Asperg: Kundgebung gegen Rassismus

Seit mehreren Monaten gibt es eine Bürgerinitiative in Tamm und Asperg gegen den geplanten Bau einer Landeserstaufnahme-Einrichtung (LEA) für geflüchtete Menschen. Dieser Protest hat eindeutig rassistische Züge: Es wird bewusst Angst vor geflüchteten Menschen geschürt. Deshalb ruft das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS) am 22. Oktober auf, sich gegen Rassismus in Asperg und für Solidarität mit Geflüchteten einzusetzen.  


Gegen den Populismus: Wie viele ausreisepflichtige Geflüchtete gibt es wirklich?

Eine oft genannte Behauptung ist, dass „300.000 vollziehbar ausreisepflichtige abgelehnte Asylbewerber“ aus Deutschland ausreisen müssten. Dies stelle einen Beleg für „Asylmissbrauch“ und die die Effektivität von Abschiebungen dar. Diese pauschale Aussage hält einer tiefgehenden Betrachtung nicht Stand. Berlin hilft hat die Zahlen ausführlich analysiert, die wichtigsten Ergebnisse haben wir zusammengefasst.

Auf was bezieht sich die Zahl von 300.000 Personen?

Laut Plenarprotokoll des Bundestages 20/124 gab es Ende August 2023 261.925 ausreisepflichtige Personen in Deutschland. Die tatsächliche Zahl der ausreisepflichtigen Menschen ist also bereits niedriger als die angegebenen 300.000. Ausreisepflichtig sind Menschen, die keinen Aufenthaltstitel (mehr) haben.

Können alle diese 261.925 ausreisepflichtige Personen abgeschoben werden?

Nein, das ist nicht in allen Fällen möglich. Oft besteht ein Abschiebungshindernis, z.B. aufgrund einer Erkrankung oder wegen Passlosigkeit. In diesem Fall ist die Abschiebung dann vorübergehend ausgesetzt, solange das Abschiebungshindernis besteht. Die betroffenen Menschen haben dann Anspruch auf eine sog. Duldung. Von den 261.925 vollziehbar ausreisepflichtigen Personen Ende August hatten laut Plenarprotokoll des Bundestages 210.528 Menschen eine Duldung. Somit bleiben nur 51.397 Ausreisepflichtige übrig, bei denen eine Abschiebung überhaupt möglich gewesen wäre.

Haben alle der Personen, die man abschieben könnte, eine Ablehnung im Asylverfahren erhalten?

Nein. Berlin hilft verweist hier auf Zahlen von Ende Juni 2023 aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Partei Die Linke. Von insgesamt 279.098 ausreisepflichtigen Personen hatten zu diesem Stichtag nur 132.035 Personen, also knapp die Hälfte, einen abgelehnten Asylantrag. Davon waren nur 13.784 Personen ohne Duldung.

In die Betrachtung muss auch einbezogen werden, dass das Ausländerzentralregister (AZR) nicht durchgängig konsistente Daten liefert. So wird beispielsweise der Umstand, dass eine Person aus einem Asylverfahren kommt lebenslang gespeichert. Aus diesem Grund werden auch Personen als abgelehnte Asylbewerber*innen geführt, die mittlerweile aufgrund zwischenzeitlich erfolgter EU-Beitritte ihrer Herkunftsländer als EU-Bürger*innen in Deutschland leben.

Fazit: Statt von „300.000 ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern“ müsste man korrekterweise von „13.784 ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern ohne Duldung“ sprechen.  Dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass Populist*innen Tatsachen verfälschen und Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gegenüber geflüchteten Menschen schüren.



Handicap International: FAQs für ukrainische Geflüchtete mit Behinderung

Mit dem Projekt Crossroads informiert Handicap International Fachkräfte und ehrenamtlich Aktive für ihre Arbeit mit geflüchteten Menschen mit Behinderung in Deutschland. Im Zuge dessen entstanden im letzten Jahr FAQs für Menschen mit Behinderung aus der Ukraine, die nun überarbeitet und
aktualisiert wurden. Die FAQs sind auf Ukrainisch, Russisch und Deutsch verfügbar. Darüber hinaus stellt Handicap International ebenfalls andere mehrsprachige FAQs für geflüchtete Menschen mit Behinderung aus anderen Herkunftsländern zur Verfügung.


