Beiträge

Bericht: 30 Jahre antiziganistisch geprägte Asylpolitik

Sinti*ze und Rom*nja, die nach Deutschland flüchten/geflüchtet sind, erleben antiziganistische Diskriminierung auf vielen Ebenen. Der Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus beschäftigt sich nicht nur mit der Situation von nach Deutschland geflohener Sinti*ze und Rom*nja, sondern untersucht allgemein die Ausmaße gegenwärtiger und historischer Ausgrenzung dieser Bevölkerungsgruppe. Diskriminierung ist nach wie vor weit verbreitet und zahlreiche Anstrengungen von Seiten der Politik sind nötig, um Antiziganismus zu bekämpfen.

Auch im Bereich Asyl und Bleiberecht stellt die Kommission erhebliche antiziganistische Diskriminierungen fest. So zeigt sich Antiziganismus als Konstante in Debatten zum Asylrecht. Dort werden Roma und Sinti mit „Asylmissbrauch“ gleichgesetzt und somit erhebliche Vorurteile in der Bevölkerung und Verwaltung verstärkt. Außerdem werden im Asylverfahren und in der deutschen Rechtspraxis antiziganistische Diskriminierung und Verfolgung als asylrechtlicher Verfolgungsgrund oftmals nicht ausreichend berücksichtigt. Dabei sind Sinti*ze und Rom*nja in all ihren Herkunftsländern massiven rassistischen Diskriminierungen und damit einhergehenden sozialen wie ökonomischen Ausgrenzungen ausgesetzt.

Die Autor*innen ziehen als Fazit, dass es „nach 30 Jahren antiziganistisch geprägter Asylpolitik und damit einhergehenden Restriktionen auch im Aufenthaltsrecht an der Zeit [ist], ein klares Bekenntnis für eine Verantwortung gegenüber den in der Bundesrepublik lebenden Rom_nja abzugeben. Die Perspektivlosigkeit der Betroffenen, die aktuell in Deutschland besteht und die sich durch die Abschiebungen nochmals steigert, ist zu beenden. Dies bedeutet, dass bestehende rechtliche und tatsächliche Barrieren beim Zugang zum Recht abgebaut werden müssen und eine Kehrtwende in der Anwendung des Asyl- und Aufenthaltsrechts erfolgen muss, die der besonderen Schutzbedürftigkeit von Rom_nja gerecht wird.“


Programm: Interkulturelle Promotor*innen

Das Programm „Interkulturelle Promotor*innen“ fördert das Potential von migrantischen Organisationen in Baden-Württemberg und verknüpft die Themen Eine Welt und Integration.

In dem Modellprojekt werden fünf Interkulturelle Promotor*innen bei entwicklungspolitischen migrantischen Organisationen angestellt. Sie arbeiten mit verschiedenen Zielgruppen und Kooperationspartnern zusammen, informieren, beraten, vernetzen, bieten Fortbildungen an, organisieren öffentliche Veranstaltungen, bauen Plattformen auf oder unterstützen andere dabei.

Der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V. (DEAB) koordiniert das Programm und begleitet und unterstützt die Trägerorganisationen sowie die Interkulturellen Promotor*innen. Es wird durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg gefördert.

Weitere Informationen zum Projekt, sowie die einzelnen Kontaktdaten finden Sie hier.


Das Dublin-Verfahren

Die Nr. 2 der „Basisinformationen für die Beratungspraxis“ des Informationsverbunds Asyl & Migration ist in einer neuen Auflage erschienen. Erläutert werden zunächst die Zuständigkeitskriterien, die im Dublin-Verfahren zur Anwendung kommen. Anschließend führt die Basisinformation durch die einzelnen Abschnitte des Dublinverfahrens von der Zuständigkeitsprüfung bis zur Frage, was geschieht, wenn ein Dublin-Bescheid ergangen ist. Die Darstellung wird ergänzt durch Fallbeispiele, eine schematische Darstellung sowie einen Überblick zu den Fristen im Verfahren. Auch die Situation von Personen, die in einem anderen europäischen Staat einen Schutzstatus erhalten haben („Anerkannte“), wird beleuchtet.


