Herbsttagung 2024

Arabisch عربي I English

Herzliche Einladung zur Herbsttagung am Samstag, den 16. November 2024, in Stuttgart. Wir haben ein äußerst spannendes und vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. Im Hauptvortrag geht es um die innerhalb Europas diskutierten und praktizierten Verschärfungen des Asylrechts. In zwei Themenphasen können Sie wählen zwischen der Lage in Syrien, Unterstützung für Geflüchtete mit psychischen Erkrankungen, Kirchenasyl und Rassismus in Ausländerbehörden. Bei einer Podiumsdiskussion wollen wir uns zudem mit der aktuellen Debatte um die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete auseinandersetzen. Dazwischen wird es ausreichend Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch geben.

Ort: Bürgerräume Stuttgart-West in der Bebelstraße 22, 70193 Stuttgart (barrierefrei)

Die Tagung ist kostenlos und richtet sich in erster Linie an Ehrenamtliche in der Geflüchtetenarbeit.

Es gibt ein veganes Mittagessen, Kinderbetreuung und Dolmetscher für Englisch und Arabisch.

Unsere Tagung soll einen möglichst geschützten Raum für alle Beteiligten darstellen. Deshalb bitten wir alle Teilnehmenden, die Vereinbarung zum Umgang miteinander bei der Anmeldung zur Kenntnis und sich bei der Tagung zu Herzen zu nehmen.

Italien errichtet exterritoriale Lager für Geflüchtete in Albanien, in den Niederlanden sollen Leistungen für abgelehnte Asylsuchende komplett gestrichen werden, Polen will das Asylrecht temporär aussetzen und Deutschland weitet Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen aus. Das sind nur einige Beispiele, wie derzeit in Europa eine Abschottungspolitik vorangetrieben und durchgesetzt wird. Dabei wurde auf EU-Ebene erst im April 2024 eine Verschärfung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) beschlossen, das einerseits auf nationaler Ebene in vielen Punkten noch nicht umgesetzt ist, andererseits den rechtlichen Rahmen für Praktiken bietet, die vor allem an den EU Außengrenzen bereits seit Jahren Realität sind.
Kann mit diesen verschäften Maßnahmen einem Rechtsruck in der Gesellschaft entgegengewirkt werden? Inwieweit sind die angedachten und praktizierten Maßnahmen mit geltendem Recht vereinbar? Und was kann der Abschottungslogik entgegengesetzt werden? Diesen Fragen geht Hannah Sommer in ihrem Vortrag nach. Sie arbeitete zuletzt im Rahmen des SOLiDi (Solidarity in Diversity) Projekts an der Universität Wien.

Referierende: Hannah Sommer (Universität Wien)

Wählen Sie ein Thema aus den vier folgenden aus.

In Deutschland wird Syrien heute vor allem im Zusammenhang mit Abschiebungen thematisiert. Die brutale Niederschlagung der syrischen Revolution und die anhaltende Repression durch das Assad-Regime, die über die Hälfte der Bevölkerung zur Flucht zwangen, sind weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Gleichzeitig zeichnet die Politik das Bild eines befriedeten Landes, in dem es zumindest einige sichere Gebiete gebe. Mehrere EU-Staaten arbeiten bereits an der Anerkennung solcher Regionen als ’sicher‘. Dem gegenüber stehen Berichte über Menschenrechtsverletzungen, Repression, Verfolgung, Folter und fortgesetzte Bombardierungen. Wie ist die Lage in Syrien wirklich?
Adopt a Revolution (AaR) wurde 2011 angesichts der brutalen Verfolgung des friedlichen Aufstands gegen das Regime von Baschar al-Assad von syrischen und deutschen Aktivist*innen ins Leben gerufen. Die Solidaritäts- und Menschenrechtsorganisation unterstützt seitdem gewaltfreie zivilgesellschaftliche Projekte in Syrien gegen Diktatur und Terror und setzt sich für Gerechtigkeit und Frieden ein.

