Neues Cannabis-Gesetz mit aufenthaltsrechtlichen Folgen

Am 1. April 2024 hat der Bundestag beschlossen, Cannabis teilweise zu legalisieren. Für Menschen, die vor dieser Reform gegen das Konsumcannabisgesetz (KCanG) verstoßen haben, kann das aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben, auch wenn viele Fragen zu dem Thema offenbleiben und wahrscheinlich erst von Gerichten beantwortet werden.

Die Regeln für den Besitz von Cannabis für Erwachsene haben sich geändert. Seit dem 1. April 2024 dürfen Erwachsene ab 18 Jahren für den Eigenbedarf bis zu 50g zu Hause aufbewahren und bis zu drei Pflanzen anpflanzen. Außerhalb des Hauses darf eine Person jedoch nicht mehr als 25g Cannabis mit sich führen. Auch das Rauchen von Cannabis in der Öffentlichkeit ist eingeschränkt.

Dennoch bleiben die Strafen für Cannabis-Verstöße deutlich härter als z.B. die Strafen für Verstöße gegen die geltenden Vorschriften für das Rauchen von Zigaretten: Während beispielsweise das Rauchen einer Zigarette in einer Schule mit einer Höchststrafe von 150 Euro geahndet wird, kann der Besitz von mehr als 30g Cannabis außerhalb der eigenen Wohnung mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Je nach Situation kann ein Verstoß gegen das KCanG also weiterhin wie eine schwere Straftat behandelt werden.

Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einer aktuellen Entscheidung die alten Regeln für die sogenannte „nicht geringe Menge“ beibehalten. Der Begriff der „geringen Menge“ wurde allerdings nie gesetzlich definiert, sondern wurde auch vor der Reform von den Gerichten festgelegt: eine „nicht geringe“ Menge von Cannabis war jede Menge, in der mehr als 7,5g Tetrahydrocannabinol (THC) – der Wirkstoff in Cannabis – enthalten war. Diese Regel wurde in der jüngsten Entscheidung des BGH beibehalten, obwohl der Bundestag bei der Verabschiedung der Teillegalisierung in Erwägung gezogen hatte, dass diese Regeln von den Gerichten wahrscheinlich geändert werden sollten. Das Problem liegt aber darin, dass der THC-Gehalt von Pflanze zu Pflanze variieren kann und es nicht unbedingt aus der Gesamtmenge deutlich wird, ob der THC Wert überschritten ist.

Diese verwirrenden Regeln können aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben. Das derzeitige Aufenthaltsrecht erlaubt eine Ausweisung unter anderem dann, wenn das Interesse an der Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit überwiegt. Im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln wie z.B. Cannabis wiegt das Ausweisungsinteresse schwer, wenn eine Person u.a. „Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, … erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft“ (§ 29, Abs. 1, S. 1, Nr. 1 BetäubungsmittelG iVm § 54, Abs. 2, S. 1, Nr. 3 AufenthG). Im Falle von Cannabis kann bereits sogar die normalerweise erlaubte Aufbewahrung von 50g einer Pflanze je nach Potenz gegen das Gesetz verstoßen und somit einen schwerwiegenden Grund für eine Ausweisung darstellen.

Darüber hinaus soll das neue Gesetz eigentlich dazu beitragen, geringfügige Cannabis-Straftaten aus der Vergangenheit zu tilgen. Die Vorschriften hierfür werden aber erst 2025 in Kraft treten. Dies bedeutet, dass Personen, die wegen früherer Verstöße gegen die alten Cannabis-Regelungen abgeschoben werden könnten, auch weiterhin eine Abschiebung droht, obwohl ihre Handlungen heutzutage nicht mehr strafbar wären. Auch wenn das Verfahren zur Tilgung noch nicht definiert ist, deutet sich an, dass betroffene Personen, eine Tilgungen eigenständig beantragen müssen, anstatt dass diese automatisch veranlasst würde. Für viele geflüchtete Personen bedeutet dies einen hohen bürokratischen Aufwand, der schwer zu bewältigen ist. In Baden-Württemberg haben die Staatsanwaltschaften noch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zumindest Altfälle untersucht, bei denen die Strafe noch nicht vollstreckt war, und die Freilassung bzw. ausstehende Strafen im Fall von 21 Personen erlassen. Eine Tilgung der verhängten Strafen aus dem Zentralstrafregister muss allerdings dennoch von den Betroffenen ab nächstem Jahr beantragt werden.


Offener Brief an den Gemeinderat Schlaitdorf und den Bürgermeister Sascha Richter

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Richter,

sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates Schlaitdorf,

mit großer Bestürzung haben wir die Aussagen gelesen, mit denen Sie, Sascha Richter, in der Nürtinger Zeitung zitiert werden. Sie bezichtigen darin Personen, die in Ihrer Gemeinde Schutz suchen, des illegalen Aufenthaltes und des „Erschleichens“ von Sozialleistungen. Diese Annahme begründen Sie auf Basis des Aussehens und der Sprachkenntnisse der betreffenden Personen. Uns besorgen solche Aussagen, da Sie damit Menschen allein aufgrund äußerlicher Merkmale öffentlich diskreditieren und ihr Recht auf Schutz vor Krieg und Verfolgung in Frage stellen.

