Mobilität für Drittstaatsangehörige in Europa: Die „kleine Freizügigkeit“ mit § 38a AufenthG

Die Publikation befasst sich mit der Mobilität von Drittstaatsangehörigen innerhalb der EU. Nicht nur Unionsbürger*innen nutzen ihr Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU – auch Angehörige von Drittstaaten, die in einem anderen EU-Staat leben, verlagern ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland. Dies ist rechtlich aber nur unter eingeschränkten Bedingungen möglich. Eine relativ weitreichende Möglichkeit der langfristigen Mobilität in Europa besteht dann, wenn die Person über eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU in dem anderen Unionsstaat verfügt. In diesem Fall besteht unter bestimmten Bedingungen nämlich ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer längerfristigen Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Die Rechtsgrundlage befindet sich in § 38a AufenthG. In der vorliegenden Publikation werden die Regelungen hierzu systematisch dargestellt. Neben den Voraussetzungen für die Erteilung des § 38a AufenthG in Deutschland werden unter anderem die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU in den anderen EU-Staaten, der Arbeitsmarktzugang und der Anspruch auf Sozialleistungen, aber auch die Möglichkeit der Aufenthaltsverfestigung für diesen Personenkreis aufgegriffen.



Web-Seminar: Einführung in das Phänomen Menschenhandel in Deutschland im Kontext von Flucht

Menschen auf der Flucht sind besonders gefährdet Gewalt zu erfahren und/oder ausgebeutet zu werden. Die besondere Gefährdung bleibt auch im europäischen Aufnahmeland bestehen. Faktoren wie prekäre Unterbringung, eingeschränkte Rechte, Lücken im Unterstützungssystem sowie fehlende Informationen zur eigenen rechtlichen Situation können das Risiko erhöhen, in ausbeuterische Situationen zu gelangen. In Deutschland stehen Betroffenen von Menschenhandel besondere Schutzrechte zu. Doch nur, wenn sie als Betroffene von Menschenhandel erkannt werden, können sie ihre Rechte wahrnehmen und Unterstützung erhalten.

Der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel – KOK e.V. bietet ein kostenfreies Web-Seminar zum Thema Einführung in das Phänomen Menschenhandel in Deutschland im Kontext von Flucht an. Es bietet umfassende Information zum Thema Menschenhandel im Kontext von Flucht und ermöglicht den Austausch mit Expert*innen. Zudem werden konkrete Handlungsmöglichkeiten für Fachkräfte aufgezeigt.



Wohnsitzauflage

Im Asyl- und Aufenthaltsrecht gibt es verschiedene Arten von Wohnsitzauflagen, je nachdem, ob die betroffene Person eine Auf­enthaltsgestattung, Duldung oder Aufenthaltserlaubnis besitzt. In diesem Beitrag geht es ausschließlich um die Wohnsitzauflage von Personen, die eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis oder eine familiäre Aufenthaltserlaubnis haben. Informationen zur Wohnsitzauflage für Geduldete und Gestattete finden Sie unter >> Unterbringung und Wohnen. Die Wohnsitzauflage ist nicht zu verwechseln mit der räumlichen Beschränkung, die umgangssprachlich auch „Residenzpflicht“ genannt wird. Wer einer räumlichen Beschränkung unterliegt, darf sich nur innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereiches (in der Regel der Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde) bewegen. Personen mit Aufenthaltserlaubnis sind in aller Regel von der „Residenzpflicht“ nicht betroffen.

I. Allgemeines
II. Besonderheiten bei Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG
III. Ausnahmen von der Wohnsitzverpflichtung
IV. Umzug bzw. Aufhebung der Wohnsitzauflage
V. Weiterführende Arbeitshilfen

I. Allgemeines

Die Wohnsitzauflage für Personen, die im Asylverfahren Schutz erhalten haben (also eine Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft, den subsidiären Schutz oder eine Aufenthaltserlaubnis wegen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 25 Absatz 3 AufenthG) richtet sich nach § 12a AufenthG. Der § 12a AufenthG umfasst darüber hinaus auch Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 (humanitäre Aufnahme im Einzelfall), § 23 AufenthG (Kontingent- und Resettlementflüchtlinge) oder § 24 AufenthG (vorübergehender Schutz aufgrund eines EU-Beschlusses nach der „Massenzustromsrichtlinie“). Die Wohnsitzauflage muss dabei einen anderen Zweck verfolgen als die Wohnsitzauflage für Gestattete und Geduldete: Während für Gestattete und Geduldete die Wohnsitzauflage verhängt wird, um die Sozialleistungskosten angemessen auf die Kommunen zu ver­teilen, sollen Wohnsitzauflagen nach § 12a AufenthG die Integration der betroffenen Personen fördern. Das Recht auf freie Wohnsitzwahl darf dabei jedoch für maximal drei Jahre eingeschränkt werden. Die Drei-Jahres-Frist beginnt bei Asylberechtigten, Personen mit Flüchtlingseigenschaft und subsidiär Schutzberechtigten mit der Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und nicht etwa erst mit der – häufig erst mehrere Monate später – durch die Ausländerbehörde erteilten Aufenthaltserlaubnis. Bei allen anderen Personen beginnt die Frist mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Die Wohnsitzauflage wird in der Aufenthaltserlaubnis oder einem Zusatzblatt vermerkt. Reisen Familienangehörige über den Familiennachzug ein, erhalten sie ebenfalls eine Wohnsitzauflage, welche der Wohnsitzauflage der bereits in Deutschland lebenden Person entspricht.

