Online-Aktionstag: 70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention

Anlässlich des 70. Jahrestages der Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) findet die online Veranstaltung statt. Die Genfer Flüchtlingskonvention ist bis heute das wichtigste internationale Dokument für den Flüchtlingsschutz. Sie legt klar fest, wer ein Flüchtling ist, welchen rechtlichen Schutz, welche Hilfe und welche sozialen Rechte sie oder er von den Unterzeichnerstaaten erhalten soll. In einer Mischung aus Tagung und Aktionstag wird die Konvention gewürdigt und Raum für kritische Fragen geöffnet. Vor allem wird es darum gehen, ob die Konvention angesichts neuartiger Fluchtursachen (Klimawandel/ Disaster Displacement) einen erweiterten Flüchtlingsbegriff braucht.

Am Vormittag spricht der Autor Bjön Bicker und mit Prof. Dr. Walter Kälin und Dr. Constantin Hruschka. Am Nachmittag liegt der Fokus auf der Frage, warum die Europäische Politik in der Flüchtlingsfrage so offensichtlich versagt. Eine große Runde mit Fachjournalist*innen, Menschen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, Künstler*innen und einem Politiker wird dazu Stellung nehmen und Erfahrungsberichte u.a. aus Lesbos vorstellen. Musiker*innen des Heim- und Fluchtorchesters gestalten den Abschluss des Tages, bei dem Schauspieler*innen Texte aus dem Buch »Illegal. Wir sind viele. Wir sind da.« von Björn Bicker lesen werden.

Die Veranstaltung wird organisiert von der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, dem Theater Freiburg, dem Theater im Marienbad und dem Literaturhaus Freiburg.

Zur Anmeldung und zum Programm.


Handreichung: Voraussetzungen Berufsausbildung und -förderung

Die umfassende Arbeitshilfe des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge befasst sich mit den Voraussetzungen für die Aufnahme von Berufsausbildungen und deren Förderinstrumenten. Sie geht sowohl auf Asylsuchende und Geduldete, als auch auf Schutzberechtigte sowie Inhaber*innen anderer humanitärer Aufenthaltstitel ein. Thematisiert werden: Beschäftigungserlaubnis, Förderinstrumente zur Vorbereitung einer Berufsausbildung einschließlich der Sprachförderung, Förderinstrumente zur Durchführung einer Berufsausbildung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen, räumliche Beschränkungen und Wohnsitzregelungen sowie die zielgruppengerechte Ausgestaltung der Berufsausbildung.


VG Freiburg: Ausbildungsduldung trotz Dublin-Verfahren?!

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit seinem Urteil vom 19.5.2021 (AZ: A 14 K 173/20) festgestellt, dass bestimmte Asylsuchende trotz Dublin-Verfahren einen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung haben. Dies ist dann der Fall, wenn im Dublin-Verfahren der Klageweg beschritten und währenddessen eine Ausbildung aufgenommen wird.

In dem vorliegenden Fall wurde der Asylantrag des Betroffenen vom BAMF als unzulässig abgelehnt, da ein Dublin-Verfahren eingeleitet wurde und der Betroffene nach Italien überstellt werden sollte. Klage und Eilantrag dagegen hatte das VG Freiburg stattgegeben und setzte das Verfahren aus. Grund dafür war, dass das VG Freiburg eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg abwarten wollte. In diesem Verfahren (AZ: A 11 S 2151/16) ging es um die Frage, ob Geflüchtete in Italien in Gefahr laufen zu verelenden. In etlichen Italien-Dublin-Verfahren gingen die Verwaltungsgerichte ähnlich vor.

Der Betroffene erhielt währenddessen eine Aufenthaltsgestattung und nahm eine Ausbildung auf.

