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Spendenaufruf für die Roma-Community in Südserbien

Den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg erreichte in diesen Tagen ein dringender Hilfeaufruf seiner Partnerorganisation URI aus Serbien. Aufgrund der Restriktion anlässlich des Coronavirus dürfen Menschen über 65 ihre Wohnung nicht verlassen. Die ohnehin prekäre Lage der Roma wird in dieser Situation noch gefährlicher. Für viele bricht die Möglichkeit zum Geldverdienen durch Saisonarbeit weg, auch die unzureichende Gesundheitsversorgung verursacht große Problem. URI bittet um Spenden, um gerade den rund 300 älteren Roma, von denen rund 100 Holocaust-Überlebende sind, in der Not zu helfen.

2018 hatte der Flüchtlingsrat eine erfolgreiche Veranstaltungereihe zur Situation der Roma in Serbien mit einem Vorstandsmitglied von URI durchgeführt.

Im Folgenden der Spendenaufruf – unten finden Sie allgemeine Informationen zum Verein URI und seiner Arbeit

Ausnahmezustand in Serbien – COVID-19

Am 15. März wurden in Serbien, auf Anordnung von Präsident Aleksandar Vucic anlässlich des Auftretens des Corona-Virus (COVID) – der Ausnahmezustand ausgerufen.

Personen über 65 müssen rund um die Uhr, sieben Tage pro Woche in ihren Wohnungen bleiben. Für Personen unter 65 Jahren gilt eine Ausgangssperre von 20 bis 5 Uhr.

Alle Formen von öffentlichen Versammlungen und Saisonarbeit sind verboten.

Auf dem Gebiet der Gemeinden Vladicin Han und Surdulica leben 5.000 Roma, davon mehr als 300 ältere Menschen (über 65 Jahre), und etwa 300 Familien sind sozial benachteiligt.

Ältere Roma sind 24 Stunden lang isoliert, leben allein und sind nicht in der Lage, Lebensmittel und Hygieneartikel zu besorgen. Das durchschnittliche Einkommen – die Rente – in dieser Gruppe beträgt 100 Euro pro Person, was nicht ausreicht, um ihre Existenz zu sichern.

Viele sind aufgrund des Saisonarbeitsverbots nun daran gehindert, ein Einkommen zu erzielen und ihre Familien zu ernähren.

Diese Zielgruppe ist in den lokalen Plänen für den Notstand nicht vorgesehen.

Die Roma-Community hat sich an unseren Verein gewandt und bittet um Hilfe. Wir verfügen über Personal- und Raumressourcen, aber wir haben keine Mittel für die Bereitstellung von Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln.


Spendenaufruf

Wir bitten alle solidarischen Menschen und auch die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Roma, um Spenden für diese Zielgruppe.

Bitte helfen Sie nach Ihren Möglichkeiten den Roma aus dem Süden Serbiens in dieser sehr schwierigen Situation, jede Hilfe wäre willkommen und wir wären Ihnen dankbar.


Spendenkonto:
Udruženje Roma intelektualaca
BIC: KOBBRSBG

IBAN RS35205007080003475050

URI- Vereinigung der Roma-Intellektuellen

Die Vereinigung der Roma-Intellektuellen ist eine nichtstaatliche und gemeinnützige Vereinigung, die zur Erreichung der Ziele der Roma-Inklusion gegründet wurde, und zwar insbesondere in den Bereichen: Bildung, Beschäftigung, Wohnen, Sozialfürsorge und Gesundheitsfürsorge

Unsere Ziele sind:

