Studie: Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen

Geflüchtete Frauen müssen viele Hindernisse überwinden, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass nach einem Aufenthalt von fünf Jahren und mehr nur 27 % der Frauen erwerbstätig sind. Dagegen haben 61 % der Männer Arbeit gefunden.

Dies liegt unter anderem daran, dass doppelt so viele Frauen wie Männer in Haushalten mit (kleinen) Kindern leben und die Hauptverantwortlichen der häuslichen Sorge sind. Deshalb können sie, wenn überhaupt, erst später in Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen einsteigen. Auch sind Frauen tendenziell eher in Arbeitsfeldern beschäftigt, in denen die Sprache eine große Rolle spielt, zum Beispiel im Bildungs- oder Gesundheitsbereich. Hier sind für den Berufseinstieg u.a. vertiefte Sprachkenntnisse notwendig und diese Qualifikationen müssen erst erlangt werden. Viele Männer arbeiten in der Industrie oder im verbarbeitenden Gewerbe, wo weniger Sprachkenntnisse genügen und der Berufseinstieg einfacher ist.


Umsetzung des EuGH-Urteils zu syrischen Wehrdienstverweigerern

Auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19.11.2020 (C-238/19) ändert das BAMF seine Entscheidungspraxis zu syrischen Kriegsdienstverweigerern nicht und lehnt Asylfolgeanträge als unzulässig ab.

Folgeanträge, die sich auf das EuGH-Urteil beziehen, werden, wie es das BAMF schon im Entscheiderbrief 12/2020 angekündigt hatte, als „unzulässig“ abgelehnt. Das BAMF begründet dies damit, dass sich durch das Urteil keine Änderung der Rechtslage ergeben und sich auch die Sachlage nicht verändert habe. Der EuGH hatte allerdings in einem Urteil vom 14.5.2020 (Az. C-924/19 PPU) zu einem anderen Sachverhalt festgestellt, dass ein Folgeantrag nicht als unzulässig abgelehnt werden darf, wenn sich dieser auf eine Entscheidung des Gerichtshofs stützt, aus welcher sich die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Ablehnung des ersten Asylantrags ergibt. In einem solchen Fall sei die Entscheidung, auf die der Folgeantrag gestützt wird, vielmehr als neues Element bzw. neue Erkenntnis anzusehen. Ob sich mit diesen Erwägungen, die Zulässigkeit der Folgeanträge begründen lässt, ist noch offen.

Insgesamt sind die Chancen, im Klageverfahren aufgrund der Kriegsdienstverweigerung die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen zu bekommen, unklar. Sehr wahrscheinlich ist, dass sich die Klageverfahren lange Zeit hinziehen werden. Personen, die sich dennoch die Chance auf den besseren Status erhalten möchten, können gegen einen ablehnenden BAMF-Bescheid klagen. Die Klagefrist beträgt zwei Wochen ab Zustellung der negativen BAMF-Entscheidung.

Für Syrer in Baden-Württemberg, die gegen die Unzulässigkeitsentscheidung des BAMF klagen möchten, hat die Beratungsstelle Plan.B mithilfe des Anwalts Manfred Weidmann ein Onlineportal erarbeitet, über das Schriftsätze für Klagen erstellt werden können. Das Portal erstellt nach Eingabe automatisch die Klage, die dann nur noch fristgerecht beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden muss. Das Portal ersetzt aber keine Beratung durch eine Beratungsstelle oder eine*n Anwalt*Anwältin. Wer eine mithilfe des Portals automatisch erzeugte Klage eingereicht hat, sollte unbedingt eine ausführliche und individuell begründete Klagebegründung nachreichen, warum im konkreten Fall aufgrund von Kriegsdienstverweigerung mit einer Verfolgung durch die syrische Staatsgewalt gerechnet werden muss. Dafür wird in der Regel ein*e Anwalt*Anwältin benötigt.

In manchen Konstellationen sollte die Klage nicht auf die EuGH-Entscheidung gestützt werden. Dies betrifft beispielsweise minderjährig eingereiste Syrer. Bei ihnen liegt zwar eine veränderte Sachlage vor, die einen Asylfolgeantrag rechtfertigt, wenn sie eben jetzt der Wehrpflicht unterliegen und diesen aus politischen Gründen verweigern. Die Entscheidung des EuGH bezog sich aber auf Wehrdienstverweigerer aus dem Jahr 2017, in dem sich die Lage in Syrien anders darstellte als heute. Deshalb ist es ratsam, dass sich alle Betroffenen von Beratungsstellen oder Anwält*innen in ihrer Nähe beraten lassen. Dabei ist der Zeitdruck nicht so extrem, wie man zunächst meinen würde. Zur Fristwahrung kann (und sollte) die Klage nämlich auch ohne Anwalt*Anwältin erhoben werden. Stellt sich dann nach einer Beratung heraus, dass die Klage keinen Erfolg verspricht, kann diese problemlos zurückgenommen werden.