Für Menschen mit einer Anerkennung gilt folgendes: Personen, die ihre Anerkennung in einer vorläufigen Unterbringung (VU) erhalten, bekommen eine Wohnsitzauflage auf die Gemeinde, in welcher sie im Anschluss an die VU wohnen sollen – die sogenannte „Anschlussunterbringung“ (AU). Bei Personen, die sich bei Anerkennung bereits in der AU befinden, wird die Wohnsitzauflage für die Gemeinde verhängt, in der die Unterkunft liegt. Dies ist allerdings nicht zulässig, wenn die Personen bereits B1-Deutschkenntnisse haben oder sie bereits in einer eigenen Wohnung leben (siehe VG Stuttgart, Beschluss vom 27.6.2019 – 8 K 2485/19).

Bevor die Wohnsitzverpflichtung auf einen bestimmten Ort verhängt wird, erhalten die Betroffenen die Gelegenheit, sich schriftlich oder mündlich zu äußern. Hier sollten alle Gründe und Interessen vorgetragen werden, die gegen eine Wohnsitzauflage an dem geplanten Ort sprechen.

Auch anerkannte unbegleitete minderjährige Geflüchtete bekommen mit Eintritt in die Volljährigkeit eine Wohnsitzauflage (§ 12a Absatz 1a AufenthG). Die Zeit von der Anerkennung im minderjährigen Alter bis zur Volljährigkeit wird aber auf die Dreijahresfrist angerechnet und verkürzt sich entsprechend.


Hinweis: Die Wohnsitzauflage bestimmt auch den örtlich zuständigen Sozialleistungsträger (§ 36 Absatz 2 Satz 1 SGB II). In der Praxis werden Leistungen, die bei einem anderen Leistungsträger geltend gemacht werden, deshalb regelmäßig unter Hinweis auf die örtliche Unzuständigkeit verweigert. Verstöße gegen die Wohnsitzauflage können als Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden (§ 98 Absatz 3 Nr. 2a und 2b AufenthG). 

II. Besonderheiten bei Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG

Über den § 24 AufenthG kann zum vorübergehenden Schutz eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wie es in jüngster Vergangenheit bei Geflüchteten aus der Ukraine der Fall war. Auch hier greift die Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG, wenn die Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Antragstellende Personen haben jedoch auch schon vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis eine Wohnsitzauflage: Diese ergibt sich aus § 24 Absatz 5 Satz 2 AufenthG wenn Personen auf ein Bundesland verteilt und einem bestimmten Ort zugewiesen worden sind. Das Länderschreiben des Bundesinnenministeriums legt zudem fest, dass sobald aus der Ukraine geflohene Menschen bei einer Ausländerbehörde vorsprechen und um Unterstützung bitten, dies automatisch als Verteilung auf ein Bundesland gewertet wird und eine Wohnsitzauflage für das jeweilige Bundesland entsteht. Die Wohnsitzauflage für einen bestimmten Ort regelt in Baden-Württemberg die Allgemeinverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom Mai 2022. So erhalten folgende Personen eine Wohnsitzauflage, sobald sie erstmalig eine Vorsprachebescheinigung, Fiktionsbescheinigung oder Anlaufbescheinigung bekommen haben:

  1. Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine lebten.
  2. International Schutzberechtigte (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) oder Personen mit einem gleichwertigen ukrainischen Schutz.
  3. Familienangehörige der unter a) und b) genannten Personen.
  4. Drittstaatsangehörige mit einer ukrainischen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückzukehren können.
  5. Aus der Ukraine geflohene Personen aus Afghanistan, Eritrea oder Syrien.

Bei allen anderen Personen entsteht eine Wohnsitzauflage auf einen bestimmten Ort in Rahmen einer Zuweisungsentscheidung im Einzelfall.

Wohnsitzauflagen sind immer nur auf dem Zusatzblatt zur Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG vermerkt.

III. Ausnahmen von der Wohnsitzverpflichtung

In manchen Konstellationen entsteht überhaupt erst keine Wohnsitzauflage. Dies ist dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Anerkennung bzw. Ausstellung der Aufenthaltserlaubnis bei einem Familienmitglied, sei es Ehegatte*Ehegattin, Lebenspartner*in, minderjährigem Kind oder Personen, die mit einem verwandten minderjährigen Kind zusammenleben, eine der folgenden Situationen besteht (§ 12a Absatz 1 Satz 2 AufenthG):

  • Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 15 Stunden pro Woche mit einem Einkommen, durch das diese Person den durchschnittlichen monatlichen Bedarf nach § 20 und § 22 SGB II für eine Einzelperson deckt (2025: 1.170,67 € netto),
  • geplante Aufnahme einer Berufsausbildung,
  • Person studiert oder ist in Ausbildung oder

wenn eine Person an dem derzeitigen Wohnort

  • einen Integrationskurs,
  • einen Berufssprachkurs,
  • eine mindestens dreimonatige Qualifizierungsmaßnahme, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder
  • eine Weiterbildungsmaßnahme

aufnimmt, aufgenommen oder abgeschlossen hat, sofern der Kurs oder die Maßnahme am Ort der Wohnsitzauflage nicht ohne Verzögerung durchgeführt oder fortgesetzt werden kann.

