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Chancen-Aufenthaltsrecht darf nicht ausgehöhlt werden

PRO ASYL begrüßt es, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser einen Gesetzentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht vorgelegt hat. Es steht allerdings zu befürchten, dass weniger geduldete Menschen in Deutschland davon profitieren, als es der Koalitionsvertrag vorsieht.

Endlich sollen Geduldete, die jahrelang  Angst vor einer Abschiebung hatten, die Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Das betrifft sehr viele Männer, Frauen und Jugendliche: Über 200.000 Menschen leben in Deutschland mit einer prekären Duldung, haben damit keine feste Perspektive und können in vielen Fällen jederzeit abgeschoben werden. Circa 100.000 von ihnen sind bereits seit fünf Jahren oder länger in Deutschland und könnten somit vom geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren. Dieses könnte für sie eine haltgebende Brücke sein, über die sie in ein gesichertes Bleiberecht kommen.
Doch Presseberichte lassen  nun befürchten, dass im Bundesinnenministerium bei der Ausarbeitung der Gesetzesgrundlage so restriktiv vorgegangen wird, dass die Möglichkeit, mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht einer signifikanten Anzahl von Menschen aus der Duldung zu helfen, gefährdet wird. PRO ASYL kritisiert, dass Menschen, denen vorgeworfen wird, falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht zu haben, laut Referentenentwurf aus dem BMI vom Chancen-Aufenthaltsrecht ausgenommen sein könnten.
„Aus der Praxis kriegen wir regelmäßig mit, wie schwierig sich Identitätsklärung und Passbeschaffung für viele Geflüchtete gestalten. Es ist deshalb wichtig, dass dies beim Chancen-Aufenthaltsrecht – das ja noch kein tatsächliches Bleiberecht darstellt – nicht zur Voraussetzung gemacht wird. Der Koalitionsvertrag sieht konkrete Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht vor, von einem Ausschluss wegen angeblicher Täuschung bei Identität oder Staatsangehörigkeit ist dort aber nicht die Rede“, erklärt Wiebke Judith, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL. „Es wäre fatal, wenn nun das Bundesinnenministerium nachträglich Voraussetzungen einführt, die erstens die Umsetzung verkomplizieren und zweitens Tür und Tor öffnen für eine besonders restriktive Handhabung durch die Ausländerbehörden. Hinzu kommt: Je mehr Kriterien geprüft werden müssen, desto höher ist der bürokratische Aufwand. Dabei sind die Ausländerbehörden jetzt schon überlastet mit der Registrierung von Geflüchteten aus der Ukraine“, so Judith.

Laut Koalitionsvertrag gibt es nur drei Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht:

»Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen: Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25 a und b AufenthG).« [Hervorhebungen hinzugefügt]

PRO ASYL fordert mit der Kampagne #RechtAufZukunft eine zügige Umsetzung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Verbesserungen für geduldete Menschen.


„Schönau ’92 – Nicht vergessen“

Unter dem Motto „Schönau ’92 – Nicht vergessen“ findet auf Initiative des freien Radios bermuda.funk e.V. und DIDF Mannheim, am Samstag den 11. Juni eine Veranstaltung im NaturFreunde-Stadtheim Mannheim (Zum Herrenried 18, 68169 Mannheim – ÖPNV Haltestelle Sandgewann) statt: In Erinnerung an rassistische Gewalt gegen geflüchtete Menschen.
Am Pfingstwochenende 1992 entlud sich in Mannheim-Schönau aufgrund von Gerüchten nach einem „Vatertagsfest“ offen der Hass gegen die damals 200 in einer ehemaligen Kaserne untergebrachten Asylbewerber*innen. Die geflüchteten Menschen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung wurden tagelang rassistisch beleidigt, bedroht und mit Gegenständen attackiert.
Mit einem zweistündigen Workshop-Angebot startet die Erinnerungsveranstaltung um 14 Uhr. Hier werden die Themen „Struktureller Rassismus“ und „Wie kann dem Alltagsrassismus Paroli geboten werden?“ diskutiert. Ein dritter Workshop ist mit Ibrahim Arslan geplant. Er überlebte die rassistischen Brandanschläge von Mölln 1992. Bei dem Anschlag verloren seine Großmutter Bahide Arslan, seine Schwester Yeliz Arslan und seine Cousine Ayşe Yılmaz ihr Leben. Er engagiert sich seit vielen Jahren in der Antirassismus-Arbeit, indem er als Politischer Bildungsreferent aus der Perspektive der Betroffenen berichtet.
Ab 17 Uhr gibt es eine zweistündige Pause zur gemeinsamen Erholung, zum lecker Essen, mit Musik, zum Gedankenaustausch. Danach findet von 19 bis 21 Uhr eine Talk- und Diskussionsveranstaltung zu den damaligen Ereignissen statt. Es diskutieren an diesem Abend Zeitzeugen, die die damaligen zivilgesellschaftlichen Proteste gegen die rassistischen Übergriffe aus unterschiedlichen Perspektiven miterlebt hatten. Die Diskussionsgäste sind Aktivistinnen, die die Proteste gegen die rassistischen Vorfälle mitgetragen haben, Menschen, die aus migrantischer Perspektive die Ereignisse bewerten, in der kirchlichen Flüchtlingsarbeit aktiv waren, die Ereignisse journalistisch begleitet haben. Oder auch als Anwalt die Anmelder der damals verbotenen Solidaritätsdemonstration beraten hatten.
Über drei Wochen war Mannheim im Mai 1992 als Folge dieser Ereignisse in einen Ausnahmezustand versetzt. Es machen einen Rückblick auf die antirassistischen Proteste gemacht, sowie auf die Reaktionen von Stadt und Politik. Eine Frage der Diskussion wird sein: „können in Zukunft rassistische Übergriffe verhindert werden?“
Die Ereignisse vor 30 Jahren müssen auch im Zusammenhang mit einer Welle von rassistischen Übergriffen und Anschlägen gesehen werden. Nach den Mordanschlägen in Mölln und den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992 wurde der sogenannte Asylkompromiss durch Regierung und Opposition beschlossen und das Asylrecht massiv eingeschränkt.

