Leitfaden: Arbeitsmarktzugang und -förderung für Geflüchtete

Der Leitfaden gibt eine sehr gute Übersicht über die rechtlichen Voraussetzungen des Arbeitsmarktzugangs und des Zugangs zu Fördermaßnahmen. Herausgegeben wurde er von dem Berliner IvAF-Netzwerk Bridge. Er richtet sich zwar hauptsächlich an Mitarbeiter*innen in den Arbeitsagenturen und Jobcentern, ist aber auch für andere interessant, die Geflüchtete auf dem Weg in den Arbeitsmarkt begleiten.


Aufruf: „Schutz für die, die Schutz suchen – Nur in der eigenen Wohnung!“

Am Tag des Grundgesetzes wird wieder einmal die Unveräußerlichkeit bestimmter Grundrechte gefeiert. Die Realität in deutschen Aufnahmelagern von Geflüchteten ist eine andere. Genau dort, wo Grundrechte am dringendsten greifen sollten – zum Schutz von Schutzsuchenden – werden sie systematisch ausgesetzt. Bis zu 18 Monaten und darüber hinaus erhalten die Geflüchteten ausschließlich Sachleistungen und können zu Arbeitsgelegenheiten zu 80ct/h verpflichtet werden. Ein- und Ausgangskontrollen, regelmäßige Zimmerdurchsuchungen durch Securitys und Polizei, Verbot von politischer Betätigung sowie Besuchsverbote kennzeichnen den Alltag in solchen Einrichtungen. Diese Grundrechtsverletzungen sind vielerorts in rechtswidrigen Hausordnungen festgehalten, die ohne gesetzliche Grundlage erstellt wurden. Bundesweit existieren keine konkreten Mindeststandards für Aufnahmeeinrichtungen. Dies führt zu nahezu rechtsfreien Räumen, in denen die Geflüchteten der Willkür der Betreiber ausgesetzt sind. Als Lager-Watch Bündnis verurteilen wir diese rassistische Politik, Menschen systematisch aufgrund ihrer Herkunft und ihres Aufenthaltsstatus zu isolieren. Zimmer in Sammellagern sind keine Hafträume. Geflüchteten muss ein eigener Wohn- und Lebensbereich zustehen. Wir fordern die Aufwertung der rechtlichen Stellung von Geflüchteten in Aufnahmelagern. Als Bündnis setzen wir uns für die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen, die Etablierung von wirksamen Gewaltschutzkonzepten sowie effektiven Kontrollmechanismen unter anderem durch ein Verbandsklagerecht ein. Wir sagen klar: Lager abschaffen! Alle Menschen haben ein Recht auf Wohnung, gleich welchen Aufenthaltsstatus sie haben!

Aufruf und Erstunterzeichnende: www.lager-watch.org/
Unterschreib den Aufruf – Mail an: info@aktionbleiberecht.de
Teile den Aufruf: Facebook-Post


Roma/Sinti Diskriminierungsbericht 2021 Freiburg

Der Diskriminierungsbericht für das Jahr 2020 berichtet von subjektiven Diskriminierungserfahrungen von Sinti und Roma in der Region Freiburg. Damit möchte er Diskriminierung für nicht-Betroffene fassbarer machen und den Betroffenen eine Stimme geben. Angesichts der seit 2020 entflammten Rassismusdebatte und ewiggleicher Stereotypen ist der Diskriminierungsbericht wichtigerer denn je.


Online-Workshop: „Verschwörungsmythen und Antisemitismus“

Nach einem Jahr Pandemie haben Verschwörungsmythen Hochkonjunktur. In Zeiten der Unsicherheit geben sie scheinbare Orientierung und liefern einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge. Außerdem sind sie wichtiger geworden als verbindendes Element der politischen Rechten und als Mobilisierungsthema für AfD und Co. Wenngleich Verschwörungsdenken und Antisemitismus keine neuen Phänomene sind, kamen im vergangenen Jahr breitere Kreise der Bevölkerung damit in Berührung, sind im eigenen Umfeld mit entsprechenden Aussagen konfrontiert und motiviert, dagegenzuhalten. Daran knüpft dieser Workshop an und möchte Menschen befähigen und bestärken, sich einzumischen und das Wort zu ergreifen.