Hintergrund der Befreiung einer Wohnsitzauflage ist die Überlegung, dass sich die genannten Tätigkeiten regelmäßig positiv auf die Integration auswirken.

IV. Umzug bzw. Aufhebung der Wohnsitzauflage

Gilt für eine Person eine Wohnsitzauflage und möchte sie umziehen, so muss sie zuvor einen Antrag auf Aufhebung der Wohnsitzauflage stellen. Dieser wird oft Umverteilungsantrag genannt. Der Begriff klingt so, als ginge es um eine Änderung der Wohnsitzauflage. Wohnsitzauflagen nach § 12a AufenthG sind jedoch aufzuheben und nicht abzuändern wenn die Voraussetzungen vorliegen. Insofern ist der Begriff „Umverteilungsantrag“ nicht ganz korrekt.

Liegt der neue Wohnort ebenfalls in Baden-Württemberg, entscheidet über den Antrag die Ausländerbehörde des Zuzugsorts (§ 3 Absatz 1 Satz 3 AAZuVO BW). Soll der Umzug in ein anderes Bundesland stattfinden, so entscheidet über die Aufhebung bzw. Änderung der Wohnsitzauflage die Ausländerbehörde des derzeitigen Wohnsitzes. Die Ausländerbehörde am Zuzugsort muss dem Umzug allerdings zustimmen. Hierzu hat sie vier Wochen Zeit. Liegt einer der gesetzlichen Aufhebungsgründe vor, muss sie die Zustimmung erteilen. Äußert sie sich nicht innerhalb der Vierwochenfrist, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 72 Absatz 3a AufenthG). Verweigert sie die Zustimmung, muss sie dies begründen; die Behörde des aktuellen Aufenthaltsorts muss der betroffenen Person die Gründe für die Ablehnung mitteilen.

Mögliche Gründe für eine Aufhebung bzw. Änderung sind in § 12a Absatz 5 AufenthG aufgeführt. Ein Anspruch auf Aufhebung entsteht, wenn ein Familienmitglied, sei es Ehegatte*Ehegattin, Lebenspartner*in, minderjährige Kinder oder Angehörige, die mit einem verwandten minderjährigen Kind zusammenleben, einen Nachweis über eine der folgenden Tätigkeiten an einem anderen Ort vorlegt:

  • eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Stunden pro Woche mit einem Einkommen, durch das diese Person den durchschnittlichen monatlichen Bedarf nach § 20 und § 22 SGB II für eine Einzelperson deckt (2024: 1.047,80 € netto),
  • Einkommen, mit dem der Lebensunterhalt überwiegend (also zu mehr als 50 Prozent) gesichert werden kann,
  • ein Angebot für einen Ausbildungs- oder Studienplatz,
  • ein Angebot für einen zeitnahen Integrationskurs,
  • ein Angebot für einen zeitnahen Berufssprachkurs,
  • ein Angebot für eine zeitnahe mindestens dreimonatige Qualifizierungsmaßnahme, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder
  • ein Angebot für eine zeitnahe Weiterbildungsmaßnahme.

Ein Anspruch auf Aufhebung der Wohnsitzauflage besteht ferner, wenn ein Familienmitglied, sei es Ehegatte*Ehegattin, Lebenspartner*in, minderjährige Kinder oder Personen, die mit einem verwandten minderjährigen Kind zuvor zusammenlebten, an einem anderen Ort wohnt.

Eine Wohnsitzauflage muss außerdem zur Vermeidung einer Härte aufgehoben werden. Dies ist der Fall, wenn Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe an einem anderen Ort in Anspruch genommen werden und die ganze Familie aufgrund der langen Anfahrtswege an diesen Ort umziehen muss. Die Wohnsitzauflage ist auch aufzuheben, wenn ein anderes Bundesland einer Aufnahme zugestimmt hat. Die Wohnsitzauflage muss außerdem immer aufgehoben werden, wenn ansonsten unzumutbare Einschränkungen bestünden, etwa weil eine Person am Ort der Wohnsitzauflage Gewalt ausgesetzt ist oder andernorts ein Betreuungsbedarf von Angehörigen mit einer Behinderung besteht (§ 12a Absatz 5 Nummer 2c) AufenthG).

Wurde die Wohnsitzauflage aufgehoben und entfallen nach drei Monaten die Gründe, die zur Aufhebung geführt haben, so muss die Wohnsitzauflage erneut verhängt werden. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die kürzlich aufgenommene Arbeitsstelle wieder gekündigt wird. Ist die Person bereits umgezogen, so wird die Wohnsitzauflage für den Ort erlassen, an den der Wohnsitz verlegt wurde.