Kurz nach dem 75-jährigen Jubiläum des deutschen Grundgesetzes möchten wir Ihnen daher Artikel 3 desselben in Erinnerung rufen: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. Das gilt auch für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind. Wenn Sie also das Recht auf Schutz aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes oder der Sprachkenntnisse von Personen in Frage stellen, müssen wir hinterfragen, inwiefern dies in Einklang mit unserer Verfassung steht.

Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes einen illegalen Aufenthalt oder kriminelle Aktivitäten zu unterstellen, ist aus unserer Perspektive rassistisch. Es werden an diesen Stellen tradierte Vorstellungen und Bildern davon bedient, wie Rom*nja scheinbar lebten oder seien, welche schon in der NS-Zeit gezielt als Grundlage für gesellschaftlichen Ausschluss genutzt wurden und in einem Völkermord gipfelten. Auch an Rom*nja in der Ukraine haben die Nationalsozialisten schreckliche Gräueltaten verübt, beispielsweise beim Massaker von Babyn Jar nahe Kiew. Vor diesem Hintergrund erschrecken uns Ihre Äußerungen besonders.

Sie – ob als Bürgermeister oder als Mitglied des Gemeinderates – stehen in der Öffentlichkeit und Ihre Äußerungen haben Gewicht. Damit geht auch eine besondere Verantwortung einher. In Sorge um alle Menschen, die in Ihrer Gemeinde Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, fordern wir daher ein entschiedenes Bekenntnis gegen Antiziganismus.

Wir hoffen, sensibilisieren zu können und stehen für ein Gespräch gerne zur Verfügung.

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg


EuGH: Keine Übertragung des Schutzstatus von Anerkannten

Geflüchtete, die bspw. in Griechenland, Italien oder Bulgarien angekommen sind, sehen sich oftmals gezwungen, innerhalb Europas weiter zu fliehen, da sie in diesen Ländern ihre elementarsten Bedürfnisse (Bett, Brot, Seife) – mangels staatlicher Unterstützung – in der Regel nicht decken können und sich selbst überlassen sind. Regelmäßig, wenn auch aus unserer Sicht zu selten, lehnen daher auch das BAMF bzw. deutsche Verwaltungsgerichte die Asylanträge dieser Personen nicht als „unzulässig“ ab, sondern entscheiden, dass Geflüchtete nicht in diese Länder abgeschoben werden dürfen, da ihnen dort eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.

Sofern Personen in einem Mitgliedstaat der EU bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde ihre Abschiebung aus Deutschland in diesen Mitgliedstaat (vom BAMF oder dem Verwaltungsgericht) untersagt wurde, stellt sich die Frage, ob die Betroffenen einen Anspruch darauf haben, die Flüchtlingseigenschaft auch in Deutschland zuerkannt zu bekommen. Der Europäische Gerichtshof hat diese Frage nun verneint und entschieden, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, die in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannte Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen (Urteil vom 18. Juni 2024, Az.: C-753/22).

Vielmehr müssen nach Auffassung des EuGH „die zuständigen Behörden“, d.h. in erster Linie das BAMF und im Klageverfahren die Verwaltungsgerichte, eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vornehmen. Im Rahmen dieser Prüfung müssen jedoch die Entscheidung des anderen Mitgliedstaats, diesem Antragsteller internationalen Schutz zu gewähren, und die Anhaltspunkte, auf denen diese Entscheidung beruht, in vollem Umfang berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck muss das BAMF unverzüglich einen Informationsaustausch mit der Behörde des Mitgliedstaats einleiten, die diese Entscheidung erlassen hat.


Menschen schützen statt Asylverfahren auslagern

In einem gemeinsamen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsident*innen bekräftigen 309 Organisationen – von lokalen Initiativen der Flüchtlingshilfe bis hin zu bundesweiten Organisationen –, dass sie zu einer Gesellschaft gehören wollen, die fliehende Menschen menschenwürdig aufnimmt. Kurz vor deren Treffen fordert das Bündnis den Bundeskanzler und die Ministerpräsident*innen auf, die Auslagerung von Asylverfahren klar abzulehnen und sich stattdessen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für eine zukunftsfähige Aufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland stark zu machen. Am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, werden Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen während ihrer gemeinsamen Tagung über eine mögliche Auslagerung von Asylverfahren diskutieren. Das Bundesinnenministerium wird einen Sachstandsbericht zu einem Prüfauftrag vorlegen, der bei Bund-Länder-Beratungen im November 2023 beschlossen wurde. Die Organisationen warnen vor der Auslagerung von Asylverfahren. Bisherige Versuche zeigen, dass sie zu mehr Leid bei den Betroffenen und Menschenrechtsverletzungen führen, nicht funktionieren und extrem teuer sind. Eine zukunftsfähige Gesellschaft braucht Vielfalt, Offenheit und ein konsequentes Einstehen für die Menschenrechte für alle, so das Bündnis. Das Bündnis wurde initiiert von PRO ASYL, dem Paritätischen Gesamtverband, Ärzte ohne Grenzen, Brot für die Welt, Diakonie Deutschland und Amnesty International.

