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Studie: „Bedeutet unser Leben nichts?“

Neu ankommende Geflüchtete werden in Deutschland in umzäunten Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht, in für mehrere hundert Menschen konzipierten Massenunterkünften, die den ersten Eindruck und das beginnende Leben in Deutschland wesentlich prägen. Die Isolation dort behindert das Ankommen und die Integration. Es fehlt der Zugang zu Beratung oder Rechtsbeistand – viele der Betroffenen stehen sowohl im Asylverfahren als auch bei drohender Abschiebung ohne Unterstützung da. Und Großunterkünfte für Flüchtlinge sind stigmatisierende Zeichen der Ausgrenzung, werden häufig zum Ziel von Hasskampagnen.

Eine neue Studie lässt nun die Betroffenen selbst ausführlich zu Wort kommen. Dr. Nikolai Huke von der Universität Kiel hat mit Bewohner*innen vor allem von Erstaufnahmeeinrichtungen gesprochen. Die Interviews machen nachvollziehbar, wie sich das alltägliche Leben dort gestaltet und zeigen auf berührende Weise die kleinen und großen Herausforderungen und Belastungen. Dies ist auch deshalb ein wichtiger Beitrag, weil der Zivilgesellschaft der ungehinderte Zugang in die Erstaufnahmelager und damit ein kritischer Blick auf deren innere Verhältnisse mancherorts verwehrt wird. Die Äußerungen der Betroffenen führen einmal mehr zu der Erkenntnis, dass die Bedingungen dort weder dem Wohl der betroffenen Menschen noch der Gesellschaft dienlich sind.

Pro Asyl (Hrsg.) 2021: „Bedeutet unser Leben nichts?“


Neuer Bericht zur Situation geflüchteter Frauen und Mädchen

Geflüchtete Frauen und Mädchen sind oft Gewalt ausgesetzt und haben schwierigeren Zugang zu Unterstützung bei Gewaltvorfällen – und das nicht allein im Herkunftsland. Ihre Lebenswirklichkeit ist an vielen Stationen ihres Lebens, in vielerlei Hinsicht und durch verschiedene Täter*innen von Gewaltverhältnissen geprägt. Dies betrifft häufig auch den monate- oder jahrelangen Fluchtweg und endet nicht mit der Ankunft in Deutschland.

Im Februar 2018 trat die Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Kraft. Diese sogenannte „Istanbul-Konvention“ hat den Zweck, Frauen vor Gewalt zu schützen, Gewalt gegen Frauen zu verhindern, zu verfolgen und zu beseitigen, Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu fördern sowie die Gleichstellung von Frauen und Männern voranzubringen.

Ein aktueller Bericht geht nun der Frage nach, inwieweit die zentrale Verpflichtung der Istanbul-Konvention, der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt und ihre Bekämpfung, in Bezug auf geflüchtete Menschen in Deutschland umgesetzt ist, und zeigt auf, wo noch Verbesserungen notwendig sind. Verfasserinnen dieses Berichts sind Expertinnen von Flüchtlingsräten aus den Bundesländern Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, von PRO ASYL und der Universität Göttingen.


„Wir schaffen das!“ … seit 6 Jahren! Und wie geht es weiter?

Mit diesem Fachtag lädt die Evangelische Erwachsenenbildung Ortenau ein zum Austausch über Erfahrungen, Positionierungen und (Heraus-)Forderungen im Prozess der Integration von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund und bietet einen fundierten Überblick zu den entsprechenden aktuellen politischen Entwicklungen.

Geplant sind folgende Inhalte:
Aktuelle Entwicklungen der europäischen Migrationspolitik und Informationen zur Lage an den EU-Außengrenzen bzw. landespolitische Entwicklungen
Aufenthaltsverfestigung: Der Weg von der Aufenthaltserlaubnis zur Niederlassungserlaubnis
Trauma und Ehrenamtliche

Das Angebot richtet sich sowohl an ehrenamtliche Engagierte als auch an Fachkräfte aus den Bereichen Flüchtlingssozialarbeit und weiteren Unterstützungssystemen für geflüchtete Menschen.

Referent*innen:
Jürgen Blechinger, Jurist im Bereich Flucht, Migration und Interkulturelle Kompetenz, Referent für Flucht und Migration/Stabsstelle Migration, Diakonisches Werk Baden
Giles Stacey, Diakonisches Werk Offenburg
Lea Gräß, Caritas Ulm

Termin: Sa. 02.10.2021, 10:30 Uhr

Ort: Grimmelshausen-Gymnasium, Gymnasiumstr. 9, Offenburg

Anmeldung sind über die Homepage der Evangelischen Erwachsenenbildung möglich.