V. Weiterführende Arbeitshilfen


„Risiken für Kinder & Jugendliche auf der Flucht“

Am 01. März veranstaltet ECPAT Deutschland e.V. ein Online Seminar zum Thema „Risiken für Kinder & Jugendliche auf der Flucht“, mit Andrea Hitzke (Dortmunder Mitternachtsmission) als Referentin. Das Angebot richtet sich an alle, die sich haupt- und ehrenamtlich im Aufnahmesystem für Geflüchtete in Deutschland engagieren. Der Ukraine Krieg und die daraus resultierende große Fluchtbewegung haben gezeigt, wie hoch das Engagement in der deutschen Zivilgesellschaft ist zu helfen. In Fluchtsituationen sind besonders Kinder und Jugendliche dem erhöhten Risiko ausgesetzt, Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung zu werden. Um Betroffenen helfen zu können bedarf es Wissen zur Identifizierung und Hilfemöglichkeiten bei allen, die Teil des Aufnahmesystems sind. Dazu möchten wir einen Beitrag leisten, indem wir Raum schaffen für Informationsaustausch, gemeinsame Diskussionen und Fragen.


Änderungen durch das Bürgergeld-Gesetz

Zum 1. Januar 2023 sind im SGB XII erhebliche Änderungen bei der Anrechnung von Einkommen sowie andere Neuerungen in Kraft getreten. Diese sind von besonderer Bedeutung für Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG (Analogleistungen), auf die die Regelungen des SGB XII analog anwendbar sind. Hier die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Für junge Menschen unter 25 Jahren, die eine dem Grunde nach BAföG-förderfähige schulische Ausbildung oder ein Studium, eine betriebliche Berufsausbildung, eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, eine Einstiegsqualifizierung oder einen Schüler*innenjob während der Schulzeit absolvieren, gilt nun einen wesentlich höherer Freibetrag von 520 Euro, der vom Sozialamt nicht angerechnet werden darf (§ 82 SGB XII)
  • Aufwandsentschädigungen aus Ehrenamtspauschalen werden im SGB XII / § 2 AsylbLG nicht mehr monatlich mit 250 Euro, sondern jährlich mit 3.000 Euro anrechnungsfrei gestellt (§ 82 SGB XII).
  • Es gibt nun auch einen Mehrbedarf auch für einmalige Beihilfen, § 30 Abs. 10 SGB XII (z. B. wichtig für Passbeschaffungskosten)
  • Die Verpflichtung zur Aufnahme einer zumutbaren Arbeit ist gestrichen worden, ebenso die entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten. Stattdessen ist die Verpflichtung für das Sozialamt bzw. die Bezirksregierung eingeführt worden, die leistungsberechtigte Person dabei zu unterstützen, wenn diese den Wunsch äußert, einer Tätigkeit nachgehen zu wollen

Asylfolgeantrag

Stellt eine Person nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags in Deutschland erneut einen Asylantrag, so handelt es sich in der Regel um einen Asylfolgeantrag (§ 71 AsylG). Seit der Entscheidung über den ersten Antrag können sich Umstände geändert haben, die eine neue Beurteilung des Falles erfordern. Für vollziehbar ausreisepflichtige Personen kann deshalb ein Asylfolgeantrag eine sinnvolle Option sein, doch noch einen Schutzstatus zu erhalten. In manchen Konstellationen kann es zielführender sein, anstelle eines Asylfolgeantrags einen sog. Wiederaufgreifensantrag zu stellen.

I. Wichtige Begriffe
II. Antragstellung
III. Prüfung und Entscheidung
IV. Weiterführende Arbeitshilfen

I. Wichtige Begriffe

Was ist ein Asylfolgeantrag?

Wenn man in der Vergangenheit bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt hat und dieser endgültig abgelehnt oder zurückgenommen wurde, wird ein weiterer Asylantrag als Asylfolgeantrag bezeichnet.

Das Asylverfahren wird nur dann neu aufgerollt, wenn einer der in § 71 Absatz 1 Satz 1 AsylG abschließend genannten Gründe vorliegt. In der Regel handelt es sich hier um neue Elemente oder Erkenntnisse, die zutage getreten sind bzw. von der betroffenen Person vorgebracht werden. Diese neuen Elemente oder Erkenntnisse müssen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für die Person günstigeren Entscheidung beitragen. Neue Elemente können laut der Dienstanweisung Asyl Angaben der antragstellenden Person sowie Unterlagen oder Belege sein. Auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellen nach der EuGH-Rechtsprechung (8.2.2024, C-216/22) neue Elemente dar. Neue Erkenntnisse können Informationen sein, die von der antragstellenden Person oder auch vom BAMF erlangt werden und die sich auf die Situation der Person oder auf die Situation im Herkunftsland beziehen. Im Einzelfall kann es schwierig sein, zwischen Elementen und Erkenntnissen zu unterscheiden. Das ist aber auch nicht erforderlich, solange die Elemente oder Erkenntnisse entscheidungsrelevant sind. Daneben wird das Verfahren auch bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes gemäß § 580 ZPO neu aufgerollt. Zu einem erneuten Asylverfahren führen die neuen Umstände nur, wenn die antragstellende Person sie ohne eigenes Verschulden nicht im vorangegangenen Verfahren (inkl. Klageverfahren) geltend machen konnte.

In einem Asylfolgeverfahren werden alle Schutzstatus geprüft: Die Asylberechtigung nach Artikel 16a Absatz 1 GG, die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG und der subsidiäre Schutz gemäß § 4 AsylG. Werden diese Schutzstatus nicht zuerkannt, werden auch Abschiebungsverbote gemäß § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG geprüft (>> Anerkennungsformen).