Der offene Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, 

sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten,

Menschlichkeit ist sowohl in Deutschland als auch in Europa die Basis unseres Zusammenlebens. Sie zu schützen ist unsere gesellschaftliche Pflicht. Dazu gehört auch: Die unbedingte Achtung der Menschenwürde. Sie steht aus gutem Grund seit 75 Jahren in unserem Grundgesetz und gilt für alle Menschen, egal woher sie kommen.

Ausgerechnet am Weltflüchtlingstag beraten Sie die Idee der Auslagerung des Flüchtlingsschutzes aus Deutschland und Europa in Drittstaaten. Wir, 309 Organisationen und Initiativen, möchten Teil einer Gesellschaft sein, die geflüchtete Menschen menschenwürdig aufnimmt. Wer Schutz bei uns in Deutschland sucht, soll ihn auch hier bekommen. Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht.

Bitte erteilen Sie Plänen zur Auslagerung von Asylverfahren eine klare Absage.

Als im Flüchtlingsschutz aktive Organisationen und Initiativen wissen wir: Aufnahme und Teilhabe funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen und der politische Wille vorhanden ist. Vor den derzeitigen Herausforderungen verschließen wir dabei nicht die Augen. Wir begegnen ihnen vielmehr mit konstruktiven, praxisnahen und somit tatsächlich realistischen Vorschlägen für eine zukunftsfähige Aufnahme. Dafür setzen wir uns jetzt und auch zukünftig mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften ein – gerade auch auf kommunaler Ebene.

Pläne, Flüchtlinge in außereuropäische Drittstaaten abzuschieben oder Asylverfahren außerhalb der EU durchzuführen, funktionieren hingegen in der Praxis nicht, sind extrem teuer und stellen eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit dar. Sie würden absehbar zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen, wie pauschale Inhaftierung oder dass Menschen in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen menschenunwürdige Behandlung oder Verfolgung drohen. Bei Geflüchteten lösen solche Vorhaben oft große Angst aus und erhöhen die Gefahr von Selbstverletzungen und Suiziden. Dies gilt gerade für besonders schutzbedürftige Geflüchtete wie Menschen mit Behinderung, Kinder, queere Menschen, Überlebende von Folter oder sexualisierter Gewalt. Das zeigen uns die Erfahrungen der letzten Jahre, etwa das Elend auf den griechischen Inseln als Folge der EU-Türkei-Erklärung.

Aktuell leben drei Viertel der geflüchteten Menschen weltweit in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Setzen Sie sich deswegen für eine glaubhafte, nachhaltige und gerechte globale Verantwortungsteilung im Flüchtlingsschutz ein. 

Wir sind uns sicher: Realistische und menschenrechtsbasierte Politik stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dass Anfang des Jahres so viele Menschen wie noch nie in Deutschland auf die Straße gegangen sind, um ein Zeichen für eine offene und diverse Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zu setzen, macht uns Mut. Eine zukunftsfähige Gesellschaft braucht Vielfalt, Offenheit und ein konsequentes Einstehen für Menschenrechte – für alle.


Bad Herrenalb: Flüchtlingsschutztagung

Das Flüchtlingsthema ist ein wichtiger Indikator dafür, wie wir in den westlichen europäischen Ländern unsere Demokratie verstehen und wie wir demokratische Werte gegenüber rechten Kräften verteidigen „Gemeinsam für Demokratie!“ – Dieses Motto verbindet Initiativen in der Flüchtlingsarbeit auch mit ande-ren zivilgesellschaftlich engagierten Gruppen. Die Tagung zielt darauf, verschiedene Akteure in der Flüchtlings- und Menschenrechtsarbeit, Umweltschutz- und Entwicklungszusammenarbeit sowie in der Demokratieförderung miteinander zu vernetzen. Es gibt Raum zum Kennenlernen, zum Austausch und für die Entwicklung von innovativen Aktivitäten. Demokratie leben, Menschenrechte schützen und gemeinsame Strategien entwickeln, um wehrhaft gegenüber rechtspopulistischen und rechtsextremen Entwicklungen zu sein, dazu möchte die Tagung einen Beitrag leisten.

Informationen zum Tagungsprogramm und zur Anmeldung

Die Tagung wird organisiert bzw. unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung, der Caritas, Pro Asyl, der evangelischen Landeskirche Baden, der Diakonie Württemberg, der Evangelischen Akademie Baden, der Evangelischen Akademie Bad Boll und dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.


Gerade jetzt: Rechtsstaat stärken!

