Universität Göttingen: Faktencheck zu Abschiebungen in Deutschland

Die Europäische Kommission hat dem Europäischen Parlament im März 2025 einen ersten Entwurf einer neuen EU-Rückführungsrichtlinie präsentiert. Die dort vorgeschlagenen Maßnahmen orientieren sich im Kern an den Verschärfungen der deutschen Rückkehrpolitik der vergangenen Jahre und stellen einen Schritt dar, diese nun ebenfalls auf der EU-Ebene umzusetzen Nach Ansicht der Wissenschaftler*innen des EU-Forschungsprojekts MORE sind diese ineffizient und bewirken das Gegenteil von dem, was sie versprechen.

Göttinger Forschende haben in diesem Kontext einen umfassenden Faktencheck als Grundlage für eine sachliche und informierte Debatte verfasst. Unter anderem wird darin die verschärfte Rückkehrpolitik für ihren bürokratischen Aufwand kritisiert und die Effektivität langfristiger Bleiberechte betont. Ebenso seien, so die Forschenden, verschärfte Rückkehrpolitiken eher Grund für eine erhöhte Armutskriminalität als dass sie ihr zuvorkommen würden.



Kostenloses Praxisbuch:„selbst.bestimmt.wohnen.“

Für Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte markiert das Ankommen in einer eigenen Wohnung einen entscheidenden Schritt in Richtung selbstbestimmtes Leben. Doch der Weg dorthin bleibt für viele eine Herausforderung und ist ohne die Unterstützung von Communities, Ehrenamtlichen sowie Fach- und Beratungsstellen oft kaum erreichbar. Hierfür hat das Wohnprojekt Augsburg ein kostenloses Praxisbuch erstellt, welches insbesondere Ehrenamtliche als Unterstützung dienen kann.

Das Buch „selbst.bestimmt.wohnen.“ bietet einen umfassenden Überblick über bewährte Konzepte, innovative Projekte und praxisnahe Lösungsansätze an der Schnittstelle von Wohnen, Migration und Wohnungsnotfallhilfe. Es liefert außerdem praxisnahe Tipps und wertvolle Impulse für die Beratung und Unterstützung im Bereich Wohnen und Migration. Mehr Informationen zum Inhalt des Buches und den Link für den kostenlosen Download finden Sie auf der Webseite des Wohnprojekts Augsburg.



SG Hamburg stoppt kompletten Leistungsausschluss für Geflüchtete im Dublin-Verfahren

Eine Gesetzesänderung aus dem Oktober 2024 im AsylbLG sieht vor, dass sogenannten „Dublin-Fällen“ nach einer zweiwöchigen Übergangsfrist die Leistungen gänzlich gestrichen werden können. Dagegen hat sich das Sozialgericht (SG) Hamburg in seinem Beschluss vom 17.4. 2025 (S 7 AY 196/25 ER) positioniert. Die Begründung lautete: Solange die Überstellung in den zuständigen EU-Staat noch nicht erfolgt und eine Ausreise nicht tatsächlich möglich sei, bestehe weiterhin Anspruch auf Sozialleistungen. Die Behörde hätte demnach prüfen müssen, ob die Rückreise tatsächlich möglich sei. Hamburg reiht sich damit in eine bundesweite Entscheidungspraxis ein, welche eine menschenwürdige Grundversorgung für geflüchtete Menschen verteidigt (siehe beispielsweise SG Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2025).

Rücküberstellungen in Dublin-Fällen scheitern meistens, sodass weiterhin Deutschland für die Unterkunft und Sozialleistungen verantwortlich ist. Der Ausschluss von Leistungen verstößt gegen europäische und verfassungsrechtliche Vorgaben. Auf diese Tatsachen stützten sich die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und eine Rechtsanwältin im vorliegenden Fall. Die GFF bezeichnet die Entscheidung als wichtige rechtliche Klarstellung für die Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums. Dieses Menschenrecht gelte für alle Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität, die sich nicht ausreichend selbst versorgen könnten.



Stuttgart: Eröffnung der Laubhütte des Friedens

Die Laubhütte des Friedens steht symbolisch für Dialog, Begegnung und ein friedliches Miteinander – Werte, die in der heutigen Zeit wichtiger denn je sind. Anlässlich zur Eröffnung der Laubhütte lädt der Kubus e.V. ein, um diesen bedeutsamen Moment gemeinsam zu teilen und zu feiern.