Was ist ein Wiederaufgreifensantrag?

Es besteht die Möglichkeit, den Folgeantrag auf die Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG zu beschränken. Dann handelt es sich um einen sog. Wiederaufgreifensantrag. Ein solcher Antrag kann z.B. dann sinnvoll sein, wenn sich die Gefährdung aus einer physischen oder psychischen Erkrankung oder aus einer sonstigen Gefahr ergibt, die nicht die Kriterien für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes oder subsidiären Schutzes erfüllt.

Auch beim Wiederaufgreifensantrag wird zunächst geprüft, ob es gegenüber dem Erstverfahren veränderte Umstände gibt. Dazu gehören gemäß § 51 Absatz 1 VwVfG insbesondere folgende Konstellationen:

  • Die Sach- oder Rechtslage hat sich nachträglich zugunsten der Person verändert,
  • Neue Beweismittel sind aufgetaucht, die im vorherigen Verfahren noch nicht vorgelegt werden konnten.

Das Verfahren wird nur dann wieder aufgerollt, wenn die antragstellende Person ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens in einem früheren Verfahren (inkl. Klageverfahren) geltend zu machen (§ 51 Absatz 2 VwVfG). Außerdem müssen die veränderten Umstände innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden (siehe unten).

Exkurs: Was ist ein Zweitantrag?

Um einen Zweitantrag (§ 71a AsylG) handelt es sich, wenn eine Person, die bereits erfolglos ein Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat, der die Dublin III-Verordnung anwendet, einen Asylantrag in Deutschland stellt. Ein Zweitantrag ist nur dann erfolgreich, wenn Deutschland nach der Dublin-III-Verordnung für seine Prüfung zuständig ist und zusätzlich Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Absatz 1 VwVfG vorliegen (>> Das Dublin-Verfahren).

II. Antragstellung

Wie und wo stellt man einen Asylfolgeantrag oder Wiederaufgreifensantrag? Gibt es dafür Fristen?

Für den Asylfolgeantrag muss infolge eines EuGH-Urteils von 9.9.2021 (C-18/29) keine Frist mehr eingehalten werden. Veränderte Umstände können also auch dann geltend gemacht werden, wenn ihr Eintreten schon einige Zeit her ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die antragstellende Person sie ohne eigenes Verschulden nicht im vorangegangenen Verfahren geltend machen konnte. Der Asylfolgeantrag ist grundsätzlich persönlich bei einer BAMF-Außenstelle zu stellen (§ 71 Absatz 2 Satz 1 AsylG) und zu begründen (§ 71 Absatz 3 Satz 1 AsylG). Gilt für die Person eine räumliche Beschränkung oder eine Wohnsitzauflage nach § 61 AufenthG (>> Unterbringung und Wohnen), muss der Folgeantrag bei der nächstgelegenen Außenstelle in dem Bundesland des Aufenthalts gestellt werden (§ 71 Absatz 2 Satz 1 AsylG).

Für die Stellung eines Wiederaufgreifensantrags gilt: Veränderte Umstände müssen innerhalb von drei Monaten, nachdem man von den neuen Umständen Kenntnis erhalten hat, geltend gemacht werden (§ 51 Absatz 3 VwVfG). Ansonsten entscheidet das BAMF nach Ermessen, ob es das Verfahren wiederaufgreift. Wurde in der Vergangenheit ein Asylantrag gestellt, wird der Wiederaufgreifensantrag beim BAMF gestellt, das auch für die Prüfung des Wiederaufgreifensantrags zuständig ist. Spezielle Formvorgaben bestehen hier nicht.

Wurde zuvor nie ein Asylantrag, sondern nur ein isolierter Antrag auf Feststellung von Abschiebungsverboten bei der Ausländerbehörde (§ 25 Absatz 3 AufenthG) gestellt, muss der Antrag schriftlich oder persönlich bei der Ausländerbehörde gestellt werden, die dann wiederum intern das BAMF beteiligt.

Was sollte man vor Folgeantragsstellung tun?

Ein Folgeantrag sollte immer intensiv mit einer Beratungsstelle oder mit einem Anwalt*einer Anwältin vorbereitet werden. In diesem Zusammenhang sollten u.a. folgende Fragen geklärt werden:

  • Ist das vorangegangene Verfahren wirklich komplett abgeschlossen?
  • Gibt es im Vergleich zum Asylerstverfahren veränderte Umstände?
  • Haben sich persönliche Umstände im Vergleich zum Asylerstverfahren stark geändert?
  • Falls die für den beabsichtigten Folgeantrag ausschlaggebenden Gründe im Erstverfahren schon vorlagen: Warum hat die Person sie nicht bereits im Erstverfahren geltend gemacht (auch im Erstverfahren bereits bestehende und nicht vorgetragene Gründe können im Folgeantragsverfahren berücksichtigt werden, wenn die Person sie unverschuldet nicht früher geltend machen konnte)?
  • Ist es im vorliegenden Fall sinnvoller, einen Asylfolgeantrag oder einen Wiederaufgreifensantrag zu stellen?