Die Veranstaltung wird von „Exil – Osnabrücker Zentrum für Flüchtlinge e.V.“ organisiert und von Referierenden des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ geleitet.
Wir freuen uns über eine verbindliche Anmeldung via Email an: ehrenamt@exilverein de


Entscheidungsstopp und Leistungseinschränkungen: Anerkannte aus Griechenland

In Deutschland befinden sich im April 2021 12 100 Geflüchtete im Asylverfahren, die bereits in Griechenland eine Anerkennung erhalten haben (Flüchtlingseigenschaft oder subsidsiärer Schutz). Das BAMF hat die Entscheidungen über diese Asylanträge bereits seit knapp 1,5 Jahren „rückpriorisiert“. Es besteht also ein Entscheidungsstopp. Zugleich haben mehrere Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte bereits ergangene Unzulässigkeitsentscheidungen des BAMF aufgehoben: Anerkannte dürfen nicht nach Griechenland überstellt werden, da ihre Versorgung nicht gewährleistet ist. Mehr noch Anerkannten drohen dort Menschenrechtsverletzungen nach Artikel 3 der EMRK.

Geflüchtete, die in einem anderen europäischen Land internationalen Schutz bekommen haben, bekommen bei Asylantragstellung in Deutschland i.d.R. nur eingeschränkte Leistungen nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG. Von dieser Leistungseinschränkung ist aber bei Anerkannten aus Griechenland abzusehen, solange das BAMF nicht über ihre Asylanträge entscheidet. So ist es dem Bericht von der Sitzung der Länderarbeitsgemeinschat für Migration und Flüchtlingsfragen (ArgeFlü) vom 26.4.21 zu entnehmen.


VG Freiburg: Abschiebeverbot Gambia aufgrund psychischer Erkrankung

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat in seinem Urteil vom 23.2.21 einem traumatisierten Gambier ein Abschiebeverbot zugesprochen. Der Mann hatte in Gambia widerrechtliche Hinrichtungen miterleben müssen und leidet aufgrund dessen an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung. Das Gericht evaluierte das mangelhafte Gesundheitssystem Gambias sowie den diskriminierenden Umgang der gambischen Gesellschaft mit psychisch Erkrankten. Es stellte fest, dass „bei dem Kläger eine erhebliche und konkrete Gefahr im Falle seiner Rückkehr nach Gambia vor[liegt]. Wegen seiner schweren psychischen Erkrankung und des zu befürchtenden Behandlungsabbruchs wäre im Falle einer Abschiebung des Klägers nach Gambia mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit einer alsbald eintretenden erheblichen Verschlimmerung der Erkrankung zu rechnen.“


VG Freiburg: Schwere Straftat als Ausschlussgrund für subsidiären Schutzstatus

Geflüchtete sind von der Zuerkennung des subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn „schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass [die Person] eine schwere Straftat begangen hat“. Auch subsidiär Schutzberechtigten, die in Deutschland Straftaten begehen, kann das BAMF den Schutzstatus aufgrund von schwerer Straftaten widerrufen. Rechtsgrundlage dafür ist § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AsylG. Fraglich ist allerdings, ab wann eine Straftat als „schwer“ einzustufen ist und damit einen Widerruf oder eine nicht-Zuerkennung des subsidiären Schutzes rechtfertigt.

Mit dieser Frage hat sich das Verwaltungsgericht Freiburg detailliert auseinandergesetzt und kommt zu dem Ergebnis, dass im Einzelfall eine „gegenwärtige konkrete Gefahr erheblicher Straftaten“ vorliegen muss.