  • Verbesserung des Zugangs zur Beschäftigung.
  • Unterstützung der Förderung der lokalen Beschäftigungspolitik.
  • Förderung der sozialen Inklusion.
  • Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung der Roma-Community
  • Entwicklung eines Bewusstseins für die EU-Integration.
  • Unterstützung der Integration von Rückkehrenden / Abgeschobenen
  • Stärkung des sozialen Zusammenhalts.
  • Schutz der Menschenrechte unter besonderer Berücksichtigung der Minderheitenrechte.
  • Unterstützung des inter-ethnischen Dialogs.
  • Kampf gegen Korruption.
  • Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.
  • Beteiligung der Roma am öffentlichen Leben.
  • Förderung von Bräuchen und Traditionen.
  • Entwicklung des Umweltbewusstseins im Umweltschutz mit besonderem Schwerpunkt auf dem Klimawandel.
  • Beitrag zur Information in Minderheitensprachen.
  • Präventive Gesundheitsfürsorge für Roma.

Um ihre Ziele zu erreichen, führt die Vereinigung folgende Arbeiten durch:

  • Projekte und Programme, die zur Erreichung der Ziele der Vereinigung beitragen;
  • fungiert als ein Roma-Multiplikatorenstelle innerhalb unserer Community;
  • ermutigt Initiativen, die von der Roma-Community ausgehen, um die Lebensqualität zu verbessern;
  • stellt den Informationsfluss zwischen der Roma-Gemeinschaft und staatlichen Institutionen sicher;
  • bietet Expertendienste an: Rechtshilfe, Entwicklung von Unternehmertum, Erstellung von Geschäftsplänen, Karriereberatung, Gesundheitsberatung;
  • organisiert Freiwilligenarbeit auf Ad-hoc- und Kurzzeitbasis;
  • arbeitet mit Universitäten, Schulen, Berufsverbänden und anderen Organisationen im Land zusammen;
  • setzt sich in der Öffentlichkeit für die Verbesserung des Status der Roma-Frauen ein;
  • Organisiert gemeinnützige Arbeit in der Gemeinde.

Auswirkungen von Covid 19 auf Asylverfahren

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat bekannt gegeben, dass zur Vermeidung von Kontakten ab sofort Asylanträge nur noch schriftlich entgegengenommen werden. Das Verfahren läuft laut BAMF so ab, dass zunächst eine Registrierung in einer Erstaufnahmeeinrichtung erfolgen muss. Im Anschluss daran wird ein sog. „Formularantrag“ ausgefüllt, der an das Bundesamt übermittelt wird. Nach Eingang dieses Formularantrags stellt das Bundesamt Aufenthaltsgestattungen aus und übermittelt diese gemeinsam mit den schriftlichen Belehrungen zum Asylverfahren an die Antragstellenden. Anhörungen im Asylverfahren bzw. persönliche Gespräche im Widerrufsverfahren sind zunächst ebenfalls ausgesetzt. Außerdem hat sich das BAMF dahingehend geäußert, dass alle Dublin-Überstellungen ausgesetzt werden sollen. Nach Aussage des BAMF sollen die Fristen jedoch nur unterbrochen werden und nicht ablaufen.

Wichtiger Hinweis: Wir sammeln derzeit Informationen über das praktische Vorgehen des BAMF und anderer Stellen in Bezug auf das Corona-Virus. Fragestellungen, die uns interessieren, sind z.B.: Wie sind die Erfahrungen der Geflüchteten mit den schriftlichen Asylantragstellungen? Werden BAMF-Ablehnungsbescheide versandt? Verschicken Gerichte Ladungen bzw. Urteile? Über die Mitteilung Ihrer Erfahrungen unter info@fluechtlingsrat-bw.de freuen wir uns sehr.


Sozialleistungsausschlüsse für Ausländer*innen müssen ausgesetzt werden!