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), die Neue Richter*innenvereinigung (NRV), die Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV), PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundesländer stehen und streiten für den Rechtsstaat als Grundlage unserer Demokratie. Dazu gehört die Wahrung völkerrechtlicher Grundsätze. Bundeskanzler Scholz forderte in seiner Regierungserklärung, dass Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden sollen. In beiden Ländern drohen jedoch Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen, die Abschiebungen völkerrechtlich verbieten. Wir sind erschüttert von der Tat in Mannheim und sprechen unser tiefes Mitgefühl aus. Zugleich sind wir alarmiert von den aktuell stattfindenden Debatten. Nach einer schweren Straftat muss die Justiz für Gerechtigkeit sorgen. Hierfür haben wir in Deutschland einen funktionierenden Rechtsstaat. Dieser darf nicht untergraben werden, indem völkerrechtliche Errungenschaften in Frage gestellt werden.

Das absolute Folterverbot verbietet Abschiebungen

Aus dem Folterverbot folgt: Niemand darf abgeschoben werden, wenn nach der Abschiebung Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht. Dieses absolute Folterverbot ist in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 4 der EU-Grundrechtecharta normiert. Es gilt uneingeschränkt für alle Menschen – auch für Personen, die in Deutschland Straftaten begangen haben. Denn die Garantie der Menschenwürde gilt für alle Menschen, unabhängig von der Schwere der von ihnen begangenen Verbrechen. Ihre Strafen müssen sie in Deutschland verbüßen. Etwaige „Sicherheitszusagen“ für die abzuschiebenden Straftäter sind weder von Seiten der terroristischen Taliban noch von Seiten des Assad-Regimes vertrauenswürdig und zuverlässig und können damit eine menschenrechtswidrige Abschiebung nicht legitimieren. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt im Bericht von März 2024 zu dem Fazit, dass „aufgrund der desolaten Sicherheitslage und der vielerorts prekären humanitären Lage in Syrien und Afghanistan […] Art. 3 EMRK etwaigen Abschiebungen in diese Staaten regelmäßig entgegenstehen [wird]“.

Katastrophale menschenrechtliche Lage unter den Taliban

Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 ist die menschenrechtliche und humanitäre Situation in Afghanistan katastrophal. Internationale Organisationen und die Vereinten Nationen berichten von außergerichtlichen Tötungen, willkürlichen Verhaftungen, Folter und weiteren Misshandlungen durch die Taliban. Besonders Frauen und Mädchen sind von weitreichenden Einschränkungen ihrer Rechte betroffen. UNHCR betont, dass die meisten Menschenrechtsverletzungen undokumentiert bleiben und die Verfolgungsgefahr unvorhersehbar ist. UNHCR fordert deswegen von allen Staaten, keine Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen. Hinzu kommt eine humanitäre Krise, die durch Erdbeben und Sturzfluten weiter verschärft wurde. Die Europäische Asylagentur bestätigt in ihrer Country Guidance zu Afghanistan vom Mai 2024, dass es im Land keine internen Schutzalternativen gibt. Deutschland hat seit der Machtübernahme der Taliban keine diplomatischen Beziehungen zu Afghanistan. Eine Wiederaufnahme von Abschiebungen würde eine Kooperation mit den Taliban erfordern, die die Bundesregierung nicht als rechtmäßige Regierung anerkennt. Eine solche Kooperation wäre ein Schritt zur Normalisierung der Beziehungen, was außen- und menschenrechtspolitisch katastrophal wäre.

Syrien ist weiterhin ein Folterstaat

Unter Machthaber Assad wird in Syrien seit Jahren systematisch gefoltert, Menschen verschwinden und werden rechtswidrig inhaftiert oder getötet. Internationale Organisationen wie UNHCR, OHCHR und Amnesty International bestätigen dies. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mehrfach entschieden, dass Abschiebungen nach Syrien eine Verletzung von Artikel 3 der EMRK bedeuten. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass eine sichere Rückkehr nach Syrien derzeit nicht gewährleistet werden kann. Rückkehrende werden pauschal als Verräter behandelt und sind systematischer Willkür ausgesetzt. Willkürliche Verhaftungen und Folter sind in Syrien an der Tagesordnung. Mehr als 100.000 Menschen gelten als vermisst. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bestätigte Ende Mai 2024, dass die Bedingungen für sichere und würdige Rückkehr nach Syrien nicht gegeben sind. Abschiebungen nach Syrien würden eine Kooperation mit dem Assad-Regime erfordern, die die Sanktionspolitik untergräbt und das Regime rehabilitiert, das eigentlich für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden muss.

