EuGH: Unzulässige Rückkehrentscheidungen gegen UMF

Der EuGh hat am 14. Januar 2021 klargestellt, dass gegen unbegleitete Minderjährige keine Rückkehrentscheidung getroffen werden darf, wenn sich der Mitgliedsstaat nicht vergewissert hat, dass im Herkunftsland eine geeignete Aufnahmemöglichkeit besteht. Denn eine Rückkehrentscheidung ohne vorherige Vergewisserung würde den jungen Menschen in eine Situation großer Unsicherheit versetzen. Dies würde sich negativ auf das Kindeswohl auswirken. Das Urteil bezieht sich auf einen Fall aus den Niederlanden.

Auch in Deutschland ist es gängige Praxis, dass das BAMF Asylanträge ablehnt und Rückkehrentscheidungen, i.d.R. in Form von Abschiebungsandrohungen, gegen UMF erlässt. Dabei prüft das BAMF normalerweise nie, ob es im Herkunftsland eine geeignete Aufnahmemöglichkeit im Falle einer Abschiebung gäbe. Demnach versetzt auch die deutsche Praxis des BAMF abgelehnte UMF in große Unsicherheit und schadet ihrem Kindeswohl. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form sich das EuGH-Urteil auf die Praxis hierzulande auswirken wird.

Abgeschoben werden können unbegleitete Minderjährige übrigens nur selten, da vor Abschiebungen eine geeignete Aufnahmemöglichkeit im Herkunftsstaat gefunden werden muss (§ 58 Abs. 1a AufenthG). Über die gefundene Aufnahmemöglichkeit müssen dann die Behörden die betroffene Person (bzw. dem*der Vormund*in) unterrichten, damit diese die Möglichkeit haben, Einwände vorzubringen (VGH Baden-Württemberg 22.5.2017, 11 S 322/17). Leider gibt es immer wieder Einzelfälle, in denen das ignoriert wird. Begleitpersonen von UMF sollten unbedingt darauf achten, dass eine Abschiebung nur mit vorherige Mitteilung rechtlich erfolgen darf.


Hürden beim Familiennachzug

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat sich in einer Stellungnahme mit den aktuellen Hürden beim Familiennachzug zu unbegleiteten minderjährigen international Schutzberechtigten, insbesondere dem Geschwisternachzug, sowie der Nachzugsregelung zu subsidiär Schutzberechtigten beschäftigt. Zudem werden die praktischen Schwierigkeiten beim Nachweis der Familienzugehörigkeit beleuchtet.


Medinetz Freiburg: Aufruf zur Einführung eines Anonymisierten Behandlungsscheins

Das Medinetz Freiburg setzt sich dafür ein, dass ein anonymisierter Behandlungsschein in Freiburg eingeführt wird. Hierbei handelt es sich um eine pragmatische, kurzfristig umsetzbare und wirksame Lösung zur medizinischen Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung (z.B.. illegalisierte Menschen). Diese Personen befinden sich – insbesondere in Zeiten der Pandemie – in einer höchst vulnerablen und prekären Versorgungssituation.



FRONTEX- Skandal: Direktor von Frontex im Innen- und Menschenrechtsausschuss des Bundestages

PRO ASYL fordert Abzug der deutschen Einsatzkräfte. Frontex muss auf den Prüfstand!

„Die Beweislage gegen den Frontex-Direktor Fabrice Leggeri und seine Agentur ist erdrückend. Frontex ist direkt und indirekt an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Der überfällige Rücktritt Leggeris reicht schon längst nicht mehr aus, Frontex muss insgesamt auf den Prüfstand“, kommentiert Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung von PRO ASYL die für heute angesetzte Befragung Leggeris im Innen- und Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundetags.

Die Grenzschutzagentur ist an den EU-Außengrenzen Komplizin bei schweren Menschenrechtsverletzungen. Die interne Kontrolle der Agentur funktioniert nicht – und eine externe, unabhängige Instanz existiert nicht.

