Online-Diskussion: Syrien neu denken

Vier Monate nach dem Sturz des Assad-Regimes bleibt Syrien von tiefen Gräben durchzogen. Externe Einflussnahmen, geopolitische Interessen und sektiererische Gewalt drohen das Land weiter zu destabilisieren. Die jüngsten Massaker an der Küste, die israelischen Angriffe im Süden und die türkischen Offensiven im Norden verschärfen die Lage zusätzlich und könnten neue Fluchtbewegungen auslösen.

Vor diesem Hintergrund beleuchtet die Podiumsdiskussion die zentralen Fragen, die die Zukunft Syriens bestimmen werden. Gemeinsam mit Aktivist*innen aus der Region diskutieren wir das Erstarken neuer Initiativen, die sich gegen konfessionalistische Gewalt und spaltende Rhetorik stellen, die Folgen der wirtschaftsliberalen Politik der neuen Übergangsregierung sowie die Herausforderungen und Strategien linker Basisbewegungen, um innerhalb der neuen, von HTS-geführten Regierung Gehör zu finden. 

Im Mittelpunkt steht der Kampf der Zivilgesellschaft für ein neues, gerechtes – ein Syrien, das alle seine Bürger*innen repräsentiert. Dabei werfen wir einen besonderen Blick auf etablierte selbstverwaltete Strukturen, insbesondere in Nord- und Ostsyrien, die als potenzielle Garanten eines inklusiven und gerechten Übergangs eine Schlüsselrolle spielen könnten.

Diese Diskussion steht im Zeichen von Solidarität und internationalem Austausch von unten – mit dem Ziel, diejenigen zu unterstützen, die sich diesen Herausforderungen entschlossen stellen.

In Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung lädt Sie Adopt a Revolution herzlich zur Online-Veranstaltung per Zoom ein. Das Gespräch findet simultan übersetzt auf Arabisch und Deutsch statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie den Zoom-Link finden Sie auf der Webseite


Tübingen: Solidarität mit Menschen aus Afghanistan

Deutschland hat gewählt. Die Einzelheiten stehen noch nicht fest, doch es wird rund um Flucht und Migration zur Missachtung von Menschenrechten und zu einem noch inhumaneren Umgang mit geflüchteten Menschen kommen. Auch legale Fluchtwege für besonders gefährdete Menschen wie das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan sollen beendet werden. Gleichzeitig verschärfen sich die Krisen, Kriege und humanitären Notlagen auf der Welt. Es soll Stimmen und Berichte von Afghan*innen zu ihren Lebenssituationen und Deutschland, Pakistan und Afghanistan geben, sowie eine Debatte über aktuelle Entwicklungen in der Migrationspolitik.

Referent*innen: Idrees Ahmadzai und Andreas Linder (move on menschenrechte e.V. Tübingen/Plan.B), Abdul Ghafoor (Gründer und Direktor a.D. der Afghanistan Migrants Advice and Support Organization AMASO in Kabul, die 2021 wegen des Einmarsches der Taliban schließen musste), Vincent op´t Roodt (medico international)

Ort: Alte Aula Tübingen, Münzgasse 30, 72070 Tübingen

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich und die Teilnahme ist kostenlos. Auf der Website finden Sie weitere Informationen zu dieser Veranstaltung.


PRO ASYL: zu den ersten Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen in den Koalitionsverhandlungen sind bekannt geworden, darunter auch jene von der Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration. Was aus dem Dokument deutlich hervorgeht: es gibt noch entscheidende Streitpunkte. PRO ASYL ordnet die Ergebnisse und offenen Punkte ein.


Einig geworden sind sich die Koalitionäre bei etlichen Details von schon im Sondierungspapier geplanten Verschärfungen im Asyl- und Flüchtlingsbereich. So soll der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre komplett ausgesetzt werden. Wie es danach weitergeht, ist laut dem Papier offen.

„Die ersten Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen bedeuten für Familien, die auf der Flucht getrennt wurden, eine Katastrophe. Für viele wird sich das Wiedersehen mit ihren Familien auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben. Das belastet die Menschen schwer“, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. Schon die Aussetzung des Familiennachzugs unter der vorletzten schwarz-roten Regierung von 2016 bis 2018 hat die betroffenen Familien hart getroffen, wie PRO ASYL hier dokumentierte. „Aus der Politik hören wir immer, irreguläre Migration müsse verhindert werden. Wer den Familiennachzug aussetzt, schafft aber eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten für Geflüchtete ab, legal einzureisen“, ergänzt Wiebke Judith. 