Der Rechtsstaat beweist sich durch angemessene Strafverfahren

Islamistischer Terror, Rechtsextremismus und Antisemitismus stellen eine Bedrohung für die offene Gesellschaft in Deutschland dar. Solchen menschenverachtenden Taten muss mit dem deutschen Strafrecht begegnet werden. Das geschieht ausnahmslos. Für die Strafgerichte ist es dabei nicht entscheidend, welche Staatsangehörigkeit Täter haben. Wenn sie keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, können sie nach einer Verurteilung und nach Verbüßung eines Teils ihrer Freiheitsstrafe außerdem abgeschoben werden, siehe § 456a StPO, sofern die Abschiebung zulässig ist. Abschiebungen in Länder, in denen Folter, Misshandlungen und weitere Menschenrechtsverletzungen drohen, sind mit dem Rechtsstaat und dem Völkerrecht indes unvereinbar und dürfen nicht stattfinden. Gerade in schwierigen Zeiten muss der Rechtsstaat Stärke durch die Einhaltung wichtiger Grundsätze zeigen. Politischen Akteuren kommt hier eine wichtige Rolle zu, ihn zu verteidigen und wichtige Grundsätze zu vertreten. Dies stärkt unsere Demokratie langfristig gegen die, die sie untergraben wollen.


Demokratie bleibt Handarbeit

Zum Weltgeflüchtetentag am 20. Juni mahnt der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg die baden-württembergische Landesregierung und die Bundesregierung an, die Menschenrechte endlich konsequent in den Fokus der Sozial- und Migrationspolitik zu rücken.

Haftähnliche Lager an den EU-Außengrenzen, die Verabschiedung des sogenannten Rückführungsverbesserungsgesetzes, die Einführung einer diskriminierenden und entmündigenden Bezahlkarte oder die Forderung demokratischer Parteien, das individuelle Recht auf Asyl abzuschaffen – die Liste ist lang. In letzter Zeit bestimmten rassistische Forderungen und Sprachbilder der AfD auch die Migrationspolitik demokratischer Parteien. Geflüchtete Menschen und Migration wurden immer wieder von Neuem als Problem dargestellt. Ausgrenzende und menschenfeindliche Gesetze wurden umgesetzt. Einige dieser Maßnahmen sind verfassungs- und europarechtswidrig. Das Leben geflüchteter Menschen wurde dadurch immer weiter erschwert. Begründet wurden die gesetzlichen Verschärfungen oft damit, dass man dadurch ein „Erstarken der AfD“ verhindern wolle. Faktisch trugen die Parteien aber dazu bei, den Diskurs nach rechts zu verschieben. Menschen, die hier Schutz suchen, wird ihre Würde und ihr Recht auf Rechte abgesprochen.

Es stärkt aber nicht die Demokratie, wenn rechtes Gedankengut in angepasster Sprache verbreitet wird. Die Brandmauer gegen rechts braucht eine klare Haltung und erfordert politischen Einsatz. Demokratie ist kein leeres oder abstraktes Wort. Sie ist und bleibt Handarbeit. Zu ihrem Kern gehört die Verteidigung der Rechte ALLER Menschen. „Nicht Geflüchtete sind das Problem, sondern die soziale Ungleichheit und vernachlässigte sozialpolitischen Baustellen. Die Entrechtung von Geflüchteten wird nicht die Krise im Bereich Wohnen, Schule oder im Gesundheits- und Sozialsystem lösen. Viele Politiker*innen haben sich im Rahmen der großen und bundesweiten Proteste gegen rechts in den letzten Monaten für Demokratie und Menschenrechte ausgesprochen. Schöne Worte reichen aber nicht aus, sondern es müssen Taten folgen: Maßnahmen und Gesetze, die zeigen, dass der Schutz von Menschenrechten über Abschottung und Ausgrenzung steht“, so Lena Schmid vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Das Thema Migration ist – mal wieder – in den aktuellen Debatten und im Wahlkampf allgegenwärtig. Es wird über Migration und geflüchtete Menschen diskutiert – ohne, dass geflüchtete Menschen selbst zu Wort kommen. Räume der Sichtbarkeit werden ihnen jenseits von stereotypierten Bildern oder ökonomischer Verwertbarkeit verwehrt. Ihre vielfältigen Perspektiven sind so nicht hör- und sichtbar. „Die lebendigen Lebensgeschichten, Erfahrungen und Forderungen geflüchteter Menschen bleiben eine Leerstelle im öffentlichen Diskurs über Flucht“, so Monzer Haider vom Flüchtlingsrat. „Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle Menschen teilhaben können und in der wir das Narrativ geflüchteter Menschen als Problem überwinden“, so Haider weiter.

Zum #Weltgeflüchtetentag setzen wir uns für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, ein solidarisches Miteinander zu verteidigen. Deswegen rufen wir alle Menschen, die sich solidarisch mit Geflüchteten zeigen dazu auf, laut zu werden und ein Zeichen für Menschlichkeit zu setzen: Beteiligt euch an der landesweiten Aktionswoche #ZusammenMenschSein und feiert am 22. Juni mit uns zusammen ein Fest der Solidarität am Stuttgarter Feuersee.