Veranstalter*innen: DIDF-Mannheim, bermuda.funk e.V., „Mannheim gegen Rechts“, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, OAT Mannheim, Infoladen im JUZ-Mannheim, Stadtjugendring Mannheim
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Aufnahmeprogramm Afghanistan

Die Bundesregierung hatte nach der Übernahme der Taliban 2021 ein Aufnahmeprogramm für gefährdete Menschen in Afghanistan versprochen. Am 02.06.2022 gab der Haushaltsausschuss des Bundestags 25 Millionen Euro für ein Bundesaufnahmeprogramm frei.

Wie genau das Programm ausgestaltet werden soll und wie viele Personen darüber einreisen könnten, ist allerdings noch unklar. Befürchtet wird, dass statt der angestrebten 20.000 gefährdeten Afghan*innen nur ca. 5.000 einreisen könnten. Dies alles soll bis Ende August geklärt werden.



Rechtsprechungs-Überblick zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf Dublin-Überstellungen

Die Versorgung Schutzsuchender aus der Ukraine stellt die angrenzenden Staaten zurzeit vor große Herausforderungen. Das hat auch Auswirkungen auf Dublin-Verfahren von Personen, die in diese Länder überstellt werden sollen. Einige osteuropäische Staaten lehnen folglich die (Rück-)Übernahme von Personen ab, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens überstellt werden sollen. Ob Dublin-Bescheide deshalb rechtswidrig sind, ist unter Verwaltungsgerichten umstritten. Die Übersicht des Informationsverbunds Asyl & Migration stellt die derzeitige Sachlage und Rechtsprechung zu den einzelnen Ländern zusammen und gibt Hinweise für die Beratungspraxis.


Griechisches Festland, Kreta und Rhodos: Seit 6 Monaten kein geregelter Zugang zum Asylsystem

Die Bedingungen, unter denen Geflüchtete in Griechenland leben, stehen immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Dabei geht es meistens um die menschenunwürdigen Zustände in den Camps auf den ägäischen Inseln. Aber auch auf dem griechischen Festland sind die Herausforderungen, denen Geflüchtete begegnen, umfassend. Unser Mitglied des Sprecher*innenrates Mariella Lampe arbeitet derzeit mit der NGO Mobile Info Team in Thessaloniki und untersucht von dort aus die Lebensumstände der Menschen, die teilweise seit Jahren keinen Zugang ins griechische Asylsystem finden.

Seit einer Neuregelung im November 2021 besteht auf dem griechischen Festland, Rhodos und Kreta kein allgemein gültiger Zugang zum Asylsystem mehr. Schon vorher war dieser signifikant erschwert, da für die persönliche Antragstellung eine Vorab-Registrierung per Skype notwendig war. Diese funktionierte jedoch nur äußerst mangelhaft, was dazu führte, dass Asylsuchende im Schnitt 14 Monate auf einen Termin bei der zuständigen Behörde warten mussten.