Online-Seminar: Beschäftigungsduldung

Die Beschäftigungsduldung wurde zum 1. Januar 2020 eingeführt und stellt eine neue Möglichkeit dar, von der Duldung in einen festen Aufenthalt zu kommen. Man muss jedoch viele Voraussetzungen erfüllen, um die Beschäftigungsduldung zu erhalten. Mit den Voraussetzungen und der Praxis in Baden-Württemberg beschäftigen wir uns in dem Online-Seminar.

Das Seminar richtet sich an ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätige Personen mit Grundkenntnissen über die Beschäftigungsduldung. Gerne kann das Einführungs-Online-Seminar „Die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung – Grundlagen“ als Vorbereitung genutzt werden.

Die Teilnahme am Online-Seminar erfolgt am PC. Sie benötigen dazu einen gängigen Internetbrowser, eine stabile Internetverbindung und einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher. Die Veranstaltung wird mit Zoom durchgeführt und die Teilnehmenden erhalten die Zugangsdaten nach Anmeldung einen Tag vor dem Seminar. Datenschutzhinweise für das online-Seminar via „Zoom“ finden Sie hier.

Referentin: Maren Schulz (Flüchtlingsrat Baden-Württemberg)

Eine Veranstaltung im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration“ mit Unterstützung der UNO-Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.

Die Anmeldung ist geschlossen.


Online-Veranstaltung: „Die Abrechnung mit Frontex“ – ein Tribunal“

Am 1. Juli von 17.00 bis 20.00 Uhr laden drei Mitglieder des europäischen Parlaments der Fraktion THE LEFT zu der Online-Veranstaltung „Die Abrechnung mit Frontex“ – ein Tribunal“ ein. Die Veranstaltung selbst soll nach dem Prinzip eines Tribunals „Anklage – Beweise – Urteil“ strukturiert werden und besteht somit, neben Einführung und Schlussdiskussion zu Alternativen aus drei grundlegenden Panels. Zusammen mit den Gästen und Teilnehmenden soll am Ende zudem über Alternativen für ein menschenwürdiges Asylsystem in Europa diskutiert werden.

Anwesend sind unter anderem Internationale Gäste wie Iftach Cohen, Menschenrechtsanwalt und ein Mitankläger gegen Frontex vor dem EUGH, Vertreter*innen von Seawatch, Border Violence Monitoring, Legal Centre Lesvos, der European Council on Refugees and Exiles (ECRE) sowie Pro Asyl. Abgeordnete aus der eigens im Europaparlament gegründeten so genannten „Frontex Scrutiny Working Group“ berichten über Ihre Recherchen und politische Initiativen, um den Vorfällen beizukommen.

Es wird eine Übersetzung (Englisch/Deutsch) geben.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier. Anmeldungen unter europa@cornelia-ernst.de


Online-Aktionstag: 70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention

Anlässlich des 70. Jahrestages der Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) findet die online Veranstaltung statt. Die Genfer Flüchtlingskonvention ist bis heute das wichtigste internationale Dokument für den Flüchtlingsschutz. Sie legt klar fest, wer ein Flüchtling ist, welchen rechtlichen Schutz, welche Hilfe und welche sozialen Rechte sie oder er von den Unterzeichnerstaaten erhalten soll. In einer Mischung aus Tagung und Aktionstag wird die Konvention gewürdigt und Raum für kritische Fragen geöffnet. Vor allem wird es darum gehen, ob die Konvention angesichts neuartiger Fluchtursachen (Klimawandel/ Disaster Displacement) einen erweiterten Flüchtlingsbegriff braucht.

