Regierungsentwurf zur Umsetzung der GEAS-Reform ermöglicht Inhaftierung von Kindern

Der Kabinettsentwurf für eine Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems in nationales Recht ist menschenrechtlich höchst problematisch. Er ermöglicht sogar eine Inhaftierung von Kindern.

Die Bundesregierung hat am 03.09.2025 den Entwurf des GEAS-Anpassungsgesetzes sowie des GEAS-Anpassungsfolgengesetzes beschlossen. Die Regierungsentwürfe starten das Gesetzgebungsverfahren: sie werden im Bundesrat und in den Ausschüssen des Bundestags diskutiert, bevor es zur Abstimmung im Bundestag kommt.

Hintergrund ist eine im Frühjahr 2024 beschlossene Reform auf EU-Ebene, mit der die Regeln für das gemeinsame Asylsystem aller EU-Staaten erheblich verschärft wurden. Diese Reform muss bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden.

Der hierfür vorgelegte Gesetzentwurf ist aus menschenrechtlicher Sicht höchst problematisch und wird daher von Verbänden, die sich für die Rechte geflüchteter Menschen einsetzen, unter anderem wegen folgender Punkte scharf kritisiert:

  • Alle geflüchteten Menschen, die aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat eingereist sind, sollen zum Wohnen in sog. „Aufnahmeeinrichtungen zur Durchführung von Sekundärmigration“ verpflichtet werden, wo sie auch de-facto inhaftiert werden können. Ein solches Zentrum mit nächtlicher Ausgangssperre existiert bereits in Brandenburg. Die Bewohner*innen haben sich aufgrund der unzumutbaren Bedingungen vor Ort mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt.
  • Neu eingeführt wird auch die Möglichkeit der Inhaftierung während des laufenden Asylverfahrens. In diesem Rahmen dürfen auch Kinder gemeinsam mit ihren Eltern oder zu „ihrem Schutz“ inhaftiert werden. Die garantierte Beiordnung eine*r Pflichtanwält*in wird parallel abgeschafft.
  • Das sog. Flughafenasylverfahren bzw. Grenzverfahren soll häufiger angewandt werden dürfen. In diesem Verfahren wird innerhalb von 12 Wochen ein Asylverfahren durchgeführt, während die asylsuchenden Menschen am Flughafen bzw. an der Grenze festgehalten werden. Eine kompetente anwaltliche Vertretung ist unter diesen Bedingungen sehr schwierig.
  • Außerdem werden weitere Möglichkeiten für die Einschränkung von Sozialleistungen während des Asylverfahrens geschaffen. Gleichzeitig soll aber bereits während des Asylverfahrens der Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet werden.

Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL, kritisierte: „Geflüchtete in Sonder-Einrichtungen zu isolieren und auszugrenzen ist unverantwortlich und verursacht bei den Betroffenen Verzweiflung, Stress und Depressionen. Auch nach der UN-Kinderrechtskonvention ist ganz klar: Geflüchtete Kinder sollten nie inhaftiert werden.“

Die Opposition im Bundestag und die Zivilgesellschaft sollten jetzt dringend öffentlichen Druck aufbauen, sodass zumindest die Regelungen, die die schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen nach sich ziehen könnten, noch abgeändert werden können. Vorbild für eine möglichst menschenrechtsfreundliche Umsetzung der GEAS-Reform könnte ein bereits 2024 veröffentlichtes Statement von 26 bundesweit tätigen Verbänden sein.



Bundesregierung verzögert Visaerteilung im Aufnahmeprogramm Afghanistan weiter

Pakistanische Behörden haben begonnen, schutzsuchende Afghan*innen trotz bestehender Aufnahmezusage der Bundesregierung nach Afghanistan abzuschieben oder zu inhaftieren. Die Bundesregierung bleibt trotz Aufnahmezusagen untätig und nimmt damit die Verfolgung dieser besonders gefährdeten Schutzsuchenden durch die Taliban in Kauf.

Ca. 2200 schutzsuchende Afghan*innen, deren Aufnahme die Bundesregierung im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan zugesagt hat, warten derzeit in Pakistan auf ihr Visum für eine Einreise nach Deutschland. Darunter befinden sich ehemalige Ortskräfte und ihre Familien, aber auch Menschen, die durch ihr Engagement für ein demokratisches Afghanistan oder ihre Identität besonders gefährdet sind. Ihnen hatte die Bundesregierung rechtsverbindlich die Aufnahme zugesichert.