An diesem besonderen Abend erwarten Sie auf dem Marienplatz verschiedene Redebeiträge sowie die feierliche Premiere der Sukka am Montag den 19.05.2025. Der Einlass ist um 17:30 Uhr und der Beginn um 18:00 Uhr. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Kubus e.V. .

Ort: Marienplatz, Stuttgart


Beratungsangebot für Menschen aus Muslimischen und Schwarzen Communities

Die Türkische Gemeinde Baden-Württemberg bietet ab sofort Antirassismusberatung im Großraum Stuttgart, Esslingen, Fellbach, Tübingen, Freiburg und Mannheim an. Die Beratung ist kostenlos und soll es Menschen aus Muslimischen (+muslimisch gelesenen) und Schwarzen Communities einfacher machen, direkt und niederschwellig Berater*innen aus der eigenen Community zu finden.

Die Berater*innen bieten unterschiedliche Herkünfte, Lebenserfahrungen, Alterserfahrung und Sprachen (arabisch, englisch, französisch, türkisch, mazedonisch). Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des TGBW und im Flyer.


Factsheets: Die Kosten und der Mehraufwand der Bezahlkarte

Die Bezahlkarte steht in vielerlei Hinsicht in der Kritik. Aber nicht nur für Geflüchtete hat die Einführung negative Auswirkungen – auch für die Behörden stellt sie eine nicht unbeträchtliche Mehrbelastung dar. Konkret wird für die Verwaltung bundesweit mit Kosten von 68 Millionen Euro und 150.000 zusätzlichen Arbeitsstunden im Monat gerechnet.

Über diesen Umstand klärt ein Factsheet von der GGUA (Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e. V.) auf und schafft einen faktenbasierten Überblick. In einem weiteren Factsheet wird die teure Einführung der Bezahlkarte am Beispiel NRWs beleuchtet.


GGUA, Claudius Vogt, April 2025 Viel Geld für nichts. Die Kosten der Bezahlkarte.


SG Karlsruhe: Verpflichtung zur Übernahme obligatorischer Anschlussversicherungbeiträge

Das Sozialgericht Karlsruhe (SG Karlsruhe) hat mit Beschluss vom 31.03.2025 – S 12 AY 706/25 ER das Landratsamt Rastatt vorläufig verpflichtet, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 6 AsylbLG zu übernehmen.

Bei Bezieher*innen von Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG, die gesetzlich krankenversichert sind, weigern sich seit dem 01.01.2025 viele Sozialämter in Baden-Württemberg die Beiträge zu übernehmen. Grund hierfür ist eine Anordnung des Justizministeriums.



PRO ASYL: Rückschrittskoalition gegen Menschenrechte und Humanität

PRO ASYL ist alarmiert über die Ergebnisse der Koalitionsgespräche, die  massive Verschärfungen für Schutzsuchende festschreiben, statt sich an Humanität und geltendem Recht zu orientieren.

„In den Koalitionsergebnissen wird eine gefährliche Abkehr von menschenrechtlichen Errungenschaften deutlich – es droht eine Rückschrittskoalition gegen Menschenrechte und  Humanität“, warnt Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Massive Verschärfungen für Schutzsuchende

Das zeigt sich insbesondere an den geplanten Zurückweisungen von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen – dies ist weiterhin europa- und verfassungswidrig.

Fatal ist, dass Union und SPD sich auf die Streichung des sogenannten Verbindungselements für “sichere Drittstaaten” geeinigt haben. Hier geht es darum, Deals mit Ländern à la Modell Ruanda zu schließen. Damit soll dann ein Flüchtling in einen Drittstaat außerhalb der EU geschickt werden können, obwohl er dort nie zuvor war.

Die “sicheren Drittstaaten” sind im EU-Recht geregelt, und in Kürze wird ein Vorschlag der Kommission für eine Evaluierung erwartet. “Diese unscheinbar wirkende Rechtsänderung wird dramatische Konsequenzen für den Flüchtlingsschutz haben. Damit  schließt sich Deutschland den europäischen Hardlinern an und unterstützt den Versuch,  kollektiv aus dem internationalen Flüchtlingsschutz auszusteigen”, sagt Kopp.

