Russland: Aufnahme gefährdeter Personen

Schon im Mai hatte sich die Bundesregierung darauf geeinigt, dass Russ*innen, die in ihrem Heimatland einer besonderen Gefährdung ausgesetzt sind, aufgenommen werden. Zu solch gefährdeten Personen zählen beispielsweise Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Kulturschaffende. Die Aufnahmen erfolgen über die Visavergabe nach § 22 Abs. 2 AufenthG. Natürlich kommen auch Visa zum Zweck der Erwerbstätigkeit in Frage. Über den § 22 AufenthG konnten bereits einige Russ*innen einreisen.


Pro Asyl: Chancen-Aufenthaltsrecht: Zu viele Hürden für eine dauerhafte Perspektive

PRO ASYL begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Chancen-Aufenthaltsrecht Langzeitgeduldeten eine Perspektive geben und Kettenduldungen vermeiden will. Doch Nachbesserungen sind nötig, sonst droht zum Beispiel eine Art Bleiberechtslotterie. 

„Um einen Paradigmenwechsel in der Asyl- und Migrationspolitik zu vollziehen, muss der Entwurf der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren deutlich nachgebessert und präzisiert werden“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL.

Aus Sicht der Menschenrechtsorganisation PRO ASYL sind unter anderem folgende Nachjustierungen essentiell für eine erfolgreiche Regelung:

Problematischer Stichtag 1. Januar 2022
Im Kabinettsentwurf ist weiterhin der 1. Januar 2022 als Stichtag für das Chancen-Aufenthaltsrecht vorgesehen. Da sich der Gesetzgebungsprozess aber unter anderem durch den Krieg in der Ukraine verzögerte, ist dieser Stichtag nicht mehr angebracht. Denn bei Inkrafttreten des Gesetzes werden mehr Menschen mindestens fünf Jahre lang in Deutschland leben als am 1. Januar 2022. Diese werden jedoch nicht vom Chancenaufenthaltsrecht profitieren dürfen. Noch besser wäre es, das Gesetz ganz zu entfristen, also keinen Stichtag festzulegen, um auch künftig Ketten-Duldungen zu vermeiden.

„Identitätsklärung“ – drohender Flickenteppich bei der Umsetzung 
Eine große Hürde bei der Identitätsklärung ist oft die Beschaffung eines Passes. Und so droht auch mit dem aktuellen Gesetzentwurf die Gefahr, dass praktische Probleme wie die Weigerung einer Botschaft, einen Pass auszustellen, bestehen bleiben und verhindern, dass die Menschen von der neuen Regelung profitieren.
Der Hinweis im Gesetzentwurf, dass „die Ausländerbehörde auch konkrete Handlungspflichten, die in zumutbarer Weise zu erfüllen sind, bezeichnen“ soll, ist sicherlich als Präzisierung und Nachschärfung gedacht. Aus Sicht von PRO ASYL wird das aber nicht die notwendige Klarheit schaffen. „Die Gefahr ist sehr groß, dass sich ohne Präzisierungen im Gesetzgebungsverfahren völlig divergierende Praktiken bei den Ausländerbehörden entwickeln – eine Art Bleiberechtslotterie“, warnt Karl Kopp. PRO ASYL fordert deshalb, dass die Identitätsklärung durch „Versicherung an Eides“ statt, die der Koalitionsvertrag vorsieht, schon jetzt umgesetzt wird.

Drohender Rückfall in die Duldung nach einem Jahr
Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der einjährigen Aufenthaltsdauer nicht erfüllt sind, „fallen die Betroffenen in den Status der Duldung zurück, da es sich beim Chancen-Aufenthaltsrecht um eine einmalige Sonderregelung handelt…“, heißt es im Kabinettsentwurf.
PRO ASYL befürchtet, dass es vielen Begünstigten des Chancen-Aufenthaltsrechts nicht gelingen wird, innerhalb eines Jahres sämtliche Anforderungen zu erfüllen. Angesichts der sich eintrübenden wirtschaftlichen Lage ist es zum Beispiel sehr fraglich, ob Betroffene es schaffen, ihren Lebensunterhalt überwiegend selbst zu sichern.

Vorgriffsregelung in den Bundesländern notwendig 
Bis das Chancenaufenthaltsrecht wirklich in Kraft tritt, sollte das Bundesinnenministerium zudem alle Bundesländer dazu auffordern, entsprechende Vorgriffsregelungen zu erlassen. Denn sonst können derzeit Schutzsuchende abgeschoben werden, die mit dem neuen Gesetz in Deutschland bleiben und sich ein Zukunft aufbauen könnten. Die Verzögerungen dürfen nicht zulasten der Betroffenen gehen.


Austauschtreffen für politisch aktive Geflüchtete

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg lädt alle politisch interessierten und aktiven Geflüchteten zu einem zweiten Online-Vernetzungstreffen ein. Das Treffen findet am Mittwoch, 20. Juli um 18 Uhr statt.
Warum veranstalten wir dieses Treffen? Es gibt viele Flüchtlinge, die sich alleine oder mit anderen für ihre Rechte einsetzen. Wir wollen diese Menschen und Gruppen zusammenbringen, damit sie ihre Erfahrungen austauschen und über Möglichkeiten der Zusammenarbeit sprechen können.
Bei dem vorangegangenen Vernetzungstreffen am 1. Juni waren 33 Personen anwesend. Die Teilnehmer konnten sich gegenseitig stärken, indem sie Erfahrungen austauschten und ein besseres Verständnis für die Solidarität innerhalb der Migrantengemeinschaft entwickelten. Die Flüchtlinge konnten auch Kontakte zu erfahrenen Flüchtlingen knüpfen, die sie in ihrer individuellen Situation begleiten können.
Das nächste Treffen soll mehr Flüchtlinge zusammenbringen, um ihre Erfahrungen auszutauschen, sich über ihre politischen Rechte zu informieren und gemeinsam konkrete Aktionspläne zu entwickeln, um die aktuelle Situation von Flüchtlingen in Deutschland anzugehen.
Wir haben auch andere Aktivist*innen eingeladen, die aus einem anderen Grund nicht am letzten Treffen teilnehmen konnten, um über ihre Erfahrungen und Erfolge zu berichten.

