Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert: AnkER-Zentren abschaffen


Drei Jahre nach Öffnung der ersten AnkER-Zentren fällt die Bilanz düster aus. Das Konzept ist gescheitert, die Asylverfahren wurden nicht beschleunigt, die Menschen sind oft isoliert, entrechtet und ausgegrenzt. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, darunter PRO ASYL, Diakonie Deutschland, Deutscher Caritasverband, Paritätischer Gesamtverband, AWO Bundesverband und Amnesty International, fordern die Schließung der Zentren und faire Asylverfahren.

PRO ASYL fordert zusammen mit rund 65 bundes- und landesweiten Wohlfahrtsverbänden, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen, die AnkER-Zentren und vergleichbare Einrichtungen in Deutschland abzuschaffen, die Verweildauer der Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen deutlich zu begrenzen und eine zukunftsweisende Erstaufnahme von Asylsuchenden in Deutschland zu organisieren. In einem am 29. Juli veröffentlichten Aufruf heißt es: „Wir fordern die Abschaffung von AnkER-Zentren und ähnlich konzipierten Einrichtungen sowie die gesetzliche Begrenzung der Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung auf wenige Wochen, maximal drei Monate.“

Menschen in den Mittelpunkt stellen

Nötig für ein faires Asylverfahren sind  „Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Ankommen der Menschen in den Mittelpunkt stellen und sie bestmöglich auf das Asylverfahren und den Aufenthalt in Deutschland vorbereiten“, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf „Isolation beenden – das Ankommen fördern – faire Asylverfahren sicherstellen. Aufruf für eine zukunftsorientierte Erstaufnahme von Asylsuchenden in Deutschland“ weiter, der von Diakonie Deutschland, Deutschem Caritasverband, Paritätischem Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband und PRO ASYL initiiert wurde.
Die ersten AnkER-Zentren (Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Zentren) sowie vergleichbare Einrichtungen sind vor drei Jahren, am 1. August 2018, eröffnet worden.

Konzept gescheitert: Verfahren sind nicht substantiell schneller

„Das Konzept der AnkER-Zentren ist gescheitert“, ziehen die unterzeichnenden Organisationen im Aufruf Bilanz. So ist es nicht gelungen, die Asylverfahren substantiell  zu beschleunigen – was für die Bundesregierung ein Ziel der Zentren war. Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, hatten das Konzept von Anfang an kritisiert – und fühlen sich darin bestätigt, auch von einer Untersuchung des BAMF selbst (Evaluationsbericht des BAMF vom 24. Februar 2021):  So dauert ein Asylverfahren in AnkER-Einrichtungen durchschnittlich 77 statt der sonst durchschnittlichen 82 Tagen, obwohl die Asylverfahren aus AnkER-Einrichtungen priorisiert werden.

„AnkER-Zentren führen vielfach zu Isolation, Entrechtung und Ausgrenzung“, kritisieren die Organisationen. Die Menschen verlieren dort wertvolle Zeit für die Integration, können kaum Kontakte nach außen haben, dürfen neun Monate lang nicht arbeiten, haben nur beschränkte Möglichkeiten, um sich zu bilden und werden durch die frühe Konfrontation mit der möglichen Rückkehr verunsichert. „Das Aufnahmeverfahren und die Bedingungen in den AnkER-Zentren verletzten damit die Würde und die Rechte der Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen und anderen besonders Schutzbedürftigen“, heißt es im Aufruf weiter.

Flüchtlinge können ihre Rechte nur eingeschränkt wahrnehmen

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wird, können „ihre Rechte zum Teil nur eingeschränkt wahrnehmen“: Die Isolation erschwert den Kontakt zu Ehrenamtlichen, Beratungsstellen und Rechtsanwält*innen. Das zeigt auch die Auseinandersetzung zwischen dem Münchner Flüchtlingsrat und der Regierung von Oberbayern vor Gericht darüber, ob der Infobus des Flüchtlingsrats auf das Gelände der AnkER-Zentren fahren und dort Beratung anbieten darf. Die Frage, ob es ein Zugangsrecht zu AnkER-Zentren und anderen Erstaufnahmeeinrichtungen gibt, wurde am 28. Juli 2021 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verhandelt und hat bundesweite Bedeutung.

