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EuGH trifft Entscheidung zur persönlichen Anhörung im behördlichen Asylverfahren

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Juli 2020 entschieden, dass Asylbehörden dazu verpflichtet sind, vor einer Entscheidung über einen Asylantrag eine persönliche Anhörung durchzuführen. Dies gilt auch, wenn bereits zuvor in einem anderen EU-Mitgliedsstaat internationaler Schutz gewährt wurde. Eine Regelung im deutschen Verwaltungsverfahrensgesetz, wonach die Anhörung auch in einem Gerichtsverfahren nachgeholt werden kann, steht folglich nicht im Einklang mit Europarecht.


Online Seminar „Covid 19 & Lieferkettengesetz – Einfluss auf Biodiversität und Ernährungssicherheit“

Das NaturFreunde Netzwerk Global lädt am 24.10.20 von 15.00 bis 18.30 Uhr zu einem Online-Seminar ein. Referent*innen aus dem Senegal, Togo, Gambia und Honduras werden über die aktuelle Situation in dem jeweiligen Land während der Corona-Pandemie berichten, sowie die veränderte Wirtschafts- und Ernährungssituation aufzeigen. Außerdem wird das geplante Lieferkettengesetz thematisiert.

Weitere Informationen sowie das Anmeldungsformular finden Sie hier


Kostenübernahme von Computern für Schulkinder

Mehrere Gerichte haben sich für die Übernahme der Kosten für Computer (und Zubehör) wegen des coronabedingten Homeschoolings ausgesprochen. Das SG Frankfurt verpflichtet die Sozialbehörde im Beschluss vom 07.08.2020 zur Gewährung eines Darlehens gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II zur Anschaffung von Computer, Drucker und weiterem Zubehör. Das SG Köln geht in seiner Entscheidung davon aus, dass es in der gegenwärtigen Situation für SGB II-Leistungsbezieher*innen ohne digitale Endgeräte einen entsprechenden Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II gibt, der nicht durch den Regelbedarf gedeckt wird. Das LSG Thüringen geht in seinem Beschluss vom 8. Januar 2021 davon aus, dass die Kosten für die Anschaffung eines internetfähigen Computers nebst Zubehör zur Teilnahme am pandemiebedingten Hausschulunterricht grundsätzlich einen Mehrbedarf darstellen.
Weitere Informationen zur Thematik sowie Musteranträge zur Kostenübernahme finden sich auf der Homepage des Flüchtlingsrats Niedersachsen.


Veranstaltung „Flucht – Seenotrettung – Sicherer Hafen Konstanz“

HINWEIS: Die Veranstaltung wurde aufgrund der steigenden Infektionszahlen abgesagt.
Die Konstanzer Seebrücke veranstaltet ein moderiertes Gespräch mit zwei geretteten Geflüchteten, die inzwischen Schutz im Landkreis Konstanz gefunden haben und Thomas Nuding, Seenotretter auf dem zivilen Rettungsschiff „Sea-eye“ und Gründer von sarah-seenotrettung.org.

Aufgrund der aktuellen Situation ist die Teilnehmendenzahl begrenzt. Deswegen wird um eine vorherige Anmeldung mit Namen und Telefonnummer an: konstanz@seebruecke.org gebeten. Der Wolkensteinsaal ist ausschließlich mit Mund-Nasen-Bedeckung zu betreten oder mit entsprechendem ärztlichen Attest, dass das Tragen von Mundschutz aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist.


Betreten einer Wohnung zum Zweck der Abschiebung immer als Durchsuchung zu werten

Das OVG Hamburg stellt in seinem Urteil vom 18.08.2020 (4 Bf 160/19) fest, dass das Betreten einer Wohnung durch Behördenmitarbeiter*innen immer eine Durchsuchung gemäß Art. 13 Abs. 2 Grundgesetz und § 23 Abs. 1 des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes darstellt. Daher braucht es in diesen Fällen immer eine richterliche Anordnung. Auch ein abschließbares Zimmer in einer Gemeinschaftsunterkunft stellt laut dem Gericht eine Wohnung im Sinne von Art. 13 Grundgesetz dar.


Offener Brief gegen Abschiebungen nach Afghanistan

Die Initiative „AfghanistanNotSafe KölnBonn“ hat einen an Bundesminister Horst Seehofer und Bundesminister Heiko Maas gerichteten Brief veröffentlicht. Darin bittet sie darum, die Abschiebungen nach Afghanistan nicht wie beabsichtigt im Oktober wieder aufzunehmen. Der offene Brief wurde von verschiedenen Organisationen unterzeichnet. Auch der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg hat den Brief gezeichnet.


Online-Seminar „Hiergeblieben!? – Aufenthaltsgefährdung und Abschiebung bei Minderjährigen“

Der AK Asyl – Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V. und der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge veranstalten am 22.10.2020 von 12.30 bis 17.00 Uhr ein Online-Seminar zum Thema Aufenthaltsgefährdung und Abschiebung bei Minderjährigen.