Eine massive Verschärfung sieht der Koalitionsvertrag im Asylverfahren vor: Dort soll der Amtsermittlungsgrundsatz durch den Beibringungsgrundsatz, der die Beweislast den Schutzsuchenden aufbürdet,  ersetzt werden. Dagegen hatte es seit dem Sondierungspapier starke öffentliche Kritik von Jurist*innen und anderen Expert*innen gegeben. Ein Beibringungsgrundsatz im Asylverfahren wird zu falschen Ergebnissen führen und ist verfassungsrechtlich höchst fragwürdig: Ein faires Verfahren ist so für die Betroffenen nicht garantiert. Ausführlich hat PRO ASYL hier das Problem erklärt.

Es ist außerdem bitter, dass sich der Sozialpopulismus gegen ukrainische Flüchtlinge nun auch im Koalitionsvertrag niedergeschlagen hat. Neu ankommende ukrainische Flüchtlinge sollen bei Bedürftigkeit wieder unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Das bedeutet nicht nur weniger Leistungen und seit letztem Jahr an vielen Orten die Bezahlkarte, sondern unter anderem auch schlechtere medizinische Versorgung.

Obwohl besonders schutzbedürftig: Frauen und Kinder bleiben auf der Strecke

PRO ASYL kritisiert insbesondere die geplante Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, die Beendigung humanitärer Aufnahmeprogramme sowie das Moratorium des UN-Umsiedlungsprogramms.

„Der Koalitionsvertrag kappt zentrale lebensrettende Maßnahmen. Wer reguläre Wege versperrt, zwingt Menschen auf lebensgefährliche Fluchtrouten. Dies betrifft auch Frauen und Mädchen aus Afghanistan, die dort laut europäischer Rechtsprechung massiv gefährdet sind“, sagt Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Die Aussetzung des Familiennachzugs verletzt das Menschenrecht auf Familie, führt zu dauerhaft zerrissenen Familienstrukturen und behindert Integration. Auch hier bleiben insbesondere Frauen und Kinder auf der Strecke – gerade jene, die am dringendsten Schutz benötigen.

Was der Koalitionsvertrag in der Praxis bedeutet: Noch mehr Tote

Während in Berlin über eine härtere Gangart gegenüber Schutzsuchenden verhandelt wurde, kamen in der Ägäis erneut Menschen ums Leben. Vor der Insel Lesbos ereignete sich ein Schiffsunglück, bei dem überwiegend Frauen und Kinder starben.

Trauernde Angehörige aus Frankfurt, Bochum, Köln und Berlin identifizieren derzeit ihre Angehörigen in der Gerichtsmedizin auf Lesbos. Sieben Tote wurden bisher geborgen: vier Kinder, zwei Frauen und ein Mann aus Afghanistan.

„Die Umsetzung des Koalitionsvertrags wird unweigerlich zu mehr Toten führen“, so Kopp.  „Weitere schutzbedürftige Menschen werden auf gefährliche und häufig tödliche Fluchtrouten gezwungen.“



VG Berlin: Georgien kein sicherer Herkunftsstaat

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG Berlin) hat in den Beschlüssen vom 11.03.2025 – VG 31 L 473/24 A und VG 31 L 475/24 A erhebliche Zweifel an der Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat geäußert. Ende 2023 hatte der Bund Georgien und die Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.

Mit Abchasien und Südossetien stünden zwei Gebiete des Landes nicht unter der Kontrolle der Regierung Georgiens. Diese Regionen stünden faktisch unter russischer Kontrolle und wiesen eine prekäre Menschenrechtslage auf, so das VG Berlin. Die Freizügigkeit sowie politische und religiöse Freiheiten seien dort eingeschränkt und es gebe ethnische Diskriminierungen.


VG Köln: Rechtswidrige Strafverfahren in der Türkei

Das Verwaltungsgericht Köln (VG Köln) hat im Beschluss vom 20.03.2025 – 22 L 550/25.A bezweifelt, dass in Gerichtsverfahren in der Türkei bei politisierten Strafverfahren rechtsstaatliche Standards eingehalten werden. Betroffenen Personen stehe damit grundsätzlich Flüchtlingsschutz gemäß §§ 3 ff. Asyl G zu.

In der Türkei sei eine „sehr lockere Anwendung“ des Strafrechts auf eigentlich rechtskonforme Handlungen zu beobachten, was zu einem Grad an Rechtsunsicherheit und Willkür führe, der das Wesen des Rechtsstaates gefährde. Die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit von Richter*innen in der Ausübung ihrer Ämter werde tatsächlich durch einfachgesetzliche Regelungen und politische Einflussnahme unterlaufen, in der Folge komme es in konkreten Strafverfahren zu einer „schablonenhaften Entscheidungsfindung“ ohne Bezugnahme auf den konkreten Fall.