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen fordern stattdessen Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Ankommen der Menschen in den Mittelpunkt stellen und sie gut auf das Asylverfahren vorbereiten. Dazu gehört unter anderem eine systematische Erfassung von besonders verletzlichen Gruppen wie Traumatisierten, Kindern, alten Menschen und von Gewalt betroffenen Frauen (dazu auch  der von PRO ASYL mitherausgegebene Bericht „Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bezug auf geflüchtete Frauen und Mädchen in Deutschland“).

Für faire Asylverfahren und mehr Eigenständigkeit

Ebenso sind gefordert: ein faires Asylverfahren inklusive behördenunabhängiger Asylverfahrensberatung und Krankenbehandlung für die notwendigen medizinischen Leistungen. Nötig sind auch  kostenlose Dolmetscherleistungen und „möglichst wohnungsähnliche Unterbringung unter Wahrung der Privatsphäre; effektiver Schutz vor Gewalt; Möglichkeiten zur eigenständigen Organisation des Alltags und Abschaffung des Arbeitsverbotes“, heißt es in dem Aufruf weiter. Auch „Sozialleistungen, die das gesetzlich festgelegte Existenzminimum zur Führung eines menschenwürdigen Lebens nicht unterschreiten“ gehören dazu. Weitere Informationen zum Aufruf und zu AnkER-Zentren mit Zitaten von Bewohnern hier

Laut BAMF wurden die ersten sieben AnkER-Einrichtungen in Bayern (Augsburg/Donauwörth, Bamberg, Deggendorf, Manching, Regensburg, Schweinfurt und Zirndorf) am 1. August 2018 in Betrieb genommen, ebenso die sächsische AnkER-Einrichtung in Dresden. Am 1. Oktober 2018 öffnete die AnkER-Einrichtung in Lebach im Saarland.
Inzwischen gibt es AnkER-Zentren in Bayern, Sachsen und im Saarland. Funktionsgleiche Einrichtungen existieren in Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein.


Stellungnahme der SFH: Covid-19-Zwangstests sind nicht grundrechtskonform

Ein neuer Gesetzesentwurf des Schweizer Bundesrates räumt die Möglichkeit ein, Covid-19-Tests bei abgewiesenen Asylsuchenden gegen deren Willen durchführen zu können. Durch die Zwangstests sollen Abschiebungen erleichtert werden, wenn beispielsweise Aufnahmeländer oder Fluggesellschaften ein negatives Testresultat verlangen.

In einer Stellungnahme lehnt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) den Gesetzentwurf mit Verweis auf das Grundrecht auf körperliche Integrität ab. Dabei, so die SFH, ginge es nicht nur um etwaige Schmerzen bei der Durchführung der Tests. Vielmehr sei der Test selbst ein instrumenteller Eingriff in den menschlichen Körper und damit ein solcher Testzwang nicht vereinbar mit dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf physische Integrität. Die strengen Voraussetzungen, die für eine Einschränkung des Grundrechts erfüllt werden müssten, seien durch den vorgebrachten Gesetzentwurf nicht erfüllt.

Die Organisation verweist außerdem auf das Prinzip der Gleichbehandlung, welches durch die vorgesehenen Zwangstests verletzt würde.

Die Stellungnahme der SFH können Sie hier in Gänze nachlesen.


Neue Studie: „Der Moria-Komplex“

Die katastrophale Situation der Geflüchteten an den EU-Außengrenzen sei ein direktes Resultat der momentanen EU-Politik und keine von politischer Verantwortung unabhängige „humanitäre Katastrophe“. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Studie „Der Moria-Komplex“ von Maximilian Pichl, die er im Auftrag von medico international erstellt hat.

In der Studie macht Pichl auf den direkten Zusammenhang zwischen politischen, zivilgesellschaftlichen sowie rechtlichen Institutionen und der Situation von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen aufmerksam. Die einzelnen Akteure und deren Zusammenspiel fasst Pichl als „Moria-Komplex“ zusammen.

Neben den EU-Institutionen, habe nämlich auch die nationale Politik der Mitgliedstaaten konkrete Auswirkungen auf die Lebensrealität von Geflüchteten in den Camps. Außerdem seien internationale Hilfsorganisationen inzwischen Teil des Problems geworden, da sie die entstandenen Strukturen durch entsprechende Hilfsleistungen eher stützten statt an einer Lösung zu arbeiten. Durch die Auslagerung der Migrationspolitik in Lager auf den griechischen Inseln, werde so eine Struktur der Verantwortungslosigkeit bzw. „Unzuständigkeit“ gefördert, welche die menschenunwürdigen Zustände begünstigt oder sogar begründet.

