Pro Asyl: Griechische Verhältnisse – bald überall in Europa?

Auf den Ägäis-Inseln ist seit Jahren real, was mit der EU-Asylrechtsverschärfung flächendeckend droht: Haftlager, Schnellverfahren ohne Prüfung der Fluchtgründe und gewaltvolle Zurückweisungen. Ein Bericht unserer Partnerorganisation Refugee Support Aegean (RSA) zur Situation auf den Ägäis-Inseln verrät, auf was wir uns gefasst machen müssen.

Die Bundesregierung stimmte in Brüssel einer Asylrechtsverschärfung zu, durch die das Asylrecht auf europäischer Ebene faktisch ausgehebelt wird. PRO ASYL hat ausführlich dargestellt, was die Vorhaben im Kern bedeuten werden: In Lagern an den EU-Grenzen sollen Schutzsuchende unter Haftbedingungen massenhaft abgefertigt werden. Dabei geht es nicht um die inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe. In erster Linie beschränkt sich das Verfahren auf die Frage, ob ein Asylantrag als unzulässig abgewiesen werden kann oder nicht. Das ist immer dann der Fall, wenn die schutzsuchende Person über einen angeblich »sicheren« Drittstaat in die EU geflohen ist. Parallel sollen die Kriterien, wann ein Staat als sicher gilt, dafür weiter heruntergeschraubt werden.



Pro Asyl: Infos zur geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)

Am 8./9. Juni 2023 soll beim EU-Rat für Inneres eine Vorentscheidung über die Zukunft des Flüchtlingsschutzes in Europa fallen. Mit dem Gesetzespaket drohen Schutzsuchenden Grenzverfahren unter Haftbedingungen, eine Verschärfung des Dublin-Systems. Letztlich die Aushebelung des Flüchtlingsschutzes. Pro Asyl beantwortet dazu die wichtigsten Fragen.

Gegen die Pläne formiert sich in der deutschen Zivilgesellschaft ein starker Protest: Mehr als 60 Organisationen fordern, dass die Bundesregierung keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes eingeht, über 40 Organisationen mahnen, den Schutz von Kindern nicht zu vergessen, über 700 Anwält*innen und Jurist*innen appellieren in einem offenen Brief an die Bundesregierung, gegen die Reform zu stimmen.


Online-Seminar: Passbeschaffung Eritrea

Viele Geflüchtete aus Eritrea werden aufgefordert, einen Pass zu beschaffen. Dafür müssen die allermeisten zur eritreischen Botschaft gehen und eine Reueerklärung unterschreiben. Für Menschen mit einem subsidärem Schutz hat das Bundesverwaltungsgericht am 11.10.2022 (Az. 1 C 9.21) entschieden, dass die Abgabe einer Reueerklärung und die damit verbundene Selbstbezichtigung einer Straftat nicht zumutbar ist. Die Personen sollen einen Reiseausweis für Ausländer nach § 5, 6 AufenthV bekommen. Was bedeutet das für die Niederlassungserlaubnis, Einbürgerung und Familiennachzug?

Referent: Samuel Kupffer (Rechtsanwalt Heidelberg)

Die Veranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Geflüchtetenarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und ist kostenlos. Hinweise zum Datenschutz finden Sie hier. Die Teilnahme am Online-Seminar erfolgt am PC. Sie benötigen dazu einen gängigen Internetbrowser, eine stabile Internetverbindung und einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher.

Sie erhalten die Zugangsdaten spätestens am Tag vor der Veranstaltung. Bitte beachten Sie: Für die Teilnahme an kostenlosen Online-Seminaren stellen wir keine Teilnahmebestätigungen aus. Von entsprechenden Anfragen bitten wir abzusehen.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, unterstützt durch das Ministerium der Justiz und für Migration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.

Die Anmeldung ist geschlossen.


Übersicht: Gerichtsentscheidungen zum Chancen-Aufenthaltsrecht und den Bleiberechtsregelungen

Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht und dem Übergang in eine der beiden Bleiberechtsregelungen nach § 25a/ § 25b AufenthG haben sich neue Rechtsfragen ergeben. Der Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V. hat eine Übersicht über die bisherige Rechtsprechung zu diesen Bereichen veröffentlicht. Die Übersicht wird regelmäßig aktualisiert.



Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes bei der europäischen Asylrechtsreform!