Idealerweise lässt man sich vor Antragstellung nicht nur beraten, sondern beauftragt auch einen Anwalt*eine Anwältin, die Gründe für den Folgeantrag schriftlich festzuhalten. Dies ist deshalb sinnvoll, weil der Folgeantrag begründet werden muss und im anschließenden Verfahren in bestimmten Fällen von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden kann (§ 71 Absatz 3 AsylG, § 29 Absatz 2 AsylG). Das vom Anwalt*von der Anwältin verfasste Schreiben kann man dann zur Folgeantragstellung mitbringen. Spätestens wenn man gegen die Ablehnung des Folgeantrags vorgehen möchte, benötigt man unbedingt einen Anwalt*eine Anwältin für die Erhebung von Klage und Eilantrag.

III. Prüfung und Entscheidung

Ein wesentlicher Unterschied zum „normalen“ Asylantrag besteht darin, dass die Prüfung des Asylfolgeantrags zweistufig aufgebaut ist (für Informationen zum Verfahren beim Wiederaufgreifensantrag siehe Broschüre zum Asylfolgeantrag S. 75-77).

Was passiert auf Stufe 1 des Prüfverfahrens?

Auf „Stufe 1“ prüft das BAMF zunächst, ob es Gründe dafür gibt, erneut ein Asylverfahren durchzuführen. Während des Prüfverfahrens auf dieser Stufe haben die betroffenen Personen regelmäßig nur eine Duldung. Wird kein weiteres Asylverfahren durchgeführt, wird der Asylantrag als „unzulässig“ abgelehnt (§ 29 Absatz 1 Nummer 5 AsylG). Ist das der Fall, tritt die Person nicht in Stufe 2 des Verfahrens ein.

Gegen die Unzulässigkeitsentscheidung kann man klagen. Hierfür sollte man unbedingt einen Anwalt*eine Anwältin hinzuziehen. Da eine Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung keine aufschiebende Wirkung hat, ist zusätzlich ein Eilantrag nötig, um vor einer Abschiebung geschützt zu sein. Wird der Eilantrag fristgerecht gestellt (die Fristen finden sich in der Rechtsbehelfsbelehrung), ist erst nach Ablehnung des Eilantrags die Abschiebung zulässig.

Ausnahmen gelten, wenn der Folgeantrag nur zur Verzögerung/Behinderung der Abschiebung gestellt wurde sowie bei abermaliger Stellung eines Folgeantrags nach Ablehnung des vorangegangenen Folgeantrags. In diesen Fällen ist die Abschiebung zulässig, wenn das BAMF mitgeteilt hat, dass keine Gründe für ein neues Asylverfahren vorliegen (§ 71 Absatz 5 Satz 2 und 3 AsylG).

Was passiert auf Stufe 2 des Prüfverfahrens?

Bejaht das BAMF das Vorliegen von Gründen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, geht es auf „Stufe 2“ mit einer ganz „normalen“ inhaltlichen Asylprüfung weiter (>> Das Asylverfahren). Erst auf dieser zweiten Stufe erhält die antragstellende Person eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung.

IV. Weiterführende Arbeitshilfen


Musteranträge § § 104c, 25b und 25a AufenthG

Auf Basis von Vorlagen des Flüchtlingsrats Thüringen haben wir Musterschreiben für die Aufenthaltserlaubnisse nach § 104c AufenthG, § 25a AufenthG und § 25b AufenthG verfasst. Die Musterschreiben müssen sorgfältig auf den jeweiligen Fall angepasst werden. Im Zweifel sollte immer der Rat einer Beratungsstelle eingeholt werden.


Bereich „Grundlagen“ veröffentlicht

Ab sofort ist auf der Homepage des Flüchtlingsrats BW der Bereich „Grundlagen“ veröffentlicht. Darin werden die wichtigsten Themen der Arbeit mit geflüchteten Menschen im Überblick dargestellt. Der Bereich soll ehrenamtlich Engagierten einen ersten Überblick über die jeweiligen Themen geben. Für inhaltliche Fehler wird keine Haftung übernommen. Die Inhalte ersetzen keine professionelle Beratung durch hauptamtliche Beratende bzw. Anwält*innen.


Aufenthaltsverfestigung

Wer im Asylverfahren Schutz erhält, bekommt in aller Regel eine Aufenthaltserlaubnis. Aufenthaltserlaubnisse sind immer befristet (auch wenn der erteilte Schutzstatus selbst unbefristet ist) und müssen verlängert werden. Nach einer bestimmten Zeit und unter bestimmten weiteren Voraussetzungen kann ein unbefristeter Aufenthaltstitel, die sog. Niederlassungserlaubnis, erteilt werden. Auch die Einbürgerung, also die Beantragung der deutschen Staatsangehörigkeit, ist ab einem bestimmten Zeitpunkt möglich.

I. Die Niederlassungserlaubnis
II. Die Einbürgerung

I. Die Niederlassungserlaubnis

Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 AufenthG (Personen mit Asylberechtigung), § 25 Absatz 2 Satz 1 AufenthG (Personen mit Flüchtlingseigenschaft und subsidiär Schutzberechtigte) und § 25 Absatz 3 AufenthG (Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG) haben nach einem bestimmten Zeitraum die Möglichkeit, ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, die sog. Niederlassungserlaubnis zu erhalten. Diese hat einige Vorteile: Beispielsweise entfällt die Notwendigkeit, den Aufenthaltstitel regelmäßig verlängern zu lassen. Ein unbefristeter Aufenthaltstitel kann außerdem bestimmte Erleichterungen beim Familiennachzug mit sich bringen. So entfallen beim Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten und Personen mit einem Abschiebungsverbot mit Erteilung der Niederlassungserlaubnis die Beschränkungen des § 36a AufenthG bzw. § 29 Absatz 3 Satz 1 AufenthG. Mehr Infos dazu finden sich unter >> Familiennachzug.

