VG Düsseldorf: §24 AufenthG nach Aufenthalt in Drittstaat doch möglich

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat mit dem Urteil vom 18. Juni 2025 (24 K 7223/24) entschieden, dass Vertriebene aus der Ukraine nach Aufenthalt und Schutz in einem Drittstaat Anspruch auf Schutz in Deutschland nach §24 AufenthG haben.

Das VG begründet dies folgendermaßen (Vgl. S.9):

„Unschädlich ist auch, dass die Kläger ab Januar 2023 über ein Jahr in der Republik Moldau verbrachten und dort auch einen Schutzstatus erhielten.

Zunächst ist festzustellen, dass ein Wegfall der Vertriebeneneigenschaft bei längerem Aufenthalt bzw. Schutzgewährung in einem Drittstaat weder in der Richtlinie noch im Durchführungsbeschluss noch nach deutschem Recht geregelt ist.

Der Begriff der Vertreibung ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass die Länge des Aufenthalts als auch eine eventuelle Schutzgewährung in einem Drittstaat eine Vertreibung ausschließen.“


Stuttgart: Solidarität statt Abschottung – für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik

Das Umsonst & Draußen ist das größte nichtkommerzielle Musik-Polit-Kultur-Festival in Stuttgart. Dieses Jahr legt es den inhaltlichen Schwerpunkt auf konkrete Utopien einer solidarischen Gesellschaft. Neben dem Musikprogramm finden zu diesem Thema zahlreiche Workshops statt.

In diesem Rahmen bietet der Flüchtlingsrat BW einen Workshop zum Thema „Solidarität statt Abschottung“ an.

In diesem Workshop sollen aktuelle migrationspolitische Entwicklungen kritisch eingeordnet werden. Dabei werden häufig auftauchende Fake News dekonstruiert und Argumente für eine humanitäre Flüchtlingspolitik geschärft. Wir möchten uns gegenseitig ermutigen und bestärken, uns weiterhin für eine solidarische und diverse Gesellschaft einzusetzen. Optimismus und Utopien trotz aller Rückschläge und Widerstände setzen Hoffnung und Energie für einen Kampf für eine gerechtere Welt voraus. Daher soll der Workshop mit einer kleinen Übung, inspiriert durch das Konzept des nachhaltigen Aktivismus, abgeschlossen werden.

Referentin: Meike Olszak

Am Sonntag wird der Flüchtlingsrat außerdem mit einem Info-Stand vertreten sein.

Weitere Informationen zum Festival und zu den anderen Workshops finden Sie auf der Webseite vom U&D.

Ort: Festplatz an der Krehlstraße in Stuttgart-Vaihingen


Mosbach: Frauen auf der Flucht

Rund 50 Prozent aller geflüchteten Menschen weltweit sind Frauen und Mädchen. Viele von ihnen müssen ihre Herkunftsländer aufgrund von geschlechtsspezifischer Verfolgung verlassen. Was sind frauenspezifische Fluchtursachen und wie kann man diese asylrechtlich geltend machen? Wie ist die Lage von Frauen in Afghanistan?

Zur Beantwortung dieser Fragen lädt die Diakonie Neckar-Odenwald zu einem kostenfreiem Infoabend in Mosbach ein. Inhaltliche Beiträge leisten Meike Olszak (Flüchtlingsrat BW) und Atefa Zafari, die bis zur Machtergreifung der Taliban als Staatsanwältin für Menschenrechte in Kabul arbeitete. Weitere Informationen sowie den Link zur Anmeldung finden Sie auf der Webseite der Diakonie.

Ort: Dienststelle Mosbach, Neckarelzer Straße 1, 74821 Mosbach


Mannheim: Rechtliche Unterstützung für Inhaftierte in der Abschiebehaft

Werden Personen in Abschiebehaft genommen, dann ist die Not der Betroffenen meist groß. Viele fragen sich, warum sie überhaupt inhaftiert sind und ob das rechtlich richtig ist. Es macht Sinn, Inhaftierungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Bei der gerichtlichen Überprüfung brauchen die Betroffenen Hilfe. Hast du Lust, dich rechtlich in das Themengebiet einzuarbeiten und Betroffene in der Abschiebehaft Pforzheim als sogenannte Person des Vertrauens zu unterstützen?