Seit das Skype-System ausschließlich für Folgeanträge geöffnet ist, gibt es nur noch drei Ausnahmefälle, in denen Menschen außerhalb der griechischen “Hotspots”auf Lesbos, Samos, Chios, Leros und Kos Asyl beantragen können: wenn sie bereits bei der Polizei registriert sind und entsprechende Papiere (“police notes”) erhalten haben, indem sie eine Vulnerabilität nachweisen oder wenn sie sich selbst bei dem einzigen zuständigen “Reception and Identitfication Center” (RIC) im Norden Griechenlands, Fylakio, vorstellen.

Die in Thessaloniki ansässige Nichtregierungsorganisation Mobile Info Team (MIT) hat in ihrem neusten Bericht “Blocked from the system” (www.mobileinfoteam.org/blockedfromthesystem)  untersucht, inwieweit diese Zugänge zum Asylsystem funktionieren und die Situation der Menschen dokumentiert, die sich aus diesem Grund ohne Papiere in Griechenland aufhalten.

Die Auswertung von 144 Fällen aus der Datenbank der Rechtsberatung von MIT sowie 18 semi-strukturierten Interviews ergab, dass auch diese Wege ins griechische Asylsystem häufig nicht gangbar sind, selbst wenn die jeweiligen Kriterien erfüllt sind.

So ist es nach wie vor nicht nachvollziehbar, unter welchen Umständen die Polizei “police notes” ausgibt. In vielen Fällen haben Menschen, die sich an die Polizei gewendet haben, keine Papiere ausgehändigt bekommen. Dazu kommt die Angst, sich überhaupt an die Behörden zu wenden, da die Gefahr von gewaltsamen und illegalen Rückführungen in die Türkei besteht (sogenannte Pushbacks).

Zudem stellte es sich heraus, dass es äußerst schwierig ist, eine Vulnerabilität nachzuweisen. Zum einen liegt dies daran, dass Menschen ohne Papiere keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben und somit in der Regel keine Arztberichte erhalten können. Zum anderen ist unklar, welche Vulnerabilitäten eigentlich anerkannt werden und welchen Schweregrad diese aufweisen muessen.

Zu guter Letzt stellt die Alternative, sich selbst im RIC Fylakio zu registrieren, keinen gangbaren Weg dar: 71% der in Griechenland im letzten Jahr stattgefundenen Pushbacks spielte sich in der Region Evros ab, wo das RIC gelegen ist. Die Wahrscheinlichkeit, auf dem Weg dorthin festgenommen und illegal abgeschoben zu werden, ist demnach extrem hoch. MIT hat gemeinsam mit dem  Border Violence Monitoring Network, dessen Mitglied die NGO ist, diverse Pushbacks im Zusammenhang mit dem RIC Fylakio dokumentiert. In einem besonders signifikanten Fall war ein kubanisches Paar betroffen, welches sich selbstständig zum RIC begeben hatte, dort gedemütigt und dann ohne gesetzliche Grundlage in die Türkei zurückgeführt wurde – ohne dort jemals gewesen zu sein.

Die von MIT durchgeführten Interviews zeigen außerdem die äußerst schwierigen Lebensumstände, die Geflüchtete und Migrant*innen ohne Papiere in Griechenland erdulden müssen. 80% der befragten Personen hatten Obdachlosigkeit erlebt oder waren darauf angewiesen, dass Bekannte oder auch Fremde sie umsonst bei sich wohnen ließen. 60% berichteten von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen mit Arbeitszeiten von bis zu 12 Stunden für 20 bis 25 Euro am Tag. Daraus resultierend scheint es wenig überraschend, dass 60% der Befragten angaben, unter körperlichen oder mentalen Einschränkungen zu leiden, ohne eine entsprechende Unterstützung erhalten zu können.


Absurd: Ukrainische Familie bekommt keinen Schutz, weil sie am Tag der Invasion im Urlaub war

Nachtrag: Wenige Tage nachdem die untenstehende Meldung veröffentlicht und von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde, hat das Justizministerium klargestellt, dass die Familie O. nun doch den vorübergehenden Schutz erhalten kann. Die lokalen Behörden wurden angewiesen, Fiktionsbescheinigungen mit Beschäftigungserlaubnis auszustellen und Sozialleistungen zu bewilligen.

Darüber, dass eine großzügige und möglichst unkomplizierte Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in der aktuellen Situation geboten ist, gibt es einen breiten Konsens aller relevanten gesellschaftlichen und politischen Akteur*innen. Die Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl haben kürzlich kritisiert, dass die Solidarität und Hilfsbereitschaft nicht allen Geflüchteten aus der Ukraine zugute kommt, und dabei vor allem auf den Umgang mit Personen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit hingewiesen. Doch auch für Ukrainer*innen läuft keinesfalls immer alles glatt, wie ein aktueller und besonders absurder Fall verdeutlicht, der von ehrenamtlichen Unterstützer*innen an den Flüchtlingsrat herangetragen wurde.