Weiterführende Informationen finden Sie hier:


Online-Veranstaltung: Let her learn!

TERRES DES FEMMES lädt ein mit afghanischen Frauenrechtsaktivistinnen ins Gespräch zu kommen, sich über die aktuelle Bildungssituation für Mädchen und Frauen in Afghanistan auszutauschen und mögliche Zukunftsperspektiven zu diskutieren. Die afghanischen Expertinnen haben bis zur Machtergreifung der Taliban im August 2021 das von TERRE DES FEMMES und der Deutsch-Afghanischen Initiative geförderte Frauenbildungszentrum Neswan in Herat betrieben. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt, die Dolmetscherin Nafiseh Bahavar (Dari – Deutsch) wird den Austausch begleiten.

Die gleiche Veranstaltung findet nochmal am 24. Oktober statt.

Hier finden Sie die Teilnahmelinks für den 17. Oktober und den 24. Oktober sowie mehr Informationen zur Veranstaltung.                                                                                                                                        


Europäischer Rat verlängert vorübergehenden Schutz für geflüchtete Ukrainer*innen

Der Europäische Rat beschloss am 28. September die Verlängerung der sog. Massenzustromrichtlinie. Dadurch gibt es bis zum 04.03.2025 weiterhin eine Rechtsgrundlage dafür, geflüchteten Menschen aus der Ukraine in der EU vorübergehenden Schutz zu gewähren.

Besonders für Deutschland hat dies eine große Bedeutung. Zurzeit besitzt ein Großteil der rund 1,1 Mio. ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Aufenthaltserlaubnisse, welche im kommenden März auslaufen werden. Aufgrund des Beschlusses des Europäischen Rats können die stark überlasteten Ausländerbehörden ab sofort bereits Aufenthaltserlaubnisse über den 04.03.2024 hinaus bis zum 04.03.2025 verlängern bzw. neu ausstellen. 

Es bleibt dabei offen, wie nach Ablauf des neu gesetzten Datums mit den Ukrainer*innen umzugehen ist, welche gemäß § 24 AufenthG vorübergehenden Schutz haben. Denn nach jetzigem Stand müssten ukrainische Geflüchtete die Voraussetzungen anderer Aufenthaltstitel erfüllen können, da der vorübergehende Schutz nicht um ein weiteres Mal verlängert werden kann. Für viele andere Aufenthaltserlaubnisse gilt jedoch im Regelfall das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung, das insbesondere für alleinerziehende Frauen mit Kindern schwer zu erfüllen ist. Aktuell arbeitet das Bundesinnenministerium an einer alternativen Möglichkeit eines möglicherweise neuen humanitären Aufenthaltstitel.



Flüchtlingsrat NDS: Materialien zu Rechten von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten

Im Rahmen des Projekts „Kenne deine Rechte“ hat der Flüchtlingsrat Niedersachsen verschiedene Materialien zu den Rechten von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten erstellt und aktualisiert.

Die aktualisierte Broschüre „Das Asylverfahren. Deine Rechte, deine Perspektiven – erklärt für unbegleitete Minderjährige“ richtet sich an unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche und gibt einen Einblick in das Asylverfahren und weitere aufenthaltsrechtliche Perspektiven in Deutschland. Die Broschüre informiert über die Bestimmungen der geänderten Regelungen zu §§ 25a und 25b AufenthG sowie über das Chancenaufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG). Die Print-Ausgabe wird in wenigen Wochen zu bestellen sein.

