Auf dem neuen Portal flucht-gender.de werden Informationen rund um die Situation, die Bedarfe und die Rechte von geflüchteten Mädchen und jungen Frauen gesammelt. Die Datenbank hilft dabei, auf schnellem Wege Angebote, Gruppen und Aktionen in dem gewählten Bundesland oder bundesweit zu finden.
Autor: Fluechtlingsrat_Skiba
Flüchtlingsgipfel – Analyse der Ergebnisse
Auf dem Flüchtlingsgipfel der Ministerpräsident*innen mit Bundeskanzler Scholz am 10. Mai wurde sich auf einige umfassende Rechtsverschärfungen geeinigt. PRO ASYL bezeichnet die Ergebnisse als einen „menschenrechtlichen Dammbruch, der den Koalitionsvertrag der Regierung konterkariert“. Verschärfungen wurden unter anderem in den Bereichen Abschiebung und Abschiebungshaft beschlossen. Auch einigte man sich auf verstärkte Grenzkontrollen sowie eine verschärfte Überwachung der deutschen Binnengrenzen. Die Ministerpräsident*innenkonferenz schloss sich auch den aktuellen Reformvorhaben des Europäischen Asylsystems an, die u.a. Asylverfahren an den EU-Außengrenzen unter Haftbedingungen vorsehen. Die auf dem Flüchtlingsgipfel beschlossenen Änderungsvorhaben bedürfen zum Teil intensiver Gesetzesänderungen, sie sind also nicht ohne Weiteres gültig. PRO ASYL und Berlin.hilft analysieren die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels und nehmen eine kritische Einordnung vor. Auch Jusos und Grüne Jugend kritisieren die Beschlüsse.
- PRO ASYL, 12.5.2023: Gipfel der Abschottung und Entrechtung: Erste Analyse von PRO ASYL zum Flüchtlingsgipfel
- Berlin.hilft, 11.5. 2023: Flüchtlingsgipfel: Ergebnis auf verzerrten Fakten – eine Klarstellung
- Deutschlandfunk, 15.5.2023: Jusos und Grüne Jugend kritisieren Beschlüsse von Bund und Ländern
Mehrsprachige FAQs für geflüchtete Menschen mit Behinderung
Die Lebenssituation von geflüchteten Menschen mit einer Behinderung ist sehr komplex und nicht zu allen Leistungen der Behindertenhilfe haben auch geflüchtete Menschen mit einer Beeinträchtigung Zugang. Handicap International stellt auf der Homepage der Organisation Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen rund um Themen wie Aufenthaltstitel, medizinische Versorgung oder Zugang zu Teilhabeleistungen zur Verfügung. Diese sind auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi und Kurdisch verfügbar.
Sprachmittlung für geflüchtete Menschen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte
Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte beschreiben das Menschenrecht, frei und selbstbestimmt über den eigenen Körper, die Sexualität, Gesundheit und Reproduktion zu entscheiden. Insbesondere geflüchtete Frauen und queere Geflüchtete sind beim Zugang zu diesen Rechten jedoch häufig mit erheblichen Barrieren konfrontiert. Für viele Menschen sind die Themenbereiche der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte sensible Bereiche, häufig betreffen diese Themen belastende Situationen. Für Menschen, die auf eine Sprachmittlung angewiesen sind, ist eine sensibilisierte und qualifizierte Sprachmittlung umso wichtiger. Die vorliegende Arbeitshilfe gibt Handlungsempfehlungen für die Praxis der Sprachmittlung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte. Als Leitfaden richtet sie sich direkt an Sprachmittler*innen, die in diesem Themenbereich mit geflüchteten Menschen arbeiten (möchten). Sie dient aber auch als Orientierung für alle Interessierten in Beratungsstellen und einschlägigen Institutionen, die bereits Sprach- und Kulturmittler*innen einsetzen oder sie gerne in Zukunft einsetzen möchten.
- Paritätischer Gesamtverband, April 2023: Sprachmittlung für geflüchtete Menschen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte. Praxisempfehlungen für Sprachmittler*innen
Besuchsvisa für vom Erdbeben betroffene Personen (Update!)