Mit seinem Urteil stellt das VG Freiburg zwar fest, dass Italien für das Asylverfahren des Betroffenen weiter zuständig sei, dass aber die Abschiebungsanordnung den Kläger in seinen Rechten verletze. Eine Abschiebungsanordnung erlässt das BAMF zusammen mit dem Unzulässigkeitsbescheid über den Asylantrag. Die Abschiebungsanordnung wird nach § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG erlassen, wonach die Abschiebung angeordnet wird, sobald sie durchführbar ist. In dem vorliegenden Fall geht das VG Freiburg nicht davon aus, dass die Abschiebung nach Italien durchgeführt werden kann, denn es sei zu erwarten, dass der Kläger eine Ausbildungsduldung nach § 60c Abs. 1 S. 1 Nr. 1a) AufenthG erhalten werde. Obwohl der Betroffene erst nach Erhalt der Abschiebungsanordnung die Ausbildung aufnahm, sind damit Duldungsgründe entstanden, die der Abschiebungsanordnung, sprich einer Überstellung nach Italien, entgegen stehen.

Das Gericht begründet den Anspruch auf eine Ausbildungsduldung wie folgt: „Der Kläger ist sodann auch als Asylbewerber im Sinne des § 60c Abs. 1 Nr. 1 a) AufenthG einzustufen, und er möchte die Ausbildung nach der (vorliegend streitgegenständlichen) Ablehnung seines Asylantrags (als unzulässig) fortsetzen… Da der Kläger in den Anwendungsfall einer privilegierten Asylbewerber-Ausbildungsduldung i.S.v. § 60c Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (vgl., auch zur Terminologie, Breidenbach, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 29. Ed. 01.07.2020, § 60c AufenthG Rn. 8) fällt, greift zudem der (weitere) Versagungstatbestand der Einleitung konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nach § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG nicht ein.“

Das Gericht hat mit dieser Entscheidung keine Behörde (hier wäre das das Regierungspräsidium Karlsruhe) verpflichtet, dem Betroffenen eine Ausbildungsduldung zu erteilen. Aber es geht von einem Anspruch darauf aus und hat den Weg dahin geebnet.


EuGH-Urteil: Voraussetzungen subsidiärer Schutz

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 10.6.21 in einem wegweisenden Urteil über die Voraussetzungen zur Gewährung des subsidiären Schutzes entschieden (Az: C‑901/19). Konkret geht es um das Verhältnis von zivilen Opfern zur Gesamtbevölkerung. Dieses quantitative Verhältnis ist nach der Rechtspraxis des Bundesverwaltungsgerichts entscheidender Ausgangspunkt, wenn es um die Zuerkennung des subsidiären Schutzes im Rahmen eines bewaffneten Konflikts geht. Der EuGH hat nun entschieden, dass ein hohes Verhältnis an Opfern zur Gesamtbevölkerung zwar geeignet sei, eine ernsthafte Bedrohung nachzuweisen, es könne aber nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium für die Feststellung einer ernsthaften individuellen Bedrohung sein.

In der Entscheidung ging es um zwei Kläger mit afghanischer Staatsbürgerschaft. In deren Verfahren hatte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg den EuGH im November 2019 im Wege eines sogenannten Vorabentscheidungsersuchens um Klärung gebeten. Bisher war zynischerweise die Anzahl der zivilen Opfer in Afghanistan nicht hoch genug, um afghanischen Geflüchteten subsidiären Schutz gewähren zu können. Der EuGH räumt damit auf, denn es muss eine Gesamtschau der zu beachtenden Umständen des Einzelfalls vorgenommen werden.

Nach dem Urteil muss sich die bisherige Rechtsprechung in Deutschland ändern – erst recht vor dem Hintergrund der sich weiter zuspitzenden Sicherheitslage in Afghanistan.