Referierende: Vertreter*in von Adopt a Revolution

Viele Geflüchtete sind schwer belastet und leiden an psychischen Erkrankungen. Doch die Diagnose und der Zugang zu psychotherapeutischer/medizinischer Versorgung ist extrem erschwert. Sei es durch den Aufenthaltsstatus, Sprachbarrieren, fehlende Fachkräfte oder hochschwellige Strukturen. In der Arbeitsgruppe soll es grundlegend um psychische Erkrankungen gehen und um vorhandene Unterstützungsstrukturen wie Einrichtungen, Beratungsstellen und medizinische Dienste. Exkurse zu Psychosen und Sucht und den Umgang damit sind möglich. Britta Schymura und Jochen Greiner arbeiten mit psychisch erkrankten Geflüchteten in Stuttgart.

Referierende: Britta Schymura und Jochen Greiner (Caritasverband für Stuttgart)

Besonders bei Dublin-Ablehnungen im Asylverfahren suchen viele Geflüchtete verzweifelt nach einem Kirchenasyl. Sie haben (häufig leider sehr berechtigt) die Sorge, bei der Überstellung in ein anderes europäisches Land kein faires und rechtsstaatliches Asylverfahren zu bekommen. In diesen Härtefällen können Kirchenasyle eine Option sein, damit das BAMF den Einzelfall erneut und genauer prüft. Doch wie bekommt man ein Kirchenasyl organisiert? Welche Schwierigkeiten und Fragen gibt es dabei?
Zwei Initiativen berichten aus ihrer Praxis, wie sie erfolgreich Kirchenasyle umsetzen, welche Motivation sie antreibt, welche Herausforderungen es gibt und wo man sich Unterstützung holen kann. Kirchenasyle sind umsetzbar – hier können Sie sich vernetzen, Erfahrungsberichte einholen, Bedenken teilen und viele Tipps bekommen.

Referierende: Theresa Lennartz & Markus Klumpp (Freiburg), Bärbel Neef & Gabriele Koch (Lahr)

Lange Warteschlangen, überarbeitete Mitarbeitende und ein oft rauer Umgangston charakterisieren (leider) die Situation in Ausländerbehörden. Für Geflüchtete wird der Gang zur Ausländerbehörde zum Alptraum. Das liegt auch an institutionellem Rassismus. Was ist unter institutionellem Rassismus zu verstehen? Wie zeigt er sich speziell bei Ausländerbehörden? Was bedeutet das für von Rassismus betroffene Menschen? Und gibt es Möglichkeiten, Rassismus entgegenzuwirken und die Betroffenen zu unterstützen? In der Arbeitsgruppe wird es auch Raum geben, über eigene Erfahrungen ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Johannes Siegel und Josephin Wandt forschen zum Thema Institutionen und Rassismus (InRa).

Referierende: Johannes Siegel (Jurist & Mitbegründer der Refugee Law Clinic Konstanz) und Josephin Wandt (Soziologin & Lehrbeauftragte an der Akademie der Polizei Hamburg)

Kontrovers diskutiert, rechtlich anfechtbar, aus praktischer Sicht problembehaftet: Die Bezahlkarte für Geflüchtete soll eine verwaltungsentlastende Alternative zur Bankkarte und Bargeldauszahlung darstellen und demnächst landesweit eingeführt werden. Doch schon erste Umsetzungsversuche stehen in der Kritik, benachteiligend und dikriminierend zu sein, die ersten Klagen landen vor Gericht. Bargeldauszahlungen sind mit der Bezahlkarte limitiert, manchmal örtlich beschränkt und in bestimmten Fällen mit anfallenden Gebühren verbunden.
Aus unterschiedlichen Perspektiven wollen wir die rechtlichen Grundlagen, die praktische Umsetzung und die Kritik an der Bezahlkarte diskutieren.