Sie berichten, dass die Ausländerbehörde des Landkreises Karlsruhe einer ukrainischen Familie das humanitäre Aufenthaltsrecht nach § 24 AufenthG und auch jegliche Sozialleistungen verweigert, weil diese zum Zeitpunkt der Invasion ihres Heimatlandes durch die russischen Streitkräfte zufällig im Urlaub in Ägypten war. Die über Polen eingereiste Großmutter der Familie erhielt problemlos den vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG. Der Rest der Familie wird aufgefordert, Asylanträge zu stellen – obwohl die politisch Verantwortlichen von Bund und Ländern beteuern, dass Menschen aus der Ukraine keine Asylanträge in Deutschland stellen müssen. Im Gegensatz dazu hat eine andere ukrainische Familie, die im gleichen Hotel in Ägypten Urlaub gemacht hat, zum gleichen Zeitpunkt nach Deutschland eingereist ist und in Mannheim bei Unterstützer*innen aufgenommen wurde, von den dortigen Behörden Fiktionsbescheinigungen erhalten und wurde in den Leistungsbezug aufgenommen.

Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg sagt zu diesem Fall: „Es ist offensichtlich absurd, dieser Familie den vorübergehenden Schutz vorzuenthalten mit der Begründung, sie seien über den „Drittstaat“ Ägypten eingereist. Erwarten die hiesigen Behörden ernsthaft, dass diese Familie dorthin zurückkehrt, nur weil sie zufällig gerade im Urlaub war, als der Krieg ausbrach? Ganz offensichtlich ist diese Familie in eine Regelungslücke gefallen, die schleunigst von den politisch Verantwortlichen zu schließen ist. Noch absurder wird die Situation, wenn man sich vor Augen führt, dass die Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums zu § 24 AufenthG explizit einen Anspruch auf Schutz in Deutschland vorsehen, wenn die betroffenen Ukrainer*innen zum Zeitpunkt der Invasion der Ukraine in einem anderen Staat der Europäischen Union im Urlaub waren oder wenn ein einzelne Familienmitglieder vorübergehend außer Landes war. Wo ist der grundsätzliche Unterschied bei einer Familie, die zusammen in einem Nicht-EU-Staat im Urlaub war? Kann es sein, dass die Wahl des Urlaubslandes darüber entscheidet, ob man Schutz erhält, wenn im Heimatland ein Krieg ausbricht? Die politisch Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene müssen schnellstmöglich klarstellen, dass der vorübergehende Schutz für alle gilt, die zum Zeitpunkt der russischen Invasion ihren Wohnsitz in der Ukraine hatten – auch wenn sie aus welchem Grund auch immer vorübergehend außer Landes waren. Die Verweigerung jeglicher Sozialleistungen ist im Übrigen eindeutig rechtswidrig und verstößt unter anderem gegen die Vorgaben des Justizministeriums, aus denen hervorgeht, dass selbst bei Personen, bei denen unklar ist, ob sie einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG haben, ein Schutzgesuch in jedem Fall einen Leistungsanspruch auslöst. Auch hier fordern wir die zuständigen Behörden auf, sofort Abhilfe zu schaffen und der Familie die ihnen zustehenden Leistungen rückwirkend zum Tag der ersten Vorsprache auszuzahlen.“

Im Folgenden dokumentieren wir den offenen Brief der Unterstützer*innen an verschiedene Entscheidungsträger*innen.

Offener Brief der Unterstützer*innen der Familie O. an Bundesinnenministerin Faeser, Ministerpräsident Kretschmann und Justizministerin Gentges

Wir sind tief besorgt und beschämt über die Art und Weise, wie von den Behörden hier in Karlsruhe mit einer ukrainischen Flüchtlingsfamilie umgegangen wird, die aus der ständigen Bombenangriffen ausgesetzten Stadt Charkiw in der Ostukraine stammt. Wir bitten dringend um Ihre Hilfe, damit das Leid dieser Familie, die ihre Heimat verloren hat und ständig Nachrichten neuer Zerstörungen erhält, nicht weiterhin unnötigerweise durch Unsicherheit und Angst vor Abschiebung noch weiter vergrößert wird.  Der Familie wird die Fiktionsbescheinigung verweigert, sie wird zur Ausreise gedrängt und gleichzeitig von einer anderen Behörde aufgefordert, einen Asylantrag zu stellen. Das alles steht im krassen Widerspruch z B zu der Kommunikation des BAMF über den Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine.

