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Pro Asyl: Rechtsruck und Angriffe auf Flüchtlingsrechte

Anlässlich des 75. Jahrestags des Grundgesetzes wurde am 23.5.24 der „Grundrechte-Report 2024. Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“ im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. PRO ASYL gehört seit vielen Jahren zum Kreis der Herausgeber*innen. 

Schwerpunkte des 28. Grundrechte-Reports sind die Gefährdung von Grundrechten durch den Aufstieg der radikalen Rechten sowie die Angriffe auf die Rechte von geflüchteten Menschen und anderen marginalisierten Gruppen infolge des gesellschaftlichen Rechtsrucks. Diskutiert werden zudem Einschränkungen bei liberalen Kernthemen wie der Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie Fragen der geschlechtlichen Selbstbestimmung. Betont werden auch die sozialen Grundrechte, etwa beim Thema Kindergrundsicherung, dem Recht auf Wohnen und der Überwachung am Arbeitsplatz.

Der Report versteht sich als „alternativer Verfassungsschutzbericht“ und bespricht Entscheidungen von Parlamenten, Behörden und Gerichten, aber auch von Privatunternehmen. Er wird von zehn Bürgerrechtsorganisationen herausgegeben.

Dr. Gerhart Baum, ehemaliger Bundesminister des Inneren, präsentierte den Grundrechte-Report heute per Zuschaltung in Berlin. Er betonte die Bedeutung der Verteidigung von Grundrechten: „Wir kritisieren heftig die Menschenrechtsverletzungen überall auf der Welt. Aber nur dann sind wir dabei glaubwürdig, wenn wir solche Verletzungen auch in unserer Demokratie benennen und bekämpfen. Das tut der Grundrechte-Report in jedem Jahr.“

Stefanie Tiepelmann-Halm ist bei schrankenlos e.V. im Thüringischen Nordhausen aktiv und betreibt ein interkulturelles Café. Sie beschrieb ihre Situation vor Ort: „Die Bedrohung von rechts greift lokal ganz subtil um sich, zum Beispiel in Gesprächen, Blicken auf der Straße. Der Hass gegen Minderheiten ist alltagstauglich geworden. In Kommunalparlamenten wird die Arbeit von Vereinen bereits erschwert, sogar offene Drohungen werden ausgesprochen. Dagegen müssen wir uns stellen.“

Hedi Tounsi, Vertrauensmann von ver.di und Betriebsratsmitglied bei Amazon, berichtete von der Dauerüberwachung im Logistik-Unternehmen und resümierte: „Amazon interessiert der Schutz der Kolleg*innen nicht wirklich, für das Unternehmen zählt nur: Wie viele Pakete schaffst du in der Stunde? In dieser Situation müssen wir jeden Tag für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.“

Marie Volkmann, die Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und Mitglied im Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen ist, verdeutlichte die Ziele der Redaktion des Grundrechte-Reports: „Der Report will eine Brücke schlagen. Indem er über die Lage der Menschenrechte informiert, soll er zugleich Grundlage und Bestärkung für die aktivistische Arbeit sein.“

Der Grundrechte-Report 2024 ist ein gemeinsames Projekt von: Humanistische Union, vereinigt mit der Gustav Heinemann-Initiative • Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen • Internationale Liga für Menschenrechte • Komitee für Grundrechte und Demokratie • Neue Richter*innenvereinigung • PRO ASYL • Republikanischer Anwältinnen-und Anwälteverein • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen • Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung • Gesellschaft für Freiheitsrechte



650 Abschiebungen im ersten Quartal 2024

Im ersten Quartal des Jahres wurden insgesamt 650 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben. Mit Abstand betraf dies am häufigsten Menschen aus Nordmazedonien (151), gefolgt von Personen aus der Türkei (85) und Gambia (48). Am häufigsten abgeschoben wurde nach Nordmazedonien (151), aber auch nach Österreich (57) und Gambia (48).

In der Tabelle wird zwischen Ziel- und Herkunftsland unterschieden. Anhand der Zahlen zu den Zielländern wird ersichtlich wie viele Personen in ein bestimmtes Land abgeschoben worden sind. Die Zahlen zu Herkunftsländern geben die Anzahl der Personen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit an, die abgeschoben worden sind.