Digitale Sommertagung 2021

Herzliche Einladung zur diesjährigen digitalen Sommertagung des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg! Von Samstag, den 24. Juli, bis Donnerstag, den 29. Juli, erwartet Sie ein spannendes Programm. Wir freuen uns auf den Hauptvortrag von Frau Prof. Dr. Annette Treibel, in dem sie mit uns einen kritischen und konstruktiven Blick auf das politisch und sozial aufgeladene Thema Integration herangeht. Im Anschluss daran finden verschiedene Arbeitsgruppen statt. Mit einem ganz aktuellen Thema beschäftigt sich die Arbeitsgruppe zur politischen Situation in und Abschiebungen nach Sri Lanka. Ständige Dauerbrenner werden in den Arbeitgsgruppen zu Abschiebungshaft und Kosten in Gerichtverfahren behandelt. Die Arbeitsgruppe zum Thema geflüchtete Männer greift ein sozio-pädagogisches Thema auf. Eine detaillierte Beschreibung entnehmen Sie gerne dem Programm (siehe unten).

Alle Veranstaltungen werden mit Zoom durchgeführt und sind kostenlos. Hinweise zum Datenschutz finden Sie hier. Die Teilnehmenden erhalten die Zugangsdaten nach Anmeldung einen Tag vor der jeweiligen Veranstaltung.

Die digitale Sommertagung findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Integration“ statt, gefördert durch das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg.

PROGRAMM

Samstag, 24.7.2021

10:00 – 12:00 Uhr Hauptvortrag: Integration als Projekt für alle
Der Begriff Integration ist in aller Munde. Im Kontext der Geflüchtetenarbeit ist vor allem von Integrationsbedarf, Integrationsverweigerung einerseits oder gelungener Integration andererseits die Rede. Meist geht es dabei um eine ‚Bringschuld‘ der Neuankömmlinge. Warum Integration jedoch nur gelingen kann, wenn auch die Aufnahmegesellschaft selbst aktiv ist, wird Frau Prof. Dr. Treibel in ihrem Vortrag aufzeigen. Sie wird die unterschiedlichen Bedeutungen des Integrationsbegriffs erörtern und darstellen, welch‘ große Bedeutung Kooperationen, aber auch und gerade Konflikte im Projekt Integration haben. Der Vortrag mit anschließender Diskussion soll dazu anregen, unsere eigenen Handlungs- und Sprachmuster machtkritisch hinterfragen zu können.
Referentin: Prof. Dr. Annette Treibel (Professorin für Soziologie und Leiterin des Masterstudiengangs Interkulturelle Bildung, Migration und Mehrsprachigkeit an der PH Karlsruhe) 

Die Anmeldung ist geschlossen.

14:00 – 16:00 Uhr Arbeitsgruppe: Schon wieder eine Rechnung aus dem Gerichtsverfahren – kann das sein?
In der Begleitung von Geflüchteten, die sich in Klageverfahren vor Verwaltungs- und (Sozial)Gerichten befinden, stellen sich immer wieder Fragen rund um entstehende Kosten: Wie berechnen eigentlich Anwält*innen ihre Kosten? Was für Kosten entstehen bei Gericht? Welche Finanzierungshilfen gibt es (z.B. Prozesskostenhilfe, Beratungsscheine oder Rechtshilfefonds)? Was passiert bei gewonnen bzw. verlorenen Verfahren mit den bereits entstandenen Kosten? Welche Handlungsmöglichkeiten hat man, wenn der*die Anwält*in bezahlt wurde, aber nicht das getan hat, wofür er*sie beauftragt wurde?
In der Arbeitsgruppe klären die beiden Referenten zu diesen Fragen auf und geben hilfreiche Tipps, damit sich Geflüchtete im juristischen Dschungel von rechtlichen Verfahren besser zurechtfinden können – zumindest was Kostenfragen angeht. 
Referenten: Manfred Weidmann (Rechtsanwalt in Tübingen) und Dominik Keicher (Rechtsreferendar in Tübingen)

Die Anmeldung ist geschlossen.