Der Situation stellt sich im Einzelnen wie folgt dar: Die Familie O. (Vater, Mutter, Sohn) war im Februar 2022 im Urlaub in Ägypten, als der Krieg in ihrer Heimat ausbrach. Sie konnte nicht in ihre Heimatstadt Charkiw zurück, es gab ja auch keine Rückflüge mehr. Wir, die Familie R., lernten sie in Ägypten in unserem Urlaub kennen. Wir organisierten in unserer Heimat Bad Schönborn eine private Spendensammlung, von der wir den verlängerten Aufenthalt der Familie im Hotel und die Flugtickets nach Frankfurt bezahlten. Am 04.03. landeten wir gemeinsam in Frankfurt und verbrachten das Wochenende in unserer privaten Wohnung. Wir kümmerten uns um die vielen Angelegenheiten, die jetzt zu regeln waren. Wir, die Familie V., boten  ihnen ab dem 07.03. unsere Gästezimmer als vorübergehende Unterkunft an. Am 08.03. war die Mutter von Frau O. nach ihrer langen Flucht über Warschau in Mannheim angekommen, sodass die O.s nun zu viert bei uns  wohnten. Wir, die Familie M., richteten in unserem Haus in Wochenend- und Nachtarbeit eine Wohnung her, in die die Familie O. am 01.04. einziehen konnte. Seit dieser Zeit sind wir Nachbarn und kümmern uns um die Familie. Alle Anträge sind gestellt, die Registrierung ist erfolgt, der Sohn geht in die Schule und in den Sportverein und die Erwachsenen haben Arbeit in Aussicht. Parallel dazu arbeitet Herr O. ehrenamtlich im Rathaus der Gemeinde Bad Schönborn, um die Hauptamtlichen dabei zu unterstützen, den vielen ukrainischen Flüchtlingen das Ankommen zu erleichtern. „Wir können und werden Ihnen helfen!“, haben Sie, Frau Faeser, allen Flüchtlingen versprochen, und in Bad Schönborn sind wir bemüht, Ihr Versprechen in die Tat umzusetzen. Das ist wie überall in Deutschland ganz selbstverständlich und das ist auch gut so.

Was hoffentlich nicht selbstverständlich ist, ist die aktuelle Situation der O.s: Derzeit bekommt die Familie keine Leistungen nach dem AsylbLG, die Fiktionsbescheinigung wird nicht ausgestellt ohne dass dies schriftlich begründet wird oder ein offizieller Bescheid erstellt wird und der Familie wurde bedeutet, dass sie wieder ausreisen müsse, da sie über das „sichere Drittland Ägypten“ eingereist sei. Bei der Registrierung der Familie im Landratsamt in Karlsruhe am 29.03. wurde von einer netten Kollegin gesagt: „Es ist alles in Ordnung!“ Leider ist nichts in Ordnung: O.s bekommen kein Geld, es gibt noch keinen gültigen Mietvertrag mit der Gemeinde (was das geringste Problem ist) – und zu allem Überfluss erreicht die Familie am 20.05. ein offizielles Schreiben des Landratsamtes mit der Aufforderung, einen Asylantrag zu stellen, im krassen Widerspruch zur Darstellung auf der Website des  BAMF.

Können Sie verstehen, dass die Familie tief verunsichert ist? Sie erlebt die Verwaltung in Deutschland oft von ihrer bürokratischen und  abweisenden Seite. Und wir ehrenamtlichen Unterstützer sind enttäuscht über die Unfähigkeit der Verwaltung, die Angelegenheiten der Flüchtlinge schnell und vernünftig zu regeln. Warum kann in Behörden nicht gelten, was für uns selbstverständlich ist: „Wir können und werden Ihnen helfen!“? Warum gibt es bis heute keine Fiktionsbescheinigung, obwohl Sie, liebe Frau Faeser, in Ihrem Video versprochen haben: „Nach Registrierung können Sie sofort in Deutschland arbeiten.“? Warum wird im Landratsamt Karlsruhe auf ein „sicheres Drittland Ägypten“ verwiesen, wenn im Landratsamt Mannheim ein Ehepaar, das ebenfalls durch die Vermittlung von uns, der Familie R., aus Ägypten (gleiches Hotel) zunächst in Bad Schönborn und dann in Mannheim untergekommen ist, eine Fiktionsbescheinigung erhält? Warum gelingt es in Polen, 3,4 Mio. Ukrainer aufzunehmen und wir in Deutschland scheinen mit 650.000 Menschen schon überfordert?

Wir schämen uns für unser Land und für all das, was die Familie O. hier von Behörden erlebt. Wir sind fassungslos über die bürokratischen Hürden in vielen Behörden. Wir sind verärgert darüber, wie schwer es ist, Verantwortliche ans Telefon zu bekommen, Antworten auf E-Mails zu erhalten, um dann auf andere Behörden verwiesen zu werden, die dann ebenfalls nicht erreichbar sind.