ZiellandAbschiebungen
Albanien8
Algerien26
Belgien8
Bosnien-Herzegowina6
Brasilien2
Bulgarien21
China8
Finnland1
Frankreich20
Gambia48
Georgien1
Georgien24
Ghana1
Griechenland9
Indien3
Irak37
Italien5
Jordanien1
Kamerun14
Kasachstan1
Kosovo6
Kroatien33
Lettland1
Litauen2
Marokko7
Moldawien2
Montenegro5
Niederlande6
Nigeria5
Nordmazedonien151
Österreich57
Pakistan9
Paraguay1
Polen6
Portugal3
Rumänien18
Schweden1
Schweiz5
Serbien24
Slowakische Republik4
Spanien15
Sri Lanka2
Thailand1
Togo5
Tschechische Republik6
Tunesien4
Türkei24
Ungarn2
Vietnam1
Gesamtergebnis650
  
HerkunftslandAbschiebungen
Afghanistan32
Albanien8
Algerien38
Bosnien-Herzegowina6
Brasilien2
Bulgarien2
China11
Elfenbeinküste2
Eritrea2
Frankreich1
Gambia48
Georgien1
Georgien25
Ghana1
Indien8
Irak43
Iran2
Jordanien1
Kamerun16
Kasachstan1
Kosovo6
Kroatien4
Libanon4
Litauen1
Marokko13
Moldawien2
Montenegro5
Nigeria12
Nordmazedonien151
Pakistan13
Paraguay1
Polen4
Rumänien15
Russische Föderation6
Serbien24
Slowakische Republik4
Somalia1
Spanien1
Sri Lanka2
Syrien19
Thailand1
Togo6
Tschechische Republik1
Tunesien7
Türkei85
Ukraine1
Unbekannt7
Ungarn2
Vietnam2
Gesamtergebnis650

Heidelberg: Neues aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht

Diverse Gesetze mit Änderungen im Bereich Asyl und Aufenthalt hat die Bundesregierung seit Mitte 2023 auf den Weg gebracht. Dazu zählen das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, Bundesvertriebenengesetz, das Rückführungsverbesserungsgesetz und das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts. Weitere Gesetzesvorhaben stehen kurz vor der Verabschiedung, insbesondere bezüglich Asylbewerberleistungen und der Einführung der Bezahlkarte.

In diesem Seminar wird es einen Überblick über die aktuellen Gesetzesvorhaben und -änderungen im Bereich Asyl und Flucht geben. Außerdem gibt es praktische Tipps zu wichtigen Themen in der Geflüchtetenarbeit.

Vorkenntnisse im Bereich Asyl- und Aufenthaltsrecht sind notwendig.

Referentin: Maren Schulz (Flüchtlingsrat BW)

Ort: Manfred-Lautenschläger-Hörsaal der Juristischen Fakultät Uni Heidelberg, Friedrich-Ebert-Anlage 6 -10, 69117 Heidelberg

Die Fortbildung ist kostenlos und richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich und hauptamtlich Tätige in der Geflüchtetenarbeit.

Weitere Informationen.

Eine Veranstaltung von Pro Bono e.V. in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, unterstützt durch das Ministerium der Justiz und für Migration, aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.


Online-Veranstaltung: Aufenthaltsrechtliche Übergänge bei Geflüchteten: Wie geht es nach dem Chancenaufenthalt weiter?

Die Veranstaltung der überregionalen Fachberatungsstelle NIFA plus – „Netzwerk zur beruflichen Teilhabe von Geflüchteten“und NUiF – „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ richtet sich an Arbeitgebende, Unternehmen oder Betriebe, die Geflüchtete beschäftigen oder einstellen möchten, insb. an Arbeitgebende von Geflüchteten mit Chancenaufenthalt nach §104c AufenthG.

Ende 2022 ist das Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft getreten. Damit wurde für Geduldete, die sich seit mindestens 5 Jahren in Deutschland aufhalten, eine neue Möglichkeit für einen langfristigen Aufenthalt eingeführt. Während der 18-monatigen Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG sollten die Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnisse bei nachhaltiger Integration erfüllt werden.   

In dieser praxisorientierten Online-Veranstaltung erfahren Sie mehr über die Übergänge vom Chancenaufenthalt nach §104c AufenthG zu den Aufenthaltstiteln bei nachhaltiger Integration nach §25a und §25b AufenthG. Es werden die Voraussetzungen der beiden Bleiberechte skizziert und anhand von Praxisbeispielen unterschiedliche Übergangszenarien beleuchtet. Ein besonderer Fokus wird auf die Rolle von Erwerbsarbeit für die Lebensunterhaltssicherung gelegt: Inwieweit können Arbeitgeber*innen aktiv zur Unterstützung eines reibungslosen Übergangs in die beiden Aufenthaltstitel bei nachhaltiger Integration beitragen? Und welche unterstützenden Maßnahmen spielen dabei eine zentrale Rolle? Diese und weitere Fragen rund um den Chancenaufenthalt und die anschließende Bleibeperspektive werden in den Blick genommen

Anmeldung über NIFA plus


Ettlingen: Neues aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht

Mit diesem Seminar bieten wir Ihnen in dieser schnelllebigen Welt des Asyl- und Aufenthaltsrechts die Möglichkeit zu einem „Up-date“. Sie erhalten einen Überblick über die wichtigsten Gesetzentwürfe und -änderungen wie z.B. Fachkräfteeinwanderungsgesetz, Staatsangehörigkeitsgesetz, Verschärfung im Bereich Abschiebungen und sich daraus ergebende Neuerungen z.B. im Bereich Arbeit und Ausbildung.