Bei der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis muss zwischen Personen mit Flüchtlingseigenschaft bzw. Asylberechtigten einerseits und Personen mit anderen humanitären Aufenthaltstiteln (z.B. subsidiär Schutzberechtigten) andererseits unterschieden werden:

Die Niederlassungserlaubnis ist als „Belohnung“ für gelungene Integrationsleistungen ausgestaltet. Wer diese nicht erbringt, erhält weiterhin nur eine (dreijährige) Aufenthaltserlaubnis (sofern die Gründe, die zu der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geführt haben, insbesondere der Schutzstatus, fortbestehen).

Welche Voraussetzungen gibt es für Personen mit Flüchtlingseigenschaft und Asylberechtigung?

Konkret hat eine Person mit Flüchtlingseigenschaft/ Asylberechtigung ebenso wie ein „Resettlement-Flüchtling“ (§ 23 Absatz 4 AufenthG) in der Regel unter folgenden Voraussetzungen Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 Satz 1 AufenthG:

  • Fünf Jahre Besitz Aufenthaltserlaubnis (die Dauer des Asylverfahrens wird angerechnet)
  • Lebensunterhalt des Antragstellers*der Antragstellerin ist überwiegend (> 50 %) gesichert
  • Hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (= A2-Niveau)
  • Ausreichender Wohnraum für die Person und mit ihr zusammenlebende Familienangehörige
  • Grundkenntnisse über die Rechts- und Gesellschaftsordnung/Lebensverhältnisse in der BRD (z.B. durch das Bestehen des „Leben in Deutschland“-Tests oder durch einen deutschen Schulabschluss)

Hinweis: Von diesen Voraussetzungen gelten ggf. Ausnahmen, wenn sie krankheits-, behinderungs- oder altersbedingt nicht erfüllt werden können.

Weitere Voraussetzungen sind:

  • Keine Mitteilung des BAMF über (geplanten) Widerruf bzw. (geplante) Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung
  • Die allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Absatz 1 AufenthG (z.B. Erfüllung der Passpflicht, geklärte Identität) müssen vorliegen (davon kann im Ermessen abgesehen werden)
  • Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Nummern 4 – 6 AufenthG (z.B. keine Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bundesgebiet und Besitz einer Erwerbstätigkeitserlaubnis)

Besonders gut integrierte Geflüchtete können die Niederlassungserlaubnis unter folgenden (höheren) Voraussetzungen schon früher erhalten (§ 26 Absatz 3 Satz 3 AufenthG):

  • Drei Jahre Besitz Aufenthaltserlaubnis (die Dauer des Asylverfahrens wird angerechnet)
  • Keine Mitteilung des BAMF über (geplanten) Widerruf bzw. (geplante) Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung
  • Beherrschen der deutschen Sprache (C1-Niveau)
  • Lebensunterhalt muss weit überwiegend gesichert sein (in der Praxis wird hier häufig verlangt, dass der Bedarf zu mindestens 80 % unabhängig von öffentlichen Mitteln gedeckt ist). Der Bezug von beispielsweise Kindergeld oder Erziehungsgeld (siehe § 2 Absatz 3 Satz 2 AufenthG) schadet nicht.

Hinweis: Ausnahmen, z.B. wegen krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit oder wegen behinderungsbedingter Unmöglichkeit des Spracherwerbs, sind hier nicht möglich.

Welche Voraussetzungen gibt es für Personen mit anderen (humanitären) Aufenthaltserlaubnissen?

Bei Personen mit einer anderen humanitären Aufenthaltserlaubnis richtet sich die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 AufenthG. Dazu zählen:

  • subsidiär Schutzberechtigte (§ 25 Absatz 2 Satz 1 Alternative 2 AufenthG)
  • Personen mit einem nationalem Abschiebungsverbot (§ 25 Absatz 3 Satz 1 AufenthG)
  • Personen, die durch einen Härtefallantrag eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben (§ 23a AufenthG)
  • Besonders gut integrierte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 25a AufenthG)
  • Besonders gut integrierte Erwachsene (§ 25b AufenthG)

Die Voraussetzungen für die Niederlassungserlaubnis sind in § 26 Absatz 4 Satz 1 AufenthG geregelt (hier wird auf § 9 Absatz 2 Satz 1 AufenthG verwiesen):

  • 5 Jahre Besitz der Aufenthaltserlaubnis (die Dauer des Asylverfahrens wird angerechnet)
  • Deutschkenntnisse auf B1-Niveau
  • Ausreichender Wohnraum für die Person und mit ihr zusammenlebende Familienangehörige
  • Grundkenntnisse über die Rechts- und Gesellschaftsordnung/Lebensverhältnisse in Deutschland (z.B. durch das Bestehen des „Leben in Deutschland“-Tests („Orientierungstest“) oder durch einen deutschen Schulabschluss)
  • gesicherter Lebensunterhalt
  • mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder vergleichbare Altersabsicherung

Hinweis: Von diesen Voraussetzungen gelten ggf. Ausnahmen, wenn sie krankheits-, behinderungs- oder altersbedingt nicht erfüllt werden können.