Als Teil eines Bündnisses von mehr als 50 Organisationen fordert der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg die Bundesregierung zur Abkehr von ihren Plänen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf. Mit Blick auf das Treffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni 2023 appelliert das Bündnis an Innenministerin Nancy Faeser (SPD), ihrer humanitären Verantwortung gerecht zu werden und ihren eigenen Koalitionsvertrag ernst zu nehmen. Es darf keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes geben.

Am 8. und 9. Juni 2023 treffen sich die EU-Innenminister*innen im Rat der Europäischen Union (EU), um sich politisch auf Regelungen zu einigen, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten. Die unterzeichnenden Organisationen sind enttäuscht von der kürzlich bekannt gewordenen Position der Bundesregierung zu diesen Vorhaben und halten in einem gemeinsamen Statement fest: „Anstatt sich dem Trend der Entwertung europäischer Grund- und Menschenrechte und der Erosion rechtsstaatlicher Grundsätze entschieden entgegenzustellen, signalisiert die Regierung mit ihrer Position die Bereitschaft, diesen Weg, um jeden Preis mitzugehen. Damit gerät sie in eklatanten Widerspruch zu zentralen Versprechen des Koalitionsvertrags.“

„Unter Druck von rechtspopulistischen Regierungen von Rom bis Budapest wird in Europa gerade an einer weitgehenden Abschaffung des Flüchtlingsschutzes gearbeitet. Daran darf sich die Bundesregierung nicht beteiligen! Es geht um mehr als das Asylrecht, es geht um die  Grundlagen der Europäischen Union. Der Zugang zum Recht auf Asyl, das Recht auf ein faires, rechtstaatliches Verfahren, die Überprüfung behördlichen Handelns durch Gerichte und vor allem der Schutz der Würde der Schutzsuchenden ist keine politische Verhandlungsmasse, um faule Kompromisse zu erzielen “, so Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.

Aushebelung des Flüchtlingsschutzes durch Prüfung von „sicheren Drittstaaten“ in Grenzverfahren

In den geplanten verpflichtenden Grenzverfahren werden absehbar keine Fluchtgründe der Schutzsuchenden geprüft, sondern nur, in welchen außereuropäischen Drittstaat die fliehenden Menschen geschickt werden können. Schutzsuchende könnten dann in ein außereuropäisches Land abgeschoben werden, in dem sie möglicherweise nicht in allen Landesteilen sicher sind oder in dem sie noch nie waren. Flüchtlingsschutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention müsste dort ebenfalls nicht gewährt werden – nach der deutschen Position soll der Schutz zwar im Wesentlichen der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen und eine Verbindung zu dem Land soll bestehen, gemäß anderer im Rat diskutierter Vorschläge liegen die Anforderungen an den Schutz jedoch weit unter diesem Niveau. Setzt sich ein solcher Vorschlag durch, wird dies voraussichtlich massiv die Gefahr völkerrechtswidriger Kettenabschiebungen in Herkunftsländer wie Syrien oder Afghanistan erhöhen. Dies wird von den Organisationen im gemeinsamen Statement wie folgt kommentiert: „Das bedeutet einen Rückzug aus dem Flüchtlingsschutz in der Europäischen Union, vergleichbar mit dem deutschen Asylkompromiss vor dreißig Jahren.“

In Kombination mit der Anwendung des Konzepts der “Fiktion der Nicht-Einreise“ können die Grenzverfahren auch nur durch Inhaftierung der Schutzsuchenden umgesetzt werden.

Zugang zu Asyl darf nicht zur Verhandlungsmasse werden

Zudem soll am eigentlich gescheiterten Dublin-System – das zur Überlastung von Außengrenzstaaten führt – festgehalten und dieses sogar noch verschärft werden. Ein wirksamer Solidaritätsmechanismus bei dem Asylsuchenden auch von anderen Mitgliedstaaten als den Außengrenzstaaten aufgenommen werden, wird dagegen nicht ernsthaft verhandelt. Denn aktuell soll die „Solidarität“ auch durch Geldzahlungen oder materiellen Leistungen erbracht werden können – sogar in außereuropäischen Drittstaaten. Anstatt Flüchtlingsaufnahme, würde so also die Externalisierung des europäischen Grenzschutzes als Solidarität verbucht werden.

„Die Bundesregierung darf nicht den Fehler machen, den Zugang zum Recht auf Asyl gegen einen angeblichen Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten zu verhandeln. Dass es soweit in Europa gekommen ist, zeigt, dass eine Reform mit den aktuellen politischen Mehrheitsverhältnissen absehbar nur zu einer massiven Verschlechterung für nach Europa fliehende Menschen führt. Stattdessen sollten Bundesregierung und die Europäische Kommission sich für eine Einhaltung der bestehenden Standards für Asylverfahren und Aufnahme von Asylsuchenden sowie für ein Ende der illegalen Pushbacks einsetzen“, fordert Wiebke Judith abschließend.