Kampagne: Menschenrechte sind #unverhandelbar!

Die Kampagne #unverhandelbar kritisiert die aktuelle Asyl- und Migrationspolitik und hat einen Forderungskatalog an die zukünftige Bundesregierung aufgestellt. Sie klärt kurz und übersichtlich über verschiedene Themen rund um Migration auf, zum Beispiel Antirassismus, Bleiberecht, Familien usw. Zu jedem Thema gibt es Forderungen, die gerne an Bundestagskandidat*innen im Wahlkampf herangetragen werden können. Außerdem gibt es einen Fragebogen, um die Kandidat*innen zu ihren Positionen zur Asylpolitik zu befragen und eine entsprechende Petition.

Unterstützt wird die Kampagne von einem Bündnis aus verschiedenen Organisationen.

Vorweg ein kurzer Auszug aus den Forderungen an die neue Bundesregierung:

  • Wir wollen ein Europa, das niemanden auf der Flucht ertrinken lässt und Menschen nicht durch hochgezogene Grenzzäune in Lebensgefahr bringt. 
  • Wir nehmen nicht hin, dass schutzsuchende Menschen kriminalisiert, an Europas Grenzen inhaftiert und monatelang festgesetzt werden. 
  • Wir wollen, dass die Hochrüstung von Europas Grenzen, Frontexeinsätze und Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete gestoppt werden. 
  • Grundrechte sind nur etwas wert, wenn sie für alle Menschen gelten.


Neue Broschüre „Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktzugangs von Geflüchteten“

Der Informationsverbund Asyl & Migration sowie das Deutsche Rote Kreuz haben die Broschüre „Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktzugangs von Geflüchteten“ aktualisiert und in einer neuen Auflage herausgegeben.

Die Broschüre beinhaltet Informationen über Voraussetzungen und Möglichkeiten des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende, Menschen mit Schutzstatus und Menschen mit einer Duldung.

Die Broschüre richtet sich vor allem an Menschen, die in der Beratungspraxis arbeiten.

Sie kann kostenlos digital gelesen werden, oder gedruckt gegen eine Versandkostenpauschale bestellt werden.


BMI: Hinweise zur Niederlassungserlaubnis

Das Bundesinnenministerium hat Anwendungshinweise zur Identitätsklärung als Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis herausgegeben. Konkret geht es um Niederlassungserlaubnisse für Personen mit einer Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung (§ 26 Abs. 3 AufenthG) und Personen mit anderen humanitären Aufenthaltserlaubnissen (§ 26 Abs. 4 AufenthG), z.B. dem subsidiären Schutz und Abschiebungsverbot.

Gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG kann von der Erteilungsvoraussetzung einer geklärten Identität für die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels abgesehen werden. Das BMI präzisiert nun, dass bei einer Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 und 4 AufenthG dieses Ermessen in der Regel nur dann zu Gunsten der Betroffenen auszuüben ist, wenn die Betroffenen nachweislich, schlüssig und plausibel darlegen können, warum und welche Schritte der Identitätsklärung für sie unzumutbar sind. Bei Menschen, die eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis ohne geklärte Identität erhalten haben, ist nun zu befürchten, dass das Erfordernis, die Unzumutbarkeit der Identitätsklärung zu beweisen, in Zukunft eine erhebliche Hürde bei der Erlangung einer Niederlassungserlaubnis darstellen wird. Davon betroffen sind auch Menschen mit Asylberechtigung und Flüchtlingseigenschaft.

Falsch ist zudem, dass die Niederlassungserlaubnis ein für die Einbürgerung erforderlicher Aufenthaltstitel sei. Eine Einbürgerung ist in bestimmten Konstellationen ohne Niederlassungserlaubnis aber mit einer Aufenthaltserlaubnis möglich.

Die Hinweise enthalten zudem „Beweismittel-Stufen“, die Auskunft geben, mit welchen Dokumenten die Identität zu klären ist und wie die Ausländerbehörden bei der Prüfung vorgehen sollen.


Aufnahme, Familiennachzug und Bleiberecht für Afghan*innen gefordert

Auf ihrer diesjährigen Herbstkonferenz haben sich die Flüchtlingsräte der Bundesländer und PRO ASYL mit den geflüchteten und auf der Flucht befindlichen Menschen aus Afghanistan solidarisiert. Neben der Aufnahme der sogenannten Ortskräfte fordern wir die Ermöglichung des Familiennachzugs und das Bleiberecht für die bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.