Am Vormittag spricht der Autor Bjön Bicker und mit Prof. Dr. Walter Kälin und Dr. Constantin Hruschka. Am Nachmittag liegt der Fokus auf der Frage, warum die Europäische Politik in der Flüchtlingsfrage so offensichtlich versagt. Eine große Runde mit Fachjournalist*innen, Menschen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, Künstler*innen und einem Politiker wird dazu Stellung nehmen und Erfahrungsberichte u.a. aus Lesbos vorstellen. Musiker*innen des Heim- und Fluchtorchesters gestalten den Abschluss des Tages, bei dem Schauspieler*innen Texte aus dem Buch »Illegal. Wir sind viele. Wir sind da.« von Björn Bicker lesen werden.

Die Veranstaltung wird organisiert von der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, dem Theater Freiburg, dem Theater im Marienbad und dem Literaturhaus Freiburg.

Zur Anmeldung und zum Programm.


Pforzheim: Handys und Adapter für Inhaftierte in der Abschiebehafteinrichtung

Personen in der Abschiebehafteinrichtung Pforzheim dürfen keine Smartphones benutzen. Dementsprechend schwierig gestaltet sich der Kontakt mit Freunden, Familie und Unterstützer*innen außerhalb des Gefängnisses. Handys, die sich nicht mit dem Internet verbinden lassen und keine Kamera besitzen, dürfen benutzt werden. Gerne rufen wir dazu auf, funktionstüchtige Handys, ohne Internet-und Kamera-Funktion, mit Akku und Aufladekabel entweder an uns – im Rahmen von Veranstaltungen – zu übergeben, oder an folgende Adresse zu schicken. Die Handys werden an Betroffene weitergegeben.

Außerdem werden aktuell vor allem SIM-Karten-Adapter gebraucht, weil die SIM-Karten-Fächer der alten Handys größer sind als die aktuell übliche Nano-SIM-Karten eines Smartphones. Die Menschen brauchen die Adapter, um ihre Nano-SIM-Karte im alten Handy zu verwenden. Einen solchen Adapter erhalten Sie in der Regel immer, wenn Sie eine SIM-Karte kaufen.

Falls Sie Adapter oder Handys haben, die Sie nicht brauchen, schicken Sie diese bitte per Post an:

Markus Schütz
Pastoralreferent in der Katholischen Kirchengemeinde Pforzheim und Dekanatsmännerseelsorger
Röm.-Kath. Kirchengemeinde Pforzheim
c/o Pfarrei St. Elisabeth
Römerstr. 70
75175 Pforzheim

Vielen Dank!


Handreichung: Voraussetzungen Berufsausbildung und -förderung

Die umfassende Arbeitshilfe des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge befasst sich mit den Voraussetzungen für die Aufnahme von Berufsausbildungen und deren Förderinstrumenten. Sie geht sowohl auf Asylsuchende und Geduldete, als auch auf Schutzberechtigte sowie Inhaber*innen anderer humanitärer Aufenthaltstitel ein. Thematisiert werden: Beschäftigungserlaubnis, Förderinstrumente zur Vorbereitung einer Berufsausbildung einschließlich der Sprachförderung, Förderinstrumente zur Durchführung einer Berufsausbildung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen, räumliche Beschränkungen und Wohnsitzregelungen sowie die zielgruppengerechte Ausgestaltung der Berufsausbildung.


Geänderte Zeiten für Telefonberatung

Ab sofort gelten beim Flüchtlingsrat Baden-Württemberg eingeschränkte Telefonberatungszeiten. Anstatt wie bisher montags bis freitags von 14 bis 17 Uhr, sind wir künftig montags, donnerstags und freitags von 14 bis 16 Uhr und mittwochs von 14 bis 17 Uhr erreichbar. Die Telefonsprechstunde am Dienstag fällt weg. Hintergrund: Das Beratungsangebot des Flüchtlingsrats für Ehrenamtliche wird im Rahmen des Projekts „Aktiv für Integration“ von Land Baden-Württemberg gefördert. Im Rahmen dieses Projekts wurde eine bestimmte Planzahl an zu beantwortenden Anfragen zugrundegelegt, auf deren Basis auch die personellen Ressourcen berechnet werden. Die bis zum Ende des Jahres angesetzte Anzahl an beantworteten Anfragen ist bereits über ein halbes Jahr vor Projektende erreicht. Da sich menschliche Arbeitskraft nicht beliebig vermehren lässt, und da im Rahmen des Projekts auch andere Aufgaben anfallen (wie z.B. Veranstaltungen, Vernetzungsarbeit, Erstellung von Informationsressourcen wie der Newsletter und das Magazin „perspektive“ des Flüchtlingsrats), sehen wir uns zu diesem Schritt gezwungen, um die Erfüllung aller Projektziele zu gewährleisten und unser Personal vor Überlastung zu schützen. Wir bitten hierfür um Ihr Verständnis.


