen offensichtlicher Unbegründetheit nicht zur intensiven Beratung zugelassen. Hierbei beschränkten sich die Antragsgründe häufig auf bereits vom BAMF getroffene, rechtliche oder tatsächliche Feststellungen. Die Härtefallkommission sieht sich nicht als Supervisionsinstanz für asylrechtliche Entscheidungen, zielstaatsbezogene Umstände seien alleine vom BAMF zu prüfen.
Mit 101 Eingaben (ungefähr 30 Prozent weniger Fälle als im Vorjahr) setzte die Kommission sich im Jahr 2019 intensiv auseinander. Die Entscheidung für ein Härtefallersuchen setzt voraus, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen. Hierbei wägt die Kommission negative Aspekte, wie Straftaten, mangelnde Mitwirkung bei der Klärung der Identität, zu erwartende Belastung öffentlicher Kassen gegen positive Gesichtspunkte, wie erbrachte Integrationsleistungen oder Lebensperspektiven von Kindern und Jugendlichen ab. Auf dieser Grundlage richtete die Kommission in lediglich 39 Fällen (33 Prozent aller Eingaben und fünf Prozent mehr als im Jahr 2018) ein Härtefallersuchen an das Innenministerium.
Online-Workshops: Kulturen und Leistungen im Studium
Im Rahmen des vom DAAD geförderten Projektes „Kulturen und Leistungen im Studium“ (KuL) veranstalten das Institut für Soziologie der Leibniz Universität Hannover und das Hochschulbüro für Internationales eine Workshop-Reihe (8., 15. und 22. September), welche Wissenswertes über Bewerbungsprozesse, Prüfungen, wichtige Anlaufstellen und den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt vermitteln soll. Das kostenfreie Angebot richtet sich an Studierende und Studieninteressierte mit Flüchtlings- und Migrationshintergrund.
- Information und Anmeldung
Online-Veranstaltung: Ein Wir für alle – Rassismus sichtbar machen
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen veranstaltet im Rahmen ihrer Onlinereihe „Ein Wir für alle“ eine Online-Podiumsdiskussion, welche unter anderem gesellschaftliche Teilhabe, Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Repräsentanz thematisieren soll. Das kostenfreie Angebot zielt drauf ab, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft politische Strategien für einen wirksamen Diskriminierungsschutz sowie eine verlässliche Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte fortzuentwickeln.
- Information und Anmeldung
Online-Podiumsdiskussion: Recht auf Gehen, Recht auf Bleiben – Wege der Migration in und durch Subsahara-Afrika
Die Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V. (ASW) veranstaltet ein Online-Podium zum Thema Recht auf Bleiben und Recht auf Gehen im Kontext ländlicher Entwicklung und Translokalisierung in Subsahara-Afrika. Das kostenfreie Angebot soll eine Diskussion mit verschiedenen Akteuren der Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über Zusammenhänge und Herausforderungen von Binnen- und internationaler Migration ermöglichen.
- Information und Anmeldung
Online-Workshop: Empowerment-Training für Betroffene von Rassismus und Diskriminierung
Das Landesprogramm Interkulturelle Qualifizierung vor Ort – ein Programm des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und des Forums der Kulturen Stuttgart e. V. – veranstaltet einen zweitägigen Online-Workshop, welcher darauf abzielt, Teilnehmende darin zu bestärken, in allen Lebensbereichen selbstbewusst und aktiv zu sein. Das kostenfreie Angebot richtet sich an Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen.
- Information und Anmeldung