Hintergrund zu den Reformvorhaben

Bezüglich der Reformvorschläge der Europäischen Kommission aus dem Herbst 2020 war sich die Bundesregierung zu entscheidenden Punkten wie den Grenzverfahren, der Anwendung von „sicheren Drittstaaten“ und den künftigen Zuständigkeitsregeln lange uneins. Seit dem 26. April 2023 gibt es ein Prioritätenpapier der Bundesregierung, laut dem auch verpflichtende Grenzverfahren in Kauf genommen werden sollen.
Bis zum nächsten Ratstreffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni 2023 müssen sich die Mitgliedstaaten auf Verhandlungspositionen einigen, um den Reformprozess bis zur Europawahl im Frühjahr 2024 abschließen zu können.

Infomaterial

Link zum gemeinsamen Statement: https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Gemeinsames-Statement_GEAS_16.05.2023_final.pdf

PRO ASYL hat in einem Kurzpositionspapier die wichtigsten menschenrechtlichen roten Linien für die Verhandlung benannt: https://www.proasyl.de/material/notwendige-rote-linien-der-bundesregierung-fuer-die-verhandlungen-zum-new-pact-on-migration-and-asylum/

In der Sachverständigenanhörung im Bundestag zur europäischen Flüchtlingspolitik hat Wiebke Judith als rechtspolitische Sprecherin für PRO ASYL auf die Gefahren der Reform hingewiesen: https://www.proasyl.de/material/stellungnahme-zur-oeffentlichen-anhoerung-des-innenausschusses-zur-reform-des-gemeinsamen-europaeischen-asylsystems-geas/


Klimawandel und Migration

Der Klimawandel verschärft bereits vorhandene soziale, ökonomische oder politische Problemlagen. Der Druck zu migrieren, nimmt für viele Betroffene zu. Besonders stark betroffen sind wirtschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen und Länder des globalen Südens aufgrund ihrer geografischen Lage sowie geringerer finanzieller Ressourcen. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) hat in seinem Jahresgutachten „Klimawandel und Migration: Was wir über den Zusammenhang wissen und welche Handlungsoptionen es gibt“ untersucht, wie der Klimawandel das globale, regionale und lokale Migrationsgeschehen beeinflusst und welche Erfordernisse sich hieraus für migrations- und flüchtlingspolitisches Handeln ergeben.

Der SVR fordert:

  • einen Klima-Pass: Daueraufenthalt für Personen, deren Länder ihr gesamtes Territorium aufgrund des Klimawandels verlieren,
  • eine Klima-Card: befristetes Aufenthaltsrecht für Menschen, dir ihr Land vorübergehend aufgrund starker Zerstörung verlassen müssen,
  • ein Klima-Arbeitsvisum: erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt mit einer Aufenthaltserlaubnis für Personen aus bestimmten Staaten

Der Klimawandel ist menschengemacht und es braucht ein rasches Handeln auf allen politischen Ebenen, in Wirtschaft und Gesellschaft. Entscheidend wird sein, in welchem Maße und wie schnell es gelingt, den CO2-Ausstoß weltweit zu begrenzen, so der SVR.



PRO ASYL: Wenn Menschenrechte verschwinden: Wir wollen ein anderes Europa!

Ein Horrorszenario droht – und das mit Unterstützung der Bundesregierung: Flüchtlinge erreichen einen Staat an der EU-Außengrenze. Sie bitten um Asyl. Sofort werden sie inhaftiert. Alles, was sie ab diesem Moment von Europa noch zu sehen bekommen, sind Mauern, Stacheldraht und Sicherheitspersonal. Das soll jetzt Realität in der EU werden. Denn die Ampel-Koalition hat ihre im Koalitionsvertrag verankerte Position geändert: Innenministerin Nancy Faeser will den geplanten Grenzverfahren nun doch zustimmen.

Was in der Debatte als »Asylverfahren an den Außengrenzen« bezeichnet wird, hat mit einem fairen, rechtsstaatlichen Vorgang nichts zu tun. Geflüchtete erwartet vielmehr ein Schnellverfahren, an dessen Ende für viele die direkte Abschiebung in einen sogenannten »sicheren Drittstaat« steht, weil ihr Asylantrag als »unzulässig« abgelehnt wird. Ohne inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe.Dagegen müssen wir protestieren – und die Zeit drängt, denn schon am 8. Juni wollen die Innenminister*innen im EU-Rat darüber entscheiden! Bitte setzt euch also JETZT mit uns für die Rechte von Geflüchteten ein und schickt über unser Tool E-Mails an die Parteivorstände von SPD, Grünen und FDP.



