Anlässlich des Tags der Geflüchteten am 29. September fordern der Flüchtlingsrat und der Paritätische Wohlfahrtsverband in Baden-Württemberg das Ende der aktuellen menschenfeindlichen Debatte um die Abwehr Geflüchteter und die Umkehr zu einer menschenwürdigen Debatte in der Flüchtlingspolitik. Flexible, humane und lösungsorientierte Ansätze bei der Aufnahme geflüchteter Menschen sind das Gebot der Stunde: Die aktuelle Abschiebungspraxis muss gestoppt, Bleiberechte für Geflüchtete konsequent umgesetzt, die Situation in den Ausländerbehörden verbessert und die drohenden drastischen Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 für den Migrationsbereich für eine gelingende Teilhabe abgewendet werden.
„Besonders erschreckend sind die rassistischen Diskurse über geflüchtete Menschen bis in die Mitte der Gesellschaft. Anstatt über Erfolge geflüchteter Menschen zu sprechen, schüren Politiker*innen Hass. Und diese Diskussionen und Wortwahlen haben direkte Konsequenzen. Nach der Gewalt der 90er Jahre, nach Hanau, nach Halle, nach dem NSU und nach einer Vielzahl von Angriffen auf geflüchtete Menschen wird die Gefahr dieser Diskurse immer noch ignoriert“, so Julian Staiger vom Vorstand des Flüchtlingsrats.
„Die aktive Verhinderung legaler Migration zwingt Menschen zu einer traumatischen Flucht und anschließend für Jahre in ein äußerst restriktives Aufnahmesystem. Das bedeutet für die Betroffenen eine immense finanzielle, gesundheitliche und emotionale Belastung, die zum Vorteil aller vermeidbar wäre“, kommentiert Mariella Lampe, ebenfalls vom Vorstand des Flüchtlingsrats.
„Kürzungen in der Migrations- und Flüchtlingshilfe sind in der aktuellen Situation mit Blick auf die steigende Zahl von Geflüchteten, aus humanitären und gesellschaftspolitischen Gründen nicht zu verantworten. Die Förderung einer nachhaltigen Migrationssozialarbeit ist eine Investition in eine zukunftsfähige und zusammenhaltende Gesellschaft. Soziale Organisationen und Wohlfahrtsverbände engagieren sich seit Jahren unter schwierigen Bedingungen dafür, die notwendigen Beratungs- und Unterstützungsangebote, die Menschen nach ihrer Ankunft in unserem Land dringend benötigen, vorzuhalten. Der drohende soziale Kahlschlag ist auch ein Zeichen des mangelnden Respektes und Anerkennung ihrer Arbeit und sendet Signale, die demokratiefeindlichen Strukturen in die Hände spielen“, erklärt Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg.
Der Flüchtlingsrat und der Paritätische Wohlfahrtsverband fordern die Politik dazu auf, ihre migrationspolitischen Verfehlungen möglichst schnell zu reparieren: Die aktuelle Abschiebepolitik muss ein Ende haben; besonders absurd ist es, wenn Menschen vom Arbeitsplatz abgeschoben werden, während gleichzeitig ein Arbeits- und Fachkräftemangel beklagt wird. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass Bleiberechte – wie zum Beispiel das Chancen-Aufenthaltsrecht – nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auch faktisch in Anspruch genommen werden können. Hierfür sollten Menschen auch von offizieller Seite mehrsprachig über ihre Bleiberechtsmöglichkeiten informiert werden. Außerdem muss die untragbare Situation bei vielen Ausländerbehörden endlich proaktiv angegangen werden. Betroffene sehen sich aktuell dazu gezwungen, vor den Behörden zu übernachten, um überhaupt ihr Anliegen vorbringen zu können. Zuwanderung muss als gesellschaftlicher Mehrwert anerkannt werden. Abschottungspolitik und die aktuelle feindselige Rhetorik spalten die Gesellschaft und gefährden die Solidarität mit geflüchteten Menschen.