Zudem haben die Fachpolitiker*innen festgelegt, dass zunächst Algerien, Marokko, Tunesien und Indien als „sichere Herkunftsländer“ eingestuft werden sollen – dabei kommt es in allen vier Ländern bekanntermaßen zu Menschenrechtsverletzungen. Auch die Grenzkontrollen sollen fortgesetzt werden – obwohl gerade erst der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, dass die Kontrollen zu Österreich rechtswidrig sind.

Noch ungeklärt: Auslagerung von Asylverfahren und Zukunft des Chancen-Aufenthaltsrechts
Doch es gibt auch eine Reihe von Streitpunkten: Hierzu gehört die sogenannte Auslagerung von Asylverfahren, die die Union in den Koalitionsvertrag schreiben will. „Die SPD muss sich klar gegen den Irrweg stellen, Asylverfahren auszulagern. Die Einschätzung von Expert*innen ist eindeutig: solche Versuche führen zu viel Leid, sind extrem teuer und meist zum Scheitern verurteilt“, sagt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. Die Tagesschau hatte gerade erst über den Sachverständigenbericht der Bundesregierung berichtet, der genau zu diesem Schluss kommt, aber immer noch nicht veröffentlicht wurde.

Auch noch offen ist die Zukunft des Chancen-Aufenthaltsrechts: Während die SPD dies verlängern will, möchte die CDU es abschaffen. „Das Chancen-Aufenthaltsrecht ist einer der wenigen pragmatischen Politikansätze der letzten Jahre im Migrationsrecht – und es hat maßgeblich dazu beigetragen, die Zahl der ausreisepflichtigen Personen zu senken. Wenn die CDU sich jetzt gegen die Verlängerung positioniert, stellt sie der eigenen Regierungsarbeit ein Bein“, sagt Wiebke Judith. Im Vergleich zu 2022 hat sich die Zahl der Ausreisepflichtigen bis Mitte 2024 um rund 25 Prozent reduziert, die Zahl der Geduldeten um 26 Prozent.



Arbeitsdefinition von Rassismus veröffentlicht

Ein Expert*innenrat der Bundesregierung hat für die Verwaltung eine Arbeitsdefinition von Rassismus veröffentlicht. Die Definition ist 13 Sätze lang. Sie ist nicht verbindlich, soll aber dabei helfen, Rassismus in all seinen Erscheinungsformen zu erkennen und anzuerkennen. Der Expert*innenrat wurde vor 1,5 Jahren von der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan (SPD), einberufen.

Nach der Arbeitsdefinition basiert Rassismus auf einer historisch gewachsenen Einteilung und Kategorisierung von Menschen anhand bestimmter äußerlicher Merkmale oder aufgrund einer tatsächlichen oder vermeintlichen Kultur, Abstammung, ethnischen oder nationalen Herkunft oder Religion. Bestimmte Merkmale würden diesen Gruppen zugeschrieben, die sie und die ihnen zugeordneten Personen als höher- oder minderwertig charakterisierten. Die als minderwertig kategorisierten Gruppen werden demnach herabgewürdigt und auf der Grundlage von negativen Stereotypen und Vorurteilen abgewertet. Die Arbeitsdefinition enthält auch Definitionen zu individuellem, strukturellem und institutionellem Rassismus.



Pro Asyl: Sieben-Punkte-Plan für eine menschenrechtsbasierte Asylpolitik

Zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen präsentiert PRO ASYL einen Sieben-Punkte-Plan für eine menschenrechtsbasierte Asylpolitik. Er stellt eine alternative Agenda zu den kursierenden menschenfeindlichen Punkte-Plänen der vergangenen Wochen und den Ergebnissen der Sondierungsgespräche dar.

Gefordert wird darin eine Stärkung der Zivilgesellschaft und eine Bekämpfung von Fluchtursachen. Geflüchtete sollen nicht an der Grenze zurückgewiesen und der Familiennachzug erleichtert werden. Die Aufnahmebedinugungen sollen menschenwürdig werden und Teilhabe ermöglicht werden.