VG Freiburg: Ausbildungsduldung trotz Dublin-Verfahren?!

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit seinem Urteil vom 19.5.2021 (AZ: A 14 K 173/20) festgestellt, dass bestimmte Asylsuchende trotz Dublin-Verfahren einen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung haben. Dies ist dann der Fall, wenn im Dublin-Verfahren der Klageweg beschritten und währenddessen eine Ausbildung aufgenommen wird.

In dem vorliegenden Fall wurde der Asylantrag des Betroffenen vom BAMF als unzulässig abgelehnt, da ein Dublin-Verfahren eingeleitet wurde und der Betroffene nach Italien überstellt werden sollte. Klage und Eilantrag dagegen hatte das VG Freiburg stattgegeben und setzte das Verfahren aus. Grund dafür war, dass das VG Freiburg eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg abwarten wollte. In diesem Verfahren (AZ: A 11 S 2151/16) ging es um die Frage, ob Geflüchtete in Italien in Gefahr laufen zu verelenden. In etlichen Italien-Dublin-Verfahren gingen die Verwaltungsgerichte ähnlich vor.

Der Betroffene erhielt währenddessen eine Aufenthaltsgestattung und nahm eine Ausbildung auf.

Mit seinem Urteil stellt das VG Freiburg zwar fest, dass Italien für das Asylverfahren des Betroffenen weiter zuständig sei, dass aber die Abschiebungsanordnung den Kläger in seinen Rechten verletze. Eine Abschiebungsanordnung erlässt das BAMF zusammen mit dem Unzulässigkeitsbescheid über den Asylantrag. Die Abschiebungsanordnung wird nach § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG erlassen, wonach die Abschiebung angeordnet wird, sobald sie durchführbar ist. In dem vorliegenden Fall geht das VG Freiburg nicht davon aus, dass die Abschiebung nach Italien durchgeführt werden kann, denn es sei zu erwarten, dass der Kläger eine Ausbildungsduldung nach § 60c Abs. 1 S. 1 Nr. 1a) AufenthG erhalten werde. Obwohl der Betroffene erst nach Erhalt der Abschiebungsanordnung die Ausbildung aufnahm, sind damit Duldungsgründe entstanden, die der Abschiebungsanordnung, sprich einer Überstellung nach Italien, entgegen stehen.

Das Gericht begründet den Anspruch auf eine Ausbildungsduldung wie folgt: „Der Kläger ist sodann auch als Asylbewerber im Sinne des § 60c Abs. 1 Nr. 1 a) AufenthG einzustufen, und er möchte die Ausbildung nach der (vorliegend streitgegenständlichen) Ablehnung seines Asylantrags (als unzulässig) fortsetzen… Da der Kläger in den Anwendungsfall einer privilegierten Asylbewerber-Ausbildungsduldung i.S.v. § 60c Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (vgl., auch zur Terminologie, Breidenbach, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 29. Ed. 01.07.2020, § 60c AufenthG Rn. 8) fällt, greift zudem der (weitere) Versagungstatbestand der Einleitung konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nach § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG nicht ein.“

Das Gericht hat mit dieser Entscheidung keine Behörde (hier wäre das das Regierungspräsidium Karlsruhe) verpflichtet, dem Betroffenen eine Ausbildungsduldung zu erteilen. Aber es geht von einem Anspruch darauf aus und hat den Weg dahin geebnet.