Wir erwarten von den Behörden und Verwaltungen, dass sie Kompetenz, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit an den Tag legen. Es liegt durchaus nahe, anzunehmen, dass all diese Fehlleistungen nicht den einzelnen ausführenden Beamten im Landratsamt, Ausländeramt , Integrationsstelle etc. anzulasten sind. Wir vermuten eher, dass diese Kollegen, die sicher auch helfen wollen, wo immer es geht, es mit irreführenden oder widersprüchlichen Vorgaben übergeordneter Stellen zu tun haben. Daher bitten wir Sie, hier dringend tätig zu werden.

Unsere Befürchtung ist, dass das Ergehen der Familie O. in Bad Schönborn kein Einzelfall ist. Die Familie hat alles richtig gemacht: Sie hat sich um Arbeit bemüht, hat eine Wohnung und hat Arbeit in Aussicht. Wir haben mit vielen anderen dazu beigetragen, dass das möglich ist. Warum gibt es für diese Familie kein Geld, keine Fiktionsbescheinigung, keine Sprachkurse, sondern stattdessen die behördliche Aussage zum „sicheren Drittstaat Ägypten“ (die als Drohung der Abschiebung empfunden wird) und die amtliche Aufforderung, beim BAMF einen Asylantrag zu stellen?

Eine Familie, deren Heimatstadt zerbombt ist, die sich Sorgen um das Leben der Freunde und Verwandten in der Ukraine macht, ist zu uns nach Deutschland gekommen. Viele Menschen haben viel investiert, damit sie hier zunächst bleiben können. Und heute bekommen sie weder staatliche finanzielle Unterstützung noch können sie die Arbeit aufnehmen, die sie sich gesucht haben und es wird ihnen sogar gesagt, dass sie Deutschland Ende Mai wieder verlassen müssen.

Verstehen Sie unsere Empörung? Wir bitten Sie alle – im Bund, in Baden-Württemberg und im Landratsamt Karlsruhe, dafür zu sorgen, dass die Familie O. ihre Fiktionsbescheinigung bekommt und dass das ihnen zugesagte Geld zügig überwiesen wird. Und wir bitten Sie, dafür zu sorgen, dass dieser Fall ein Einzelfall bleibt und dass wir unser Versprechen tatsächlich einhalten, das wir den ukrainischen Geflüchteten gegeben haben.

Herzliche Grüße

Familie R.                        Familie V.                            Familie M.


Krankheit, Tod und Trauer: Netzwerk für Kinderpalliativangebote

Der Bundesverband Kinderhospiz e.V. hat ein Netzwerk der Kinderpalliativangebote für Geflüchtete errichtet und vermittelt Kinderhospizangebote. Diese Hilfen richten sich sowohl an Geflüchtete mit lebensbedrohlich erkrankten Kindern als auch an trauernde Kinder und Familienangehörige, die um ein Kind trauern.

Der Bundesverband hat hierfür eine Website mit ukrainischem, russischem, englischem und deutschem Text zu der Kinderhospizarbeit eingerichtet. Zudem gibt es eine telefonische, kostenlose Sprechstunde (deutsch, englisch, russisch und ukrainisch):

Telefon:           +49 800 8888 4713
Montags:         19:00 – 20:00 h
Freitags:          13:00 – 14:00 h

Auch per E-Mail erreichen Sie den Bundesverband Kinderhospiz e.V. in den angegebenen Sprachen unter: fluechtlingshilfe@bundesverband-kinderhospiz.de



Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL fordern die Gleichbehandlung aller Geflüchteten aus der Ukraine

Anlässlich der Innenminister*innenkonferenz vom 1.-3. Juni 2022 in Würzburg fordern die Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL sowie viele weitere Organisationen und Initiativen eine bundesweite Regelung, die den Schutz von allen aus der Ukraine geflüchteten Menschen garantiert und einen sofortigen Stopp der Diskriminierung von Drittstaater*innen und Staatenlosen aus der Ukraine.

Seit dem militärischen Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine sind bereits über sechs Millionen Menschen von dort geflohen, größtenteils in die Anrainerstaaten, viele hunderttausend Menschen sind aber auch in die Bundesrepublik geflüchtet.

Ukrainer*innen erhalten in Deutschland gemäß der EU-Richtlinie 2001/55/EG zur Gewährung vorübergehenden Schutzes und gemäß EU-Ratsbeschluss vom 4. März 2022 unbürokratischen Zugang zu Aufenthaltstitel, Arbeitserlaubnis und Sozialleistungen. Sie bekommen so ein wichtiges Stück Sicherheit in der ihr Leben bestimmenden Katastrophe des Krieges.