Daher hatte das VG Berlin auf Klage einer Afghanin hin die Bundesregierung dazu verpflichtet, ihr und ihren Familienangehörigen nach der Aufnahme in das Aufnahmeprogramm nun auch Visa zu erteilen. Nach Verzicht der Bundesregierung auf eine Beschwerde in der nächsten Instanz ist dieses Urteil rechtskräftig geworden. Inzwischen waren mehr als 20 ähnliche Eilanträge ebenfalls erfolgreich. In einigen Fällen hat das Gericht sogar ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000€ angedroht, sollte die Bundesregierung binnen drei Wochen nicht über die Visaanträge entscheiden bzw. Visa erteilen.

Die anderen mehr als 2.000 Afghan*innen mit Aufnahmezusage warten jedoch in Pakistan weiterhin auf ein Visum. Im Fall der Abschiebung droht ihnen besonders intensive Verfolgung durch die Taliban bis hin zu willkürlichen Inhaftierungen und Hinrichtungen. 210 Menschen wurden bereits nach Afghanistan abgeschoben; 245 von 450 durch pakistanische Behörden verhafteten Afghan*innen kamen nach Intervention des Auswärtigen Amtes und der Deutschen Botschaft wieder frei.

 Die Bundesregierung bricht nicht nur ihre rechtswirksam erteilten Aufnahmezusagen, sondern auch ihr Wort gegenüber ehemaligen Ortskräften und besonders vulnerablen Menschen, denen sie Schutz zugesichert hatte. Indem sie die Visaerteilung weiterhin verschleppt, liefert sie Schutzsuchende der lebensgefährlichen Verfolgung durch die Taliban aus.  

Die Zusage der Bundesregierung, sich um eine Rückkehr der bereits abgeschobenen Menschen nach Islamabad zu bemühen, reicht nicht aus. ProAsyl und das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte haben daher Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Außenminister Wadephul und Innenminister Dobrindt gestellt. Letzterer kündigte jetzt an, dass nun wieder Aufnahmeverfahren inklusive Sicherheitsüberprüfungen vor Ort in Pakistan durchgeführt würden. Es werde aber mehrere Monate dauern, alle Verfahren zu bearbeiten und gegebenenfalls Visa zu erteilen.

Zahlreiche Organisationen haben sich jetzt mit einem offenen Brief an Wadephul und Dobrindt gewandt, in dem sie eine drastische Beschleunigung der Verfahren, die schnellstmögliche Evakuierung gefährdeter Personen mit Aufnahmezusage und eine bessere Zusammenarbeit mit den pakistanischen Behörden fordern. Die Bundesregierung müsse jetzt handeln, bevor es für viele Betroffene zu spät sei.



Stuttgart: Internationales Fest zum Tag des Flüchtlings

Der Arbeitskreis Asyl Stuttgart, der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und weitere Organisationen laden herzlich zu einem interkulturellen Fest mit internationalen Essenstischen, einem vielfältigen Musik- und Kunstprogramm, Bücher- und Infotischen und Kinderprogramm ein! Der Eintritt ist frei, es locken leckeres Essen, gute Unterhaltung, Möglichkeiten zum Lernen und vor allem freundschaftliches Beisammensein.

Im Rahmen der 50. Interkulturellen Woche unter dem Motto „Dafür – jeder Intoleranz und Ausgrenzung zum Trotz“ wollen wir am Tag des Flüchtlings eine offene, vielfältige Gesellschaft feiern und uns für gemeinsames Wachsen, Lernen und Zusammenhalt einsetzen. Neugierige finden mehr Informationen über die auftretenden Künstler*innen auf unserem Plakat oder dem Programmzettel.

Wir freuen uns auf alle Gäst*innen!

Ort: Alten Feuerwehrhaus am Erwin-Schöttle-Platz in Stuttgart-Heslach


Zahlen zu Abschiebungen und Abschiebehaft 2024

Der Flüchtlingsrat BW hat das Regierungspräsidium Karlsruhe um Zahlen rund um Abschiebunge und Abschiebehaft aus dem Jahr 2024 gebeten. In diesen beiden Bereichen bleibt vieles was geschieht im Verborgenen, da die Betroffenen nach einer Abschiebung meist nicht mehr die Möglichkeit haben darüber zu sprechen. Mit der Abfrage soll mehr Transparenz geschaffen werden.