Montag, den 26.7.2021

18:00 – 20:00 Uhr Arbeitsgruppe: Begleitung von inhaftierten Geflüchteten in der Abschiebehaft Pforzheim
Werden Personen in Abschiebehaft genommen, dann ist die Not der Betroffenen und Unterstützer*innen meist groß. Das fängt bei ganz praktischen Dingen an. Oft ist beispielsweise der Kontakt seit der Inhaftierung abgerissen und es ist unklar wie man miteinander kommunizieren kann, ob Besuche möglich sind usw. Außerdem werden Fragen aufgeworfen, insbesondere nach rechtlichen Möglichkeiten, aus der Haft entlassen zu werden. In dieser Arbeitsgruppe geht es deshalb zum einen um die rechtliche Unterstützung von Inhaftierten und zum anderen um die Gegebenheiten in der Abschiebehafteinrichtung Pforzheim und den dort vorhandenen Hilfesystemen.
Referent*in: Frank Gockel (Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.) und Nancy Gelb (Verfahrensberatung Diakonie Abschiebehaft Pforzheim)

Die Anmeldung ist geschlossen.

Dienstag, den 27.7.2021

18:00 – 20:00 Uhr Arbeitsgruppe: Lebenslagen von geflüchteten Männern
In der Arbeitsgruppe berichtet in einem ersten Teil Sadiq Zartila aus der Perspektive von geflüchteten Männern und wie sich ihre Rolle(n) und Aufgaben sowie Selbst- und Fremdwahrnehmung durch die Flucht nach Deutschland verändern. In einem zweiten Teil geht Prof. Dr. Zülfukar Çetin auf die besonderen Lebenslagen der geflüchteten Männer in Deutschland ein:  
1. Mit welchen diskriminierenden Strukturen haben die geflüchteten Männer zu kämpfen? 
2. Wie gehen sie mit diesen um, und welche Bewältigungsmöglichkeiten haben sie? 
3. Welche Auswirkungen hat die Fluchtmigration auf die Persönlichkeit und auf ihr „neues“ Leben als Geflüchtete und Männer? 
Ziel ist es, einerseits für die besonderen und komplexen Lebenssituationen der geflüchteten Männer zu sensibilisieren, andererseits darüber zu diskutieren, wie ressourcenorientierte, geschlechtersensible, stigmatisierungsfreie und reflektierte Begleitung von geflüchteten Männern möglich ist.
Referenten: Sadiq Zartila (Sprecher*innenrat Flüchtlingsrat Baden-Württemberg) und Prof. Dr. Zülfukar Çetin (Professur für Migration und Diversity an der Evangelischen Hochschule Berlin)

Die Anmeldung ist geschlossen.

Donnerstag, den 29.7.2021

18:00 – 20:00 Uhr Arbeitsgruppe: Sri Lanka: Kein sicheres Land für Tamil*innen
Die Situation von Tamil*innen aus Sri Lanka ist seit einigen Jahren aus dem Blickfeld vieler in der Flüchtlingsarbeit engagierten geraten. Doch das Ende des Bürgerkrieges hat keineswegs Frieden und Sicherheit gebracht: Im Gegenteil. Wie die UN-Menschenrechtsbeauftragte jüngst feststellte, hat eine massive Militarisierung des Landes stattgefunden, es hat Todesfälle in Polizeihaft gegeben und es gibt glaubwürdige Berichte über erneute Entführungen, Folter und sexualisierte Gewalt durch Sicherheitskräfte. Trotzdem werden in letzter Zeit verstärkt Tamil*innen nach Sri Lanka abgeschoben – auch aus Baden-Württemberg. In dieser Veranstaltung werden Hintergründe zur Situation der Tamil*innen und zur aktuellen Menschenrechtslage sowie ein Überblick über die aktuelle Entscheidungspraxis des BAMF und der Verwaltungsgerichte gegeben.
Referentinnen: Luxcy Alex Lambert (Juristin und tamilische Aktivistin) und Anne Feßenbecker (Rechtsanwältin)

Die Anmeldung ist geschlossen.


Online-Seminar „Neues aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht“

Dieses Online-Seminar gibt einen Überblick über die wichtigsten Gesetzesänderungen im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts. Dazu gehören die neue Beschäftigungsduldung und Änderungen bei der Ausbildungsduldung, außerdem Neuerungen aus den Themenbereichen Abschiebung und Erstaufnahme, im Asylbewerberleistungsgesetz und beim Arbeitsmarktzugang.