Die Fortbildung ist kostenlos und richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Geflüchtetenarbeit mit asylrechtlichem Grundlagenwissen.

Ort: K26 der Begegnungsladen, Kronenstrasse 26, 76275 Ettlingen

Referentin: Maren Schulz, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

Anmeldung an: andrea.baisch-herrmann@diakonie-laka.de

Weitere Informationen.

Eine Veranstaltung der Caritas Ettlingen, Diakonie Landkreis Karlsruhe und Caritas Bruchsal in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, unterstützt durch das Ministerium der Justiz und für Migration, aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.


VG Berlin: Unionsrechtliche Zweifel an Einordnung Senegals als sicherer Herkunftsstaat

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat in seinem Beschluss vom 16.04.2024 – 31 L 670/23 A – erhebliche unionsrechtliche Zweifel an der Bestimmung Senegals als sicherer Herkunftsstaat geäußert:

„1. Es bestehen erhebliche unionsrechtliche Zweifel an der Bestimmung Senegals als sicherer Herkunftsstaat, da dort nicht generell und durchgängig weder Verfolgung noch ein ernsthafter Schaden zu befürchten sind.

2. Im Hauptsacheverfahren ist voraussichtlich eine Vorlage an den EuGH erforderlich. Denn es ist nicht geklärt, wie die Formulierung in Anhang 1 zur Asylverfahrensrichtlinie, dass „generell und durchgängig“ keine Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden drohen, zu verstehen ist. Insbesondere ist zu klären, ob auch eine nur regionale Verfolgung bzw. die Verfolgung von Angehörigen nur bestimmter Gruppen bzw. ein nur regional oder nur einer bestimmten Gruppe drohender ernsthafter Schaden die Einstufung als sicheren Herkunftsstaat ausschließt.

3. Die Kammer geht davon aus, dass die unionsrechtlichen Begriffe „generell und durchgängig“ derart auszulegen sind, dass landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen Sicherheit bestehen muss. Auch das BVerfG hat ausgeführt, dass ein Staat nicht zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt werden kann, wenn dort Angehörige einer bestimmten Gruppe, nicht hingegen andere, dieser Gruppe nicht angehörende Personen, verfolgt werden.

4. Mädchen und junge Frauen sind zumindest in einigen Regionen Senegals in relevantem Ausmaß geschlechtsspezifischer Verfolgung ausgesetzt und stellen ebenso wie homosexuelle Personen, denen im Senegal Strafverfolgung droht, eine bestimmte soziale Gruppe dar. Eine große Anzahl von Kindern werden als sog. Talibé-Kinder zum Betteln auf der Straße missbraucht und stellen eine bestimmte soziale Gruppe dar, die der Staat nicht wirksam schützt. Menschen, die mit Strafverfolgung oder Untersuchungshaft konfrontiert sind, droht eine unmenschliche Behandlung.“

(Leitsätze von asyl.net)


Wohnsitzauflage: großer Aufwand, kleine Wirkung

Die Wohnsitzregelung für Geflüchtete verursacht einen hohen Verwaltungsaufwand und entfaltet sonst kaum positive Wirkung – im Gegenteil, sie behindert Geflüchtete beim Ankommen in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des DIW.



Verein „Pro Sinti & Roma“: Honorarkräfte und Mitarbeitende auf Minijobbasis gesucht

Der Verein „Pro Sinti & Roma“ sucht ab sofort (Juni 2024) Engagierte auf Minijobbasis (30 Std./Monat) in u.a. Tübingen, Heidelberg, Karlsruhe und Freiburg sowie Honorarkräfte für die Beratung innerhalb des Projekts Community Plus.

„Pro Sinti & Roma“ setzt sich als soziale Beratungsstelle für politische, soziale sowie Alltags-, Bildungs- und Arbeitsbelange deutscher und nicht-deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg ein. Daneben steht Antidiskriminierungsarbeit in Form von Aufklärung über und Bekämpfung von Antiziganismus im Vordergrund der Arbeit.

Für Bewerbungen und Nachfragen können Kjemal Ahmed oder Natascha Hofmann kontaktiert werden unter: k.ahmed@ksew.de oder n.hofmann@srnet.org



Pro Asyl: Zahlen & Fakten zur populistischen Debatte

Das Jahr 2023 war geprägt von populistischen Debatten. Geflüchtete wurden zum Sündenbock für gesellschaftliche Missstände gemacht und ihre Abschiebung und Abwehr als vermeintliche Lösung präsentiert. Pro Asyl hat die Zahlen, die dabei oft als Argumente angeführt werden, unter die Lupe genommen und möchte so zur Versachlichung der Debatte beitragen.



Infopapier: Einbürgerung

Durch die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes hat sich auch bei der Einbürgerung einiges getan. In diesem Infopapier hat das ‚Netzwerk Unternehmen Integrieren Flüchtlinge‘ die wichtigsten Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zusammengefasst.