Arbeitshilfe: Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0

Mit Blick auf einen bestehenden und in den kommenden Jahren voraussichtlich stark zunehmenden Mangel an Arbeitskräften ist das Thema der Fachkräfteeinwanderung zu einem zentralen politischen Anliegen geworden. Bereits in den vergangenen Jahren gab es diverse gesetzliche Neuregelungen, die darauf abzielten, die Erwerbsmigration nach Deutschland zu erhöhen. In der Praxis zeigten sich jedoch weiterhin zahlreiche Hürden, denen mit den aktuellen Novellierungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes begegnet werden soll.
Sowohl für viele Fachkräfte und Auszubildende, als auch für geringqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten wird es künftig einfacher werden, einen Aufenthaltstitel zu Ausbildungs- oder Erwerbszwecken zu erhalten. Gleichzeitig sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sehr komplex und zum Teil in ihrer Anwendung – unter anderem durch Stichtagsregelungen – weiterhin begrenzt.

Der Paritätische hat eine Arbeitshilfe zu den neuen Regelungen für die Aufenthalte zum Zwecke der Arbeit, des Studiums oder der Ausbildung veröffentlicht.


Kommunalwahlen in Baden-Württemberg

Am 9. Juni sind nicht nur Europawahlen, sondern auch Kommunalwahlen in Baden-Württemberg. Für die nächsten fünf Jahre werden Gemeinde- bzw. Ortschaftsräte, Kreisräte und Mitglieder der Regionalversammlung Stuttgart gewählt. Asylpolitik wird zwar zum großen Teil auf Europa- oder Bundesebene gemacht. Doch auch Kommunalpolitiker*innen treffen Entscheidungen, die Einfluss auf die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen haben. Kommt daher jetzt mit Lokalpolitiker*innen bei euch vor Ort ins Gespräch. Setzt euch dafür ein, dass in eurer Stadt oder eurer Gemeinde Spielräume im Sinne geflüchteter Menschen genutzt werden. In diesem Artikel haben wir verschiedene Möglichkeiten gesammelt, wie Kommunalpolitiker*innen die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen verbessern können.

Menschenwürdige Unterbringungsbedingungen schaffen

Im Jahr 2023 haben in Baden-Württemberg knapp über 36 000 Menschen (vor allem aus der Türkei, Syrien und Afghanistan) einen Asylantrag gestellt. Außerdem haben seit Beginn des Angriffskriegs Russlands im Februar 2022 über 190 000 Schutzsuchende aus der Ukraine ihren Weg nach Baden-Württemberg gefunden. Dass ein Anstieg der Zugangszahlen Kommunen vor Herausforderungen stellt, ist kein neues Phänomen. Dennoch sind die Versorgungslagen in den Kommunen weitaus heterogener, als das in der mit großer Vehemenz geführten öffentlichen Debatte zur Unterbringung und der damit verbundenen Forderung nach Aufnahmestopps suggeriert wurde: „Die Spanne reicht von öffentlich beklagtem Notstand, herausfordernden, aber dennoch leistbaren Anforderungen, bis hin zu relativ entspannten Situationen, weit entfernt von einer Überlastung“, heißt es in einer Expertise vom Mediendienst Integration aus dem Juli 2023. Diese zeigt auf, dass es Kommunen, die besonders aktiv, kommunikativ geschickt und flexibel vorgehen, gut gelingt, bei Bedarf zügig neue Unterkünfte zu akquirieren. Kommunen können zum Beispiel Reserveplätze in Unterkünften freihalten, sich gut mit Wohnungsbaugesellschaften vernetzen, sich um ein solides Datenmanagement bemühen und Auszugskonzepte erarbeiten. Auch in Zeiten sinkender Zugangszahlen muss das Thema Unterbringung konstruktiv angegangen werden und kurzfristige Notlösungen müssen durch menschenwürdige Unterbringungsformen ersetzt werden, die das Recht auf Privatsphäre und freie Entfaltung der Persönlichkeit ebenso gewährleisten wie den Schutz besonders vulnerabler Personengruppen. Um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, ist es unerlässlich, dass Unterkünfte mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind und dass es in den Unterkünften freies WLAN gibt.