Auszug aus der Pressemitteilung:

„Die GGUA fordert vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Ausnahmesituation der Corona-Krise die Sozialämter und Jobcenter auf, für alle Menschen in Deutschland das dringend notwendige Existenzminimum zu sichern. Es darf nicht sein, dass in einer Situation wie jetzt Menschen auf der Straße leben müssen oder keinerlei Mittel für ihr Existenzminimum haben. Auch für EU-Bürger*innen ohne regulären Leistungsanspruch, Geflüchtete und andere Drittstaatsangehörige muss nun das menschenwürdige Existenzminimum sichergestellt werden. Eine sichere und angemessene Unterkunft und die finanziellen Mittel für Vorsorge, Hygiene und Lebensmittel sind erst Recht in der momentanen Situation unabdingbar. Niemand darf gezwungen werden, auf der Straße zu leben und zu hungern. Zugleich haben viele Einrichtungen der solidarischen Notversorgung (Tafeln, ehrenamtliche Notfallmedizin usw.) ihren Betrieb eingestellt oder eingeschränkt.“


Geflüchtete sitzen auf den griechischen Inseln fest

Auf den griechischen Inseln leben ca. 41.000 Schutzsuchende unter prekärsten Bedingungen. Auf der Insel Moria gibt es für etwa 20.000 Menschen drei Ärzt*innen, acht Krankenpfleger*innen und sieben Dolmetscher*innen. Auf der Insel Lesbos ist die Lage ähnlich. Hygienevorkehrungen, Sicherheitsabstand, medizinische Versorgung – all das, was so wichtig ist um die Ausbreitung des Corona Virus zu hemmen, ist auf den Inseln nicht möglich. Würde die Pandemie die Geflüchteten auf den Inseln erreichen, wären die Folgen unabsehbar.


Informationsblätter zum Corona Virus

Im Rahmen des Projekts „Welcome2BW“ sind mehrsprachige Informationsblätter entstanden mit allgemeinen Informationen zum Coronavirus und zu Maßnahmen des Infektionsschutzes, sowie mit Informationen über die aktuellen einschränkenden Maßnahmen der Bundes- und der Landesregierung. Tagesaktuelle Informationen in verschiedenen Sprachen bietet außerdem das Handbook Germany an und von Pro Asyl gibt es einen Newsticker zum Thema Corona.


Flüchtlingspolitische Positionen von PRO ASYL zu Covid 19

PRO ASYL hat seine flüchtlingspolitischen Positionen zur Corona-Krise zusammengefasst. Hier ein Auszug: „Angesichts der Verbreitung des Corona-Virus in Deutschland und weltweit braucht es einen sofortigen Abschiebungsstopp und die Freilassung von Menschen aus der Abschiebungshaft. Außerdem sollte das BAMF keine ablehnenden Bescheide mehr verschicken, da die Betroffenen aktuell keine Chance haben, innerhalb von zwei Wochen Klage einzureichen“.


Offener Brief verschiedener Organisationen zu nötigen Schutzmaßnahmen für Geflüchtete vor dem Corona-Virus

Verschiedene Organisationen, darunter PRO ASYL, medico international und die GGUA Flüchtlingshilfe, fordern in einem offenen Brief die Bundesregierung dazu auf, die Schutzmaßnahmen gegen das Corona-Virus auch auf Geflüchtete auszudehnen. 


Gesundheitsversorgung sicherstellen! Lager auflösen! Menschen und ihre Rechte schützen!

Während Bundes- und Landesregierungen in nahezu allen Lebensbereichen strikte Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung der COVID-19-Epidemie ergreifen, werden Geflüchtete in den Lagern (Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften, sogenannten Ankerzentren) und in der Abschiebehaft sowie Illegalisierte und Menschen ohne Krankenversicherungsschutz nur unzureichend geschützt. Aufgrund der engen Belegung und der meist gemeinschaftlichen Nutzung von Bädern, Küchen und anderen Flächen sind die in den Sammelunterkünften untergebrachten Menschen besonders gefährdet, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren. Gleichzeitig haben sie aufgrund mangelnder Informationen, geringerer finanzieller Mittel und oft fehlender sozialer Netzwerke nur wenig Möglichkeit, sich an die gegenwärtige Situation anzupassen.
 
