BW: Abschiebekosten von über 8,8 Mio. Euro seit 2020

Eine am 13. September beantwortete Anfrage der AfD an das Justizministerium ergab, dass im Zeitraum 1.1.2020 bis 31.8.2023 5.639 Menschen abgeschoben wurden. Laut der Anfrage haben Abschiebungen im Zeitraum 1.1.2020 bis 19.9.2023 über 8,8 Mio. Euro an Kosten verursacht. Rund 1,7 Mio. Euro davon haben die abzuschiebenden/abgeschobenen Personen zurückgezahlt.

Die hohen Kosten, die durch Abschiebungen verursacht werden, könnten aus unserer Sicht besser dazu verwendet werden, um menschenwürdige Unterkünfte zu bauen oder den Menschen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern, z.B. über mehr/bessere Sprachkurse und Unterstützung bei der Arbeitssuche.



BMI-Länderschreiben: Unzumutbarkeit Passbeschaffung Eritrea

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 11. Oktober 2022 (Az. 1C 9/21) eine grundsätzliche Entscheidung zur Unzumutbarkeit der Passbeschaffung bei Erfordernis einer sogenannten „Reueerklärung“ bei Eritreer*innen mit subsidiärem Schutz getroffen. Um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten, veröffentlichte das Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) folgende Handlungsempfehlungen:

1. Die Passbeantragung ist nicht zumutbar, wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung an die Unterzeichnung eines Reueerklärung knüpft, die mit der Selbstbezichtigung einer Straftat verknüpft ist und die beantragende Person ausdrücklich und plausibel darlegt, dass sie diese Erklärung nicht abgebеn will. Dies gilt unabhängig von Alter, Aufenthaltszweck und aufenthalts-/asylrechtlichen Status. Wir können also davon ausgehen, dass auch keine geduldeten Personen, eine Reueerklärung mehr unterzeichnen müssen, wenn sie dies nicht wollen.

2. Behörden sollen außerdem darauf verzichten, eritreische Staatsangehörige mit Schutzstatus zur Vorsprache bei der eritreischen Botschaft aufzufordern, bei denen üblicherweise eine Reueerklärung verlangt wird. Dies gilt für Personen im dienstpflichtigen Alter (Frauen: 18 bis 47 Jahre und Männer: 18 bis 57 Jahre). Dies entspricht dem Erlass des Justizministeriums Baden-Württemberg vom Januar 2023. Allerdings vertritt das Innenministerium BW in Einbürgerungsverfahren die Auffassung, dass eritreische Staatsangehörige, das Verlangen der Auslandsvertretung zur Abgabe der Reueerklärung im Einzelfall glaubhaft machen müssen und deshalb bei der Botschaft vorsprechen sollen. Dies hat schon zu etlichen Verwirrungen gesorgt. Wir hoffen nun, dass das Länderschreiben des BMI auch in BW zu einer einheitlichen Rechtsanwendung führt.

Das Justizministerium BW hat das Länderschreiben bereits im August unverzüglich ohne Ergänzungen an die nachgeordneten Ausländerbehörden weitergegeben.



Blue Eyes? Brown Eyes? Diversity Workshop zu Rassismus und Antidiskriminierung

Die Evangelische Akademie Bad Boll lädt zu einem Experiment ein: Lässt sich Unterdrückung und Rassismus nachempfinden? Nach der Ermordung von Martin Luther King entwickelte die Antirassismus-Aktivistin Jane Elliott einen Workshop, um die Macht dieser Mechanismen begreifbar zu machen. Auch wir werden uns darauf einlassen und eindrückliche Erfahrungen sammeln. Die sorgfältige Reflexion und ein Transfer auf politische und soziale Bildung mit jungen Menschen schließen sich an.



Aktionswochenende 6.10.-8.10.: Nein zur Krisenverordnung, Stoppt GEAS!

Die Europäische Union und die Bundesregierung wollen das Recht auf Asyl faktisch abschaffen. Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sollen Schutzsuchende zukünftig daran gehindert werden, in der EU einen Asylantrag zu stellen. Eine individualrechtliche Prüfung wird unterbunden und Abschiebungen in Lager an EU-Außengrenzen und in Drittländer werden erleichtert.
Faktisch bedeutet das: Die Genfer Flüchtlingskonvention wird „ausgehebelt“ und Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Armut fliehen haben, kaum noch eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben. Auch ist derzeit die Krisenverordnung in der Abstimmung. Diese soll es erlauben, dass EU-Staaten zahlreiche Asyl-Mindeststandards in Extremsituationen herabsetzen können. Dagegen positioniert sich die Seebrücke. Sie fordert: Jeder Mensch muss das Recht auf einen individuellen Asylantrag und ein Leben in Sicherheit haben!

Am Wochenende des 6.-8. Oktober 2023 wird es bundesweit Aktionen und Proteste gegen diese rechtswidrigen und menschenverachtenden Pläne der Ampel-Regierung und der Europäischen Union geben.



Online Fortbildung „Identitätsklärung und Passbeschaffung“

Die sogenannte Identitätsklärung steht seit einigen Jahren im Mittelpunkt aller rechtlichen und auch politischen Bestrebungen im asyl –und aufenthaltsrechtlichen Bereich. Daher veranstaltet die Ökumenische Migrationsarbeit gemeinsam mit dem Landkreis Sigmaringen eine Online-Veranstaltung zu diesem Thema.