Viele Menschen befinden sich aufgrund des Erdbebens in Syrien und der Türkei in einer sehr prekären Situation. In Deutschland lebende Angehörige fragen sich, ob sie Familienmitglieder aus den betroffenen Regionen nach Deutschland holen können. Personen aus diesen Regionen, die sich mit einem Visum bereits in Deutschland aufhalten, stehen vor der Frage, wie es für sie weiter gehen soll.
Das Auswärtige Amt hat mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat ein vereinfachtes Verfahren für die Beantragung von Schengen-Besuchsvisa abgestimmt. Leider richtet sich diese Möglichkeit jedoch momentan nur an türkische Staatsangehörige, die eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen müssen. Diese sind auf der Homepage des Auswärtigen Amts aufgeführt. Nicht explizit aufgeführt ist, dass eine sog. Rückkehrbereitschaft vorliegen muss. Dies ist eine generelle Voraussetzung für die Erteilung von Schengen-Visa. Es wird herausfordernd sein, eine Rückkehrbereitschaft darzulegen, wenn Personen aufgrund des Erdbebens ihre Wohnung verloren haben (siehe Beitrag von Rechtsanwalt Uyanik).
Zu syrischen Staatsangehörigen, die vom Erdbeben betroffen sind, schreibt das Auswärtige Amt, diese könnten sich an die umliegenden Auslandsvertretungen (Beirut, Amman, Istanbul) wenden. Ob für sie ebenfalls erleichterte Bedingungen festgelegt werden, ist noch nicht bekannt. Allerdings dürfte es für syrische Staatsangehörige ungleich schwieriger sein, ein Besuchsvisum zu erhalten. Hintergrund ist, dass bei Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten eine Rückkehrbereitschaft grundsätzlich angezweifelt wird.
Türkische Staatsangehörige, die sich derzeit mit einem gültigen Schengen-Visum in Baden-Württemberg aufhalten und nachweislich aus einer der betroffenen Provinzen (Adana, Adiyaman, Diyarbakır, Gaziantep, Hatay, Kahramanmaraş, Kilis, Malatya, Osmaniye und Şanlıurfa) kommen, können laut § 6 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AufenthG i.V.m. Art. 33 Visakodex (VO 810/2009) eine Verlängerung ihres Visums erhalten. Von der Möglichkeit der Verlängerung des bestehenden Schengen-Visums bzw. einer Verlängerung dieses Visums als nationales Visum soll laut Erlass des Justizministeriums BW großzügig Gebrauch gemacht werden.
Am 7. Mai tritt auch die bundesweit geltende „Türkei-Erdbeben-Aufenthalts-Übergangsverordnung“ (TürkeiErdbebenAufenthÜV) in Kraft. Diese sieht vor, dass türkische Staatsangehörige aus den betroffenen Provinzen, die zwischen dem 6. Februar 2023 und dem 7. Mai 2023 mit einem gültigen und durch eine deutsche Auslandsvertretung in der Türkei erteilten Schengen-Visums in das Bundesgebiet eingereist sind und sich am 7. Mai 2023 noch rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bis zum 6. August 2023 vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für den Aufenthalt im Bundesgebiet befreit sind. Diese Befreiung erlischt mit der Ausreise aus dem Bundesgebiet. Menschen aus der Türkei, die aufgrund des Erdbebens bis zum 07.05.2023 einreisen konnten, können also länger in Deutschland bleiben. In diesem Zeitraum wurden allerdings bundesweit nur ca. 5.000 Visa für türkische Staatsangehörige erteilt, darunter auch Visa zu anderen Zwecken, die von dieser Verordnung nicht profitieren (Studium, Familiennachzug etc.). Die Wirkung dieser Verordnung hält sich also in Grenzen.