Als Lösung schläft Maximilian Pichl eine Repolitisierung der Situation an den EU-Außengrenzen vor, welche zum Ziel haben muss, die Rechte von Geflüchteten zu stärken.

Weitere Information und die Studie „Der Moria-Komplex“ finden Sie hier.


Informationen für neu eintreffende Ortskräfte aus Afghanistan

Angesichts des Abzugs internationaler Streitkräfte in Afghanistan und der sich seither zuspitzenden Lage im Land werden voraussichtlich zunehmend afghanische Ortskräfte in Niedersachsen und anderen Bundesländern aufgenommen. Diese Information könnte Familienangehörige von bereits in Deutschland lebenden jungen Geflüchteten betreffen. Die Aufnahme läuft über ein Visumsverfahren, ein Asylantrag ist nicht notwendig und schadet sogar!

Zum Hintergrund
Nach dem Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan wird dort eine besonders angespannte Sicherheitslage erwartet. Afghanische Ortskräfte, die die Bundeswehr und deutsche Polizeimissionen vor Ort seit Jahren unterstützt haben, werden dabei besonders im Fadenkreuz der radikalislamischen Taliban stehen.

Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, hatte sich deshalb im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) im Juni 2021 in Rust (Baden-Württemberg) mit Nachdruck für eine deutlichere Unterstützung afghanischer Ortskräfte und ihrer Familien eingesetzt. Diesem Vorschlag ist die IMK gefolgt und hat beschlossen, die Aufnahme von Ortskräften und deren Familienangehörigen deutlich zu erleichtern. Dies ermöglicht – nun neben weiteren Erleichterungen – die Aufnahme von weiteren Ortskräften und deren Familienangehörigen in der Bundesrepublik Deutschland.

Ortskräfte, die eine Gefährdungsanzeige stellen und ein Visum beantragen wollen, können dies über folgende IOM – Kontakte tun:

iomkabulgeapmb(at)iom.int
iommazargeapmb(at)iom.int
Telefonnummer IOM +93 701 104 001

Die Gefährdungsanzeige beinhaltet idealerweise auch gleich im Anhang Arbeitsverträge, Personalpapiere sowie eine Übersicht der miteinreisenden Familienangehörigen. Die Gefährdungsanzeige wird an den zuständigen Ressortbeauftragen der Ministerien weitergeleitet. Eine inhaltliche Vor-Prüfung durch IOM erfolgt nicht.

Die jeweiligen Ressorts haben für die Bearbeitung etwaiger Gefährdungsanzeigen ihrer Ortskräfte einen Kriterienkatalog entwickelt, anhand dessen die jeweiligen Ressortbeauftragten die vorgetragene individuelle Gefährdung beurteilten. Dabei erfolge eine Einstufung in eine von drei Gefährdungskategorien durch die Ressortbeauftragten in eigener Verantwortung. Eine Einstufung in die Kategorien 1 oder 2 ermögliche eine Aufnahme in Deutschland, wenn gegen die betreffende Person keine Sicherheitsbedenken existierten. Nach Rückmeldung des Ressortbeauftragen vermittelt IOM einen Video-Call zwischen Ressortbeauftragtem und Ortskraft. Dies soll in dem IOM-Büro in Kabul stattfinden.

Informationen für neu eintreffende Ortskräfte aus Afghanistan: Deutsch

Informationen für neu eintreffende Ortskräfte aus Afghanistan: Dari

Informationen für neu eintreffende Ortskräfte aus Afghanistan: Pashtu


Bundesregierung setzt Afghanistan offenbar unter Druck, Abgeschobene zurückzunehmen

Der deutsche Sonderbeauftragte für Afghanistan soll das afghanische Ministerium aufgefordert haben, Abgeschobene zurückzunehmen – entgegen dem Willen der afghanischen Seite. Das zeigt, ebenso wie der neue Lagebericht des Auswärtigen Amts, dass der Bundesregierung die Sicherheit der Afghanen egal ist.