We’ll Come United, die Landesflüchtlingsräte, die bundesweiten Medibüros/Medinetze und viele weitere Organisationen und Initiativen appellieren an die Bundes- und Landesregierungen, dem dynamischen Epidemiegeschehen sofort zu begegnen, Gesundheitsversorgung für alle zu garantieren und einen Leerzug der Massenunterkünfte zu veranlassen. Geflüchtete, die den Risikogruppen angehören, müssen unverzüglich einen adäquaten Schutzraum und angemessene Versorgung erhalten – zum Schutz der Einzelnen und zum Schutz aller Menschen in dieser Gesellschaft.

Verminderung sozialer Kontakte, das Einhalten eines Mindestabstands und Sicherung hygienischer Standards sind notwendig, um eine weitere Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus zu verhindern. All das ist für Tausende von Menschen derzeit nicht möglich. In einigen Geflüchtetenunterkünften kam es bereits zu Erkrankungen und häuslicher Quarantäne von Hunderten von Menschen auf engstem Raum, beispielsweise in Suhl (Thüringen), in Berlin und in München. Zuverlässige Informationen in den benötigten Sprachen fehlen, Menschen harren in Unsicherheit und Angst hinter verschlossenen Türen aus und versorgen schwer erkrankte Zimmernachbar*innen, wie zum Beispiel in München, von wo es außerdem bereits Berichte von Willkür und Gewalt durch Sicherheitspersonal gibt.

Oder die Polizei rückt in einem Großeinsatz an, um eine Quarantäne durchzusetzen, bevor die Bewohner*innen auch nur ansatzweise strukturierte mehrsprachige Informationen erhalten haben, was Quarantäne bedeutet und warum sie verhängt wurde, und löst damit eine große Verunsicherung und Proteste aus, wie in Suhl (Thüringen).

Einem akuten Infektionsgeschehen darf nicht mit Zwangsquarantäne einer gesamten Unterkunft und ihrer Bewohner*innen und gewaltvoller Durchsetzung der Maßnahmen begegnet werden. Vielmehr sind Informationen und Aufklärung hierbei unumgänglich, um die Menschen vor sowohl gesundheitlichen als auch psychischen Schäden zu schützen. Wir fordern die dauerhafte Sicherstellung des Zugangs zu Information, mehrsprachigen Materialien, Verdolmetschung und Vermittlung von zuverlässigen Informationen. Zugang zum Internet über WLAN muss unverzüglich und flächendeckend für alle Geflüchtetenunterkünfte organisiert werden. 

Auch ist Zugang zu psychologischer Beratung notwendig, da die Situation der Quarantäne auch traumatisierend oder retraumatisierend wirken kann.
Wir fordern eine sofortige Auflösung der Massenunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, Erstaufnahmeeinrichtungen und Ankerzentren. Das damit verbundene Infektionsgeschehen ist nicht zu verantworten. Geflüchteten, die Risikogruppen angehören wie Ältere oder Menschen mit Vorerkrankungen müssen insbesondere geschützt werden. Im gesamten Bundesgebiet stehen zahlreiche Wohnungen, Ferienapartments und Hotels leer. Diese Räume müssen sofort durch die zuständigen Behörden zur dezentralen Unterbringung aktiviert und genutzt werden.

Der eingeschränkte Zugang zu Gesundheitsversorgung in Abhängigkeit vom Aufenthaltstitel und Sozialleistungsanspruch kann in der momentanen Lage über Leben und Tod entscheiden. Wir fordern eine sofortige flächendeckende Öffnung des Gesundheitswesens und einen unbürokratischen Zugang zur regulären Versorgung für alle Menschen. Auch illegalisierte Menschen und Personen ohne Krankenversicherung müssen ab sofort getestet und gegebenenfalls behandelt werden. Es muss ausdrücklich zugesichert werden, dass sensible Daten nicht an die Ausländerbehörde übermittelt werden (Aussetzung §87 Aufenthaltsgesetz). Die Kosten für diese dringend notwendigen Gesundheitsleitungen sind selbstverständlich aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten (z.B. Handhabung im Sinne von §19, §25, §69 Infektionsschutzgesetz und Anwendung des „Nothelferparagraphen“ §6a Asylbewerberleistungsgesetz).