Weitere Informationen:

II. Die Einbürgerung

Personen mit bestimmten Aufenthaltserlaubnissen oder mit einer Niederlassungserlaubnis können sich unter bestimmten Voraussetzungen einbürgern lassen und erhalten dann einen deutschen Pass.

Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es einen Anspruch auf die Einbürgerung (§ 10 StAG), in manchen Fällen ist die Einbürgerung aber auch nach Ermessen möglich (§ 8 StAG).

Welche Voraussetzungen gelten für die Anspruchseinbürgerung?

Die reguläre Form der Einbürgerung ist die Anspruchseinbürgerung nach (§ 10 StAG). Dafür gelten folgende Voraussetzungen:

  • Fünfjähriger rechtmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt (Reduzierung nach Ermessen auf bis zu drei Jahre möglich bei Vorliegen der folgenden drei Voraussetzungen: 1. besondere Integrationsleistungen, insbesondere besonders gute schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen oder bürgerschaftliches Engagement, 2. Lebensunterhaltsicherung für sich und die Angehörigen, 3. C1-Sprachkenntnisse)
  • Innehaben einer Niederlassungserlaubnis, des Daueraufenthalts-EU oder einer bestimmten Aufenthaltserlaubnis (NICHT: §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5, § 104c AufenthG)
  • Geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
  • Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie Abgabe einer Loyalitätserklärung
  • Lebensunterhaltssicherung ohne Inanspruchnahme von SGB II- oder SGB XII-Leistungen (Ausnahmen gelten für bis Juni 1974 bzw. Juni 1990 eingereiste Personen aus der Gast-/Vertragsarbeiter*innengeneration und deren Ehepartner*innen sowie für in Vollzeit arbeitende Personen, die in den letzten 24 Monaten 20 Monate in Vollzeit gearbeitet haben und deren Ehegatt*innen, wenn sie mit der in Vollzeit arbeitenden Person und einem minderjährigen Kind zusammenleben)
  • Keine strafrechtlichen Verurteilungen gemäß § 12a StAG (Ausnahmen: Geldstrafen bis zu 90 Tagessätze, zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafen bis zu drei Monate, Erziehungsmaßregeln/Zuchtmittel bei Jugendlichen)
  • B1-Sprachkenntnisse (Nachweise z.B. über erfolgreichen Integrationskurs oder deutschen Schulabschluss), Ausnahmen gelten unter bestimmten Voraussetzungen für Personen aus der Gast-/Vertragsarbeiter*innengeneration und im Ermessen bei Härtefällen
  • Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (z.B. über mit 17 Punkten bestandenem Einbürgerungstest oder mit 17 Punkten bestandenem Test „Leben in Deutschland)
  • Kein Vorliegen eines Ausschlussgrundes (u.a. Missachtung der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, Person ist mit mehreren Ehepartnerinnen verheiratet, tatsächliche Anhaltspunkte für falsches Bekenntnis oder Unterstützung von terroristischen/extremistischen Organisationen)

Hinweis: Von den Voraussetzungen B1-Sprachkenntnisse und Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland kann abgesehen werden, wenn die Person sie aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann.

Seit der Gesetzesänderung vom 27. Juni 2024 ist die Aufgabe (einer) anderen Staatsangehörigkeit(en) vor Einbürgerung nicht mehr erforderlich. Personen, die sich einbürgern lassen, können also ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten.

Wichtig: Menschen, die unverschuldet SGB II/XII-Leistungen beziehen (z.B. Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen, Studierende), sollen künftig auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG beantragen. Gemäß § 8 Absatz 2 StAG kann zur Vermeidung einer besonderen Härte u.a. von der Lebensunterhaltssicherung abgesehen werden.

Wann können Ehepartner*innen und minderjährige Kinder miteingebürgert werden?

Ehegatte*Ehegattin und minderjährige Kinder können nach Ermessen miteingebürgert werden, wenn sie die Voraussetzungen für die Einbürgerung – abgesehen vom fünfjährigen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt – in ihrer eigenen Person erfüllen.

Wann bekommen in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit?

In Deutschland geborene Kinder erhalten von Amts wegen die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (§ 4 Absatz 1 StAG). Wenn beide Eltern Ausländer*innen sind, erwirbt ein Kind ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren seinen rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und eine Niederlassungserlaubnis oder eine Daueraufenthaltserlaubnis-EU besitzt (§ 4 Absatz 3 StAG).

Wie läuft das Verfahren zur Einbürgerung ab?

Den Antrag auf Einbürgerung stellt man bei der Einbürgerungsbehörde des jeweiligen Wohnorts. Eine Einbürgerung kostet 255 €, im Falle miteingebürgerter minderjähriger Kinder ohne eigene Einkünfte belaufen sich die Kosten auf 51 € (§ 38 StAG). Die Einbürgerungsurkunde soll bei einer öffentlichen Einbürgerungsfeier übergeben werden.

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