Angesichts dessen, dass fast 70 Prozent (bereinigte Schutzquote*) der Asylsuchenden in Deutschland Schutz erhalten, fordert PRO ASYL die Bundesregierung auf, den Fokus im Jahr 2024 endlich auf eine nachhaltige und menschenrechtskonforme Asylpolitik zu richten, die sowohl den Geflüchteten als auch den Kommunen hilft.
„Mehr Abschottung hält Menschen angesichts weltweit zunehmender Konflikte nicht von der Flucht ab und baut auch keine Aufnahmestrukturen. Das zeigen die Asylzahlen 2023, wonach weit mehr Menschen als im Jahr zuvor in Deutschland Schutz gesucht und bekommen haben. Der Großteil der Asylbewerber*innen in Deutschland erhält Schutz und wird bleiben. Deshalb muss die Bundespolitik mit den spaltenden Debatten aufhören und sich stattdessen darauf konzentrieren, die Kommunen bei der Aufnahme der Menschen wirksam und nachhaltig zu unterstützen“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
Mit rund 306.000 neu eingereisten Menschen in Deutschland, rund 23.000 in Deutschland neugeborenen Kindern und ca. 23.000 Folgeanträgen war die Zahl der Asylbewerber*innen in Deutschland im Jahr 2023 so hoch wie seit 2016 nicht mehr. Im Vergleich zu 2022 bedeutet das einen Anstieg um 61 Prozent. Dennoch ist man weit entfernt von den Rekordzahlen der Jahre 2015 und 2016.
Hoch sind daher nicht nur die Zugangszahlen, sondern auch die Schutzquoten: Trotz einer restriktiven Praxis beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhalten 69 Prozent der Menschen, deren Asylgründe in Deutschland inhaltlich geprüft werden, hierzulande Schutz. Hinzu kommen tausende Menschen, die vom BAMF zunächst abgelehnt wurden, deren Asylbescheid aber von Gerichten aufgehoben und korrigiert wurde. Der weit überwiegende Teil der zu uns kommenden Asylsuchenden bleibt also dauerhaft in Deutschland.
Allein ein knappes Drittel aller Asylsuchenden kam aus Syrien, wo die humanitäre Situation und die Sicherheitslage unter Diktator Bashar al-Assad und nach über zwölf Jahren Krieg weiterhin katastrophal sind. Weitere Hauptherkunftsländer sind die Türkei, Afghanistan, der Irak und der Iran – ausnahmslos Länder, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind.
„Trotz der allgemein hohen Schutzquote im Asylverfahren zeigen Schutzquoten aus einzelnen Ländern, wie etwa die aus dem Iran, die unter 50 Prozent liegt, dass die Entscheidungspraxis des BAMF dringend überdacht und qualitativ verbessert werden muss“, führt Alaows weiter aus.
PRO ASYL fordert die Bundesregierung daher auf, nicht weiter die Forderungen von Rechtspopulisten zu bedienen, sondern gute Bedingungen für eine schnelle Integration von Geflüchteten in die deutsche Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu schaffen. Statt weiter die Rhetorik einer vermeintlichen Überforderung Deutschlands durch Geflüchtete zu stärken, sollten bestehende Probleme mit politischem Willen und strukturellen Lösungen angegangen werden: Weil die meisten Geflüchteten gute Gründe haben, hierher zu kommen und deswegen bleiben werden.
* Die bereinigte Schutzquote ist die Schutzquote von Menschen, deren Asylanträge in Deutschland inhaltlich überprüft werden. Sie speist sich aus der Zahl aller Asylentscheidungen minus der sogenannten formellen Entscheidungen. Von der Gesamtzahl aller Asylentscheidungen werden also die Fälle abgezogen, die sich anderweitig erledigt haben und nicht inhaltlich vom BAMF entschieden wurden. Die bereinigte Schutzquote liegt damit höher als die Gesamtschutzquote und ist wichtig, um zu zeigen, dass die Menschen, die in Deutschland ankommen, relevante Schutzgründe haben und entgegen der Behauptung, dass es sich um sogenannte irreguläre Migrant*innen handele, auch Schutz erhalten.