Die Infoveranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingsarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und die Teilnehmenden erhalten die Zugangsdaten nach Anmeldung einen Tag vor dem Seminar.

Referentin: Maren Schulz, Flüchtlingsrat BW

Das Online-Seminar findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration mit Unterstützung der UNO Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.

Die Anmeldung ist geschlossen.


Definition: Ausreichender Wohnraum

Das Justizministerium BW hat endlich klargestellt, ab wann Personen in Anschlussunterbringung über ausreichenden Wohnraum „verfügen“. Für die Erteilung einiger Aufenthaltserlaubnisse schreibt das Gesetz vor, dass über ausreichenden Wohnraum „verfügt“ werden muss. Das betrifft insbesondere Geflüchtete in einer Duldung, die nach abgeschlossener Ausbildung, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d AufenthG erhalten können und einige Geflüchtete mit einer Anerkennung, die ihre Familien nachholen möchten.

Wie groß „ausreichender Wohnraum“ sein muss, ist in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz
geregelt und steht außer Frage: „Ausreichender Wohnraum ist … stets vorhanden, wenn für jedes Familienmitglied über sechs Jahren zwölf Quadratmeter und für jedes Familienmitglied unter sechs Jahren zehn Quadratmeter Wohnfläche
zur Verfügung stehen und Nebenräume (Küche, Bad, WC) in angemessenem Umfang mitbenutzt werden können. Eine Unterschreitung dieser Wohnungsgröße um etwa zehn Prozent ist unschädlich.“

Allerdings war bislang ungeklärt, inwieweit Geflüchteten im Rahmen der Anschlussunterbringung über ausreichenden Wohnraum „verfügen“. Diesen haben sie nämlich zugewiesen bekommen haben und eben nicht selbstständig angemietet. Laut Ziff. 2.4.0 der Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums zum Ausländerrecht (VwV-AuslR-IM) Vom 2. November 2010 – Az.: 4-1310/131 – (Stand: 28. April 2015) genügt die Unterbringung in Anschlussunterbringungen „sofern die Kosten aus eigenen Mitteln bestritten werden (Mietzahlungen)“. Da Mietverträge in Anschlussunterbringungen eher unüblich sind, hat das Justizministerium in einem entsprechenden Schreiben an die Regierungspräsidien klargestellt, dass auch das Bestreiten der kompletten Nutzungsgebühren genügt. Damit „verfügen“ Geflüchtete in Anschlussunterbringung also über ausreichenden Wohnraum, den sie für bestimmte Aufenthaltserlaubnisse benötigen. Nicht ausreichend sei es, wenn die Person nur reduzierte Gebühren bestreiten könne. Das Justizministerium verweist hier auf eine entsprechende Regelung in der Satzung der Stadt Tübingen (§ 15 https://www.tuebingen.de/verwaltung/uploads/satzung_unterkuenfte_wohnungslose_gefluechtete.pdf).

Einige Kommunen weisen Geflüchtete Anschlussunterbringungen zu, die eigentlich Obdachlosenunterkünfte sind. Personen in Obdachlosenunterkünften erfüllen die Wohnraumerfordernis nicht, da die Unterkunftsart vorübergehender Natur ist. Wenn die Zuweisung allerdings in eine Obdachlosenunterkunft, die als Anschlussunterbringung dient, erfolgt, dann gilt dieser Ausschluss nicht. Denn sonst wären Geflüchtete in Kommunen besser gestellt, die keine Obdachlosenunterkünfte als Anschlussunterbringen nutzen.

Geht es allerdings um die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist die Wohnraumerfordernis, nach Meinung des Justizminsteriums, nie mit Wohnraum in einer Anschlussunterbringung erfüllt. Eine Niederlassungserlaubnis belohne besondere Integrationsleistungen und dazu gehöre eigenständig angemieteter Wohnraum. Der Flüchtlingsrat kritisiert, dass das Justizministerium damit die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt außer Acht lässt und sehr wohl gut integrierte Geflüchtete, die Wohnraum suchen und weiterhin notgedrungen in Anschlussunterbringen leben müssen, von der Niederlassungserlaubnis ausgeschlossen sind.