Doch andere Kriegsflüchtlinge, die in der Ukraine gelebt, studiert oder gearbeitet haben und sogar Staatenlose, die ihr gesamtes Leben dort verbracht haben, werden größtenteils schlechter gestellt, obwohl sie vor dem gleichen Krieg, vor der gleichen Gewalt geflohen sind: Nicht-ukrainische Drittstaater*innen mit befristetem Aufenthaltsrecht in der Ukraine sind einem Rundschreiben des BMI zufolge bisher von dem Recht auf temporären Schutz als Kriegsvertriebene nach § 24 AufenthG ausgenommen, wenn angenommen wird, dass eine „sichere und dauerhafte Rückkehrmöglichkeit“ ins Herkunftsland besteht.

Anstatt den Fokus auf den bisherigen Lebensmittelpunkt in der Ukraine zu legen, soll also die vermeintliche Rückkehrmöglichkeit ins ursprüngliche Herkunftsland ausschlaggebend sein – und das, obwohl nach den Leitlinien der EU-Kommission für alle EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit besteht, Menschen, die eine „sinnvollere Verbindung zur Ukraine haben als zu ihrem Herkunftsland“, ebenso den Schutz für Kriegsvertriebene zu gewähren.

Zwar ist allen Menschen aus der Ukraine laut der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung erst einmal der Aufenthalt bis zum 31. August im Bundesgebiet erlaubt. Das soll ihnen die Möglichkeit eröffnen, entweder den vorübergehenden Schutz zu beantragen oder die Voraussetzungen für andere aufenthaltsrechtliche Zwecke zu erfüllen. Letzteres ist jedoch in der Kürze der Zeit für viele Geflüchtete kaum möglich. Langfristig besteht die Gefahr, dass die Menschen dauerhaft in prekäre Lebenslagen geraten.

Drittstaatsangehörige und Staatenlose können aufgrund der unklaren Rechtslage und des damit einhergehenden restriktiven Verwaltungshandelns in Deutschland kaum Perspektiven im Hinblick auf Arbeit, Wohnung, Erwerb von Deutschkenntnissen, Ausbildung und Studium entwickeln. Sie haben kaum Möglichkeiten, hier anzukommen, sich zu orientieren, die Erlebnisse des Krieges und der Flucht zu überwinden und sich gesellschaftlich zu beteiligen – und dies, obwohl sie genauso von Krieg und Flucht betroffen und womöglich sogar traumatisiert sind, wie ukrainische Staatsangehörige“, so Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Wiebke Judith, Leiterin des Teams Recht & Advocacy bei PRO ASYL, kritisiert: „Alle Menschen, die aus der Ukraine vor Krieg und Gewalt fliehen mussten, haben ihren Lebensmittelpunkt verloren, aber nicht alle werden in Deutschland gleich behandelt. Drittstaatsangehörige und Staatenlose werden trotz vorläufig legalem Aufenthalt von Ausländerbehörden zum Teil unter Druck gesetzt auszureisen. Anträge auf den vorübergehenden Schutz werden oft nicht einmal angenommen. Das zeigt: für alle aus der Ukraine geflüchtete Menschen braucht es richtige Sicherheit und Perspektive durch einen Aufenthaltstitel.“

Wir fordern von Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine bundesweite Regelung für ein zweijähriges Aufenthaltsrecht für alle aus der Ukraine Geflüchteten, um für alle Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands fliehen mussten, tatsächlichen Schutz und Perspektiven zu schaffen.

Außerdem fordern wir die Länder auf, schon jetzt alle rechtlichen Spielräume zu nutzen und auch den aus der Ukraine Geflüchteten ohne ukrainische Staatsangehörigkeit ein Aufenthaltsrecht zu gewähren.


PRO ASYL und Connection e.V.: Russische Deserteure und Militärdienstflüchtige

Das Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V. und PRO ASYL begrüßen die Erklärung des Innenministeriums, dass russischen Deserteuren Schutz zugesichert wird. Zugleich weisen die Organisationen auf immer noch fehlende Schutzzusagen hin: Für Militärdienstflüchtige aus Russland, für Kriegsdienstverweigerer und Militärdienstentzieher aus Belarus und der Ukraine.