Diskutierende: Andrea Kothen (Pro Asyl); Jürgen Kraft (ehemaliger Leiter des Amts für Flüchtlinge und Integration Biberach); Anja Bartel (Flüchtlingsrat BW)
Moderation: Joachim Glaubitz (Flüchtlingsrat BW)

Die Podiumsdiskussion findet in Kooperation mit der Seebrücke Stuttgart statt.

Wählen Sie ein Thema aus den vier folgenden aus. Es handelt sich um eine Wiederholung der Themenphase am Vormittag.

Die Tagung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Integration“ statt, unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat. Eine Koförderung besteht durch die UNO-Flüchtlingshilfe und die Deutsche Postcode Lotterie.

Die Anmeldung ist geschlossen, kommen Sie spontan vorbei! Registration is closed, pass by spontaneously!


Online-Veranstaltung: Aufenthaltsrechtliche Übergänge bei Geflüchteten: Wie geht es nach dem Chancenaufenthalt weiter?

Die Veranstaltung der überregionalen Fachberatungsstelle NIFA plus – „Netzwerk zur beruflichen Teilhabe von Geflüchteten“und NUiF – „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ richtet sich an Arbeitgebende, Unternehmen oder Betriebe, die Geflüchtete beschäftigen oder einstellen möchten, insb. an Arbeitgebende von Geflüchteten mit Chancenaufenthalt nach §104c AufenthG.

Ende 2022 ist das Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft getreten. Damit wurde für Geduldete, die sich seit mindestens 5 Jahren in Deutschland aufhalten, eine neue Möglichkeit für einen langfristigen Aufenthalt eingeführt. Während der 18-monatigen Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG sollten die Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnisse bei nachhaltiger Integration erfüllt werden.   

In dieser praxisorientierten Online-Veranstaltung erfahren Sie mehr über die Übergänge vom Chancenaufenthalt nach §104c AufenthG zu den Aufenthaltstiteln bei nachhaltiger Integration nach §25a und §25b AufenthG. Es werden die Voraussetzungen der beiden Bleiberechte skizziert und anhand von Praxisbeispielen unterschiedliche Übergangszenarien beleuchtet. Ein besonderer Fokus wird auf die Rolle von Erwerbsarbeit für die Lebensunterhaltssicherung gelegt: Inwieweit können Arbeitgeber*innen aktiv zur Unterstützung eines reibungslosen Übergangs in die beiden Aufenthaltstitel bei nachhaltiger Integration beitragen? Und welche unterstützenden Maßnahmen spielen dabei eine zentrale Rolle? Diese und weitere Fragen rund um den Chancenaufenthalt und die anschließende Bleibeperspektive werden in den Blick genommen

Anmeldung über NIFA plus


Frühjahrstagung 2024

Information in English

Herzliche Einladung zur diesjährigen Frühjahrstagung am Samstag, den 13. April 2024, in Stuttgart. Wir haben ein äußerst spannendes und vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. Im Hauptvortrag wird der Kampf um Frauen- und Geflüchtetenrechte aus der Perspektive von geflüchteten Aktivistinnen beleuchtet. Danach gibt es eine Blitzlicht-Runde, in der die Themen Einbürgerungsrecht, Rechtspopulismus, Antisemitismus & antimuslimischer Rassimismus sowie das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) vorgestellt werden. In der anschließenden Vertiefungsphase können Sie sich für eines der Themen entscheiden und sich in kleinerem Rahmen intensiver damit auseinander setzen.

Am späten Nachmittag schließt sich die Mitgliederversammlung, einschließlich der Nachwahl eines Sitzes im erweiterten Vorstands an.

Die Tagung ist kostenlos und richtet sich in erster Linie an Ehrenamtliche in der Geflüchtetenarbeit.

Ort: Bürgerräume West in der Bebelstraße 22, 70193 Stuttgart (barrierefrei)

Unsere Tagung soll einen möglichst geschützten Raum für alle Beteiligten darstellen. Deshalb bitten wir alle Beteiligten, die Vereinbarung zum Umgang miteinander bei der Anmeldung zur Kenntnis und sich bei der Tagung zu Herzen zu nehmen.