- Pro Asyl, Februar 2023: Informationen für Erdbebenüberlebende und deren Angehörige aus der Türkei und Syrien
- Handbook Germany, Februar 2023: Erdbeben Türkei und Syrien
Bei gekürzten Leistungen Passbeschaffung unzumutbar
Sowohl bei § 1a Abs. 3 AsylbLG als auch bei § 2 Abs. 1 S. 1 AsylbLG spielt immer wieder die Frage eine Rolle, ob eine Passbeschaffung (zumutbar) möglich ist. Das Landgericht (LG) Landshut hat mit Urteil vom 13.10.2022 (2 Ns 503 Js 30989/21) einen Betroffenen aus Sierra Leone vom Vorwurf des unerlaubten Aufenthalts ohne Pass freigesprochen. Das Gericht stellt unter anderem fest, dass es finanziell unmöglich ist, einen Pass zu beschaffen, wenn man nur Leistungen nach § 1a AsylbLG erhält.
Kampagne #VergissMeinNicht zum Familiennachzug
Die Bundesregierung hat mit ihrem Koalitionsvertrag versprochen, den Familiennachzug zu erleichtern. Doch das Warten hat immer noch kein Ende. Ob und wann die Änderungen kommen, ist unklar. PRO ASYL und terre des hommes haben daher eine Kampagne rund um den Tag der Familie am 15. Mai 2023 auf die Beine gestellt, die sich der Symbolik der #VergissMeinNicht Blume bedient.
Wie könnt ihr mitmachen?
- Vergissmeinnicht-Blume kaufen
- Kampagnen-Aufkleber unter aktionen@tdh.de bestellen und auf den Blumentopf kleben
- Kontakt der Wahlkreisbüros eurer lokalen Bundestagsabgeordneten unter https://www.bundestag.de/abgeordnete/ heraussuchen und Termin zur Übergabe von Blume und Begleitschreiben rund um den 15.5. vereinbaren
- Foto oder Video von der Übergabe machen, auf Twitter, Facebook oder Instagram mit #VergissMeinNicht posten und @tdh_de @proasyl markieren
- Zur Demo am 15.5. nach Berlin kommen
- Eine eigene Aktion auf die Beine stellen
- Terre des hommes: Familiennachzug jetzt #VergissMeinNicht
Schulungsvideos zum Ablauf des Asylverfahrens sowie zum Dublin-Verfahren
Das Deutsche Rote Kreuz und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg veröffentlichen Schulungsvideos zum Migrationsrecht. Zielgruppe sind Berater*innen im Themenfeld Flucht und Migration. Die Reihe ermöglicht eine systematische Einarbeitung in das Rechtsgebiet und stellt eine ideale Ergänzung zu Seminaren und Lehrveranstaltungen dar. Nun sind neue Folgen zum Ablauf des Asylverfahrens und zum Dublin-Verfahren erschienen.
- Informationsverbund Asyl & Migration, Schulungsreihe Migrationsrecht
Projektförderaufruf des Aktionsfonds „Stark gegen Rassismus“
Mit einer Förderung von 5.000 € sowie einem Begleitprogramm unterstützt der Aktionsfonds 20 Projekte in der Bundesrepublik, die sich lokal und ehrenamtlich gegen Rassismus engagieren. Der Bewerbungszeitraum läuft noch bis zum 11. Juni.
EuGH: Persönliches Erscheinen beim Antrag auf Familienzusammenführung nicht unbedingt erforderlich
EU-Staaten verlangen bei Antragsstellung auf Familienzusammenführung von Geflüchteten oft das persönliche Erscheinen in einer Auslandsvertretung. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) müssen die Länder bei der Familienzusammenführung die besonderen Umstände von Geflüchteten berücksichtigen. Sie dürften das persönliche Erscheinen für die Antragstellung nicht verlangen, wenn die Anreise etwa aus einem Krisengebiet übermäßig schwierig sei, entschieden die Richter am 18.4.2023 im Fall einer in Syrien lebenden Mutter zweier Kinder. Belgische Behörden hatten von ihr verlangt, zu einer belgischen Auslandsvertretung zu reisen, statt den Antrag auf Familienzusammenführung per E-Mail zu stellen.
- Migazin, 19.4.2023: EuGH stärkt Rechte von Geflüchteten bei Familienzusammenführung
- EuGH, 18.4.2023: Family reunification: European Union law precludes national legislation which requires, without exception, that an application for family reunification be submitted in person at a competent diplomatic post