Online-Seminar:„Neue Asylgründe nach beendetem Asylverfahren? Der Asylfolgeantrag“

In dieser Veranstaltung geht es um den Asylfolgeantrag, als Möglichkeit für Geflüchtete neue Asylgründe geltend zu machen, wenn das vorangegangene Asylverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Dabei wird nicht nur der Asylfolgeantrag, sondern auch der isolierte Wiederaufgreifensantrag vorgestellt. Es wird eine Einführung zu den Verfahren und ihren Voraussetzungen geben und überblicksartig auf verschiedene Konstellationen eingegangen.

Die Infoveranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingsarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und die Teilnehmenden erhalten die Zugangsdaten nach Anmeldung einen Tag vor dem Seminar. Datenschutzhinweise für das online-Seminar via „Zoom“ finden Sie hier.

Referentin: Maren Schulz (Flüchtlingsrat Baden-Württemberg)

Das Online-Seminar findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration mit Unterstützung der UNO Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.

Eine Anmeldung ist nicht mehr möglich.


Online-Seminar: Passbeschaffung

„Hilfe, die Behörde hat mich aufgefordert einen Pass zu beschaffen. Was muss ich jetzt machen?“ Vor dieser Fragen stehen etliche Geflüchtete. Inwieweit sie verpflichtet sind, bei der Beschaffung eines Passes mitzuwirken, hängt allerdings von ihrem Aufenthaltsstatus ab. In dieser Veranstaltung geht es sowohl um Personen mit Aufenthaltsgestattung als auch mit Duldung und Aufenthaltserlaubnis. Welche Rolle die Passpflicht, Passbeschaffungspflicht und Identitätsklärung in diesen drei Aufenthaltskategorien spielt, werden wir uns genauer anschauen. Dabei werden wir uns auch damit beschäftigen, ab wann eigentlich eine Mitwirkung bei der Passbeschaffung unzumutbar ist.

Die Infoveranstaltung richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingsarbeit. Sie wird mit Zoom durchgeführt und die Teilnehmenden erhalten die Zugangsdaten nach Anmeldung einen Tag vor dem Seminar.

Referentin: Maren Schulz (Flüchtlingsrat Baden-Württemberg)

Fragen können gerne vorab bei der Anmeldung gestellt werden.

Anmeldung bitte bis zum 05.07.2021 an: Integrationsbegleiter@dwhd.de

Das Online-Seminar ist Teil der Veranstaltungsreihe „Informiert. Engagiert. Qualifizierung für ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingshilfe“ des Asylarbeitskreises Heidelberg e.V. und des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Heidelberg. Es findet im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ statt, gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration mit Unterstützung der UNO Flüchtlingshilfe und der Deutschen Postcode-Lotterie.


Grundrechte-Report 2021: Ungleiche Freiheiten und Rechte in der Krise

Der Grundrechte-Report befasst sich mit der Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. Dieses Jahr beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit den Grundrechtseingriffen während der Covid-19 Pandemie. Es sind die vulnerabelsten Gruppen, die davon am meisten betroffen sind. Dazu gehören beispielweise Geflüchte, die in Sammelunterkünften leben und unter haftähnlichen Kollektivquarantäne leben mussten. Aber auch viele andere Bevölkerungsgruppen. Der Report ist nicht nur für den Bereich Flucht und Migration interessant, sondern beleuchtet eine Vielzahl an gesamtgesellschaftlichen Themen.

  • Benjamin Derin, Jochen Goerdeler, Rolf Gössner, Wiebke Judith, Hans-Jörg Kreowski, Sarah Lincoln, Paul Nachtwey, Britta Rabe, Lea Welsch, Rosemarie Will, Mai 2021: Grundrechte-Report 2021 – Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland (Bestellbar hier und über den Buchhandel)