Darüber hinaus gibt es eine eigene Online-Infoplattform für junge Geflüchtete. Diese stellt erste Informationen rund um die Themen Asyl- und Aufenthaltsrecht, Jugendhilfe, Schule und Ausbildung in einfacher Sprache zur Verfügung. Für Multiplikator*innen oder Unterstützer*innen finden sich außerdem weitere Literaturhinweise, um Workshops und die allgemeine Zusammenarbeit mit jungen Geflüchteten diversitätsorientiert sowie rassismus- und machtkritisch zu gestalten.


Handicap International: Behinderung und Pflege in der Gesetzesänderung des StAG berücksichtigen!

Handicap International fordert in einem offenen Brief anlässlich der Neuregelung des Staatsangehörigengesetzes (StAG), geflüchtete Menschen mit Behinderung und pflegende Angehörige nicht zu vergessen und den spezifischen Bedarf dieser Gruppen zu berücksichtigen. Unter #nichtPASSgenau? setzt sich die NGO gemeinsam mit anderen Organisationen und Selbstvertretungsgruppen für die Berücksichtigung dieser Gruppen in der Gesetzesneuregelung ein.

Das Staatsangehörigkeitsgesetz wird aktuell überarbeitet. Der Gesetzesentwurf sieht große Hürden für sind geflüchtete Menschen mit Behinderung und ihre pflegenden Angehörigen vor. Auch diese müssen die Voraussetzungen der Lebensunterhaltssicherung sowie des Spracherwerbs erfüllen, um eingebürgert werden zu können. Das ist für viele nicht erfüllbar.

Aus diesem Grund appelliert Handicap International an die Sprecher*innen der Regierungskoalition, im Zuge der Neuregelung des Staatsangehörigkeitsgesetzes die tatsächliche Lebenssituation geflüchteter Menschen mit Behinderung und ihrer pflegenden Angehörigen zu berücksichtigen:

  1. Pflegende Angehörige sollen von der Lebensunterhaltssicherung und dem Erreichen des Sprachziels B1 ausgenommen und Pflege als wichtige Arbeit gewürdigt werden, sodass eine Benachteiligung aufgrund einer familiären Pflegetätigkeit vermieden wird.
  2. Bei der Entscheidung über Ausnahmen bei der Lebensunterhaltssicherung für Menschen mit Behinderung müssen bestehende Barrieren beim Arbeitsmarktzugang Berücksichtigung finden.


VG Freiburg: Dublin-Zuständigkeit nach Erteilung eines Visums durch einen Mitgliedstaat

Nach der Dublin-III-Verordnung ist häufig der Mitgliedstaat für die inhaltliche Prüfung eines Asylantrags zuständig, der die Einreise in den Dublin-Raum ermöglicht oder nicht verhindert hat. Als Folge dieses sogenannten Verantwortungsprinzips begründet ein Visum grundsätzlich die Zuständigkeit des Ausstellerstaats, wenn die betroffene Person einen Asylantrag stellt (Art. 12 Dublin-III-VO). Auch bereits abgelaufene Visa sind zuständigkeitsbegründend, sofern das Visum im Zeitpunkt der ersten Asylantragstellung seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind (Art. 14 Abs. 4 Dublin-III-VO).

Mit Beschluss vom 28.8.2023 (Az: 13 K 2194/23) hat das Verwaltungsgericht Freiburg entschieden, dass für die Anwendbarkeit von Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO nicht nur der Besitz des abgelaufenen Visums Voraussetzung ist. Der Antragssteller muss darüber hinaus gerade mit Hilfe des abgelaufenen Visums in einen Dublinanwender-Staat eingereist sein. So begründet etwa ein seit kurzem abgelaufenes polnisches Visum, das eine Person bei ihrer Flucht über das Mittelmeer nach Italien mit sich führt, keine Zuständigkeit Polens, falls die Person später in Italien einen Asylantrag stellt.