Es sind keine Vorkenntnisse notwendig. Die Fortbildung richtet sich an alle Interessierte, die sich vorstellen können, als Personen des Vertrauens tätig zu werden. Die Personen des Vertrauens in Baden-Württemberg sind untereinander vernetzt und unterstützen sich. Möchtest du mehr Informationen zu der Tätigkeit als Person des Vertrauens, dann schreib an info@fluechtlingsrat-bw.de oder info@probono-mannheim.de.

Referent: Frank Gockel (Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.)

Ort: Universität Mannheim (genaue Adresse erhaltet ihr zeitnah zur Veranstaltung)

Uhrzeiten: Freitag: 18:00 – 20:00 Uhr, Samstag: 10:00 – 13:00 und 14:00 – 18:00 Uhr, Sonntag: 10:00 – 13:00 Uhr

Die Fortbildung ist begrenzt auf 18 Personen. Es wird eine Warteliste geben. Für Übernachtungsmöglichkeiten wird eine Bettenbörse organisiert.

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit Pro Bono Mannheim und Heidelberg statt. Sie wird im Rahmen des Projekts „Aktiv für gesellschaftliche Teilhabe“ veranstaltet, unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.


Versorgungsbericht: Geflüchtete mit Traumafolgestörungen

Wie sieht es mit einer menschenwürdigen Gesundheitsversorgung für Geflüchtete in Deutschland aus? Es gibt schätzungsweise 950 000 Geflüchtete mit Traumafolgestörungen und es mangelt an dringend benötigten Therapieplätzen. Was ist der Stand der Versorgungslage und worauf ist in Zukunft besonders zu achten?

Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) hat einen neuen Versorgungsbericht für das Jahr 2023 veröffentlicht. In diesem Jahr konnten so viel traumatisierte Geflüchtete und Folterüberlebende wie noch nie versorgt werden, 96% der Betroffenen bleiben jedoch weiterhin außen vor. Abgesehen von der Versorgungslage in Deutschland widmet sich der Bericht Gewalterfahrungen an der polnisch-belarussischen EU-Außengrenze. Die Opfer von brutalen Pushbacks bräuchten in Deutschland entsprechende Anlaufstellen, wo sie medizinisch-psychologische Hilfe erhalten könnten.

Den Versorgungsbericht können Sie auf der Webseite der Refugio Stuttgart herunterladen.



Flüchtlingsrat fordert Schutz für Jesid*innen

Am 3. August jährt sich der Völkermord an den Jesid*innen im Nordirak zum elften Mal. Zu diesem Anlass fordert der Flüchtlingsrat die baden-württembergische Landesregierung auf, die Abschiebungen von Jesid*innen auszusetzen. Den Überlebenden des vom Bundestag anerkannten Völkermordes muss Schutz geboten werden.

Ein Bericht der Vereinten Nationen zeigt, dass die Lage der Jesid*innen im Irak düster ist. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht davon aus, dass die Versorgungslage und die Lebensbedingungen für die rund 200.000 Jesid*innen in den Flüchtlingslagern im Nordirak prekär sind. Die Lage für Binnenvertriebene außerhalb der Lager sei teilweise noch schlechter. Ungeachtet dessen schiebt Baden-Württemberg Jesid*innen in diese prekäre Lebenslage ab und überlässt sie dort ihrem perspektivlosen Schicksal

Die baden-württembergische Landesregierung hat 2021 im Koalitionsvertrag angekündigt, ein weiteres Sonderkontingent für besonders schutzbedürftige Personen, insbesondere Frauen und Kinder, die Opfer traumatisierender Gewalt durch den IS geworden sind, ins Leben zu rufen. Doch das versprochene Sonderkontingent wird nicht mehr kommen. Mindestens das Versprechen der Landesregierung, Familien aus dem ersten Sonderkontingent zu vereinen, muss dringend erfüllt werden. Während mehrere Bundesländer in der Vergangenheit Abschiebestopps in den Irak für jesidische Frauen und Minderjährige erlassen haben, schiebt die baden-württembergische Landesregierung trotz eigener Handlungsspielräume die Verantwortung auf den Bund und bleibt untätig. 