Übrigens haben 13.580 syrische Geflüchtete zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 einen Asylfolgeantrag gestellt, das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der LINKEN hervor (die Antwort enthält auch Zahlen zu (Aufstockungs-)klagen und zum Familiennachzug von Syrer*innen). Dabei ist anzunehmen, dass sich die meisten Asylfolgeantragsteller auf das oben genannte EuGH-Urteil berufen. Dass das BAMF seine Entscheidungspraxis bisher nicht geändert hat, zeigen auch die Anerkennungsquoten in Asylverfahren. So erhielten 2020 erwachsene Syrer nur zu 5,6 % die Flüchtlingseigenschaft, 71 % aber den subsidiären Schutzstatus.

Welche Konsequenzen die EuGH-Entscheidung auf die Rechtsprechung hat, zeigte sich in Baden-Württemberg bereits an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Dieser folgerte aus dem EuGH-Urteil, dass nicht unterschiedslos jedem Syrer im wehrpflichtigen Alter „automatisch“ die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Am 4.5.2021 wird sich weiter zeigen, wie sich die EuGH-Entscheidung auf laufende Verfahren auswirkt. Dann nämlich verhandelt der VGH BW die Berufungen von drei Syrern, die sich der Wehrpflicht entzogen haben.


Heidelberger Bürgerentscheid: Keine Verlegung des Ankunftszentrums für Flüchtlinge

36.000 Heidelberger*innen haben per Briefwahl über die Verlegung des Ankunftszentrums in die „Wolfsgärten“ abgestimmt. Mit einer deutlichen Mehrheit lehnten 70 % die Verlegung ab. Gründe dafür sind unter anderem die abgelegene Lage zwischen dem Autobahnkreuz Heidelberg und einer Bahntrasse in einer Kaltluft-Schneise. Dort würden Geflüchtete menschenunwürdig untergebracht und sozial isoliert, denn Begegnungen und Austausch wären verunmöglicht. Die Entscheidung ist bindend und es muss nun ein neuer Standort gesucht werden.


Online-Seminar:„Neue Asylgründe nach beendetem Asylverfahren? Der Asylfolgeantrag“

In dieser Veranstaltung geht es um den Asylfolgeantrag, als Möglichkeit für Geflüchtete neue Asylgründe geltend zu machen, wenn das vorangegangene Asylverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Dabei wird nicht nur der Asylfolgeantrag, sondern auch der isolierte Wiederaufgreifensantrag vorgestellt. Es wird eine Einführung zu den Verfahren und ihren Voraussetzungen geben und überblicksartig auf verschiedene Konstellationen eingegangen.

Die Infoveranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingsarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und die Teilnehmenden erhalten die Zugangsdaten nach Anmeldung (siehe unten) einen Tag vor dem Seminar. Datenschutzhinweise für das online-Seminar via „Zoom“ finden Sie hier.

Referentin: Maren Schulz (Flüchtlingsrat Baden-Württemberg)

Das Online-Seminar findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration mit Unterstützung der UNO Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.

Die Anmeldung ist geschlossen.


Broschüre: Wohnen statt Massenunterkunft

Die Broschüre von LEA-Watch und Aktion Bleiberecht evaluiert kritisch die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Freiburg. Sie informiert über die Entstehungsgeschichte, behandelt rechtliche Fragestellungen, zieht Schlussfolgerungen für die Freiburger Asylpolitik und lässt Bewohner*innen zu Wort kommen. Die Broschüre richtet sich zwar explizit an Freiburger Politiker*innen, ist jedoch für alle interessant, die sich für die Rechte von Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen einsetzen.


Wohnberechtigungsscheine für Personen mit Ausbildungsduldung

Das Wirtschaftsministerium BW stellt klar, dass eine mindestens einjährige Ausbildungsduldung die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins rechtfertigt. Auch Auszubildende in einer einjährigen Helferausbildung werden hiervon erfasst sein, da die Dauer der Ausbildungsduldung ein Jahr beträgt. Das geht aus den Hinweisen zur Änderung des Landeswohnraumförderungsgesetzes hervor. Die Erteilung wird damit begründet, dass „die Inhaber einer Ausbildungsduldung … zu denjenigen Ausländern [gehören], die nicht nur faktisch über längere Zeit im Bundesgebiet verbleiben, sondern auch rechtlich einen verfestigten Aufenthaltsstatus besitzen.“

Die Hinweise des Wirtschaftsministerium beschränken sich auf Personen mit Ausbildungsduldung. Das gleiche sollte aber auch für Personen mit einer Beschäftigungsduldung gelten, da diese stets für 30 Monate erteilt wird und die Argumention selbstverständlich die gleiche ist. Der Flüchtlingsrat rät allen Betroffenen mit Beschäftigungsduldung, entsprechende Anträge zu stellen. Kommen Sie gerne mit Rückmeldungen aus der Praxis auf uns zu!