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss die Versendung negativer Bescheide unverzüglich einstellen. Aufgrund von geschlossenen Beratungsstellen und eingeschränktem Besuchsverkehr bei Anwält*innen ist es momentan für Geflüchtete kaum möglich, gegen negative Bescheide rechtlich fristgerecht vorzugehen.

Sämtliche Kürzungen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz müssen aufgehoben werden. Da Beratungsstellen und Kanzleien nach und nach schließen, ist der Zugang zu einer effektiven Rechtsberatung nicht mehr gewährleistet.

Wir fordern einen Abschiebestopp und die pauschale Verlängerung aller Aufenthaltstitel mit sofortiger Wirkung. Bei geschlossenen Grenzen und weltweiten Reisewarnungen ist es absurd Abschiebungen weiter durchzuführen. Menschen in Abschiebehaft sind sofort zu entlassen.
Wer sich momentan an der griechisch-türkischen Grenze und in den Lagern auf den griechischen Inseln befindet, ist hygienischen Zuständen und psychischen Belastungen fern jeglicher Standards ausgesetzt. Wir fordern, die Menschen aus Griechenland sofort zu evakuieren!
#LeaveNoOneBehind!

Unterzeichner*innen:

BAfF Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer.
SEEBRÜCKE
Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V,
XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V., 
Bon Courage e.V., Borna
AG Asylsuchende Sächsische Schweiz/ Osterzgebirge e.V.
Kampagne „100 Jahre Abschiebehaft“
Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden
ausbrechen – Antifa Paderborn
Initiativkreis: Menschen.Würdig, Leipzig
Migrationsrat Berlin e.V.
Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin e.V.
IniRromnja
RomaniPhen e.V.
YAAR e.V.
AKuBiZ e.V., Pirna
AGIUA e.V., Chemnitz
Aufstehen gegen Rassismus, Chemnitz
Women in Exile e.V.
Jugendliche Ohne Grenzen
Refugees4Refugees
Anlaufstelle PRO ROMA Waldkirch
United Refugees Rights Movement Karlsruhe


Arbeit und Corona – Flyer IQ Netzwerk Thüringen

Das Corona-Virus wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Um Geflüchtete oder Menschen aus Drittstaaten für die arbeitsrechtlichen Fragestellungen, die diese Situation aufwirft, zu sensibilisieren und vor Missbrauch zu schützen, hat das IQ Netzwerk Thüringen kompakte Flyer zu den Themen Kinderbetreuung und Aufhebungsvertrag erstellt.


Rechtsfreie Räume?

Die Nachrichten dieser Tage beschränken sich auf die Corona-Pandemie, während die miserable, erschreckende und rechtlose Situation von Flüchtenden an der griech.-türk. Grenze und auf den griechischen Inseln unverändert geblieben ist.

Auf der türkischen Seite nutzt Präsident Erdogan Flüchtenden für seine innen- und außenpolitischen Ziele und setzt die EU unter Druck, indem Flüchtende teilweise gewalttätig an die griechische Grenze geschafft werden. Flüchtende erfahren in der Türkei vielfache Ausgrenzungen, so auch vom Wohnungs- und Arbeitsmarkt, weiter haben sie einen ungewissen rechtlichen Aufentaltsstatus und werden teilweise nach Syrien und andere Länder abgeschoben. Somit ist bei vielen die Hoffnung nach Europa weiter zu fliehen groß – doch nun sind etliche an der türk.-griech. Grenze gefangen zwischen griechischen und türkischen Grenzpolizist*innen. Kommt das überraschend?