Auf ihrer diesjährigen Herbstkonferenz haben sich die Flüchtlingsräte der Bundesländer und PRO ASYL mit den geflüchteten und auf der Flucht befindlichen Menschen aus Afghanistan solidarisiert. Neben der Aufnahme der sogenannten Ortskräfte fordern wir die Ermöglichung des Familiennachzugs und das Bleiberecht für die bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.

„Tausende Afghan*innen wenden sich derzeit in der verzweifelten Hoffnung an uns, einen Ausweg aus der lebensbedrohlichen Lage und Schutz im Ausland zu finden. Die Bundesregierung hat es unterlassen, besonders bedrohten Menschen rechtzeitig eine sichere Fluchtperspektive zu eröffnen und ihre Evakuierung aus Afghanistan umzusetzen. Statt Notfallpläne zu entwickeln und die bedrohten Menschen rechtzeitig mit Papieren zu versehen, wurden bis zuletzt Abschiebungen durchgesetzt“, berichtet Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Endlich Familiennachzug ermöglichen

Trotz dieser verantwortungslosen Politik wird es auch in Zukunft bedrohten Menschen gelingen, den Taliban zu entkommen. Dabei geht es nicht nur um die sogenannten Ortskräfte, sondern auch um andere bedrohte Afghan*innen und insbesondere um die Familienangehörigen von bereits in Deutschland lebenden Afghan*innen.

In Deutschland leben tausende Menschen aus afghanischen Communities, es gibt selbstorganisierte Strukturen und Beratungsnetzwerke, schon allein deshalb trägt Deutschland eine besondere Verantwortung bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen aus Afghanistan. Es ist jetzt notwendig, die Flüchtenden konkret zu unterstützen und die Voraussetzungen für Ihre Aufnahme zu schaffen. Außerdem muss endlich der Familiennachzug schnell ermöglicht werden.

Unsere Forderungen:

1. Die Einreise der etwa 40.000 sogenannten Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen muss ermöglicht werden.

2. Der Familiennachzug zu afghanischen Geflüchteten in Deutschland darf nicht länger, wie bereits seit Jahren von uns und auch vom UNHCR kritisiert, verzögert oder ganz blockiert werden.

3. Gebraucht werden außerdem humanitäre Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern mit dem Ziel, die genannten Gruppen sowie afghanische Geflüchtete aus den umliegenden Ländern schnell und unbürokratisch in Deutschland aufzunehmen (beispielhaft: Thüringen, Schleswig-Holstein und Berlin).

4. Sofortiger und bedingungsloser Abschiebestopp und sicheres Bleiberecht für alle afghanischen Staatsangehörigen in Deutschland, deren Asylgründe bislang nicht anerkannt und die zur Ausreise aufgefordert wurden.

5. Visa-Anträge müssen bei jeder deutschen Auslandsvertretung angenommen werden, hierfür muss das Personal in den Botschaften aufgestockt werden. Zudem dürfen keine Originaldokumente aus Afghanistan zum Nachweis von familiären Bindungen oder Sprachnachweise für Ehepartner*innen eingefordert werden, sondern es muss vielmehr für die Visumserteilung eine Globalzustimmung des Innenministeriums reichen.

Aufnahme, Familiennachzug und Bleiberecht dürfen dabei nicht an der mangelnden Zuständigkeit von Auslandsvertretungen, an nicht beschaffbaren Dokumenten, an Verpflichtungserklärungen oder an einem verengten Familienbegriff scheitern.


Solidarität entgrenzen #offengeht!

PRO ASYL und weitere Organisationen haben in einem Positionspapier ihre Erwartungen zur Lösung wachsender globaler Herausforderungen formuliert. Sie kritisieren dabei die Fehler der EU- und NATO Außenpolitik in Afghanistan und die Abwälzung der Folgen auf die afghanische Bevölkerung.  Anstatt auf Nationalismus und Abschottung zu setzen, müsse man Solidarität über Ländergrenzen hinweg praktisch werden lassen und Schutzsuchenden mit einer humanen Migrations- und Flüchtlingspolitik begegnen.