Wer teilnehmen möchte, kann eine Email an eine der folgenden Adressen schicken:
osa@fluechtlingsrat-bw.de
mcginley@fluechtlingerat-bw.de

The Refugee Council of Baden-Württemberg invites all politically interested and active refugees to a second online networking meeting. The meeting will take place on Wednesday, 20 July at 6 pm.

Why are we holding this meeting? There are many refugees who are active on their own or with others for their rights. We want to bring these people and groups together so they can share their experiences and talk about ways to work together. 

With 33 persons present in the previous networking meeting of June 1, the participants were able empower one another through shared experiences and awareness on better understanding for solidarity among the migrant community. Refugees were also able to connect with experienced refugees who could accompany them in their individual situation. 

The next meeting is intended to bring more refugees together to share their experiences, inform themselves about their political rights and collectively develop concrete plan of action to address the current situation of Refugees in Germany.

We have also invited  other  activists who due to one reason other could not participate in the previous meeting to report on their experiences and successes.

Anyone interested in participating can write an email to one of the following addresses
osa@fluechtlingsrat-bw.de
mcginley@fluechtlingerat-bw.de


Betroffene des Messerangriffs in Kressbronn melden sich zu Wort

Am 26. Juni ist es in der Asylunterkunft Kressbronn im Bodenseekreis zu einem Messerangriff gekommen, bei dem ein Bewohner einen syrischen Mitbewohner getötet und fünf weitere Menschen teils schwer verletzt hatte. Nun haben sich Betroffene zu Wort gemeldet: Im Südkurier berichtet ein ehemaliger Bewohner der Unterkunft über die Perspektivlosigkeit und die mangelnde persönliche Zuwendung in der Asylunterkunft Kressbronn. Die Website Agora-LA berichtet von einer Demonstration der syrischen Community aus Kressbronn und Umgebung. Auch hier kamen die Betreuungsmissstände in der Unterkunft zur Sprache, ohne die die Tat vielleicht hätte verhindert werden können.


867 Abschiebungen im ersten Halbjahr 2022

Im ersten Halbjahr 2022 wurden insgesamt 867 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben, 392 davon im ersten Quartal. Im Vergleich zu den beiden Vorjahreszeiträumen hat die Zahl der Abschiebungen deutlich zugenommen: Im ersten Halbjahr 2021 wurden 518 Menschen, im gleichen Zeitraum 2020 655 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben. Häufigstes Zielland ist Nordmazedonien, wohin 138 Abschiebungen durchgeführt wurden, gefolgt von Italien mit 77 Abschiebungen.

Abschiebungen nach Herkunftsland:  

Nordmazedonien 138
Syrien 61
Nigeria 58
Pakistan 57
Algerien 51
Serbien 47
Georgien  44
Kosovo 44
Türkei 44
Albanien 36
Afghanistan 32
Rumänien 31
Tunesien 30
Gambia 28
Irak 19
Sri Lanka 17
Polen 12
Russische Föderation 12
Somalia 11
Kamerun 9
Bosnien-Herzegowina 8
Iran 8
Montenegro 7
Kroatien 5
Senegal 5
Bulgarien 4
Italien 4
Marokko 4
Togo 4
Tschechische Republik  4
Unbekannt 4
Moldawien 3
Eritrea 2
Ghana 2
Libanon 2
Litauen 2
Niederlande 2
Ägypten 1
Algerien  1
Brasilien 1
China 1
Dominikanische Republik 1
Griechenland 1
Großbritannien 1
Indien 1
Kolumbien 1
Malaysia 1
Portugal 1
Schweiz 1
Spanien 1
Sudan 1
Ungarn 1
Vietnam 1

Gesamt: 867

Abschiebungen nach Zielland:

Nordmazedonien 138
Italien 77
Pakistan 57
Georgien  44
Nigeria 44
Kosovo 43
Türkei 38
Spanien 38
Serbien 37
Rumänien 35
Albanien 35
Frankreich 29
Algerien 28
Tunesien 20
Bulgarien 19
Österreich 17
Sri Lanka 17
Gambia 13
Polen 12
Kroatien 12
Luxemburg 11
Schweiz 10
Slowenien 9
Bosnien-Herzegowina 8
Niederlande 8
Montenegro 7
Portugal 6
Schweden 6
Griechenland 5
Senegal 4
Lettland 4
Tschechische Republik  4
Litauen 4
Irak 4
Moldawien 3
Finnland 3
Ghana 2
Dänemark 2
Libanon 2
Sudan 1
Ungarn 1
Ägypten 1
Russische Föderation 1
Kamerun 1
Estland 1
Kolumbien 1
Vietnam 1
Dominikanische Republik 1
Großbritannien 1
Iran 1
Malaysia 1

Gesamt: 867