Die Tagung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Integration“ statt, unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat. Eine Koförderung besteht durch die UNO-Flüchtlingshilfe und Deutsche Postcode Lotterie.

PROGRAMM

09:30 Uhr: Anmeldung und Ankommen

10:00 Uhr: Begrüßung

10:15 Uhr: Hauptvortrag: Geflüchtete Aktivistinnen kämpfen um ihre Rechte

Geflüchtete Frauen erleben doppelte Diskriminierung im Hinblick auf ihr Geschlecht und auf Rassismus. Um so wichtiger und schwieriger ist ihr Kampf um ihre Rechte. Vor 22 Jahren hat sich die Initiative „Women in Exile“ gegründet, in der sich geflüchtete Frauen zusammengeschlossen haben. Doris Dede berichtet von der Bewegung der Refugee-Frauen, ihren Erfahrungen, ihrem Selbstverständnis, Netzwerken sowie Strategien und Aktionen.

Referentin: Doris Dede (Women in Exile e.V.)

11:00 Uhr: Blitzlicht-Runde

In 15 Minuten pro Thema geben die Referierenden einen kurzen Überblick über die wichtigsten Inhalte ihrer Themenschwerpunkte, denen am Nachmittag in der Vertiefungsphase nachgegangen wird:

  • Neues im Einbürgerungsrecht stellt Dominik Keicher vor (Landratsamt Sigmaringen)
  • Die Entwicklung von Rechtspopulismus zeigt Sandy Schüler auf (Aufstehen gegen Rassismus)
  • Zu Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus sprechen Furkan Yüksel und Kiril Denisov (Kubus e.V.)
  • Der Stand des GEAS erklärt Seren Haliloğlu (Universität Freiburg)

12.15 – 13.15 Uhr: Mittagessen

13:15 14:45 Uhr: Vertiefungsphase

Wählen Sie ein Thema aus den vier Themenbereichen, die in der Blitzlicht-Runde vorgestellt wurden.

1. Vortrag: Neues im Einbürgerungsrecht

Viel gerungen hat die Bundesregierung mit den Gesetzesänderungen im Bereich Einbürgerung. Während einige große Fortschritte erzielt worden sind – wie beispielsweise in den Bereichen mehrfache Staatsangehörigkeit und Aufenthaltszeiten – gibt es aber Verschärfungen bei der Lebensunterhaltsicherung, die besonders Menschen in prekären Lebenslagen treffen werden. In dem Vortrag zum neuen Einbürgerungsrecht wird es sowohl im die gesetzlichen Änderungen gehen, als auch um die behördliche Praxis bei der Umsetzung und Anwendung von Bundesrecht. 

Referent: Dominik Keicher (Sachgebietsleiter der Ausländer- und Einbürgerungsbehörde, LRA Sigmaringen)

2. Arbeitsgruppe: Werde Stammtischkämpfer*in: Rechten und diskriminierenden Parolen im Alltag begegnen

Wir alle kennen das: Auf der Arbeit, im Sportverein, in der Familie oder auf der Straße fallen Sprüche, die uns die Sprache verschlagen. Später ärgern wir uns, hätten gerne den Mund aufgemacht.

Hier setzt der Stammtischkämpfer*innen-Workshop an. Er soll Menschen in die Lage versetzen, die Schrecksekunde zu überwinden, Position zu beziehen und deutlich zu machen: Das nehmen wir nicht länger hin! In Theorie und Praxis werden gängige rechte Positionen untersucht und geübt, das Wort zu ergreifen und für solidarische Alternativen zu streiten.