„Deutschland ist an den Frontex-Einsätzen beteiligt, dementsprechend ist es an der Bundesregierung, endlich zu umfassender Aufklärung beizutragen“, so Kopp im Hinblick auf Berichte, die die Beteiligung der Bundespolizei an völkerrechtswidrigen Zurückweisungen – sogenannten Push-Backs – von Flüchtlingen in der Ägäis belegen.

Die Bundespolizei war im Einsatzgebiet Ägäis in nachweislich mindestens einer Push Back-Operation verwickelt: Flüchtlinge wurden illegal zurückgeschickt, statt sie zu retten. Der Spiegel und Report Mainz machten im November 2020 unter Berufung auf interne Dokumente von Frontex den Einsatz vom 10. August 2020 öffentlich: An diesem Morgen wurde die Besatzung der „Uckermark“ über ein Schlauchboot mit 40 Schutzsuchende in der Ägäis alarmiert. Statt die Insassen aus Seenot zu retten, wartete die Besatzung der „Uckermark“ auf die griechische Küstenwache und verließ dann die Position. Später wurden die Schutzsuchenden in türkischem Gewässer durch die türkische Küstenwache aufgegriffen.

In den Einsatzgebieten von Frontex an den EU-Außengrenzen finden systematische Menschenrechtsverletzungen, Gewaltexzesse und tausendfache Push-Backs statt. Leggeri hat keinen dieser menschenrechtswidrigen Einsätze beendet, obwohl die Frontex-Verordnung dies vorsieht. Beispiel Ungarn: Hier wurden Push-Backs 2016 zur offiziellen Regierungspolitik von Victor Orban. Seitdem wurden über 50.000 Schutzsuchende rechtswidrig zurückgewiesen. Leggeri hielt dennoch an dem Einsatz fest. Der Frontex- Chef hat bisher wenig zur Aufklärung der Vorwürfe beigetragen, im Gegenteil: Vor dem Innenausschuss des EU- Parlaments im Dezember 2020 sagte er die Unwahrheit. Die schwerwiegende Grund- und Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von Frontex- Operationen müssen Konsequenzen haben.
PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf:

1.   das deutsche Kontingent mitsamt technischer Ausrüstung aus Frontex-Einsätzen abzuziehen,
2.   die Vorwürfe gegen deutsche Beamt*innen lückenlos aufzuklären,
3.   von Artikel 46, Absatz 2, der Frontex-Verordnung Gebrauch zu machen und als an der Operation teilnehmender Mitgliedstaat angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen „den Exekutivdirektor (zu) ersuchen, die operative Tätigkeit zu beenden.“


Kurzfilm „Was sind frühe Hilfen?“ für Fachkräfte und Eltern

Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) hat Kurzfilme für Fachkräfte und Eltern in sechs verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Die dreiminütigen Kurzfilme erklären anschaulich, was Frühe Hilfen sind und wie Schwangere und Familien mit Unterstützungsbedarf die Angebote erhalten können.

Die Kurzfilme sind abrufbar in den Sprachen Deutsch, Arabisch, Englisch, Französisch, Russisch und Türkisch.


Vereinigtes Königreich: Dublin III-VO außer Kraft

Die Dublin III-Verordnung regelt die Verantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten für Asylantragsteller*innen. Mit dem Brexit findet die Dublin III-Verordnung seit dem 1. Januar 2021 in Bezug auf GB keine Anwendung mehr. Bis dato gibt es noch kein neues Abkommen zwischen GB und der EU. Die britische Regierung ließ verlauten, dass womöglich zunächst bilaterale Abkommen mit einzelnen europäischen Ländern getroffen werden könnten.