In einer Stellungnahme an den Innenausschuss des Bundestags hat das Innenministerium am 17. Mai 2022 erklärt, dass „bei glaubhaft gemachter Desertion eines russischen Asylantragstellenden derzeit in der Regel von drohender Verfolgungshandlung für den Fall der Rückkehr in die Russische Föderation ausgegangen“ werde. Ergänzend schreibt das Innenministerium: „Da bereits die Bezeichnung ‚Krieg‘, bezogen auf den Angriff auf die Ukraine, in der Russischen Föderation als oppositionelle politische Darstellung geahndet werden kann, kann eine Desertion – als aktives Bekunden gegen die Kriegsführung – als Ausdruck einer oppositionellen Überzeugung gewertet werden.“

„Dass russischen Deserteuren Schutz im Asylverfahren angeboten wird, ist ein erster wichtiger Schritt“, sagt heute Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. „Bislang gab es für Deserteure trotz ihrer Entscheidung gegen eine Kriegsteilnahme im deutschen Asylverfahren viele Hürden. Die aktuelle Stellungnahme des BMI führt hoffentlich zu einer schneller Zuerkennung eines Schutzstatus für russische Deserteure.“

Connection e.V. und PRO ASYL weisen zugleich daraufhin, dass in der Mitteilung des Innenministeriums ausdrücklich „Wehrdienstflüchtlinge von den Ausführungen nicht umfasst“ sind. „Es ist ein untragbarer Zustand, dass Menschen, die sich rechtzeitig den Rekrutierungen zu Militär und Krieg entziehen, von der Regelung ausgeschlossen werden“, erklärt Rudi Friedrich von Connection e.V.. „Wir brauchen eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung, dass auch die Militärdienstentziehung in Russland in Zeiten des Krieges in der Ukraine als oppositionelle politische Haltung gewertet wird und diese Menschen damit auch den notwendigen Schutz erhalten.“

Es fehlt ein klares Bekenntnis zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung – auch für Ukrainer und Belarussen

Die Organisationen bedauern zudem, dass auch die drohende Rekrutierung und die mittelbare Kriegsbeteiligung von Belarus nicht in die Aussage des Innenministeriums einfließt. PRO ASYL und Connection e.V. fordern gemeinsam mit 40 weiteren Organisationen in einem im März 2022 veröffentlichten Appell an den Bundestag, auch belarussischen Soldaten und Soldatinnen, die sich dem Einsatz im Militär und somit dem möglichen Kriegseinsatz in der Ukraine entzogen haben oder desertiert sind, Asyl zu gewähren.

Darüber hinaus fehlt ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zum Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung, gerade bezüglich der Ukraine. „Es hat sich gezeigt“, so Rudi Friedrich, dass sowohl in Russland als auch in Belarus und insbesondere in der Ukraine die Regelungen zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung völlig unzureichend sind. Es ist kein Wunder, dass auch Tausende Militärdienstpflichtige aus der Ukraine ins Ausland geflohen sind. Ihnen wird im Herkunftsland das Recht auf Kriegsdienstverweigerung verwehrt. Auch sie brauchen nach dem Auslaufen der momentanen Aufenthaltsregelung für Geflüchtete aus der Ukraine Schutz.“


Podiumsdiskussion zur Bilanz der Landesregierung

Das Asylzentrum e.V., der AK Asyl Südstadt und die Katholischen Gesamtkirchengemeinde Tübingen veranstalten am 20.06.2022 um 19.30 Uhr in Tübingen eine Poduiumsdiskussion zur Bilanz der Landesregierung im Rahmen der Menschenrechtswoche 2022: „Ressourcen fallen nicht vom Himmel. Wovon hängen Menschenrechte ab?“

Menschenrechte werden beklagenswerterweise sehr oft auf der Welt verletzt – auch in Europa, das sich gerne selbst als „Wertegemeinschaft“ bezeichnet. Menschen ertrinken im Mittelmeer, weil wir in Europa sie nicht retten. Menschen werden an den EU-Außengrenzen zurückgeprügelt, weil unsere Gesellschaften sie nicht passieren lassen.

Dabei wird auf Tübingen, auf Baden-Württemberg geschaut: Welche Ressourcen müssen bereitgestellt werden, damit die verbürgten Menschenrechte und Grundfreiheiten für Geflüchtete gewährleistet sind?

Dazu wird das Kapitel „Migration und Integration“ des Koalitionsvertrags der grün-schwarzen Landesregierung ein Jahr nach Unterzeichnung unter die Lupe genommen. Was wurde umgesetzt? Was nicht und warum? Und was fehlt grundsätzlich?

Referent*innen:

  1. Badiah Jazzaa, Jesidin, Buchautorin, 2014 vor dem IS aus dem Nordirak geflohen
  2. Dorothea Kliche-Behnke, Sprecherin für Integration der SPD-Landtagsfaktion
  3. Daniel Lede Abal, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion der Grünen im Landtag und Sprecher für Migration und Integration
  4. Séan McGinley, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Leiter der Geschäftsstelle