Eine Vielzahl der Fragen wurde leider nicht oder nur unvollständig beantwortet, da „darüber keine amtlichen Informationen vorliegen“ und die Beantwortung die Funktionsfähigkeit der Behörde einschränken würde (§ 9 Abs. 3 Nr. 3 LIFG BW). So gab das Regierungspräsidium z.B. nicht an, wie viele der Abgeschobenen Frauen oder Personen über 60 Jahre waren. Auch gab es keine Antwort darauf, wie viele Personen mit diagnostizierten Erkrankungen oder Behinderungen abgeschoben und in Abschiebehaft genommen wurden – und das obwohl Informationen darüber vorliegen, wie viele Abschiebungen medizinisch begleitet wurden oder aufgrund von medizinischen Gründen nicht durchgeführt werden konnten.

Die unbeantworteten Fragen haben wir in der Antwort des Regierungspräsidiums blau hinterlegt. Sensible Daten haben wir geschwärzt.

Die folgenden Tabellen sind ein kleiner Ausschnitt der erfragten Zahlen. Mehr Informationen und Zahlen finden Sie in der Abfrage selbst.

Anfragen in diesem Umfang sind unter dem Landesinformationsfreiheitsgesetz leider nicht umsonst. Wenn Sie unsere politische Arbeit unterstützen möchten freuen wir uns über eine Spende.



Kritik an geplanten Leistungskürzungen auf AsylbLG-Niveau für Geflüchtete aus der Ukraine

Der Referentenentwurf zum Leistungsrechtsanpassungsgesetz sieht vor, dass nach dem 1. April 2025 aus der Ukraine geflohene Schutzsuchende nur noch die menschenwürdewidrig niedrigen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Pro Asyl und weitere Organisationen lehnen dies mehrheitlich ab.

Bisher erhalten ukrainische Geflüchtete Bürgergeld oder Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch. Nun sollen Schutzsuchende, die nach dem Stichtag 1. April 2025 erstmals eine Aufenthaltserlaubnis oder Fiktionsbescheinigung (nach § 24 AufenthG) erhalten, nur noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Dies bedeutet Leistungen, die noch einmal deutlich unterhalb des bereits sehr niedrig angesetzten menschenwürdigen Existenzminimums liegen, das durch Bürgergeldleistungen garantiert werden soll. Damit werden noch mehr Menschen, mit denen sich die Bundesregierung eigentlich solidarisiert, in Deutschland existentieller Not ausgesetzt.

Hinzu kommen weitere ausgrenzende und menschenunwürdige Folgen: In vielen Kommunen werden AsylbLG-Leistungen nur über die fehleranfälligen und freiheitseinschränkenden Bezahlkarten ausgezahlt und auch der Zugang zum Arbeitsmarkt und die damit einhergehende Teilhabe an der Gesellschaft kann nun nicht mehr durch die Jobcenter unterstützt werden. Außerdem umfassen die Leistungen nur eine minimale Gesundheitsversorgung im Akutfall, die zum Beispiel für Menschen mit Behinderungen völlig unzureichend ist. 

In einer Stellungnahme im Rahmen der Verbändebeteiligung kritisiert unter anderem Pro Asyl den Gesetzentwurf in deutlichen Worten: Diese populistische Schlechterstellung von Teilen der ukrainischen Schutzsuchenden spare noch nicht einmal staatliche Gelder, sondern stürze die Betroffenen in ein Leben unterhalb des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums und schließe sie von gesellschaftlicher Teilhabe aus.



Online-Grundlagenschulung: Arbeit mit (un)begleiteten geflüchteten Kindern und Jugendlichen

Die online-Schulung des Bundesfachverbands Minderjährigkeit und Flucht richtet sich an angehende Fachkräfte und Fachkräfte, die neu in die Arbeit mit geflüchteten jungen Menschen eingestiegen sind oder einsteigen.

Qualifizierung, Austausch und Reflexionen zur eigenen Arbeitshaltung sind in dem Arbeitsbereich unerlässlich. Die Grundlagenschulung vermittelt praxisnah jugendhilferechtliche und asyl- und aufenthaltsrechtliche Grundlagen, Informationen zu Vormundschaft und ihrer Rolle im Asylsystem sowie zur Begleitung und Übergangsgestaltung von und mit jungen volljährigen Geflüchteten. Neben den Schulungsinhalten wird es Raum für interaktiven Austausch und zur Reflexion der Herausforderungen und Haltungen im Arbeitsalltag geben. Weitere Informationen sowie das Anmeldeformular finden sie online auf der Website des BuMF. Die Veranstaltung findet regelmäßig einmal im Monat statt.