Anmelden können Sie sich hier


331 Abschiebungen im 3. Quartal 2020

331 Personen wurden – ungeachtet der hohen Corona-Infektionszahlen in vielen Staaten – im dritten Quartal 2020 aus Baden-Württemberg abgeschoben. Häufigstes Zielland war dabei Georgien, was auf eine Sammelabschiebung am 30.9. zurückzuführen ist. Auch die Dublin-Überstellungen sind wieder angelaufen. Mit 30 Personen ist die Zahl der nach Frankreich abgeschobenen Personen dabei besonders hoch. Aber auch in die Westbalkanstaaten wurde wieder verstärkt abgeschoben (Albanien und Nordmazedonien: 21 Personen, Bosnien-Herzegowina: 24 Personen und Kosovo: 16 Personen). Ebenfalls fanden im Juli und August Sammelabschiebungen nach Pakistan statt, insgesamt wurden so 17 Pakistani aus Baden-Württemberg abgeschoben.


Überblick zum neuen Asyl- und Migrationspaket der EU

Am 23. September hat die EU-Kommssion einen neuen Reformvorschlag (»New Pact on Migration and Asylum«) für die Asylpolitik der EU vorgestellt. Unter anderem sind umfassendere Registrierungen als bisher mit Identifizierungen und Registrierungen mit Sicherheitsüberprüfungen und Gesundheitschecks an den EU Außengrenzen vorgesehen. Außerdem sind für bestimmte Personengruppen beschleunigte Grenzverfahren vorgesehen, beispielsweise für Geflüchtete, die die Behörden hintergehen wollen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen oder die aus Ländern stammen, aus denen Antragsteller in der EU häufig nicht als Flüchtlinge anerkannt werden. Während der Grenzverfahren gelten die Geflüchteten als nicht in die EU eingereist. Dies bedeutet auch, dass sie sich während der Dauer der Grenzverfahren und der sich bei Ablehnung anschließenden Rückführungsverfahren nicht frei bewegen dürfen und in geschlossenen Zentren untergebracht sind.  

Eine Pflicht zur Umverteilung von Geflüchteten aus überlasteten EU-Mitgliedsstaaten auf andere Mitgliedsstaaten nach einem bestimmten Schlüssel ist auch diesem Migrationspaket nicht vorgesehen, lediglich eine Pflicht zu Solidarität: Die EU-Mitgliedsstaaten könnten zum Beispiel nach dem Relocation-Prinzip Geflüchtete aufnehmen, Ressourcen bereitstellen oder sogenannte „Abschiebe-Patenschaften“ eingehen. Bei „Abschiebe-Patenschaften“ , übernehmen Länder, die keine Geflüchteten aufnehmen möchten, die Verantwortung für die Abschiebung von abgelehnten Geflüchteten aus anderen Ländern. Gffs. beinhaltet dies auch eine Aufnahme in das eigene Land,  um sie dann von dort aus abzuschieben. Dies dient der Entlastung überlasteter Mitgliedsstaaten. Wie sie aber  ihre Pflicht zur Solidarität gestalten, bleibt letztendlich den Mitgliedsstaaten selbst überlassen. Somit besteht  die Gefahr, dass nur wenige Länder auch wirklich Geflüchtete aufnehmen und die meisten ihre Pflicht zur Solidarität lediglich in Form von Ressourcen oder „Abschiebe-Patenschaften“ erfüllen.

Neben den konkreten Maßnahmen betont die EU-Kommission, sich um eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern von Migranten und Geflüchteten bemühen zu wollen.

Reaktion von PRO ASYL auf das neue Migrationspaket

In einer von PRO ASYL verfassten Pressemitteilung kritisiert Günther Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, den New Pact on Migration and Asylum sehr scharf. Er ruft das EU-Parlament  dazu auf, den Pakt  abzulehnen und so den Rechtsstaat und die Menschenrechte aller Geflüchteten zu verteidgen.

Vor allem das sogenannte „Screening“  und das beschleunigte Grenzverfahren bereitet PRO ASYL große Sorgen: Der Mechanismus zum Vorsortieren von Geflüchteten lasse ein Zwei-Klassen-Asylsystem entstehen und verhinderee faire Asylverfahren an den Grenzen, da es keine umfassende, individuelle Prüfung der Fluchtgründe gebe. Laut PRO ASYL drohe der Pakt somit, den Rechtsstaat an den Außengrenzen abzuschaffen.

Auch bemängelt PRO ASYL, dass es auf Grund von zu langsamen Registrierungsprozessen erneut zu überfüllten Zentren kommen könnte, in denen Geflüchtete über 6 Monate unter Haftbedingungen und ohne Zugang zu Rechtsberatung ausharren müssen. Innerhalb weniger Monate könnten so weitere Hotspots entstehen, in denen Geflüchtete unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen.

Auch die Pflicht zu Solidarität ist laut PRO ASYL lange nicht zufriedenstellend: Dass die Mitgliedsstaaten nun die Option haben, ihre Pflicht zur Solidarität wahrzunehmen, ohne Geflüchtete aufzunehmen, wird höchstwahrscheinlich von vielen Ländern auch so umgesetzt werden. Die neue europäische Solidarität heiße, sich darin einig zu sein, Menschen abzuschieben, so Pro Asyl.