Referenten: Manfred Weidmann (Rechtsanwalt Tübingen) und Wolfgang Armbruster

Anmeldung: brass@caritas-biberach-saulgau.de
Der Link zur Fortbildung wird rechtzeitig vor der Veranstaltung zugeschickt


Für einen Menschenrechtspakt in der Flüchtlingspolitik

Aufgrund der aktuellen politischen Debatten haben drei Wissenschaftler*innen aus dem Bereich Asylrecht und Fluchtforschung, Prof. Dr. Dr. Maximilian Pichl, Prof. Dr. Nora Markard und Ulrike Krause, eine Stellungnahme für einen Menschenrechtspakt in der deutschen Flüchtlingspolitik initiiert. Die Stellungnahme wurde von 270 Forschenden im Asylrecht und der Fluchtforschung erstunterzeichnet.

Die Wissenschaftler*innen betrachten die jüngsten politischen Debatten und Forderungen mit großer Sorge. Sie wenden sich mit Nachdruck dagegen, die Entrechtung von geflüchteten Menschen weiter voranzutreiben. Stattdessen bedürfe es eines bundesdeutschen Menschenrechtspakts in der Flüchtlingspolitik.



Geflüchtete Menschen mit Behinderungen – Nachweise über die Behinderungen und Schwerbehindertenausweis

Geflüchtete Menschen mit Behinderungen haben zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. Unter anderem gestaltet es sich häufig schwierig, einen Schwerbehindertenausweis sowie andere Nachweise über die Behinderungen zu erhalten. Daher hat der Flüchtlingsrat BW eine Arbeitshilfe zu diesen Themen veröffentlicht. Neben umfangreichen rechtlichen Informationen enthält die Arbeitshilfe auch einige Impulse zu Fragestellungen, die Handeln und Haltung im ehrenamtlichen Engagement mit geflüchteten Menschen mit Behinderungen betreffen.


Ehrenamtliche Stellenbörse „emfa“ – Vermittlung von Menschen mit Fluchterfahrung in ein Ehrenamt

Im Rahmen des Projekts „Pyramidea Goes Public“ hat der Verein Pyramidea e.V die ehrenamtliche Stellenbörse „emfa“ ins Leben gerufen, um potenzielle Freiwillige mit Organisationen und Vereinen zu vernetzen.

Pyramidea e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Stuttgart, der sich für Toleranz in der Gesellschaft einsetzt und im Jahr 2017 von Menschen mit Fluchterfahrung gegründet wurde.

Der Verein hat die Erfahrung gemacht, dass Motivierte häufig nicht wissen, welche Bereiche sich dem Ehrenamt widmen und welche Organisationen Stellen anbieten. Auch können hinsichtlich einer direkten Kontaktaufnahme Hemmungen auftreten. Darum soll mit dem Projekt „Pyramidea Stays Public“ konkret Menschen mit Fluchterfahrung bei der Vermittlung in ein Ehrenamt geholfen werden. Auf der Stellenbörse „emfa“ können Vereine und Organisationen ehrenamtliche Stellen veröffentlichen, um Freiwillige besser zu erreichen und den Zugang zum Ehrenamt für Menschen mit Fluchthintergrund zu vereinfachen.   Interesse an einer Stellenveröffentlichung? Informationen dazu können auf der Homepage von emfa gefunden werden.


(Teilweiser) Stopp für Abschiebungen in den Iran bis zum 31.12.2023

Die Innenministerkonferenz (IMK) hat sich angesichts der gegenwärtigen Menschenrechtslage darauf verständigt, dass bis zum 31.12.23 keine Abschiebungen in den Iran durchgeführt werden sollen und sich die IMK im Rahmen ihrer Herbst-Sitzung 2023 erneut mit der Lage im Iran befasst.

Ausnahmen kann es laut BMI geben für Gefährder*innen, Personen, die schwere Straftaten begangen haben, sowie Menschen, bei denen das Ausweisungsinteresse besonders schwer wiegt. Abgeschoben werden können auch Personen, die „hartnäckig“ ihre Mitwirkungspflichten zur Identitätsklärung bzw. Passbeschaffung verletzen.

Der Beschluss ist zwar nicht in den freigegebenen Beschlüssen enthalten, ist aber im Thüringer Erlass vom 23.08.2023 und einem Bericht des Städte- und Gemeindebunds NRW vom 22.08.2023 erwähnt.


Abschiebungen und Ausreisen im 1. Halbjahr 2023

Die Bundestagsfraktion der Linken hat eine kleine Anfrage zu Abschiebungen und Ausreisen im ersten Halbjahr 2023 gestellt, die am 18. August von der Bundesregierung beantwortet wurde.

Demnach wurden im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 7.861 Abschiebungen vollzogen (26,8 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs). Baden-Württemberg hat davon 927 Abschiebungen veranlasst.

Zum Stichtag 30. Juni 2023 waren bundesweit 279.098 Personen ausreisepflichtig, davon 224.768 Personen mit einer Duldung und 54.330 Personen ohne Duldung. Damit ist in diesem Bereich erstmals seit Jahren ein Rückgang zu verzeichnen, der wahrscheinlich auch eine Folge des Chancen-Aufenthaltsrechts ist. In Baden-Württemberg lebten zum Stichtag 35.953 vollziehbar ausreisepflichtige Personen, davon 31.422 Personen mit und 4.531 Personen ohne Duldung.