 „Wir sehen einen klaren Widerspruch zwischen den Schutzversprechen auf Landes- und Bundesebene und der aktuellen Anerkennungs- und Abschiebepraxis. Den Überlebenden des Genozids sollte eine Bleibeperspektive geboten werden. Stattdessen werden sie trotz des kollektiven Traumas zurück an den Ort des Völkermords geschickt, wo sie ehemaligen Tätern begegnen, sich ständig bedroht fühlen müssen und keine Zukunft haben. Das ist grausam und unmenschlich”, so Meike Olszak vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Die Sicherheitslage in Sinjar, der Hauptheimat der Jesid*innen, ist noch immer instabil. Dies hindert viele Jesid*innen daran, die Flüchtlingslager zu verlassen. Ein weiteres Problem sind die vom IS zerstörten Häuser. Gleichzeitig haben die Kürzungen der US-Hilfsprogramme 2025 die Jesid*innen im Stich gelassen. Im vergangenen Jahr endete außerdem auf Ersuchen des irakischen Parlaments die UN-Mission UNITAD. Sie wurde gegründet, um wichtige Beweise für die Verbrechen des IS, insbesondere gegen Minderheiten wie Jesid*innen, zu sammeln. Trotz vereinzelter erfolgreicher Strafverfahren bleibt ein Großteil der Überlebenden des Völkermordes nun ohne Hoffnung auf Gerechtigkeit und eine baldige Verbesserung ihrer Lebenslage zurück. 

„Es ist und bleibt unverantwortlich, jesidische Männer, Frauen und Kinder in ein Land abzuschieben, in dem sie keine Lebensgrundlage haben und ihre Sicherheit fundamental bedroht ist. Daher fordern wir, dass die baden-württembergische Landesregierung Abschiebungen aussetzt und sich für einen bundesweiten Abschiebestopp für Jesid*innen einsetzt“, so Naser Atu Qasim, Mitglied im Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Unsere Gedanken gehören den Opfern des Völkermords, den Tausenden Männern, Frauen und Kindern, die vor elf Jahren vom IS systematisch ermordet, verschleppt und vergewaltigt wurden. Wir möchten an sie erinnern und den überlebenden Familienangehörigen, Freund*innen und Bekannten unser tiefstes Mitgefühl ausdrücken.


VG Berlin: Bundesregierung muss Afghan*innen mit BAP-Zusage Visa ausstellen

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat mit Beschluss vom 07.07.2025 – VG 8 L 290/25 V die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, Zugesagten aus Afghanistan aus dem Bundesaufnahmeprogramm (BAP) ein Visum zu erteilen.

„Die Bundesrepublik Deutschland kann bestimmen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sie das Aufnahmeprogramm für afghanische Staatsangehörige beenden oder fortführen möchte. Sie kann während dieses Entscheidungsprozesses insbesondere von der Erteilung neuer Aufnahmezusagen absehen. Durch bestandskräftige, nicht widerrufene Aufnahmebescheide hat sie sich jedoch rechtlich zu Aufnahmen gebunden. Von dieser freiwillig eingegangenen und weiter wirksamen Bindung kann sich die Bundesrepublik Deutschland nicht dadurch lösen, dass sie die Beendigung des Aufnahmeprogramms prüft.“

(Amtlicher Leitsatz)


Willkürliche Inhaftierungen in Bulgarien

Geflüchtete müssen oftmals nach ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung erneut mit Unterdrückung durch die Aufnahmeländer rechnen. Gerade in Bulgarien berichten Geflüchtete von willkürlichen Inhaftierungen, rassistischen Vorfällen und der Missachtung von Gerichtsurteilen.

In einem Artikel von BalkanInsight werden die Einzelschicksale von mehreren Geflüchteten näher thematisiert. Insbesondere die Situation eines inhaftierten palästinensischen Geflüchteten, der von Abschiebung bedroht ist, obwohl ein Gericht seine Freilassung angeordnet hat, illustriert auf eindrückliche Art und Weise, mit welcher behördlicher Willkür man in Bulgarien kämpfen muss. Die beschriebenen Vorfälle und Zustände erinnern daran, dass nicht in jedem EU-Land menschenrechtswürdige Aufnahmebedingungen herrschen und somit Dublin-Abschiebungen nach Bulgarien beispielsweise fraglich sind.