Übrigens können auch für andere Geduldete Wohnberechtigungsscheine in Frage kommen, wenn ihr Aufenthalt „nicht nur vorübergehend“ ist. Einen solchen Fall hat das VG Freiburg bereits am 20. Juni 2012 (4 K 1983/11) positiv entschieden.


BVerwG: Ehegattennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten

Das Bundesveraltungsgericht urteilte zu Ausnahmen vom Regelausschluss des Ehegattenachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten wenn die Ehe erst nach der Flucht aus dem Heimatland geschlossen wurde. Nur in besonderen Einzelfällen kann eine Ausnahme gemacht werden. Vor allem dann, wenn eine fortgesetzte räumlichen Trennung nicht weiter mit Art. 6 GG vereinbar ist. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind das Ausmaß der Bindungen im Bundesgebiet, im Herkunftsstaat und/oder in einem aufnehmenden Drittstaat und das Betroffensein minderjähriger Kinder. Die Fachinformation des DRK Suchdienstes gibt wichtige Informationen zu diesem Urteil für die Beratungspraxis.


Fachinformation Familiennachzug

Die aktuelle Broschüre des DRK-Suchdienstes beschäftigt sich mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu subsidiär Schutzberechtigten und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Nachweis familiärer Bindungen.

Am 17.12.2020 urteilte das Bundesverwaltungsgericht (1 C 30.19) zum Regel-Ausschlussgrund „Eheschließung nach der Flucht“ beim Ehegattennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 36a Abs. 3 AufenthG. Folgende Faktoren sind bei einer Ausnahme der Regel zu berücksichtigen: Das Ausmaß der Unterbrechung des Familienlebens (rechtliche oder tatsächliche Hindernisse), das Ausmaß der Bindungen im Bundesgebiet, im Herkunftsstaat und/oder in einem aufnehmenden Drittstaat und das Betroffensein minderjähriger Kinder. Auch bestätigte das BVerwG, dass kein Familiennachzug nach § 36 Abs. 2 AufenthG möglich ist, wenn der Nachzug nach § 36a AufenthG abgelehnt wurde. Die Broschüre gibt wichtige Informationen für die Beratung von Paaren, die erst nach der Flucht geheiratet haben.

Am 13.03.2019 urteilte der EuGH (C 635/17) zum Nachweis familiärer Bindungen und entwickelte ein Stufenmodell für die Prüfung: 1. Die Pflichten der Referenzperson und ihrer Familienangehörigen und 2. Die behördliche Prüfung von Unterlagen und Erklärungen muss bestimmte Faktoren des Einzelfalls berücksichtigen. Das Urteil gilt in Deutschland nur unmittelbar für Personen mit Flüchtlingseigenschaft, kann aber auch als Prüfmaßstab für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten geeignet sein. Auch hier finden sich sehr gute Tipps für die Praxis in der Begleitung von Familiennachzügen.


SG Karlsruhe: Monatlicher Mehrbedarf für Masken

Das Sozialgericht Karlsruhe hat einer SGB-II-Bezieherin einen monatlichen Anspruch über 34,40 € für Atemschutzmasken zugebilligt. Viele andere Sozialgerichte lehnen allerdings einen Mehrbedarf ab. Richter*innen scheint das Verständnis zu fehlen, ohne Rücklagen pandemiebedingte Mehrkosten, wie Masken, wegfallende Versorgung durch Tafeln und Schulessen, gestiegenen Stromkosten etc. tragen zu müssen.

Übrigens tritt das SG Karlsruhe auch unter den Sozialgerichten hervor weil es die Krisenpolitik der Bundesrepublik erheblich kritisiert. Es sei beispielsweise „nicht ansatzweise zu entnehmen, warum eine Einmalzahlung für den Monat Mai 2021 in Höhe von 150,-€ den Mehrbedarf aufgrund der COVID-19-Epidemie für die Monate Januar 2021 bis Juni 2021 decken sollte.“


Passbeschaffung und Identitätsklärung Guinea

Der Artikel aus dem Rundbrief „Perspektive“ 2/2020 des Flüchtlingsrats BW beinhaltet Informationen zu den wichtigsten guineischen Identitätsnachweisen und ihrer Beschaffung. Im einzelnen wird auf den Pass und Passersatz, die Konsularkarte, eine schriftliche Bestätigung über die Staatsangehörigkeit und die Geburtsurkunde eingegangen.

Die Informationen beruhen auf eigenen Recherchen, Erfahrungen und dem Austausch mit anderen Organisationen, Auslandsvertretungen und deutschen Behörden. Es gibt keine Gewähr auf die Richtigkeit dieser Informationen; haben Sie anderweitige Informationen, teilen Sie uns diese gerne mit. Auch verändern sich Verfahren bei den Behörden ständig. Deshalb soll dieser Artikel eine erste Orientierung bieten, aber im Einzelfall muss stets mit veränderten Umständen gerechnet werden.