Referentin: Sandy Schüler (Aufstehen gegen Rassismus)

3. Arbeitsgruppe: Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus: Wurzeln, Facetten und Sensibilisierung

Debatten rund um Antisemitismus sind derzeit breit in den Medien vertreten. Antimuslimischer Rasissmus wird dagegen weniger thematisiert, obwohl beide Diskriminierungsformen miteinader verbunden sind. Die Arbeitsgruppe bietet einen umfassenden Einblick in die Geschichte des Antisemitismus und (antimuslimischen) Rassismus sowie in aktuelle Diskurse rund um diese Themen. Teilnehmende lernen, diese Phänomene im Kontext der Geflüchtetenhilfe und im Alltag zu erkennen und zu verstehen, um ihr Wissen effektiv zu erweitern.“

Referenten: Furkan Yüksel und Kiril Denisov (bildungspolitische Referenten sowie Botschafter von „Schalom und Salam“, Kubus e.V.)

4. Vortrag: Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS): Regelungen, Verfahren und fatale Folgen

Jahrelang wurde um die Reform des GEAS in der Europäischen Union gestritten. Unter dem Rechtsruck der vergangenen Jahre haben sich die Mitgliedstaaten der EU und das europäische Parlament auf fatale Änderungen im Dezember 2023 geeinigt. In diesem Vortrag wird es einen Überblick geben über die Bestandteile des GEAS, die institutionelle Umsetzung und die zu erwartenden Änderungen und deren immense Folgen für Flüchtende an den Außengrenzen und innerhalb der EU. Klar ist, die EU schottet sich weiter ab und dafür sind entsprechende Instrumente im GEAS vorgesehen. Wie also sieht die Zukunft von ankommenden Schutzsuchenden in der EU aus?

Referentin: Seren Haliloğlu, LL.M. (Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Freiburg)

14:45 – 15:00: Pause

15:00 17:00 Uhr: Mitgliederversammlung des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg e.V.

Herzliche Einladung an alle Mitglieder, Fördermitglieder und Interessierte an der Mitgliederversammlung teilzunehmen.

Die Anmeldung ist geschlossen. Kommen Sie gerne spontan vorbei.


Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau

Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau neun Menschen aus rein rassistischen Motiven ermordet. Seitdem setzt sich die „Initiative 19. Februar“ für eine Aufklärung der Vorfälle, Gerechtigkeit für und Erinnerung an die Opfer ein: Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu.

In einem Interview zum vierten Gedenktag stellt Newroz Duman von der Initiative heraus, dass Erinnern nicht einfach einmal im Jahr stattfindet, sondern Verändern heißt, alltägliches Verändern und Überwinden rassistischer Denkmuster und Strukturen in der Gesellschaft. Für das Erinnern hat die Initiative mehrere Projekte ins Leben gerufen. Das Theaterstück „And Now Hanau“ wird von Februar bis April 2024 auch im Theaterhaus Stuttgart aufgeführt, ebenso zeigt der Württembergische Kunstverein die Austellung „Three Doors“ vom 16. März bis 1. September 2024.

Am Montag, den 19. Februar 2024, lädt der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen BW (LAKA) ab 18 Uhr zu einer Lichtprojektion am Alten Schloss in Stuttgart mit Porträts der Opfer sowie politischen Forderungen ein Die Projektion soll als vorübergehende Gedenkstätte dienen und einen kollektiven Moment schaffen, der zum Innehalten, Gedenken und Erinnern aufruft.


Aufruf zur Demo „Familiennachzug JETZT!“ am 22.02.2024 in Berlin

Aktuell warten zehntausende Familien, die durch Flucht und Verfolgung getrennt wurden, darauf, in Deutschland wieder vereint zu werden. Vor allem rechtliche Regelungen verhindern, dass ihr Familiennachzug schnell, rechtssicher und human erfolgen kann. Die „Ampel“-Koalition hatte in ihrem Koalitionsvertrag im November 2021 gesetzliche Verbesserungen versprochen- doch seitdem ist nichts passiert. Selbst in Fällen, in denen Betroffene bereits heute einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug haben, führen mangelnde Digitalisierung und langsame Behörden zu endlosen Verfahren, die sich in der Regel über mehrere Jahre ziehen.