OVG NRW: Rundschreiben laufende Flugabschiebungen

Eine Flugabschiebung ist erst dann abschließend vollzogen, „wenn der Ausländer die Transitzone des Zielflughafens verlassen hat und sich wieder im Hoheitsgebiet des Abschiebezielstaats befindet“. Das erläuterte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in einem Rundschreiben an alle Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen am 11. November 2022. Das Abschiebungsreporting NRW veröffentlicht das Rundschreiben, um es der allgemeinen Öffentlichkeit und interessierten Fachkreisen zur Verfügung zu stellen, da es eine hohe Praxisrelevanz hat.

Eine Zusammenfassung der Bewertung des Abschiebungsreporting NRW veröffentlichen wir hier, denn auch für die Abschiebungspraxis in BW sind die Einschätzungen des OVG NRW nützlich.

Auch kurz vor oder während laufender Abschiebungen ist jederzeit Rechtsschutz vor den deutschen Verwaltungsgerichten möglich. Wegen der regelmäßigen Nichtankündigung von Abschiebeterminen werden die Gerichte teils sehr kurzfristig angerufen. Kommt es dann zu einer gerichtlichen Entscheidung, dass eine Abschiebung unterbleiben oder abgebrochen werden muss, stellt sich die Frage, wie dies in der Praxis von den Behörden umgesetzt wird, um die Rechte der betroffenen Menschen zu gewährleisten.

Das OVG NRW führt nun aus, wie die dortigen Ausländersenate des Gerichtes zukünftig „bei Abschiebungsschutzgesuchen in Fällen einer Flugabschiebung bei unmittelbar bevorstehendem Start des Flugzeugs“ regelmäßig verfahren wollen: es werde eine „Garantieerklärung der beteiligten Ausländerbehörde eingefordert, dass die Abschiebung (auch nach Abheben des Flugzeugs) bis zu deren Vollzug abgebrochen und der Ausländer „zurückgeholt“ werden“ könne. Werde eine solche Garantieerklärung nicht unverzüglich abgegeben, müsse „die Ausländerbehörde damit rechnen, dass zur Verhinderung einer Rechtsvereitelung ein sog. „Hängebeschluss“ erlassen werde, sofern die Beschwerde nach erster überschlägiger Prüfung der Beschwerdebegründung nicht erkennbar aussichtslos“ sei. Das hieße dann, die Abschiebung würde vorläufig ausgesetzt, um die Rechte der Betroffenen von vornherein zu schützen.
Weiterhin macht das OVG NRW in dem Rundschreiben deutlich, dass eine gerichtliche einstweilige Anordnung, „mit der eine Abschiebung bzw. deren Abbruch verfügt wird, sofort vollziehbar und damit von der Ausländerbehörde umgehend umzusetzen“ sei. Eine Beschwerde zum OVG NRW habe keine aufschiebende Wirkung.
Weiterhin führt das OVG NRW in dem Rundschreiben aus, dass „erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Übertragung behördlicher Vollstreckungsmaßnahmen (wie der Abschiebung) auf dritte jedenfalls dann bestehen, wenn die zuständige Behörde die Vollstreckungsmaßnahme nicht bis zu deren abschließendem Vollzug unter Kontrolle halten „könne.

Das OVG NRW wirft in seinem Rundschreiben also wichtige Praxisfragen auf. Denn: gerade kommunale Ausländerbehörden übertragen bei Abschiebungen oft eine Fülle an Aufgaben auf andere Stellen. Oft übernehmen die Zentralen Ausländerbehörden in NRW den Abschiebevollzug bis zum Flughafen, die Bundespolizei begleitet viele Flüge. Und die europäische Agentur Frontex bekommt zunehmend mehr Aufgaben bei Sammelabschiebungen, organisiert und finanziert diese, vielfach auch als gemeinsame „Maßnahme“ mehrerer EU-Mitgliedstaaten.



