Anlässlich der Konferenz der Innenminister*innen von Bund und Ländern von 16. bis 18. Juni in Rust richtet der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg flüchtlingspolitische Forderungen an die Konferenz. „Wir erleben aktuell, wie geflüchtete Menschen in verschiedener Hinsicht besonders unter den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie leiden, und wie trotz Pandemie und trotz Verschlechterung der Situation in vielen Herkunfts- und Transitstaaten Abschiebungen und Abschottung weiter forciert werden“, so Lucia Braß, Erste Vorsitzendes des Flüchtlingsrats.
Forderungen
Corona: Gleicher Schutz für alle, keine Benachteiligung für Geflüchtete!
- Dezentrales und selbstbestimmtes Wohnen anstatt der Massen- und Sammelunterkünfte
- Ungehinderter Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle geflüchteten und illegalisierten Menschen
- Aufsuchende und niedrigschwellige Impfangebote und vorherige muttersprachliche Aufklärung durch Vertrauenspersonen
- Personen, deren Aufenthaltsrecht an ihre Erwerbstätigkeit geknüpft ist, dürfen keinen aufenthaltsrechtlichen Nachteil haben, wenn sie wegen der Pandemie ihre Arbeits- oder Ausbildungsstelle verlieren
- Allgemeiner Abschiebungsstopp während der Pandemie, da die Gesundheitssysteme in vielen Ländern überfordert sind und die Pandemie bestehende wirtschaftliche und politische Krisen verschärft
Afghanistan: Pandemie-Auswirkungen und drohende Gewalteskalation machen Abschiebungsstopp erforderlich
- Abschiebungsstopp für Afghanistan und sicheres Bleiberecht für Afghan*innen in Deutschland
- Ein Aufnahmeprogramm für die nach dem Abzug westlicher Truppen besonders gefährdeten Ortskräfte
- Schnelle und unbürokratische Ermöglichung des Familiennachzugs für afghanische Geflüchtete in Deutschland
Sri Lanka: Tamil*innen sind nach wie vor gefährdet
- Neubewertung der Sicherheits- und Menschenrechtslage entsprechend der Empfehlung der UN-Menschenrechtsbeauftragten Michelle Bachelet
- Abschiebungsstopp für Tamil*innen und sicheres Bleiberecht für sri-lankische Tamil*innen in Deutschland
Syrien: Gefährliche Vorstöße zur Ermöglichung von Abschiebungen
- Wiedereinführung des Abschiebungsstopps für Syrien, da niemandem eine sichere Rückkehr garantiert werden kann, die humanitäre Lage katastrophal ist und es weiterhin zu willkürlichen Inhaftierungen und Folter kommt
- Schluss mit der gefährlichen Rhetorik zu Abschiebungen von „Straftätern“ und „Gefährdern“, die lediglich als Einfallstor für einen Start der Abschiebungen nach Syrien dienen. Wem eine Straftat vorgeworfen wird, soll sich in einem rechtsstaatlichen Verfahren verantworten müssen und im Schuldfall nach dem Strafrecht verurteilt werden. Eine solche Verurteilung führt nicht dazu, dass die Person ihre Menschenrechte verwirkt.
Griechenland: Situation von Asylsuchenden und Anerkannten erfordert dringendes Handeln
- Keine Abschiebungen von Personen mit Schutzstatus in Griechenland – dort droht ihnen Obdachlosigkeit und Verelendung!
- Wohnpflicht in Aufnahmeeinrichtungen für Anerkannte aus Griechenland beenden, denn derzeit liegen die Asylverfahren von in Griechenland Anerkannten auf Eis, sodass Betroffene ohne Perspektive in Erstaufnahmeeinrichtungen festsitzen
- Ermöglichung von Landesaufnahmeprogrammen für Menschen an den Außengrenzen der EU, wie im Koalitionsvertrag von Baden-Württemberg vereinbart. Die Blockade seitens des Bundesinnenministeriums darf von den Ländern nicht widerstandslos hingenommen werden
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg unterstützt die Protestaktion des zivilgesellschaftlichen Bündnisses unter dem Motto „Menschenrechte sind unverhandelbar“ und ruft zur Teilnahme an der Kundgebung auf, die am Freitag, 18. Juni um 11.30 Uhr am Bahnhof Ringsheim stattfinden wird.