Tübingen: Vortrag „Europa macht dicht – mit tödlichen Folgen“

Medico International lädt zu dem Vortrag „Europa macht dicht – mit tödlichen Folgen“ mit Dr. Kerem Schamberger ein. Der Vortrag thematisiert die Auswirkungen der Reform der europäischen Asylpolitik (sog. GEAS-Reform) sowie welche Verantwortung Deutschland hat im Zusammenhang mit dem Sterben von Migrierenden an den europäischen Außengrenzen. In einer anschließenden gemeinsamen Diskussion sollen gemeinsame Ideen entwickelt werden, wie eine humane Migrations- und Flüchtlingspolitik aussehen kann.

Durch die Reform der europäischen Asylpolitik wird die Abschottungspolitik weiter vorangetrieben und Migrierenden wird es immer mehr erschwert, nach Europa zu gelangen. Mit der Zustimmung der Errichtung von neuen Flüchtlingslagern an den EU-Außengrenzen und der Billigung von brutalen Pushbacks schaffen die EU-Innenminister*innen mit dem Einverständnis der deutschen Regierung das Recht auf Asyl ab.

Veranstalter*in: Gruppe medico international Tübingen

Ort: VHS Tübingen, Katharinenstraße 18, großer Saal


BZL Berlin: Geflüchtete mit Behinderungen dürfen nicht entmenschlicht werden!

Das Berliner Zentrum für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen e.V. (BZL) stellt fest, dass sowohl die aktuelle politische Debatte als auch der öffentliche Diskurs über Asyl- und Migrationspolitik sich auf europäischer und nationaler Ebene zuspitzt. Vor allem geflüchtete Menschen mit Behinderungen sind strukturell benachteiligt und erfahren dadurch eine massive Einschränkung ihrer Menschenrechte sowie eine verheerende Entmenschlichung. Vor diesem Hintergrund fordert das BZL klare Maßnahmen von Bund und Ländern.

Geflüchtete Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen sowie psychischen Beeinträchtigungen sowie deren pflegende Angehörige werden in der aktuellen Migrationspolitik übersehen oder gar vergessen. Gerade diese Gruppe ist von besonders schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen betroffen, denn sie sind einer eklatanten Unterversorgung ausgesetzt und sind häufig jahrelang in nicht barrierefreien Sammelunterkünften untergebracht. Der Zugang zu Hilfs- und Heilmitteln wie etwa Rollstühlen und Psychotherapie, Pflege- und Assistenzleistungen ist erschwert. Auch im Asylverfahren, bei der Erlangung von Aufenthaltserlaubnissen und -titeln werden behinderte Menschen und ihre pflegenden Angehörigen strukturell benachteiligt.

So hat das BZL kürzlich zum dritten Mal in diesem Jahr im Rahmen seiner spezialisierten Beratungstätigkeit von einem Todesfall erfahren, der bei einer bedarfsgerechten Versorgung und Unterbringung hätte verhindert werden können. Es ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist.

Vor diesem Hintergrund setzt das BZL ein klares Signal für die Verpflichtung zur Einhaltung von Menschenrechtsnormen und humanitären Mindeststandards. Auch der Fachausschuss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) hat dies im vergangenen August getan und abermals verdeutlicht, Behinderung und Flucht sind als Querschnitts- und Menschenrechtsthema zu verankern!

Darüber hinaus, mahnt der Ausschuss vor allem die verschärfte Situation von geflüchteten Frauen und Kindern mit Behinderungen an und empfiehlt, einen gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung, zu Teilhabeleistungen, Bildung, Kultur- und Freizeitaktivitäten sowie den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu gewährleisten. Dadurch sollen die eigens gesetzten Verpflichtungen der EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) erfüllt werden und ein bundesweit einheitliches Identifizierungsverfahren geschaffen werden, sodass Menschen mit Behinderungen in der Statistik- und Datensammlung berücksichtigt werden.

Aus diesem Grund setzt sich das BZL für einen konkreten Maßnahmenkatalog inkl. Monitoring ein und fordert eine verbindliche ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Dabei sollen NGOs an der Schnittstelle von Behinderung, Migration und Flucht gebührend aktiv beteiligt werden.

Hier geht’s zur gesamten Pressemitteilung vom BZL.