1841 Abschiebungen im ersten Halbjahr 2025

Im ersten Halbjahr 2025 wurden insgesamt 1841 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben. Die Zahlen steigen an (2024: 1356). Das häufigste Herkunfts- und Zielland ist Georgien mit jeweils 207 und 206 abgeschobenen Personen. Das zweithäufigste Herkunftsland ist die Türkei mit 205 Personen. Davon wurden 118 Personen in die Türkei abgeschoben. Die Differenz erklärt sich damit, dass die verbliebenen Personen in andere Länder, vermutlich im Rahmen des Dublin-Verfahrens abgeschoben wurden. An dritter Stelle steht Nordmazedonien als Herkunfts- und Zielland mit jeweils 176 Personen.

Seit dem Krieg in der Ukraine gab es erstmals wieder Abschiebungen in die russische Föderation (2). In den Iran wurde eine Person abgeschoben.

In der Tabelle wird zwischen Ziel- und Herkunftsland unterschieden. Anhand der Zahlen zu den Zielländern wird ersichtlich wie viele Personen in ein bestimmtes Land abgeschoben worden sind. Die Zahlen zu Herkunftsländern geben die Anzahl der Personen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit an, die abgeschoben worden sind.

Nach Zielland
Ägypten1
Albanien51
Algerien56
Äthopien2
Belgien9
Bosnien-Herzegowina32
Bulgarien43
China4
Dänemark4
Dominikanische Republik1
DR Kongo1
Estland3
Frankreich75
Gambia113
Georgien206
Ghana4
Griechenland36
Guinea2
Indien10
Irak50
Iran1
Island1
Italien34
Jordanien2
Kamerun16
Kasachstan1
Kosovo108
Kroatien74
Lettland6
Libanon1
Litauen4
Luxemburg2
Malta3
Marokko56
Moldawien2
Montenegro6
Niederlande10
Nigeria49
Nordmazedonien176
Österreich29
Pakistan14
Polen31
Portugal6
Rumänien27
Russische Föderation2
Schweden16
Schweiz81
Serbien106
Slowakische Republik1
Slowenien12
Somalia4
Spanien74
Sri Lanka8
Thailand1
Togo4
Tschechische Republik7
Tunesien37
Türkei118
Ungarn3
USA1
Usbekistan1
Venezuela2
Vietnam1
Gesamtergebnis1841

Nach Herkunftsland
Afghanistan69
Ägypten1
Albanien51
Algerien89
Armenien1
Äthopien2
Belgien2
Bosnien-Herzegowina34
Bulgarien10
China12
Dominikanische Republik1
DR Kongo1
Frankreich1
Gambia120
Georgien207
Ghana4
Griechenland3
Guinea16
Indien26
Irak68
Iran11
Italien3
Jordanien2
Kamerun25
Kasachstan1
Kosovo108
Kroatien2
Lettland2
Libanon1
Litauen4
Marokko86
Moldawien2
Montenegro6
Niederlande1
Nigeria72
Nordmazedonien176
Pakistan14
Polen16
Portugal1
Rumänien24
Russische Föderation8
Senegal1
Serbien106
Slowakische Republik1
Somalia22
Spanien1
Sri Lanka18
Staatenlos2
Sudan5
Syrien99
Thailand1
Togo8
Tschechische Republik1
Tunesien56
Türkei205
Ukraine1
Unbekannt24
Ungarn1
USA1
Usbekistan1
Venezuela2
Vietnam2
Gesamtergebnis1841

Herrenberg: Kundgebung „Seenotrettung ist Menschenrecht“

Menschen aus Seenot zu retten ist eine humanitäre Pflicht, die im Völkerrecht verankert ist und nicht verhandelt werden kann. Doch sobald es sich um Flüchtende handelt, scheint diese Pflicht verhandelbar. Zivile Seenotretter*innen werden seit Jahren kriminalisiert und in ihrer Arbeit behindert. Dagegen wird am Samstag, den 26.7.25 um 15 Uhr auf dem Markplatz in Herrenberg demonstriert.

Die Seebrücke, Flüchtlinge und wir e.V. Herrenberg und die Falken in Herrenberg rufen zu der Kundgebung auf.