Anlässlich der Koalitionsverhandlungen: Rechte geflüchteter Kinder schützen

Die im Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD geplanten Verschärfungen im Bereich Flucht und Migration drohen schwerwiegende Folgen auch für geflüchtete Kinder zu haben. Die Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes, der Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht sowie die Initiative Jugendliche ohne Grenzen appellieren in einem Forderungspapier eindringlich an die Verhandelnden, bei den Koalitionsverhandlungen die Rechte junger Geflüchteter zu wahren.



Fünf-Punkte-Plan für Willkommenskultur

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, braucht es in Deutschland statt mehr Abschiebungen einen Wandel in der Migrationspolitik, so der Unternehmerverband Brandenburg-Berlin. In einem Fünf-Punkte-Plan wird unter anderem ein Abschiebestopp für Asylsuchende mit Jobaussicht gefordert. Der Zugang zum Arbeitsmarkt müsse auch durch eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen erleichtert werden.



Stellungnahme zu Bundesaufnahmeprogramm und Abschiebungen Afghanistan

Am 5. März konnten wieder einige wenige Afghan*innen mit einer Aufnahmezusage des Bundesinnenministeriums nach Deutschland einreisen. Unter den Menschen, die über das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan einreisen durften, befand sich ein Großteil besonders schutzbedürftiger Geflüchteter, wie Kinder und Frauen. Auch ehemalige Ortskräfte waren Teil der Gruppe, die von Pakistan aus flog.

Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan steht in den letzten Monaten zunehmend vor dem Aus, wie zuletzt auch die Sondierungsgespräche von Union und SPD gezeigt haben. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich immer wieder für eine Fortführung eingesetzt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) hat sich in einer Pressemitteilung nun ebenfalls erneut für das Bundesaufnahmeprogramm ausgesprochen. Abschiebungen in das von der Taliban beherrschte Land gefährden grundlegende Menschenrechte und sind nicht zu verantworten, so das DIMR. In einer Stellungnahme zeigt das DIMR außerdem auf, inwiefern Straftaten und gefährliches Verhalten den Schutzstatus von Afghan*innen beeinflussen und spricht sich erneut gegen Rückführungen aus:

Auch schwerste Straftäter haben Rechte, die in einem Rechtsstaat zu achten sind. Das absolut geltende Refoulement-Verbot, welches sich aus Art. 3 EMRK ergibt, ist eine Errungenschaft des Völkerrechts und Ausdruck der im Grundgesetz verankerten Unantastbarkeit der Menschenwürde. Das Refoulement-Verbot nicht zu beachten, unterminiert das Fundament des Grundgesetztes: Wenn die Menschenwürde für bestimmte Personengruppen nicht mehr gilt, ist sie für alle in Gefahr.“ (Seite 28 der Stellungnahme).

Das DIMR betreibt Monitoring über die Menschenrechtssituation in Deutschland. In seinem jährlichen Bericht an den Bundestag geht es u.a. auf die prekäre Lage von Geflüchteten ein.



Übersicht: Familienleistungen für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Auch nichtdeutsche Staatsbürger*innen haben in Deutschland einen Anspruch auf Familienleistungen. Eine tabellarische Übersicht über mögliche Ansprüche auf Familienleistungen für drittstaatsangehörige Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit wurde von der GGUA (Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender) zusammengestellt.



Pro Asyl: Absurde und unmenschliche EU-Abschiebepläne

Mit ihrem am 12.03.2025 vorgestellten Vorschlag für eine neue Rückführungsverordnung will die EU-Kommission die europäischen Abschiebungsregeln deutlich verschärfen und europaweit stärker angleichen. Zu den Vorschlägen gehören neue Formen von Abschiebedeals mit Drittstaaten, mehr Haft sowie Verschärfungen bei der freiwilligen Ausreise und bei Wiedereinreisesperren.

Der Vorschlag der Kommission wird nun von den Mitgliedstaaten und vom EU-Parlament beraten. PRO ASYL fordert alle Beteiligten auf, die uneingeschränkte Wahrung von Grundrechten und die Würde des Menschen ins Zentrum zu stellen – statt um jeden Preis auf Abschiebungen zu setzen.