Ausländerbehörden entlasten

Mehrere Monate Wartezeit, nicht angetretene Jobs, die dauerhafte Angst vor der Abschiebung – unzählige Menschen in Deutschland leiden darunter, dass sich in den Ausländerbehörden die Anträge stapeln. Doch auch an dieser Stelle können die Kommunen eine zentrale Rolle spielen, indem sie unnötig komplizierte Abläufe vereinfachen. Nebenbei werden dadurch denjenigen die Argumente entzogen, die auf Überlastung verweisen, um ihren Forderungen nach noch mehr Abschottungspolitik Nachdruck zu verleihen. Untere Ausländerbehörden sind in Baden-Württemberg in den Landkreisen die Landratsämter bzw. die Gemeindeverwaltungen in den kreisangehörigen und kreisfreien Städten. Die Kommunen können verschiedene Maßnahmen zur kurzfristigen und langfristigen Entlastung der Ausländerbehörden vornehmen und so dafür sorgen, die Lebensrealitäten geflüchteter Menschen in Baden-Württemberg zu verbessern. So kann beispielsweise die Anzahl an Terminen bei der Ausländerbehörde reduziert werden, indem Duldungen und Aufenthaltserlaubnisse für eine im Rahmen der gesetzlichen Spielräume längstmögliche Gültigkeitsdauer ausgestellt werden. Auch bei der Wohnsitzauflage können Abläufe vereinfacht werden. Zum Beispiel ist eine Beteiligung von zwei Behörden, wenn gestattete oder geduldete Person mit Wohnsitzauflage umziehen möchten, anders als bei der Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG für Personen mit Aufenthaltserlaubnis, gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb unzulässig. Dennoch wird in der aktuellen Praxis in der Regel sowohl die Ausländerbehörde am aktuellen Wohnort als auch die am Zuzugsort involviert. Außerdem können die Ausländerbehörden durch die Implementierung digitaler Akteneinsicht, den Gebrauch von einfacher Sprache in der Kommunikation mit Geflüchteten, sowie rassismuskritische und aufenthaltsrechtliche Schulungen für ihre Mitarbeitenden entlastet werden.

Schulbesuche und Kinderbetreuung sichern

Ähnlich wie beim Thema „Wohnen“ machen sich strukturelle Defizite und jahrelange Versäumnisse auch in der Kinderbetreuung bemerkbar und betreffen alle Menschen in Form von fehlenden Kapazitäten, die zu langen Wartezeiten führen. Ein mangelnder Ausbau der Schul- und Kinderbetreuungsplätze darf nicht zu Lasten geflüchteter Kinder gehen. Geflüchtete Kinder haben – wie alle anderen Kinder auch – ein Recht auf Bildung. Schulen und Kindergärten müssen zudem geschützte Orte für alle Kinder und Jugendlichen sein. Deshalb müssen sich die Kommunen dafür einsetzen, dass es keine Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen geben wird. Vor allem im Interesse der Förderung der Teilhabe geflüchteter Eltern oder Alleinerziehender ist es wichtig, dass während der Integrations- und Sprachkurse Kinderbetreuung angeboten wird. Zudem müssen die Landkreise ausreichend Geld für psychosoziale Beratungsangebote sowie Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stellen.

Ehrenamtliches Engagement fördern

Ehrenamtliche haben in den vergangenen Jahren enorm viel geleistet und damit auch die staatlichen Strukturen erheblich entlastet und teilweise vor dem Kollaps bewahrt. Es ist mehr als beachtlich, wie viele Menschen – mit oder ohne eigene Fluchterfahrung – weiterhin mit großem Engagement ehrenamtlich geflüchtete Menschen unterstützen. Viele Kommunen erkennen den Wert dieses Engagements an und sorgen dafür, dass die Ehrenamtlichen eingebunden und beteiligt werden und dass ihr Engagement unterstützt und gefördert wird. Sie stellen zum Beispiel Räume bereit, organisieren Fortbildungen und schaffen beziehungsweise erhalten Stellen für Koordinator*innen für ehrenamtliches Engagement. Andernorts haben Ehrenamtliche jedoch das Gefühl, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise sie eher als lästig empfinden. Alle Kommunen sollten die Ehrenamtlichen als wichtige Akteur*innen sehen, ihr Engagement wertschätzen und vor allem auch praktisch unterstützen. Gleichzeitig sollten sie ihre Unabhängigkeit respektieren und ihnen Freiräume zur selbstbestimmten Entfaltung ihres Engagements lassen. Sie sollten sie auch nicht unter Druck setzen, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt oder versuchen, sie zu Handlangern der Behörden zu machen.

Menschen über ihre aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten informieren

Anträge auf Asyl werden natürlich nicht auf kommunaler Ebene entschieden und für Duldungen ist zentral das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Doch lokale Ausländerbehörden entscheiden über Anträge auf Aufenthaltserlaubnisse, was zentral ist, wenn es zum Beispiel um Bleiberechtsregelungen geht. Ein großes Problem ist, dass viele derjenigen, die möglicherweise von diesen Regelungen profitieren könnten, nicht hinreichend informiert sind. Seit Anfang 2023 gibt es das Chancenaufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG) – eine einmalige und befristete Aufenthaltserlaubnis für am 31.10.2022 seit fünf Jahren in Deutschland lebende und geduldete Personen, welche auch viele Menschen in Baden-Württemberg bereits erfolgreich beantragt haben. Doch um nach 18 Monaten nicht wieder in den prekären Status einer Duldung zurückzufallen, müssen Betroffene rechtzeitig über anschließende Bleiberechtsoptionen nach § 25a und § 25b AufenthG informiert werden. Die Kommunen sollen darauf achten, dass die Ausländerbehörden potenziell Betroffene in einer Art und Weise informieren, dass Informationen auch tatsächlich ankommen und verstanden werden können.