An der Grenze verweigern, zu Wasser und zu Land, griechische und andere europäische Grenzpolizist*innen, so auch deutsche, Flüchtenden den Zutritt. Damit ist gemeint, dass gegen Flüchtende anscheinend ohne ethische oder rechtliche Bedenken Gummigeschosse, Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt werden. Schlauchboote mit Flüchtenden werden zurückgedrängt und teilweise zerstochen – mit Hilfe von rechtsradikalen Mobs – angereist aus ganz Europa. Diejenigen, die es geschafft haben einzureisen werden inhaftiert, völkerrechtswidrig und auf erniedrigende Weise zurückgeschoben oder gerichtlich zu hohen Strafen wegen unerlaubter Einreise verurteilt. Dabei ignorieren die Richter*innen, dass nach internationalem Recht, Flüchtlinge nicht wegen unerlaubtem Grenzübertritt belangt werden dürfen (Art. 31 GFK). Ist das Europa? Sascha Seidl stellt fest, „[d]as, was die AfD in Deutschland 2015 noch erträumt hat und wofür die Partei damals heftig kritisiert wurde, wird mit rasender Geschwindigkeit Realität an den europäischen Außengrenzen“. 

Auf griechischer Seite wurde das Grundrecht aus Asyl entgegengesetzt des Art. 18 der EU-Grundrechtecharta und der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt. Kann man ein Grundrecht “pausieren”? Nun, die griechischen Behörden nehmen in diesem Monat einfach keine Asylanträge mehr entgegen. Zudem werden 500 Geflüchtete in einem Kriegsschiff interniert, ein Lager brennt, Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen werden angegriffen und aufgrund des Corona Virus erhalten diejenigen, die noch da sind keinen Zugang zu den Lagern mehr. Dass die Lager teilweise um das heillos überbelegt sind, Menschen in Dreck, Fäkalien und Kälte hausen, medizinische Versorgung kaum existent ist und besonders Schutzbedürftige all dem ausgesetzt sind, ist seit Jahren Normalität. Warum sollte sich da noch was ändern?

Auf der Seite der EU und den anderen europäischen Staaten hört man lobende Worte an die griechische Regierung und man schickt finanzielle und personelle Unterstützung für die weitere Abschottung der Grenze. Spricht da jemand von Rechtsbruch? Nach Maximilian Pichl, trägt “[d]ie Auslagerung des Flüchtlingsschutzes (…) dazu bei, dass sich Gesellschaften daran gewöhnen, wenn grundlegende Rechte gebrochen werden. Dass die Zustände auf den Inseln nicht schon vor Jahren beendet und die Menschen in Europa verteilt wurden, beweist diese Annahme (…).“ Auch zeigen die schleppenden Bemühungen zur Aufnahme eines minimalen Kontingents und die haarspaltende Auswahl von 1500 Kindern von den Inseln, wie wenig Interesse an einer Beendigung des Ausnahmezustands besteht. Bezüglich Edogans Vorgehen hat Angela Merkel weitere EU-Mittel zugesichert. Mit finanziellen Spritzen soll also der Status Quo wiederhergestellt werden. Ist die EU von Erdogan also erpressbar? Valeria Hänsel bewertet den EU-Türkei Deal von 2016 als Kardinalsfehler und “[a]nstatt aus den fatalen Fehlern zu lernen, spricht der Architekt des Deals Gerald Knaus nun von einer „Übereinkunft 2.0 zwischen der EU und der Türkei“. Denn die europäische Grenzpolitik basiert in ihren Grundfesten auf Erpressbarkeit – Abhängigkeiten von autoritären Regimen, die die Drecksarbeit für sie erledigen.“ 

In Zeiten der Corona Krisen gibt es weitaus schwerere humanitäre und menschenrechtliche Krisen an den geographischen Grenzen Europas. Hier grenzt sich momentan die öffentliche Berichterstattung ein, stößt unser Vorstellungsvermögen auf Grenzen, und wird die Einhaltung internationalen und europäischen Rechts begrenzt.