Online-Grundlagenschulung: Arbeit mit (un)begleiteten geflüchteten Kindern und Jugendlichen

Die online-Schulung des Bundesfachverbands Minderjährigkeit und Flucht richtet sich an angehende Fachkräfte und Fachkräfte, die neu in die Arbeit mit geflüchteten jungen Menschen eingestiegen sind oder einsteigen.

Qualifizierung, Austausch und Reflexionen zur eigenen Arbeitshaltung sind in dem Arbeitsbereich unerlässlich. Die Grundlagenschulung vermittelt praxisnah jugendhilferechtliche und asyl- und aufenthaltsrechtliche Grundlagen, Informationen zu Vormundschaft und ihrer Rolle im Asylsystem sowie zur Begleitung und Übergangsgestaltung von und mit jungen volljährigen Geflüchteten. Neben den Schulungsinhalten wird es Raum für interaktiven Austausch und zur Reflexion der Herausforderungen und Haltungen im Arbeitsalltag geben. Weitere Informationen sowie das Anmeldeformular finden sie online auf der Website des BuMF. Die Veranstaltung findet regelmäßig einmal im Monat statt.


EuGH: Sichere Herkunftsstaaten müssen für alle sicher sein

Der Europäisch Gerichtshof (EuGH) hat in einem Urteil vom 1. August (Rs. C-758/24, C-759/24, Alace) bestimmt, dass sichere Herkunftsstaaten nur dann als sicher gelten dürfen, wenn alle Personengruppen in diesem Land sicher sind. Geklagt hatten zwei Staatsangehörige der Volksrepublik Bangladesch, nachdem ihr Antrag auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war.

„[…] Art. 37 der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie [ist] dahin auszulegen[…], dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einen Drittstaat als sicheren Herkunftsstaat zu bestimmen, der für bestimmte Personengruppen die in Anhang I der Richtlinie genannten materiellen Voraussetzungen für eine solche Bestimmung nicht erfüllt.“

(Absatz 109 des Urteils Rs. C-758/24, C-759/24, Alace)


Online-Fachtagung: Psychische Gesundheit in der Arbeit mit geflüchteten Menschen in Unterkünften

Die psychische Gesundheit von geflüchteten Menschen in Unterkünften ist ein zentrales Thema, das in der Praxis oft mit großen Herausforderungen verbunden ist. Traumatische Erfahrungen, rechtliche Unsicherheiten und strukturelle Barrieren erschweren den Zugang zu angemessener Unterstützung. Gleichzeitig sind Fachkräfte gefordert, mit begrenzten Ressourcen und komplexen Bedarfen umzugehen.

Das Team der Dezentrale Beratungs- und Unterstützungsstruktur für Gewaltschutz in Unterkünften für geflüchtete Menschen (DeBUG) lädt hierzu zur bundesweiten Fachtagung zum Thema psychische Gesundheit in der Unterbringung geflüchteter Menschen ein. Im Laufe der Veranstaltung wird Expertise aus der Wissenschaft, der Praxis und der Betroffenenperspektive geteilt und gesammelt um am Schluss möglichst einprägsame Impulse für die Arbeit mitzunehmen. Die Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte aus Unterkünften, Trägervertretungen, psychosoziale Dienste, Ehrenamtliche sowie Akteur:innen aus Politik und Verwaltung, die im Themenfeld Schutz von geflüchteten Menschen tätig sind. Weitere Informationen sowie den Link zur Anmeldung finden Sie online.


Online-Arbeitskreis: Entwicklung von Gewaltschutzkonzepten in Geflüchtetenunterkünften

Um in den Unterkünften von Geflüchteten den Gewaltschutz weiter zu garantieren, benötigt es die Entwicklung von einrichtungsspezifischen Gewaltschutzkonzepten. Dabei kann z.B. das Austauschen von best-practices im Rahmen eines Online-Arbeitskreises hilfreich sein.

Die Caritas Karlsruhe bietet hierfür eine Plattform. Folgende inhaltliche Punkte werden im Zoom-Arbeitskreis gemeinsam diskutiert:

  • Die Forderungen zu internen Strukturen und externen Kooperationen aus den ,,Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften‘‘
  • Umsetzung des Themas in veröffentlichten Gewaltschutzkonzepten
  • Austausch über Erfahrungen aus der Praxis
  • Gegenseitige Unterstützung bei der Erarbeitung des Themas im Gewaltschutzkonzept

Die Veranstaltung richtet sich primär an Hauptamtliche. Weitere Informationen und den Link zur Anmeldung finden Sie auf der Webseite der Caritas Karlsruhe.