Trotz der eskalierenden Lage am Hindukusch und dem Vorrücken der Taliban hat die Bundesregierung die afghanische Regierung offenbar erneut unter Druck gesetzt, abgeschobene Afghanen weiterhin aufzunehmen. Jasper Wieck, seit Juli 2021 Sonderbeauftragter für Afghanistan und Pakistan, ist am 27. Juli im afghanischen Ministerium für Flüchtlinge und Rückführung gewesen. PRO ASYL liegen Hinweise vor, dass er dort Druck auf die afghanische Seite ausgeübt hat, die für August terminierte Abschiebung nicht zu verhindern, sondern diejenigen Afghanen, die Deutschland abschieben will, aufzunehmen. 

„Eine solche Haltung zeugt entweder von einer völligen Fehleinschätzung der Lage vor Ort oder davon, dass Deutschland bewusst in Kauf nimmt, abgeschobene Menschen in Lebensgefahr zu bringen“, kritisiert Peter von Auer, Rechtsexperte und Afghanistan-Spezialist bei PRO ASYL. Denn die afghanische Regierung habe klar gemacht, dass sie abgeschobene Rückkehrer derzeit nicht schützen könne. Welchen Gefahren diese ausgesetzt sind, zeigt auch eine Studie der Sozialwissenschaftlerin Friederike Stahlmann.

Deutsche Sorgen mit Blick auf die Bundestagswahl

Laut Quellen vor Ort geht Österreich noch weiter und droht sogar mit der Schließung der Botschaft, sollten die geplanten Abschiebungen von Afghanistan nicht akzeptiert werden. Dem Europäischen Flüchtlingsrat ECRE zufolge hat Schweden die Aufforderung Afghanistans, derzeit keine Menschen mehr dorthin abzuschieben, akzeptiert. Auch Finnland und Norwegen haben verkündet, Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen.

Der deutsche Vertreter hingegen habe auf den öffentlichen Druck und die in Deutschland anstehenden Wahlen verwiesen, erfuhr PRO ASYL dank Kontakten vor Ort. „Es ist absurd zu sehen, wie Deutschland mit dem Leben von Afghanen spielt, um bei den Wahlen im eigenen Land zu punkten“, sagt eine Kontaktperson von PRO ASYL in Kabul, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte. 

Jasper Wieck und das Auswärtige Amt haben am Dienstag nicht auf die Anfrage von PRO ASYL reagiert. Steve Alter, Sprecher des Bundesinnenministeriums, hatte allerdings auf der Regierungspressekonferenz am 26. Juli die Position deutlich gemacht, „dass uns daran gelegen ist, bestimmte Personen, also etwa Straftäter, weiterhin nach Afghanistan abzuschieben. Die Lage, wie sie sich uns darstellt, erlaubt das auch. Man muss Abschiebungen aus unserer Sicht nicht gänzlich, und in jedem Fall pauschal einstellen. Die afghanische Regierung hat nun genau das von uns verlangt, darüber finden Gespräche statt, und die dauern an.“

Die nächste Abschiebung nach Kabul ist für den 10. August geplant. PRO ASYL fordert das Bundesinnenministerium sowie die Bundesländer auf, die Abschiebungen aufgrund der volatilen Sicherheitslage unverzüglich auszusetzen.

Veralteter Lagebericht des Auswärtigen Amts


„Mit Blick auf Afghanistan unterläuft der Bundesregierung eine Peinlichkeit nach der anderen: Zuerst werden die Ortskräfte schamlos im Stich gelassen, dann veröffentlicht das Auswärtige Amt einen neuen Lagebericht, der aber auf alten Zahlen, Daten und Fakten beruht und die aktuelle Situation überhaupt nicht berücksichtigt, und nun wird die afghanische Regierung von der Bundesregierung anscheinend unter Druck gesetzt. Eine wertegeleitete Außenpolitik und Partnerschaft auf Augenhöhe sehen anders aus“, kommentiert Peter von Auer. Seine Einschätzung des aktuellen Lageberichts des Auswärtigen Amtes, der schon bei Erscheinen veraltet war, findet sich hier


Webtalk des LSVD: „Junge queere Geflüchtete begleiten, unterstützen und schützen“

Geflüchtete LSBTIQ* brauchen besonderen Schutz: Psychische Belastungen durch den Zwang sich und die eigene sexuelle Orientierung zu verleugnen sowie Einschüchterung und Gewalt gegen geoutete queere Geflüchtete sind leider noch immer Realität.