Rassistische Strukturen bekämpfen und Diversität fördern

Kommunen müssen das Signal aussenden, dass sie für alle Einwohner*innen da sind. Hierzu gehört die Förderung von rassismuskritischer Kompetenz des Personals in kommunalen Einrichtungen und Behörden, die mit entsprechenden Fortbildungen sensibilisiert und aufgeklärt werden müssen. Kommunen müssen auf einen respektvollen und wertschätzenden Umgang ihres Personals mit allen Menschen bestehen und Diskriminierung bekämpfen. Kommunen sollten sich auch als Arbeitgeber öffnen und bei Einstellungen darauf achten, die gesellschaftliche Diversität widerzuspiegeln. Mit verschiedenen Maßnahmen wie Praktika, Einstiegsqualifizierungen und Ausbildungen können Kommunen geflüchtete Menschen in ihren Bemühungen um gesellschaftliche Teilhabe im Bereich der Arbeit unterstützen. Die Organisation von Dolmetscher*innenpools auf lokaler Ebene ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe. Ein weiteres Beispiel dafür, wie Kommunen ein Zeichen der Offenheit an Geflüchtete und neu Hinzugezogene aussenden können, sind mehrsprachige lokale Wegweiser, wie es sie an einigen Orten gibt.

Kommunalwahlen 2024: Wo ist die Stimme der Engagierten?

Für die am 9. Juni stattfindenden Kommunalwahlen werben Politiker*innen auf kommunaler Ebene um Stimmen. Alle, die mehr Einsatz für eine menschliche Geflüchtetenpolitik auf lokaler Ebene fordern, sollten diese Gelegenheit nutzen: Fragt eure Kandidat*innen, wie sie die in dieser Mail genannten Spielräume nutzen möchten. Überlegt euch, welche Kommunalpolitiker*innen und Bewerber*innen in den letzten Jahren dazu beigetragen haben, die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen in Baden-Württemberg zu verbessern. Ermutigt andere Engagierte und Personen aus eurem Umfeld, das Gleiche zu tun! Tragt so dazu bei, dass in den kommenden fünf Jahren in den Gemeinderäten und Kreistagen Baden-Württembergs eine starke Stimme für eine menschliche Geflüchtetenpolitik vertreten ist!


Save the Date: Fest der Solidarität am Stuttgarter Feuersee

Anlässlich des Weltgeflüchtetentages laden wir ein zu einem großen Fest der Solidarität am Stuttgarter Feuersee: Das Fest der Solidarität erinnert daran, dass wir gemeinsam etwas erreichen können, wenn wir uns für eine humanitäre Flüchtlingspolitik und die Achtung der Menschenrechte einsetzen. Gemeinsam stehen wir für eine gerechtere Welt, für Menschenrechte und für Solidarität statt Abschottung! Diese Botschaft wird auf dem Fest der Solidarität durch Redebeiträge und ein vielfältiges Kulturprogramm mit Musik, Gesang und Tanz bekräftigt.

Programm

  • ab 14 Uhr: Begrüßung, Rebebeiträge, Musik und Tanz
    • Tanzgruppe „Koma Jîyan Stuttgart“: Wir sind Koma Jîyan aus Stuttgart – junge kurdische Frauen, die ihre Wurzeln durch Tanz zum Leben erwecken. Durch Govend, unseren traditionellen Gruppentanz, symbolisieren wir Gemeinschaft, Kultur und Identität und drücken gemeinsame Emotionen wie Freude, Trauer, Liebe und Widerstand aus.
    • Sänger Sidar Ferid: Mein Name ist Sidar Ferid und ich komme aus Kurdistan. Ich bin Musiker, spiele Gitarre und singe. Seit November 2023 bin ich in Deutschland. Ich freue mich, zum Weltflüchtlingstag in Stuttgart zu sein und meine Musik mit Euch zu teilen.
    • Band „Back on Holiday“: Souly Funkpoprock aus dem Kessel – Wir machen Urlaub – mit unserer Musik für uns und für euch- zwischen Entfliehen und Entdecken, zwischen Utopie und Realität – Popkultur und Gesellschaftskritik – für die Leichtsinnigkeit und fürs Sinnieren – jede*r nimmt sich davon was sie*er gerade braucht.
    • und weitere!
  • ab 16 Uhr: Demozug durch die Stadt
  • ab 17 Uhr: Ausklang mit Musik, Kinderspielen und gemeinsamem Picknick
    (Bringt Essen und Decken mit!)

Außerdem wird es Infostände verschiedener Stuttgarter Organisationen mit spannenden Materialien und kreativen Aktionen geben.

Das Fest der Solidarität wird veranstaltet vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Amour sans frontières (ASF), Just Human e.V., der Seebrücke Stuttgart, Amnesty International Stuttgart, AGDW e.V., Penager Stuttgart und Fridays for Future Stuttgart und ist Teil der landesweiten Aktionswoche #ZusammenMenschSein.