Online-Seminar: Leben unterm Minimum? – Das AsylbLG im Lichte verfassungsrechtlicher Anforderungen

„Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativeren.“ Mit diesen Worten stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits 2012 klar, dass das Existenzminimum von Asylsuchenden und Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus anhand des tatsächlichen Bedarfs zu bemessen ist.  Dennoch reizt der Gesetzgeber mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auch mehr als ein Jahrzehnt später die Anforderungen an das menschenwürdige Existenzminimum auf’s Äußerste aus und überschreitet bisweilen die Grenze zur Verfassungswidrigkeit. Das verdeutlicht der aktuelle Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Sonderbedarfsstufe nach § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AslybLG.

Dieser Workshop möchte die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Existenzminimum von Asylsuchenden nachzeichnen und aufzeigen, wie sich verfassungsrechtliche Argumente in der Beratungssituation einsetzen lassen. Neben den Auswirkungen der Entscheidung zur Sonderbedarfsstufe auf die Rechtspraxis ist hierbei auch auf das anhängige Verfahren beim BVerfG zur Bemessung der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG sowie auf die bislang ungeklärte Frage der Verfassungsmäßigkeit der Leistungseinschränkungen nach § 1a AsylbLG einzugehen.

Referent: Julian Seidl (Wissenschaftlicher Mitarbeiter Goethe-Universität Frankfurt a.M.)

Anmeldung: E-Mail an info@fluechtlingsrat-bw.de

Die Veranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Geflüchtetenarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und ist kostenlos. Hinweise zum Datenschutz finden Sie hier. Die Teilnahme am Online-Seminar erfolgt am PC. Sie benötigen dazu einen gängigen Internetbrowser, eine stabile Internetverbindung und einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher.

Sie erhalten die Zugangsdaten spätestens am Tag vor der Veranstaltung. Bitte beachten Sie: Für die Teilnahme an kostenlosen Online-Seminaren stellen wir keine Teilnahmebestätigungen aus. Von entsprechenden Anfragen bitten wir abzusehen.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, unterstützt durch das Ministerium der Justiz und für Migration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.


372 Abschiebungen im ersten Quartal 2023

Im ersten Quartal des Jahres wurden insgesamt 372 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben. Mit Abstand betraf es am meisten Menschen aus Gambia (73). Davon wurden 68 Personen nach Gambia abgeschoben. Dies ist eine bedrückende Entwicklung – so wurden im gesamten Jahr 2022 „nur“ 87 Personen nach Gambia abgeschoben. Wir müssen damit rechnen, dass sich diese Tendenz 2023 fortsetzen wird.

Eine etwa gleiche Anzahl von Personen wurde nach Österreich (24), Albanien (23), Algerien (22) und Nordmazedonien (21) abgeschoben. Unter den 24 abgeschobenen Personen nach Österreich, befanden sich keine Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Vermutlich waren die meisten der Abgeschobenen im Dublin-Verfahren oder Anerkannte.

In der Tabelle wird zwischen Ziel- und Herkunftsland unterschieden. Anhand der Zahlen zu den Zielländern wird ersichtlich wie viele Personen in ein bestimmtes Land abgeschoben worden sind. Die Zahlen zu Herkunftsländern geben die Anzahl der Personen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit an, die abgeschoben worden sind.

ZiellandAbschiebungen
Albanien23
Algerien22
Belgien3
Bosnien-Herzegowina5
Bulgarien4
Dänemark4
Dominikanische Republik2
Frankreich13
Gambia68
Georgien11
Ghana1
Griechenland1
Irak6
Israel1
Italien8
Kamerun8
Kolumbien1
Kosovo10
Kroatien4
Litauen4
Marokko2
Moldawien4
Montenegro8
Niederlande1
Nigeria10
Nordmazedonien21
Österreich24
Pakistan15
Polen9
Rumänien17
Schweden1
Schweiz4
Senegal1
Serbien13
Spanien13
Sri Lanka4
Tunesien6
Türkei19
USA1
Gesamtergebnis372
HerkunftslandAbschiebungen
Afghanistan14
Albanien23
Algerien26
Äthopien1
Bosnien-Herzegowina5
Bulgarien1
Dominikanische Republik2
Frankreich2
Gambia73
Georgien11
Ghana1
Griechenland1
Indien4
Irak11
Iran5
Italien6
Kamerun9
Kolumbien1
Kosovo12
Kroatien2
Litauen2
Marokko2
Moldawien4
Montenegro8
Nigeria12
Nordmazedonien21
Pakistan15
Polen7
Rumänien14
Russische Föderation5
Russland1
Senegal1
Serbien13
Somalia3
Sri Lanka5
Syrien9
Togo1
Tunesien8
Türkei29
USA2
Gesamtergebnis372