Im online-Webtalk, veranstaltet vom Schwulen- und Lesbenverband (LSVD), soll es neben möglichen Schutzkonzepten für junge LSBTIQ*-Geflüchtete, auch um die Frage der Begleitung von Coming-Out-Prozessen gehen. Außerdem werden mögliche Zugänge für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe und queere Beratungsstrukturen diskutiert. Denn diese sind notwendig, um junge LSBTIQ* vor Gewalt und Anfeindungen schützen und in ihrem Aufwachsen begleiten zu können. Moderieren wird Ina Wold von Queer Refugees Deutschland.

 Referent*innen:

  • Alva Träbert (Referentin BeSAFE – Besondere Schutzbedarfe bei der Aufnahme von Geflüchteten erkennen / Leitung Schulungsprojekt LSBT*I* und Flucht, Rosa Strippe e.V.)
  • Lisa vom Felde (Referentin BeSAFE / Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e.V.)
  • Orion (Jugendgruppe Spektrum / In-Haus)

Veranstaltet wird der Talk vom LSVD im Rahmen der Regenbogenparlamente. Ziel dieses Projektes ist der diskriminierungsfreie und professionelle Umgang mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt in wichtigen gesellschaftspolitischen Bereichen, wie beispielsweise der Arbeit mit Geflüchteten.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

Zur Anmeldung


Dolmetsch- und Übersetzungsdienste zur Kommunikation mit Behörden

Leider ist der Kontakt mit Jobcentern und Arbeitsagenturen aufgrund von Corona immer noch kaum persönlich möglich. Die Behörden bestehen weiterhin in den meisten Fällen auf telefonische oder digitale Kommunikation. Das stellt insbesondere für Menschen, die nicht Deutsch sprechen, eine große Barriere dar. Deshalb sind Dolmetsch- und Übersetzungsdienste für die Verständigung mit Behörden meist unabdingbar.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege hat daher eine Handreichung erstellt, in der sie über bestehende Möglichkeiten der Inanspruchnahme solcher Dolmetsch- und Übersetzungsdienste informiert. Diese Handreichung finden Sie hier als PDF zum Download.


Finanzielle Entlastung für Familien mit Kindern

Um die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie für Familien mit niedrigem Einkommen zu mildern, wird im August 2021 der sogenannte Kinderfreizeitbonus ausgezahlt. Der einmalige Bonus von 100 Euro pro Kind kann ganz individuell für die Freizeitgestaltung ausgegeben werden. 
Damit möchte der Staat Familien unterstützen, die im August 2021 Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz oder dem Bundesversorgungsgesetz erhalten. Ebenfalls anspruchsberechtigt sind Familien, die Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen.

Der Bonus wird im Normalfall automatisch und ohne Antrag ausgezahlt.
Aber Achtung: Familien, die keinen Kinderzuschlag, sondern nur Wohngeld oder Sozialhilfe beziehen, müssen einen formlosen Antrag stellen. Das geht ganz einfach mit diesem PDF.

Weitere Informationen zum Kinderfreizeitbonus finden Sie auch auf der Seite des zuständigen Bundesministeriums. Außerdem gibt es auf der entsprechenden Seite der Arbeitsagentur einen Überblick über diese Leistungen.


Die Genfer Flüchtlingskonvention wird 70 Jahre alt

Seit nun mehr siebzig Jahren können sich Menschen auf der Flucht auf geltendes Völkerrecht berufen, wenn sie in einem anderen Staat Schutz vor Verfolgung suchen. Am 28. Juli 1951 unterzeichneten die Mitgliedsstaaten des Völkerbundes, der Vorgängerorganisation der UN, die sogenannte Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Damit legten sie zum ersten Mal in einem völkerrechtlichen Abkommen universell fest, dass Menschen, die vor Krieg, Gewalt oder politischer Verfolgung fliehen, besonderen Schutz genießen. Zuvor gab es, wenn überhaupt, nur bilaterale Abkommen.

