Pforzheim: Theaterprojekt Lampedusa Trilogie

Auf Initiative des Lore Perls Hauses (für seelische Gesundheit) Pforzheim und Unterstützung durch das Kulturhaus Osterfeld versammeln sich Künstler, Autoren, Schauspieler*innen, Bürger*innen der Stadt für dieses Theaterprojekt.
Zehn Jahre sind seit dem berühmten Brief der Bürgermeisterin Lampedusas Giusi Nicolini an die europäischen Staatschefs vergangen und ihre Worte: „Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint. Ich bin entrüstet über das Schweigen Europas, das gerade den Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl hier die Zahl der Toten daran glauben lässt, es wäre Krieg.“ sind aktueller denn je und Anlass für diese Inszenierung.
Sein 2014 geschriebenes und 2016 uraufgeführtes Stück „Die Bürgermeisterin Lampedusas“ erweiterte der Neuenbürger Autor und Psychologe Dietrich Wagner um zwei weitere dramatische Texte. „Napoleon der Fünfte“ liefert die Innenansicht eines Staatsdieners, der sich an der Erkenntnis abarbeitet, dass die „Geschichte mit toten Gäulen ins Ziel reitet“. Er stellt, beunruhigt durch zu viele Siege, den Sinn politischen Handelns in Frage. Im letzten Teil der Trilogie mit dem Titel „Die Revolutionäre“ lässt Wagner die beiden Spieler*innen aus Teil 1 und Teil 2 aufeinandertreffen und nach politischen Alternativen ringen. Durch alle drei Teile zieht sich wie ein roter Faden die Frage nach der persönlichen Verantwortung des Einzelnen. In der Regie von Hannes Hametner wird dieses Triptychon zu einem Spiel mit den Möglichkeiten des Theaters. Neben der Arbeit mit den Schauspieler*innen führte er in einem wochenlangen Workshop für diese Arbeit einen Chor von Bürger*innen aus Pforzheim und des Enzkreises zusammen und entwickelte mit Ihnen ihren Ausdruck für die Inszenierung.
Im Anschluss an die jeweilige Vorstellung (gegen 21 Uhr) findet ein Publikumsgespräch mit Autor, Regisseur, Schauspieler*innen und Vertreter*innen aus Politik, Kultur und der Zivilgesellschaft statt.

Mit: Friederike Pöschel, Lutz Wessel und Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Pforzheim und des Enzkreises. Text: Dietrich Wagner, Regie/Raum: Hannes Hametner, Regieassistenz: Selda Falke, Kostüme: Mareile von Stritzky

Premiere am 14.12.2022 19 Uhr
zweite Vorstellung am 15.12. 2022 19 Uhr
im Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim


Ministerin Gentges gegen Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan

In einem an Bundesinnenministerin Nancy Faeser versandten Brief spricht sich Marion Gentges gegen die Aufnahme afghanischer Geflüchteter im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms aus. Damit revidiert die Ministerin die bisherige Position der Landesregierung und nimmt offen in Kauf, dass auch besonders schutzbedürftige Afghan*innen der Schreckensherrschaft der Taliban ausgesetzt bleiben.

Nach langem Zögern hatte die Bundesregierung diesen Oktober den Start des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan angekündigt, in dessen Rahmen 1000 Afghan*innen pro Monat aufgenommen werden sollen. Im Programm angelegte Hürden für Betroffene, sowie dessen intransparenter Auswahlmechanismus stehen aktuell stark in Kritik. In einem diesen November an Bundesinnenministerin Faeser adressierten Brief hat die baden-württembergische Justizministerin Gentges nun selbst diesem Bundesaufnahmeprogramm ihre Unterstützung entzogen. Eine Aufnahme afghanischer Geflüchteter sei aktuell „unverantwortlich“, verkündet sie wohl in dem Schreiben. „Die Aussagen, die Gentges in ihrem Brief getroffen hat, haben mich zutiefst bestürzt“, berichtet Lucia Braß, erste Vorsitzende des Flüchtlingsrats. „Sie zeugen von einer erschreckenden Gleichgültigkeit dem Schicksal unzähliger Afghan*innen gegenüber, die weiterhin unter Lebensgefahr im Taliban-Regime ausharren.“

Aus der Perspektive des Flüchtlingsrats ist Gentges Position umso schockierender, als dass das Justizministerium dem Verein gegenüber noch zu Beginn des Jahres versprochen hatte, in Kooperation mit dem Bund „schnelle und zufriedenstellende Lösungen für die Personen in Afghanistan“ finden zu wollen. Vorausgegangen war eine Petition, in der der Flüchtlingsrat zusammen mit 10 000 Unterzeichner*innen sichere Fluchtwege aus Afghanistan, aufenthaltsrechtliche Sicherheit für hier lebende Afghan*innen, sowie die Auflage eines Landesaufnahmeprogramms Afghanistan gefordert hatte. Diese Petition war dem für Migrationsfragen zuständigem Justizministerium im Dezember 2021 überreicht worden. Insbesondere die Forderung nach einem Landesaufnahmeprogramm Afghanistan hatte das Justizministerium allerdings mit Verweis auf das sich anbahnende Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan vehement zurückgewiesen.

Wie lässt sich die plötzliche Kehrtwende erklären? In ihrem Brief an die Bundesinnenministerin argumentiert Gentges wohl mit den hohen Zugangszahlen ukrainischer Geflüchteter, die zu einer Überbelastung der Aufnahmestruktur geführt hätten. Mit dieser Aussage bekräftigt Gentges nicht nur, dass es in ihren Augen Geflüchtete erster und zweiter Klasse gibt. Ihre Notstandsrhetorik schürt darüber hinaus eine flüchtlingspolitische Abwehrhaltung in der Bevölkerung. „Die Schutzbedürftigkeit von Afghan*innen wird faktisch durch die Aufnahme von Ukrainer*innen jedoch nicht relativiert“, kommentiert Anja Bartel vom Flüchtlingsrat.