Spannender Austausch mit Partnerorganisationen

Im Rahmen des ErasmusPlus-Projekts „Balkan-Migrations-Trialog“ haben sich der letzten August-Woche Vertreter*innen der beteiligten Partnerorganisationen Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Netzwerk Pro Sinti und Roma, URI (Verband der Roma-Intellektuellen, Serbien) beim Gastgeber Romalitico in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje getroffen. Sinn des Projekts ist ein Austausch zwischen den Organisationen, die allesamt mit dem Thema Migration zwischen den Westbalkanländern und Deutschland, inklusive der Situation von Rückkehrenden bzw. Abgeschobenen, zu tun haben. Durch die Zusammenarbeit bekommen alle Projektpartner regelmäßig wichtige Infos aus der Praxis, können sich gegenseitig Fragen beantworten, die Wissen aus dem jeweils eigenen Land erfordern, und halten sich auch über relevante politische Entwicklungen und Gesetzesänderungen auf dem Laufenden.

Bei der Projektsitzung waren sich alle Organisationen einig, dass das Projekt fortgesetzt und ausgebaut werden soll. Dazu wird im kommenden Jahr ein neuer Antrag gestellt.

Zusätzlich zu dem Projekttreffen wurde die Gelegenheit genutzt, an den folgenden Tagen mehrere Gespräche mit wichtigen Akteur*innen vor Ort zu führen. So traf man sich unter anderem mit dem Staatssekretär im Justizministerium, Muhamed Toci, dem Berater des Premierministers, Elvis Memeti, mit Marijana Milevski vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP, Mabera Kamberi vom Sozialministerium, Mersiha Sali vom neuen Projekt ROMACTED, das von der EU und dem Europarat finanziert wird, sowie abschließend am letzten Tag des offiziellen Programms mit Kurto Dudus, dem Bürgermeister der Gemeinde Šuto Orizari, der weltweit einzigen Gemeinde, die mehrheitlich von Rom*nija bewohnt wird.

Aus diesen Gesprächen konnten viele wichtige und wertvolle Informationen gewonnen werden. So informierte Muhamed Toci über ein neues Gesetz zur kostenfreien Rechtshilfe, wonach Menschen in prekären sozialen Lagen – dazu gehören alle Rückkehrenden aus dem Ausland – ein Recht auf kostenfreie Rechtsberatung und gegebenenfalls anwaltliche Vertretung haben. Mabera Kamberi konnte Auskunft über das Prozedere zur Beschaffung von Dokumenten wie z.B. Geburtsurkunden geben, und sie informierte auch darüber, dass die Regierung gerade dabei ist, Lösungen zu finden für die geschätzt rund 500-600 Personen im Land, die keine Papiere haben und nie welche hatten. Im Rahmen der bevorstehenden Volkszählung sollen diese Personen gefunden werden, anschließend ist eine erstmalige Erteilung von offiziellen Dokumenten geplant.

Viele der Gesprächspartner*innen berichteten davon, dass es bei Menschen, die aus Deutschland zurückkehrend, bestimmte immer wieder auftretenden praktischen Fragen gibt, wie zum Beispiel die Beschaffung von Geburtsurkunden für in Deutschland geborene Kinder und Schulbescheinigung für den Schulbesuch in Deutschland, die nötig sind, damit die Kinder in Nordmazedonien wieder in die Schule gehen können. Hier konnten die in Deutschland ansässigen Organisationen Unterstützung anbieten.

Die Probleme der Rückkehrenden sind allerdings nicht nur praktischer Art. Es ist nicht selten, dass sie bei Ämtern und Behörden „abgewimmelt“ werden, und irgendwann entnervt aufgeben. Für viele Rom*nija ist angesichts der weit verbreiteten Diskriminierung und Ausgrenzung der Weg ins Ausland der einzige möglich erscheinende Weg, der auf eine menschenwürdige Zukunft hoffen lässt. Rechte, die auf dem Papier existieren, können in vielen Fällen in der Praxis nicht durchgesetzt werden. Das Problem der Diskriminierung und des „Abwimmelns“ von Rom*nija in Behörden konnte uns Bürgermeister Dudus anhand von anderen Kommunen bestätigen beziehungsweise anhand der Erfahrung von Einwohner*innen seiner Gemeinde, die mit in anderen Gemeinden ansässigen Behörden zu tun hatten. Dass es neue Beratungs- und Anlaufstelle geben soll – unter anderem durch das von Romalitico mitbegründete AVAJA-Netzwerk und im Rahmen des ROMACTED-Projekts – ist dabei eine wichtige Hilfe. Mit fachkundiger Begleitung an der Seite lassen die Menschen nicht so leicht abwimmeln. Allerdings wird eine grundlegende Verbesserung der Situation der Rom*nija im Land – und damit auch eine Bekämpfung der Fluchtursachen – nur durch eine Veränderung der Einstellung großer Teile der Mehrheitsgesellschaft zu erreichen sein – und das zu erreichen ist in der Tat eine sehr große Herausforderung.