Aus diesem Grund gehen wir am 22.02.2024 gemeinsam auf die Straße. Wir fordern von der Bundesregierung und dem Auswärtigen Amt:

Geschwisternachzug JETZT!
Im Koalitionsvertrag hat die „Ampel“-Regierung versprochen: „Wir werden beim berechtigten Elternnachzug zu unbegleiteten Minderjährigen die minderjährigen Geschwister nicht zurücklassen.“ Bis heute haben aber bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die etwa aufgrund von drohender Zwangsrekrutierung oder Zwangsverheiratung aus Ländern wie Afghanistan oder Somalia allein fliehen mussten, zwar die Eltern, nicht aber die Geschwister ein Recht auf Familiennachzug. Damit werden selbst „Kernfamilien“ auseinandergerissen. Die Eltern müssen sich entscheiden, welches ihrer Kinder sie alleine lassen – eine unerträgliche Belastung für betroffene Familien. Die Bundesregierung muss endlich anerkennen, dass Geschwister zur Familie gehören und das Recht haben, zu ihrer Schwester oder ihrem Bruder in Deutschland nachzuziehen – und die angekündigten gesetzlichen Änderungen umsetzen.

Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten JETZT!
Bei Kriegsflüchtlingen, die subsidiären Schutz erhalten, wird der Nachzug der Familie erschwert, obwohl sie oftmals aus denselben Ländern kommen und einen vergleichbaren Schutzbedarf haben wie nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) anerkannte Flüchtlinge. Ihr Nachzug wird aktuell jedoch, anders als bei Flüchtlingen, auf 1.000 Personen im Monat beschränkt und ist an zusätzliche Bedingungen geknüpft. Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag selbst dazu verpflichtet, „die Familienzusammenführung zu subsidiär Geschützten mit den GFK-Flüchtlingen gleich(zu)stellen“. Dieses Versprechen gegenüber den
Betroffenen muss die Bundesregierung endlich einlösen!

Das Warten beenden – JETZT!
Auch getrennte Familien, die bereits jetzt einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug haben, leiden unter
ewig langen Wartezeiten und komplizierten Zuständigkeitsregeln. So können beispielsweise Familien aus
Afghanistan ihre Visaanträge nur an zwei deutschen Botschaften stellen, in Pakistan und in Iran. In beiden
Botschaften beträgt die Wartezeit für einen Termin über zwei Jahre! Während dieser Zeit sind die Familien
von ihren Ehepartner*innen, Eltern, Kindern in Deutschland getrennt, müssen sich aus Angst vor Verfolgung häufig vor den Taliban verstecken und leben unter schwierigsten Bedingungen. Das Auswärtige Amt muss endlich handeln: Es muss Kapazitäten bei den Botschaften ausbauen, Zuständigkeitsregeln flexibler handhaben sowie digitale Antragstellung und Video-Interviews ermöglichen.


Positionspapier zur Flüchtlingspolitik: Gestalten statt Ausgrenzen

Der Paritätische hat angesichts kontroverser politischer Debatten über Flucht und Migration eine grundsätzliche Positionierung zur Flüchtlingspolitik verabschiedet. Das Papier umfasst sowohl Grundsätze der Arbeit des Paritätischen im Bereich Flucht als auch Positionen zu aktuellen politischen Prozessen und Debatten auf nationaler wie europäischer Ebene. Für den Paritätischen gilt dabei: Nicht Ausgrenzung, sondern allein eine gestaltende, soziale und solidarische Politik kann den Herausforderungen und Chancen von Flucht und Migration nachhaltig gerecht werden.