Online-Seminar: Neues aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht

Das Online-Seminar gibt einen Überblick zu den Neuerungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht und den Auswirkungen von Covid-19 auf Asylverfahren. Wir werden uns u.a. mit den Auswirkungen der Corona Pandemie auf die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung beschäftigen, mit Folgeanträgen für Personen aus Afghanistan und Syrien, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitsmarktzugang für sogenannte „Dublin Fälle“ und Neuerungen im Asylbewerberleistungsgesetz.

Die Infoveranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingsarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt.
Referentin: Maren Schulz (Flüchtlingsrat Baden-Württemberg)

Anmeldung bitte bis zum 17.05.2021 an Integrationsbegleiter@dwhd.de

Das Online-Seminar ist Teil der Veranstaltungsreihe „Informiert. Engagiert. Qualifizierung für ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingshilfe“ des Asylarbeitskreises Heidelberg e.V. und des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Heidelberg. Es findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration mit Unterstützung der UNO Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.


VGH BW: Keine Flüchtlingseigenschaft per se für syrische Wehrdienstverweigerer

Wieder urteilte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), dass syrischen Wehrdienstverweigerern nicht automatisch die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen sei. Damit positioniert sich der VGH BW weiter zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19.11.2020 (AZ: C-238/19). Der EuGH betonte, dass syrische Wehrdienstverweigerer im Jahr 2017 sehr wahrscheinlich aus politischen oder religiösen Überzeugungen den Militärdienst verweigert hätten und ihnen demnach die Flüchtlingseigenschaft zustehe. Der VGH BW hingegen erklärt, dass besondere, individuell gefahrerhöhende Umstände hinzutreten müssten, um die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. Mit diesen Urteil führt der VGH BW seine Rechtsprechung vom Dezember 2020 fort und steht im Einklang mit den Obverwaltungsgerichten von Nordrhein-Westfalen und Niedersachen.

Konkret urteilte der VGH BW in drei Urteilen am 4.5.2021 (Az. A 4 S 468/21, A 4 S 469/21 und A 4 S 470/21), dass die bloße Furcht nicht ausreiche, um Wehrdienstverweigerern die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. In allen drei Verfahren hatten die Syrer vom BAMF nur den subsidiären Schutzstatus zugesprochen bekommen und dagegen geklagt. In erster Instanz gewannen die Männer die Verfahren und das BAMF wurde durch die Verwaltungsgerichte verpflichtet, die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. Dagegen hatte das BAMF nunmehr erfolgreich Berufung eingelegt.


VG München: Seehofers Deal mit Griechenland ist rechtswidrig

Das VG München hat angeordnet, einen nach Griechenland abgeschobenen Asylsuchenden umgehend nach Deutschland zurückzuholen. Das ist ein Urteil von grundsätzlicher Bedeutung, denn es erklärt Seehofers Flüchtlingsdeal mit Griechenland aus dem Jahr 2018 für rechtswidrig.

Im Jahr 2018 focht Seehofer die sogenannte Absichtserklärung mit Griechenland aus. Diese sieht vor, dass Deutschland Schutzsuchende, die vorher in Griechenland einen Asylantrag gestellt haben und über den Landweg aus Österreich kommend nach Deutschland einreisen, innerhalb von 48 Stunden direkt nach Griechenland abschieben kann. Als Gegenleistung dafür versprach Deutschland der griechischen Regierung, den Familiennachzug im Rahmen der Dublin-III-Verordnung nicht weiter zu verzögern.

Das Gericht hält die Abschiebung für rechtswidrig und Deutschland muss den Betroffenen zurückholen. Der Asylantrag des Syrers wurde zunächst in Griechenland aufgrund des breit kritisierten EU-Türkei-Deals als unzulässig abgelehnt – ihm drohte die Abschiebung in die Türkei. Er floh weiter nach Deutschland, wo er im August 2020 an der deutschen Grenze abgefangen und am nächsten Tag auf Basis des Flüchtlingsdeals mit Griechenland abgeschoben wurde. Das alles, ohne Zugang zu Beratung, ohne Möglichkeit einen Asylantrag stellen zu können und damit ohne Rücksicht auf europäisches Recht.