Petition: Solidarität mit Afghan*innen: Humanitäre Aufnahme und sichere Bleibeperspektiven jetzt!

Mit Entsetzen verfolgen viele Menschen gerade die dramatischen Entwicklungen in Afghanistan, wo die Taliban die Macht übernommen haben und tausende Menschen versuchen, sich in Sicherheit zu bringen. Entsetzend ist auch das beschämende und menschenfeindliche Verhalten der politisch Verantwortlichen in Deutschland, die bis wenige Tage vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban in erster Linie darauf bedacht waren, die mittlerweile zusammengebrochene Regierung unter Druck zu setzen, um weitere Abschiebungen hinzunehmen.

Den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg erreichen Anfragen von verzweifelten Menschen, deren Familienangehörige sich noch in Afghanistan befinden. Teilweise geht es um Menschen, die auf ein Visum zum Familiennachzug warten, teilweise um Personen, die wegen ihrer Tätigkeiten hochgefährdet sind. In anderen Fällen geht es um Afghan*innen, die ein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben und sich gerade in Afghanistan aufhalten.

Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftliche Initiativen haben seit Monaten darauf hingewiesen, dass das Auswärtige Amt die Sicherheitslage in Afghanistan falsch einschätzt oder beschönigt. Afghan*innen, die in Deutschland leben, wurde dadurch eine sichere Bleibeperspektive sowie das Recht auf Familienzusammenführung verwehrt. Durch die Herauszögerung von Visaverfahren und Ausreise sitzen nun Menschen in lebensbedrohlicher Lage in Afghanistan fest, die längst in Sicherheit sein könnten.

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg fordert daher die Landesregierung auf,

  • sich für offene und sichere Fluchtwege für gefährdete Afghan*innen einzusetzen. Hierzu gehören nicht nur Ortskräfte, die für deutsche Institutionen und Einrichtungen gearbeitet haben, sondern auch zivilgesellschaftliche und politische Aktivist*innen, Familiennachzügler*innen und besonders vulnerable Personen und Gruppen;
  • beim Bund auf die Erklärung der Zuständigkeit aller deutschen Botschaften in der Region für Bearbeitungen von Visumsanträgen afghanischer Staatsangehöriger hinzuarbeiten und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit von Ausnahme-Visa bei der Einreise nach Deutschland zu nutzen. Es ist nicht zumutbar, dass Menschen, die in Afghanistan ausharren, ein langwieriges Visumsverfahren durchlaufen müssen;
  • dem Beispiel anderer Länder wie Berlin und Schleswig-Holstein zu folgen und ein Landesaufnahmeprogramm auf den Weg zu bringen, in dessen Rahmen aus Afghanistan und in Nachbarstaaten geflüchtete sowie in Transitstaaten (Türkei, Griechenland, Bosnien, Serbien u.a.) gestrandete Afghan*innen aufgenommen werden können;
  • sich beim Bund und den anderen Ländern für eine bundesweite Bleiberechtsregelung für in Deutschland befindliche Afghan*innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus wegen der Unmöglichkeit der Rückkehr einzusetzen sowie konkret das Regierungspräsidium Karlsruhe anzuweisen, allen in Baden-Württemberg bis dato nur geduldeten Afghan*innen eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis zu erteilen;
  • einen sofortigen Stopp der Dublin-Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger von Baden-Württemberg aus in andere EU-Staaten zu erlassen;
  • einen schnellen und unbürokratischen Familiennachzug von in BW lebenden Afghan*innen zu ermöglichen und
  • sich für die zeitnahe Überprüfung der offenkundig fehlerhaften Asylablehnungen durch das BAMF einzusetzen.

Warum ist das wichtig?

Die Realität verleugnend und basierend auf geschönten Lageberichten des Auswärtigen Amtes hatten noch Ende Juni die Union und die SPD im Bundestag einen Antrag auf erleichterte Aufnahme afghanischer Ortskräfte abgelehnt – aus Prinzip, wie mittlerweile eingeräumt wird. In der Praxis ist zudem deutlich geworden, dass die Evakuierung von Ortskräften in sehr vielen Fällen ausschließlich an hohen bürokratischen Hürden und politischem Unwillen gescheitert ist, ebenso wie der Familiennachzug aus diesen Gründen seit langem verschleppt wird.

Es wurden von politischer Seite schon zu viele Fehler in Bezug auf Afghanistan gemacht. Nun ist es an der Zeit, Menschlichkeit und Solidarität zu zeigen. Jetzt müssen möglichst viele Menschen möglichst unkompliziert aufgenommen werden.