Asylfolgeanträge: EuGH entscheidet zugunsten syrischer Kriegsdienstverweigerer

Bislang hat das BAMF Asylfolgeanträge syrischer Kriegsdienstverweigerer als „unzulässig“ abgelehnt. Es sah keine neue Rechtslage gegeben durch ein Urteil des EuGH vom 19.11.2020, wonach es bei syrischen Kriegsdienstverweigerern eine starke Vermutung gebe, dass sie politisch verfolgt seien und damit Flüchtlingsschutz bekommen sollten. Das EuGH hat nun in einem Urteil vom 8. Februar 2024 (Rs. C-216/22) klargestellt, dass ein Urteil des Gerichtshofs einen neuen Umstand darstellen kann, der eine erneute inhaltliche Prüfung eines Asylantrags rechtfertigt. Pro Asyl sieht darin eine Grundsatzentscheidung, auf die sich auch andere Schutzsuchende künftig berufen können: „Wenn nach rechtskräftiger Ablehnung von Asylerstanträgen EuGH-Urteile ergehen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zur Zuerkennung internationalen Schutzes geführt hätten, dann muss ein Asylfolgeantrag nun zugelassen werden.“


EuGH trifft Grundsatzentscheidung zu geschlechtsspezifischer Verfolgung

Frauen, die vor geschlechtsspezifischer Gewalt fliehen, wurde in der Vergangenheit häufig die Anerkennung als Flüchtling verweigert. Der Grund: Frauen als solche stellten keine soziale Gruppe gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG dar. Eine Grundsatzentscheidung des EuGH wird das voraussichtlich ändern.

  1. Art. 10 Abs. 1 Bst. d Qualifikationsrichtlinie [RL 2011/95/EU], der den Verfolgungsgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe regelt, ist im Lichte der Istanbul-Konvention [Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt] auszulegen.
  2. Frauen eines Herkunftslandes können je nach den dort herrschenden Verhältnisse auch insgesamt und nicht nur als enger eingegrenzte Gruppe als „bestimmte sozialen Gruppe“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Bst. d Qualifikationsrichtlinie angesehen werden, wenn sie in ihrem Herkunftsland aufgrund ihres Geschlechts physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexualisierter/sexueller und häuslicher Gewalt, ausgesetzt sind.
  3. Bei nicht-staatlicher Verfolgung ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 9 Abs. 3 Qualifikationsrichtlinie ausreichend, wenn entweder zwischen der nicht-staatlichen Verfolgungshandlung oder dem Fehlen von Schutz durch einen Schutzakteur eine Verknüpfung zum Verfolgungsgrund besteht.
  4. Der Begriff des ernsthaften Schadens gemäß Art. 15 Bst. a, b Qualifikationsrichtlinie umfasst die tatsächliche Drohung, durch Angehörige der Familie oder Gemeinschaft wegen eines angenommenen Verstoßes gegen kulturelle, religiöse oder traditionelle Normen getötet zu werden oder andere Gewalttaten zu erleiden.

(Leitsätze von asyl.net)


VG Sigmaringen: Flüchtlingsanerkennung für Frau aus Afghanistan

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen (VG) hat mit Beschluss vom 23.10.2023 (Az: A 5 K 4009/21) folgendes entschieden:

„Es droht Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen ohne männlichen Schutz, die längere Zeit im (westlichen) Ausland gelebt haben. Gefahrerhöhend kommt hinzu, dass sie der diskriminierten Volksgruppe der Hazara angehört und Schiitin ist.“

(Leitsätze von asyl.net)


VG Sigmaringen: Aufhebung eines Dublinbescheids hinsichtlich Bulgariens für jungen Mann aus Syrien

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen (VG) hat mit Beschluss vom 08.08.2023 (Az: A 4 K 345/23) folgendes entschieden:

„Auch ohne besondere Vulnerabilität droht in Bulgarien nach einer etwaigen Anerkennung, die für den syrischen Kläger sehr wahrscheinlich ist, Obdachlosigkeit. Auf dem freien Wohnungsmarkt wird es ihm nicht gelingen, eine Wohnung anzumieten, da dies neben den erforderlichen finanziellen Mitteln eine Meldeadresse voraussetzt, die nach Abschluss des Asylverfahrens nicht auf zumutbare Weise zu erlangen wäre.“

(Leitsätze von asyl.net)