Vom Schutz für Europäer*innen zum Schutz für alle

1951 war das Abkommen noch auf den Schutz der europäischen Vertriebenen des zweiten Weltkrieges ausgelegt und wurde über die Jahre zunehmend verallgemeinert: Zeitliche und geographische Begrenzungen der Konvention wurden durch das sogenannte „Protokoll von 1967“ aufgehoben. Inzwischen sind insgesamt 149 Staaten der Konvention oder dem Protokoll beigetreten und haben sich damit verpflichtet, flüchtenden Menschen besonderen Schutz zu gewähren und die Wahrung grundlegender Rechte sicherzustellen. Zu diesen Rechten gehört beispielsweise Religions- und Bewegungsfreiheit, aber auch das Recht auf Arbeit und Bildung. Zentrale Bedeutung kommt außerdem dem Non-Refoulement-Prinzip zu: Dieses Rechtsprinzip legt fest, dass Geflüchtete nicht in Staaten ausgewiesen oder zurückgeschoben werden dürfen, in denen ihnen Folter oder Menschenrechtsverletzungen drohen.

Wer ist denn überhaupt ein „Flüchtling“?

Auch das wurde in der Genfer Flüchtlingskonvention erstmals genau definiert. Ein „Flüchtling“ ist demnach jede Person, die aufgrund persönlicher Verfolgung „wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ aus ihrem Heimatland flüchten musste. In diesem Fall kommt der Heimatstaat nicht mehr seiner grundlegenden Schutzverantwortung gegenüber seinen Staatsbürger*innen nach. Daher springt die internationale Staatengemeinschaft ein und garantiert so für die Rechte der verfolgten Person, wo es der Heimatstaat nicht leisten kann oder möchte.
Zwar bildet demnach die GFK die historische Grundlage für den internationalen Flüchtlingsschutz, inzwischen gibt es aber noch weitere europäische und nationale Schutzformen, die unter anderem über ein Asylverfahren zuerkannt werden können.             

70 Jahre alt – und noch immer aktuell?

Weltweit sind 82,4 Millionen Menschen (Stand Ende 2020) auf der Flucht. Allein 2020 flüchteten durchschnittlich 30.684 Menschen pro Tag – das sind mehr als jemals zuvor. Siebzig Jahre nach Unterzeichnung der Genfer Konvention ist wirksamer Flüchtlingsschutz also wichtiger denn je.

Weiterführende Informationen zur Genfer Flüchtlingskonvention:

  • Der Schweizer Flüchtlingsrat erklärt in diesem Video  weitere Details zur Genfer Flüchtlingskonvention.
  • Auf dieser Übersichtsseite beleuchtet der UNHCR die Geschichte der Konvention noch genauer.
  • Die Konvention finden Sie außerdem hier zum Nachlesen.

Neuer Bericht: Geflüchtete Frauen und Mädchen besonders von Gewalt bedroht

2017 ratifizierte Deutschland das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“. Die aktuell 45 Unterzeichnerstaaten des – auch „Istanbul-Konvention“ genannten – völkerrechtlichen Vertrages verpflichten sich, Frauen und Mädchen effektiv vor Gewalt zu schützen. Außerdem ist Zweck des Übereinkommens, Opfer von Gewalt gegen Frauen umfassende staatliche Unterstützung zukommen zu lassen.

Soweit die Theorie. Dass es in der Praxis ganz anders aussieht, offenbart nun ein ausführlicher Bericht von PRO ASYL, den Flüchtlingsräten und dem Institut für Kulturanthropologie der Universität Göttingen. Gerade geflüchtete Frauen und Mädchen erfahren ganz besonders oft Gewalt. Gleichzeitig erhalten geflüchtete Frauen und Mädchen, wenn sie von Gewalt betroffen sind, weit seltener die angemessene psychosoziale und medizinische Unterstützung, die sie dringend benötigen. Das liege auch daran, so PRO ASYL, dass besonders vulnerable Schutzsuchende häufig gar nicht als solche erkannt werden.

Der Bericht macht außerdem die Problematik der Sammelunterkünfte deutlich: Oft bestehe kaum die Möglichkeit für Privatsphäre, da Zimmer nicht abgeschlossen werden können. Zudem sind viele Unterkünfte sehr abgelegen und die Wege, um im Notfall Hilfe zu holen, weit. Angst vor Übergriffen durch Mitbewohner ist daher für viele Frauen ein alltäglicher Begleiter. 

  • Den kompletten Bericht finden Sie hier als PDF zum Download.
  • Eine ausführliche Zusammenfassung des Berichts hat ProAsyl hier zur Verfügung gestellt.