Das BAMF bestätigte nun, dass sich aus der Nicht-Anwendbarkeit der Dublin III-Verordnung unmittelbare Auswirkungen auf Asylverfahren in Deutschland ergeben:

  1. Das „Dublin-Regime“ findet in Fällen mit GB-Bezug keine Anwendung mehr. Dies bedeutet konkret, dass Bescheide in denen vor dem 31.12.2020 die Zuständigkeit GBs festgestellt wurde, zurückgenommen werden. Außerdem werden seit dem 31.12.2020 unabhängig von vorherigen Zustimmungen des betroffenen Staates weder Überstellungen nach GB durchgeführt, noch Überstellungen nach Deutschland akzeptiert. Seit dem 1.1.2021 werden zudem keine Übernahmeersuchen mehr an GB gestellt oder aus GB empfangen. Alle von diesen Auswirkungen betroffenen Fälle gehen dementsprechend in das nationale Verfahren des Staates über, in denen sich die betroffene Person derzeit befindet.
  2. GB wird nicht mehr als „sicherer Drittstaat“ eingestuft. Dies bedeutet, dass Personen die über GB nach Deutschland einreisen sich nun unmittelbar auf das deutsche Asylgrundrecht berufen können.
  3. Möglicherweise wird GB allerdings als „sonstiger Drittstaat“ eingestuft. Auf Grundlage der europäischen Asylverfahrensrichtlinie könnten Asylanträge von Personen, die aus GB nach Deutschland einreisen, dann als „unzulässig“ abgelehnt werden. Dies könnte ehemalige Dublin-Fälle oder Personen, die in GB bereits einen Schutzstatus erhalten haben, betreffen. Es ist allerdings umstritten, ob das entsprechende Konzept der Asylverfahrensrichtlinie im deutschen Recht überhaupt vollständig umgesetzt ist. Ohnehin wäre dann eine Wiederaufnahmebereitschaft GBs zwingend notwendig. Es bleibt aber fraglich, ob bzw. auf welcher Rechtsgrundlage GB verpflichtet wäre, betroffene Personen wiederaufzunehmen.

Weiterführende Informationen finden Sie hier:


SG Kassel: Kindergeldanspruch für unbegleitete Minderjährige

Unbegleitete Minderjährige haben einen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie nicht den Aufenthaltsort ihrer Eltern kennen (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BKGG). Das Kindergeld darf auch dann nicht verweigert werden, wenn der Suchdienst des DRK o.ä. eingeschaltet wurde, der im Übrigen nicht für die Durchsetzung von Kindergeldansprüchen zur Verfügung steht.


Online-Seminar „Härtefallantrag“

Der Informationsbedarf zum Thema Härtefallgesuch hat in den letzten Monaten stark zugenommen und dieses Thema wird uns auch im Jahr 2021 begleiten. Deshalb bietet der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Ökumenischen Migrationsarbeit der Caritas Biberach-Saulgau und dem Arbeitskreis Asyl Mengen eine Fortbildung per Zoom an. Diese findet am Mittwoch, 20. Januar um 19.30 Uhr statt.

Die Online-Fortbildung beschäftigt sich mit Fragen rund um die Erstellung eines Härtefallgesuchs:

  • Was sind die rechtlichen Grundlagen des Härtefallverfahrens?
  • Was ist die Härtefallkommission und wie setzt sich zusammen?
  • Wie läuft das Härtefallverfahren im Detail ab?
  • Welche Voraussetzungen sollten für ein Gesuch vorliegen?
  • Wie kann ein gelungenes Anschreiben aussehen?
  • Welche Formalien gilt es zu beachten?
  • Tipps aus der Praxis

Referent*innen: Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates BW und

Barbara Kloidt, Engagierte des AK Asyl Mengen

Anmeldung an Lucia Braß: brass@caritas-biberach-saulgau.de

Den Zoom-Link zur Veranstaltung erhalten Sie ein paar Tage vorher per Email.

Eine Veranstaltung im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration“ mit Unterstützung der UNO-Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.